Abbas Kiarostami gewidmet
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Der iranische Abbas Kiarostami war ein wichtiger Vertreter Irans im Weltkino. Der französisch-schweizerische Regisseur Jean-Luc Godard hat über ihn gesagt: "" Der Film beginnt mit D. W. Griffith und endet mit Abbas Kiarostami".
(last modified 2025-01-01T16:20:18+00:00 )
Jul 17, 2016 08:18 Europe/Berlin

Der iranische Abbas Kiarostami war ein wichtiger Vertreter Irans im Weltkino. Der französisch-schweizerische Regisseur Jean-Luc Godard hat über ihn gesagt: "" Der Film beginnt mit D. W. Griffith und endet mit Abbas Kiarostami".

 

Die Nachricht, dass der bekannte Regisseur Abbas Kiarostami gestorben ist, hat nicht nur seine Landsleute in Iran und im Ausland traurig gestimmt, sondern auch viele Kinofreunde und -künstler anderer Länder. Medien in aller Welt sprachen von  einem großen Verlust für das Weltkino. 


Euro News brachte (die Nachricht von seinem Tod als Schlagzeile und nannte Kiarostami  den Vater des iranischen Kinos und die New York Times in den USA brachte einen ausführlichen Bericht über ihn. Sie  bezeichnete ihn als einen lobenswerten Filmregisseur des iranischen Kinofilms. 
Associated Press nannte Kiarostami  das bekannteste  Gesicht in der Geschichte des iranischen Kinos  und schrieb: "Er hat zahlreiche Filmen innerhalb von über 40 Jahren gedreht und der bekannteste davon war der Film "Der Geschmack der Kirsche", mit dem er die Goldene Palme von Cannes gewann. Es war ein Film, der nach seiner Überzeugung voller Lebensmotivation  steckt."

Der US-Regisseur Martin   Scorsese  schickte Gedenkworte anlässlich des Todes von Kiarostami  an die Fachzeitschrift The Hollywood Reporter, in denen er den Iraner als einen wahren Gentleman und  "einen unserer besten Künstler" bezeichnet hat. 
Guardian nannte ihn einen der zurzeit weltweit bekanntesten Filmregisseure .  Diese Zeitung hatte Kiarostami schon 2003 als den  größten nicht-amerikanischen Regisseur der Welt bezeichnet und schrieb über seinen Tod: "Abbas Kiarostami, der geheimnisvolle an den menschlichen Beziehungen interessierte Autor und der Regisseur, dessen Filmgeschichten in irgendeiner Weise immer in der Realität blieben und nicht deren Grenzen überschritten haben, ist gestorben. "
Das UN-Programm im Iran schrieb auf seinem Twitter-Konto: "Die Familie der Vereinten Nationen im Iran ist tief über den Tod des bekannten Filmregisseurs Abbas Kiarostami, bekümmert."

                       
Kiarostami kam am 21. Juni 1940  in Teheran zur Welt. Die Malerei war seine erste künstlerische Erfahrung und mit 18 gewann der in einem Malwettbewerb. An der Universität studierte er Malerei und Graphik  und verdiente sich während des Studiums  als Verkehrspolizist seinen Unterhalt. Als Grafiker entwarf er Buchumschläge, Poster und Werbeplakate . Bis vor der Revolution hat er circa 150 Werbeanzeigen für das iranischen Fernsehen angefertigt.  Nachdem 1969  das iranische Kino mit dem Film "die Kuh" von Dariyusch Mehrdschui eine Innovationsbewegung begann, trug Kiarostami dazu bei, dass im Zentrum für geistige Erziehung von Kindern und Heranwachsenden im Teheran  eine Filmabteilung eingerichtet wurde. Er drehte 12 Filme vor der Revolution und begründete den Realismus im iranischen Kino. 
Kiarostami gehört zu den iranischen Regisseuren, die nach der Islamischen Revolution im Land blieben und er betrachtet es als wichtigste Entscheidung für sein Berufsleben, dass er in der Heimat blieb.  Er sagt darüber:  "Wenn ein Baum in einer Erde verwurzelt ist und man ihn umpflanzt, wird er keine Früchte mehr tragen oder , wenn er doch welche trägt, werden sie nicht so gut sein wie die, welche er in seiner Heimat trug.  Dies ist ein Gesetz der Natur und ich denke, ich wäre wie dieser Baum geworden, wenn ich meine Heimat verlassen hätte."

Der Film "Der Geschmack der Kirsche" von Kiarostami wurde 1997 mit der Goldene Palme der Cannes-Filmfestspiele und  zugleich als bester ausländischer Film von der Vereinigung der Bostoner Filmkritiker (BSFC) ausgezeichnet. Die Zeitschrift Time zählte diesen Film 2004 zu den 10 besten Filmen der Geschichte des Cannes-Filmfestivals. 

Kiarostami war bei zahlreichen Filmfestivals Jurymitglied. Er hatte auch Erfahrungen als Komponist, Bühnen- und Kostümbildner, Posterdesigner, beim Filmschnitt und sogar als Schauspieler und als Operndirigent und hat sich auch mit seinen Naturfotografien einen Namen gemacht .Er bebilderte Gedichte von  Hafez und Saadi mit seinen Fotos und veröffentlichte sie in Form von zwei Büchern.  Kiarostami stellte seine Fotos in Italien, England,Japan, China und im Museum für zeitgenössische Künste in Teheran aus. Auf der Christie`s-Auktion in Dubai im Jahre 2008 wurde ein Foto aus seiner Kollektion für circa 130 Tausend Dollar verkauft.  In Paris und London leitete Kiarostami eine Operngruppe.  

Seit einigen Jahren hat Kiarostami in verschiedenen Städten Irans und im Ausland Lehr-Werkstätten eingerichtet. Zu France Press sagte er: "Jedes Jahr nehme ich an vier oder fünf Werkstätten ,die jeweils 10 Tage dauern, teil. Dies bereit mir  jedesmal eine große Freude  und ich habe sehr großes Interesse daran. Denn ich möchte meine Zeit nutzen.  Ich bin mit mir zufrieden, wenn ich diesen jungen Leuten etwas beibringe und ich bin sicher, dass ich genauso  viel von ihnen lernen,  wie ich ihnen beibringe."

                             
Über seine Filme sagte Kiarostami in einem Interview: "Bei allen meinen Filmen wollte ich ein freundlicheres Bild von der Menschlichkeit und meinem Land zeichnen."  Die meisten seiner Filme, insbesondere seine Kurzfilme, bewegen sich zwischen Dokumentarfilm und Erzählung.  Aber er selber wollte  keine Grenze zwischen beiden ziehen und sagte, er sei immer darum bemüht gewesen, die schmale Grenze zwischen Dokumentation und Erzählung zu verwischen.
Er weiter: "Ein schlechter Film ist ein Film der unglaubwürdig ist und ein guter Film ist ein glaubwürdiger.  Glaubwürdig nicht in dem Sinne , dass wir unbedingt den realistischen Stil verfolgen. Die erste Voraussetzung besteht darin, dass der Zuschauer das glaubt, was wir ihm zeigen."

Kiarostami hat seinen eigenen Filmstil. Seine Filme lassen sich nicht in eine besondere Filmgattung einordnen. Er hat keinen anderen Regisseur und Filmstil nachgeahmt sondern sich mit schrittweisen Erfahrungen einen Weg gebahnt und seinen eigenen Stil entwickelt.  In seiner Kunst spiegeln sich die Tatsachen der Gesellschaft wieder, wie er sie  sieht,  damit auch der Zuschauer die versteckten Dinge der Gesellschaft  kennen lernt und verspürt. 
Kiarostami stellte seine Kamera auf die Sicht der Menschen ein, um das Leben aus dem gleichen Blickwinkel festzuhalten, wie die Menschen es erleben. 
In Kiarostamis Filmen gibt es keinen Helden, der außergewöhnliche Taten unternimmt.  Dieser Regisseur lässt bewusst Laien in seinem Film auftreten und verhindert auf diese Weise jegliches irrealistisches Rollenspiel.Der Kinobesucher kommt nicht zu einem Film von Kiarostami um einen bekannten Schauspieler im Film zu sehen. 


Für Kiarostami ist der Mensch ein geselliges Wesen mit Wünschen und Bedürfnissen, für deren Erwiderung er soziale Beziehungen zu den anderen Menschen braucht.  Kinder und ihre Welt  sind ein  bedeutendes Thema, mit dem Kiarostami sich auseinander setzt . So kommt es, dass die Filme, die er für das  Zentrm für geistige Erziehung von Kindern und Heranwachsenden gedreht hat, die besten Filmen dieses Zentrums sind.
 
Das Besondere an den Filmen von Kiarostami ist ihr Realismus,   ihre Einfachheit und zugleich Kompliziertheit, und die Verbindung zwischen Geist und Körper . Der australische Filmkritiker  Adrian Martin   sieht zickzackhafte Verbindungen zwischen den Perspektiven in Kiarostamis Filmen über  das reale Leben und die weltlichen Kräfte. Er stellt fest, dass jeder Film von Kiarostami  dabei  Rückblicke auf seine  vorherigen Filme enthält. 
                               
Nach dem Revolutionssieg hat Kiarostami 29 Filme gedreht.  Darunter wurden neben "Der Geschmack der Kirsche" auch Filme ausgezeichnet wie  "Der Bericht", "Wo ist das Haus meines Freundes? ", " Maschgh-e Schab" (Hausarbeit),   " Der Wind wird uns tragen" , Close up" "Das Leben geht weiter"  und "Quer durch den Olivenhain". Kiarostamierntete fast 100 renommierte Preise bei internationalen Festivals. 
Für das iranische Kino war Abbas Kiarostami ein besonderer Name . Dieser Regisseur ebnete den Weg für die internationalen Erfolge Irans  und begründete die Ära in der das iranische Kino als das menschliche Kino überhaupt galt.  Die Bilder von dem Schuljungen, der seinem Kameraden im Nachbardorf noch rechtzeitig sein Schulheft bringt, damit er nicht sitzen bleibt,  erinnerten jahrelang an den preisgekrönten Film "Wo ist das Haus meines Freundes? " und an Iran. Mit diesem Film und seiner Preiskrönung löste Kiarostami aber auch eine Kulturdebatte im Iran über die Gründe für die internationalen Erfolge und Preise aus.
Kiarostami galt als der internationale Vertreter des iranischen Kinos, bis  Asghar Farhadi mit seinen Filmen im Weltkino auf sich  aufmerksam machte.
Kiarostami fand abgesehen von seiner Zusammenarbeit mit bekannten internationalen Kinofachleuten, überall auf der Welt seine Anhänger, die wie er nach der Darstellung des normalen Alltagslebens suchten. Die Spuren seiner Filmkunst finden sich in innovativen, vom üblichen Kino verschiedenen Filmen aus der Türkei, Japan und sogar den USA und weiteren Ländern  wieder. 

Obwohl es ihm in den letzten Monaten nicht gut ging, blieb er auch in dieser Zeit weiter aktiv und war auf Reisen.  Nach mehreren chirurgischen Eingriffen erlag er schließlich am 5. Juli seiner Krebserkrankung in einem  Pariser Krankenhaus.

Sein plötzlicher Abschied hat alle schockiert. Einer seiner Filme hieß" Das Leben geht weiter" - Ja das Leben geht weiter, aber Kiarostami wird  fehlen.
Selig sei seine Seele. 

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