Iranischer Sommer mit Kulturaroma (1)
Dieser mehrteilige Beitrag ist den Kulturereignissen im Iran im diesjährigen Sommer 2017 gewidmet.
Für die Freunde von Kultur und Kunst gehört der Besuch von Ausstellungen für Bildende Künste zur Freizeitgestaltung. In der Sommersaison finden zahlreiche solcher Ausstellungen für Gemälde, Fotografien, Skulpturen, Graphiken, Zeichnungen, Kalligrafien und Kunsthandwerk im Iran statt. Wir wollen über einige davon in Teheran berichten.
Eine der wichtigsten Ausstellungen im Sommer dieses Jahres ist die Ausstellung über die Geschichte des iranischen Löwen in der Kunst der letzten 5 Jahrtausende. Wir haben bereits in einem Sonderbeitrag über diese Exposition im Teheraner Museum für Zeitgenössische Kunst berichtet. Für den jetzigen Beitrag haben wir uns als Erstes im Haus iranischer Künstler die Kermaik-Ausstellung "Marz" (Grenze) angeschaut.

Keramik besitzt besondere sichtbare Attribute hinsichtlich ihrer Farben, Strukturen und ihrer Beschaffenheit. Kunst mit Keramik hat sogar ihren eigenen Klang. Einerseits zählen Keramikgegenstände zu den wichtigen handgemachten Erzeugnissen unserer Ära und andererseits ist der Begriff "Grenze" zusammen mit den damit verbundenen Problemen und Fragen in unserer Zeit zu einer Herausforderung geworden. In Wahrheit ist die Keramik mehr oder weniger im Grenzland zwischen Kunst und Handwerk angesiedelt und kann auch in der Malerei und der plastischen Darstellung mitsprechen. Daher erhielt die diesjährige Sommer-Ausstellung für Keramik den Namen "Grenze". In dieser Exposition werden die besonderen Eigenschaften der Keramik genutzt, um die Probleme und Fragen zu veranschaulichen, denen die heutige Welt im Zusammenhang mit Grenzen gegenübersteht.
Eine Grenze drückt einen Abstand zwischen Dingen aus und markiert diesen. Die Grenze kann ein Reich oder Souveränität festlegen. Bei den geografischen und politischen Grenzen ist das einfach. Auf subtilere Grenzen stoßen wir bei den verborgenen und dennoch vitalen Aspekten des Privat- und Gesellschaftsleben: die Grenzen für mich und für den anderen, die Grenzen der Geschlechter, Grenzen zwischen Gesellschaftsschichten und Persönlichkeiten, Grenzen in der Moral, in den Überzeugungen, den Kulturen und die Grenzen zwischen Kunst und dem was keine Kunst mehr ist, zwischen Kunst und Handwerk, zwischen den Medien der Kunst usw.
Die Festlegung der Grenzen beeinflusst also eindeutig die Beziehungen der Menschen, ob diese Grenzen nun geografischer oder politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Art sind oder sich auf die Kunst beziehen. Die Menschen haben sich mit den Abgrenzungen, die sie vornehmen einer progressiven Gesellschaft genähert, sind aber auch manchmal nach Verletzung von Grenzen in eine andere Richtung weiter gezogen. Bei diesen Grenzüberschreitungen wurden zum Teil die Abgrenzungen von Kunst und dem, was keine Kunst mehr ist, aufgehoben. Rein ästhetische Merkmale sind zur unteren Grenze für die Kunst geworden. Die Ausstellung "Grenze" hat Werke von Künstlern mit einer neuen Einstellung zu dem Thema Grenzen exponiert.

Auch die Teheraner Galerie Laleh hat eine Ausstellung mit Skulpturen und Gemälden zu bieten. Die meisten Exponate widmen sich mit viel Phantasie und innovativen Techniken den alten iranischen Märchen und Mythen. Die Skulpturen sind in der Mehrheit aus überschüssigen Eisenteilen angefertigt worden oder mit Hilfe der Techniken der Töpferei und Keramik. Die Ausstellung macht den Besucher mit Szenen aus den alten Märchen und Epen vertraut und wird den einen oder anderen auf diese klassische Literatur aufmerksam machen.
Musik
Unterdessen hat das Monatsjournal Tschehrehaye mandegar und die Stiftung für Kunstschöpfungen von Niawaran im Teheraner Niawaran-Kulturzentrum eine Ausstellung unter dem Motto Qabe Tadschali (Rahmen der Manifestation) in die Wege geleitet. Diese Exposition führt die Werke von bekannten unvergesslichen Vertretern der bildenden Künste vor . Die Porträts an den Wänden des Ausstellungsraums zeigen 240 Persönlichkeiten , denen bisher der Titel für unvergessliche Persönlichkeiten nämlich tschehr-e mandegar - "bleibendes Gesicht" verliehen worden ist. Diese Personen sind Künstler oder bekannte Gesichter aus dem Bereich Wissenschaft und Kultur.

Die Verleihung des Titels "bleibendes Gesicht" an unvergessliche Persönlichkeiten ist nach dem Sieg der Islamischen Revolution jährlich zur Würdigung der Großen aus Wissenschaft, Kultur und Kunst erfolgt. Und nun sind die Porträts der meisten der "bleibenden Gesichtern" auf der Ausstellung im Kulturzentrum Niawaran zu sehen ebenso wie die Werke der bildenden Künstler unter ihnen, wie die von Mahmud Fartschiyan, Ghalamhusein Amir Chani, Dschalil Rasuli und weiteren. Außerdem liegen auf der Exposition zwei Fotobände mit den Porträts "bleibender Gesichter" aus und es gibt Abbildungen von ihnen auf Islimi-Kacheldekor.
Zu den wichtigen Ereignissen auf der diesjährigen Kunstszene gehörte die Auktion für Kunstwerke. Sie fand zum siebten Mal in Teheran statt. Diese Auktion ist eine fruchtbare Initiative und bietet den Kunstliebhabern eine Gelegenheit, auf zuverlässigem Wege an die besten Werke zeitgenössischer iranischer Kunst zu gelangen. Sie hat der zeitgenössischen Kunst im Iran erheblich zum Aufschwung verholfen.

7. große Kunstauktion am 7. Juli 2017
Die erste Teheraner Kunstauktion fand 2012 statt und auf ihr wurden 73 Werke von 70 Künstlern versteigert. Zugang zu der Auktion fanden auserwählte Werke der Gemäldekunst, Kalligrafie, Kalligrafiegemäldekunst, Fotografie und Bildhauerei. In der Mehrzahl handelte es sich jedoch um Gemälde .
Beim zweiten Mal im Jahre 2013 nahmen nicht 100 wie bei der ersten Auktion sondern 800 Personen teil. Versteigert wurden 82 Werke von 79 Künstlern.
Auf der dritten Auktion 2014 wurden 90 Werke von 87 Künstlern angeboten. Neben Galerie- und Kollektionsinhabern sowie Künstlern waren auch Personen aus anderen Bereichen der Kunst sowie Wirtschaftsberater zugegen. Ebenso fanden sich Vertreter der Regierung darunter der Minister für Kultur und Islamische Lenkung und seine Stellvertreter und Berater ein.
Die Käuferangebote erreichten im dritten Veranstaltungjahr dieser Auktion mehr als das 500fache von dem vorgeschlagenen Startpreis. Im Vergleich zur ersten Auktion war das ein enormer Aufschwung und zugleich Zeichen für zunehmendes Vertrauen auf der Käuferseite und für eine Stabilisierung dieses Marktes .
Auf der vierten Teheraner Kunstauktion wurden 126 Werke von 109 Künstlern angeboten. Den Rekord erreichte ein Teil aus der Bildersammlung "Derachtan" (Bäume) von dem verstorbenen Künstler Sohrab Sepehri ( 1928-1980 ). Es wurde zu dem außergewöhnlichen Preis von 2 Milliarden 800 Milionen Toman verkauft.
2016 fand die Teheraner Auktion ausnahmsweise zweimal statt. Bei der ersten Aktion erschienen Vertreter der Regierung als Käufer, während die zweite exklusiv der zeitgenössischen Kunst gewidmet war. Es wurden 120 Werke von erfahrenen Vertretern der zeitgenössischen Kunst und von jungen Talenten, die sich bereits einen Namen gemacht hatten, angeboten. Bei den Werken handelte es sich um Gemälde, Fotografien und Skulpturen.
Die Gesamtsumme der auf der diesjährigen 7. Teheraner Kunstauktion vom 7. Juli versteigerten Werke beträgt 26 Milliarden und 113 Millionen Toman. Am meisten brachte wieder die Versteigerung eines Teils der Bilderserie "Bäume" von Sohrab-e Sepehri ein, nämlich 3 Milliarden und 100 Millionen Toman.
Die Beziehung zwischen dem Teheraner Kunstauktionsmarkt und der Kunst ist nicht so einfach zu beschreiben. Natürlich hat dieser Markt wirtschaftlich gesehen einen Aufschwung für die Kunst im Iran bewirkt. Kunstauktionen können allerdings nicht die Richtung für die Kunst festlegen oder bestimmte Künstlerstile in Gang setzen. Die Teheraner Auktion kann aber den jungen talentierten Künstlern eine Gelegenheit bieten, bekannt zu werden. Sie hat nicht nur zur künstlerischen Weiterenwicklung beigetragen sondern konnte auch geplanten Zielen gerecht werden. Zu ihren Zielen gehört zum Beispiel eine spürbare Angleichung der Binnenmärkte an die internationalen Kunstmärkte. Zuvor stiegen die Preise für Kunstwerke im Ausland, während sie im Inland niedrig waren, so dass einige Makler die Gemälde iranischer Künstler billig aufkauften und sie im Ausland teuer verkaufen konnten.

Aus der Sammlung "Bäume" von Sohrab Sepehri
Das Gemälde wurde auf der Teheraner Kunstauktion für 3 Milliarden 100 Millionen Toman verkauft
Die Teheraner Auktion konnte sogar in einigen Fälle Kunstwerke teurer verkaufen als bei internationalen Auktionen. Sie hat die Preislage für Werke der bildenden Künste verbessern können und damit den Künstlern finanziell geholfen. Weil sich die Teheraner Auktion auf bildende Künste konzentriert, hat sie bei Kapitalanlegern das Interesse für diesen Sektor erweckt und konnte brachliegendes Kapital für die bildenden Künste gewinnen.