Folgen der Vereinbarung Abu Dhabis mit Tel Aviv - 1
Sind die Folgen der Vereinbarung zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten mit dem zionistischen Besatzerregime nur kurzfristig oder langfristig und strategisch ausschlaggebend? Diese Kernfrage wollen wir in diesem zweiteiligen Beitrag näher betrachten.
Ist das Besatzerregime durch den neuen Friedensvertrag aus der politischen Isolation in der Region gelangt?
Eine der wichtigsten Konsequenzen der Vereinbarung zwischen den VAE und dem zionistischen Regimes besteht darin, dass die Zahl der Arabischen Staaten, die einen Friedensvertrag mit diesem Besatzerregime unterzeichnet haben, zunimmt. Die Vereinten Arabischen Emirate haben als drittes arabisches Land und als erster der Arabischen Anrainerstaaten des Persischen Golfes einen Friedensvertrag mit Tel Aviv geschlossen und werden offizielle diplomatische Beziehungen mit dem usurpatorischen Regime aufnehmen. Seit dem Arabisch-israelischen Krieg im Jahre 1967 haben nur Ägypten und Jordanien mit Israel einen Friedenverstrag unterzeichnet: Ägypten 1978 den Camp David Vertrag und Jordanien 1994 den Wadi Araba-Vertrag. Nun haben sich die Emirate mit dem sogenannten Abraham-Abkommen angeschlossen.
Wichtig ist zu erwähnen, dass nicht nur zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem zionistischen Regime sondern auch zwischen diesem Regime und einigen anderen arabischen Staaten zum Teil schon seit 3 Jahrzehnten heimliche Beziehungen bestehen. Diese Beziehungen haben seit 2015, nach Stärkung der Macht von Malik Salman in Saudi-Arabien zugenommen. Die Internetseite des zweiten Fernsehprogramms des zionistischen Regimes schrieb im Mai 2016, eine beachtliche Zahl von Kapitalinhabern aus den Emiraten sei am Bau- und Wohnungswesen und sogar im Bereich Siedlungsbau in Jerusalem mitbeteiligt. Miri Regev, Ministerin für Sport und Kultur des Besatzerregimes, besuchte im Oktober 2018 angeblich wegen Entsendung des Judoteams ihres Regimes die Hauptstadt der Emirate, und Israel Katz, israelischer Verkehrs- und Außenminister reiste im Juli 2019 zum ersten Mal nach Abu Dhabi, um mit den Regierungsverantwortlichen der Emirate Gespräche zu führen.
Angesichts der Situation lässt sich sagen, dass nicht erst die Vereinbarung zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten mit Israel, dieses Besatzerregime aus der völligen Isolation in der Region herausgeholt hat, sondern dies dem Regime praktisch schon seit längerem aufgrund des Verrates einiger arabischer Staaten an dem Palästinensischen Volk gelungen ist. Die allmähliche Aufhebung der politischen Isolation Israels in der Region hat also schon früher eingesetzt und ist nicht erst eine strategisch bedeutende Folge des Abraham-Abkommens. Mit diesem Abkommen wird nur ein bereits vorhandener Dominostein im diplomatischen Beziehungsnetz mit dem Besatzerregime offensichtlich und es beschleunigt womöglich den Anschluss weiterer arabischer Staaten wie Bahrain und Oman.
Wird dem zionistischen Regime eine Präsenz im Persischen Golf gelingen?
Einige meinen, eine der wichtigen Folgen des Abraham-Abkommens werde die Präsenz des zionistischen Regimes in der Region des Persischen Golfes sein. Die Emirate sind nämlich der erste Arabische Anrainerstaat des Persischen Golfes, der einen Friedensvertrag mit dem Besatzerregime unterzeichnet. Dennoch hat es den Anschein, dass die Präsenz des zionistischen Regimes am Persischen Golf keine Präsenz zur Herstellung von Sicherheit sondern vielmehr eine wirtschaftliche Präsenz sein wird. In der Vergangenheit haben weder der Camp David noch der Wadi Araba Vertrag zu einem Sicherheitsbündnis zwischen Tel Aviv und Kairo bzw. Amman geführt.
Vermutlich wird auch das Abraham-Abkommen nicht die Sicherheitspräsenz des zionistischen Regimes im Persischen Golf zur Folge habe. Es hat allerdings schon vorher Beziehungen in Sachen Nachrichtendienst und Sicherheit zwischen dem zionistischen Regime und Ländern wie Bahrain, Emirate und Saudi Arabien gegeben. Diese betrafen aber in der Hauptsache die Inlandssicherheit dieser arabischen Staaten.
Angesichts der strikten Reaktion der Islamische Republik Iran auf das Abkommen der Emirate mit dem zionistischen Regime wird dieses Regime wahrscheinlich keine Sicherheitspräsenz in der Nähe der geografischen Grenzen der Islamischen Republik Iran planen. Generalmajor Revolutionswächter Mohammad Baqer, der Leiter des Generalstabes der Bewaffneten Kräfte Irans warnte jedenfalls indirekt vor solchen Abenteuern. Er sagte mit direktem Hinweis auf die Emirate: „Mit Sicherheit wird sich das Verhalten der iranischen Nation mit diesem Nachbarstaat grundsätzlich ändern und die Bewaffneten Kräfte der Islamischen Republik werden aufgrund anderer Kalkulationen auf dieses Land blicken. Sollte etwas in der Region des Persischen Golfes vorfallen und die nationale Sicherheit der Islamischen Republik Iran auch nur ein wenig in Gefahr geraten, so betrachten wir die Vereinigten Arabischen Emirate für schuldig und werden es nicht dulden.“
Kurzfristige Folgen im Inland
Dem Anschein nach wird das so genannte Abraham-Abkommen für drei Parteien nämlich die Emirate, das zionistische Regime und die USA kurzfristig inländische Auswirkungen haben. In einer Analyse von Aisch Mohammad in der in London erscheinenden Al-Quds al Arabia heißt es über die Vorteile der Emirate an diesem Abkommen: „Viele fragen nach dem Grund für das Wetteifern arabischer Ländern um die Normalisierung der Beziehungen zu Israel und was eine solche Normalisierung diesen Ländern nützt. In Wahrheit werden diese Länder keinen Gewinn durch diese Normalisierung erzielen und das Gerede von gemeinsamen Interessen und Investitionen ist pure Lüge. Wenn dem nicht so wäre, dann wären Jordanien und Ägypten, die in der Vergangenheit ihre Beziehungen zu Israel normalisiert haben inzwischen doch in einer guten Lage. Aber die statistischen Zahlen zeigen, dass die Wirtschafts- und Investitionslage in diesen Ländern sehr schlecht ist. Der wahre Grund für diesen Wettbewerb sind die politischen Systeme in diesen Ländern und nicht ihre wirtschaftlichen Interessen. Diese Länder haben ein autoritäres politisches System und die Bevölkerung ist nicht auf der Seite der Regierung. Daher sind sie gezwungen, die notwendige Legitimierung ihres Regimes im Ausland sicherzustellen. Mit anderen Worten nützt es nur den Herrschern in diesen Ländern etwas, wenn sie sich mit Israel versöhnen, denn dann erhalten sie von Tel Aviv und den USA Unterstützung.“
Ein wichtiger Faktor, der bei der Entscheidung von Abu Dhabi für die Normalisierung der Beziehungen zu Tel Aviv mitgespielt hat, sind die persönlichen Interessen des Kronprinzen der Emirate, Muhammad bin Zayd und der Gedanke, dass die Emirate die Entwicklungen im Westasien stärker beeinflussen können, wenn sie die Unterstützung der USA und der dortigen jüdischen Lobby erhalten. Dies wurde beim Streit zwischen Abu Dhabi und Tel Aviv über den Liefervertrag für amerikanische F 35-Kriegsflugzeuge deutlich. Die Emirate planten einen Kauf dieser Bomber von den USA, aber die Zionisten in Tel Aviv, insbesondere Kriegsminister Benny Gantz, stellten sich offiziell dagegen mit dem Argument, dass kein Vertrag die Sicherheit des zionistischen Regimes mindern und mit den Worten von Gantz der militärischen Überlegenheit dieses Regimes in der Region beeinträchtigen dürfe.
Aber auch Benjamin Netanjahu und Donald Trump sehen das Abkommen mit den Emiraten aus der Sicht ihrer persönlichen Interessen heraus.
Netanjahu sieht sich in den besetzten Gebieten enormen Druck seitens der Bevölkerung und politischer Gruppen gegenüber. Der Leiter der israelischen Arbeitsagentur gab im vergangenen März bekannt, dass im Gefolge des Ausbruchs von Corona mehr als 600 Tausenden Personen in den besetzten Gebieten arbeitslos geworden sind und er sah voraus, dass die Zahl sich auf 800 Tausend erhöhen wird. Gemäß Schätzungen des Wirtschaftsministeriums des israelischen Besatzerregimes ist die Zahl der Arbeitslosen in den besetzten Gebieten nach Verbreitung von Covid 19 auf eine Millionen angestiegen. Seit zwei Monaten demonstrieren Tausende gegen Netanjahu in den verschiedenen Teilen des besetzten Palästinas und fordern seinen Rücktritt wegen seiner Unfähigkeit bei der Bekämpfung des Corona-Ausbruchs, den zunehmenden wirtschaftlichen Problemen und weil der Korruptionsprozess gegen ihn ruht. Angesichts dieser Lage im Inland will Netanjahu das Abkommen mit den Emiraten nutzen. Er setzt ohnehin seine Auslandspolitik als Joker gegen den Druck der Bevölkerung und politischer Gruppen ein.
Donald Trump, der sich zu Beginn 2020 noch absolut seines Sieges bei den kommenden Präsidentschaftswahlen im November sicher war, geriet nach Ausbruch von Covid 19 und nachdem er unfähig war, das Virus zu bekämpfen in die denkbar schlechteste Position als Wahlkandidat. Von der Gesamtzahl der Corona-Infizierten –und Corona-Todesopfer auf der Welt entfällt ein Anteil von 25 Prozent auf die USA. Trump der in den letzten 4 Jahren mehr als alle anderen US-Präsidenten den Interessen des zionistischen Regimes gedient hat, hat kurz vor den Präsidentschaftswahlen zur Verbesserung seiner prekären Lage das Abkommen mit den Emiraten enthüllt um zu zeigen, dass er in der Außenpolitik nicht gescheitert sei. In Wahrheit hat die Trump-Regierung in den letzten vier Jahren in der Außenpolitik keine Errungenschaft erzielt sondern in Wirklichkeit müsste Trumps`Lieblingsspruch „First America“ – Amerika zuerst – in „Einsames Amerika“ umgeschrieben werden. Die Bekanntgabe des Abkommens zwischen den Emiraten und dem zionistischen Regime seitens Donald Trump dient ihm also vor allen Dingen dazu zu demonstrieren, dass er außenpolitisch Erfolge erzielt habe.
Angesichts der Punkte die wir anführten, lässt sich sagen, dass das Abraham-Abkommen strategisch gesehen den Emiraten und dem zionistischen Regimes und den USA nichts bringen wird, denn es ist im Grunde nichts Neues passiert. Die Beziehungen zwischen Abu Dhabi und Tel Aviv haben ja schon in den 90iger Jahren begonnen und sind nun lediglich offiziell geworden. Auch gab es schon in den 90iger Jahren Beziehungen zwischen dem Besatzerregime und Bahrain und Saudi Arabien. Sollten diese beiden Länder auch ein Abkommen mit dem zionistischen Regime schließen, so wäre dies im Grunde daher auch kein neuer Stein in dem Dominospiel zur Normalisierung der Beziehungen mit Tel Aviv.