In Erinnerung an den Iranisten Professor Manutscher Setudeh
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Der geschätzte Geograph, Historiker und Iranist Manutscher Setudeh ist vor kurzem am 20. Farwardin – dem 8. April in einem Krankenhaus in der nordiranischen Stadt Tschalus verstorben. Dieser iranische Wissenschaftler war Dozent an der Teheraner Universität und ein renommierter Forscher.
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Apr 15, 2016 04:43 Europe/Berlin

Der geschätzte Geograph, Historiker und Iranist Manutscher Setudeh ist vor kurzem am 20. Farwardin – dem 8. April in einem Krankenhaus in der nordiranischen Stadt Tschalus verstorben. Dieser iranische Wissenschaftler war Dozent an der Teheraner Universität und ein renommierter Forscher.


Manutscher Setudeh wurde 1913 geboren und hat in seinem langen Leben circa 60 Bücher und fast 300 Artikel geschrieben. Er war der erste Iranist, der ein Dialekt-Lexikon herausgegeben hat. Seine Familie stammt aus der nordiranischen Provinz Mazanderan, aber er ist in Teheran zur Welt gekommen und dort aufgewachsen. 50 Jahre später siedelte er jedoch in die Heimat seiner Eltern um und widmete sich der Forschung und dem Schreiben. 

Sein Interesse fürs Lesen begann schon in der Schule. Als Schüler betreute er die Bücherei des Teheraner Albors-Gymnasium. Sein erster eigener Artikel, den er im Alter von 23 Jahren verfasste, trug die Überschrift: „Geschichts- und Geografiestudien – Reise zur Alamut-Festung“

Setudeh studierte zuerst Persische Literatur. Seine Doktorarbeit schrieb er in Geografie und Geschichte. 1951 reiste er auf Einladung der Fulbright-Community zu Studien in die USA und wurde ein Jahr danach in die amerikanische Nationale Geografie –Gemeinschaft aufgenommen. In den darauffolgenden Jahren erlernte er die alte Pahlavie-Sprache und brachte sein erstes Buch unter dem Titel Gilaki-Lexikon seitens der iranischen Iranistiker-Gemeinschaft heraus. In den darauffolgenden Jahren unternahm er mehrere Studienreisen ins Ausland, wurde Assistenzprofessor an der Universität Teheran, Mitglied der Abteilung Geschichte und schließlich Professor.

Professor Setudeh hat an wichtigen Iranistik-Kongressen Vorträge gehalten, wie der internationale Kongress „Geschichte, Kunst und Archäologie Irans“ an der Universität Oxford und der internationale Kongress „Abu Reyhan“ in Pakistan . Zu seinen weiteren Aktivitäten während seiner Tätigkeit an der Universität gehörte eine Reise nach China und nach Zentralasien.

Die Bücher und Artikel von Professor Setudeh zeugen von seiner großen Liebe zur iranischen Geschichte und Kultur.

Zu seinen zahlreichen Büchern gehören: „Kermaner Dialekt“, Geografie von Isfahan“, „Die Burgen der Ismaeliten im Zagrosgebirge“, „ Geschichte Gilans und Deylamestan“ und: „Von Astara bis nach Astarabad“. Letzteres Werk umfasst 10 starke Bände und ist den historischen Bauten und Monumenten in den drei nordiranischen Provinzen Gilan, Mazanderan und Golestan (früher Gorgan) gewidmet. Weitere Werke sind unter anderem: „Dialekt von Nain“, „Geschichte von Badachschan“ , „Geschichte der Häfen und Inseln im Persischen Golf“ und „Historische Geografie von Schemiran“.

Zu seinen weiteren Aktivitäten gehörten die Überarbeitung von einigen literarischen und geografischen Werken und die Aufhellung unbekannter Winkel der iranischen Kultur und Geschichte.

Dr. Manutscher Setudeh ist der letzte aus der Iranisten-Generation , die ihre Werke nicht nur aufgrund des Studiums von Büchern und Forschungsarbeiten der Vorgängergenerationen verfasst, sondern sie darüber hinaus auf eigenen Direktbeobachtungen basiert haben.

Das erste Werk „Farhang-e Gilaki“ – „Gilaki-Lexikon“, welches 1953 erschien und zu dem Professor Purdawud die Einleitung schrieb, stammt aus der Zeit, in der Setudeh in der Provinzzentrale von Gilan, der Stadt Rascht, als Lehrer tätig war. Er nutzte diese Zeit um den nordiranischen Gilaki-Dialekt der Bevölkerung im Alltagsleben festzuhalten. Die Methode der Direktbeobachtung hielt er bei allen seinen Werken bei.

Angespornt von diesem großen Interesse an Direktbeobachtungen wanderte Setudeh von Teheran zur ungefähr 100 km entfernt liegenden Alamut-Festung . Er bestieg den Gipfel, auf dem diese bekannteste Burg der Ismaeliten lag und machte sich vor Ort Notizen. Die Ismaeliten waren eine Gruppe von Muslimen die im zweiten Jahrhundert nach der Hidschra (8. Jahrhundert nach Christus) entstand und an Ansehen und Macht gelangte. Ihre Anhänger versammelten sich in verschiedenen Burgen im Iran. Die Alamut-Burg nahe der westlich von Teheran gelegenen Stadt Qazwin ist eine der bekanntesten Festungen dieser Gruppe.

Badi-ul Zaman Furuzanfar, sein Professor an der Teheraner Universität akzeptierte diese Studien von Setudeh, obwohl ihr Schwerpunkt auf Geschichte und Historische Geografie lag, als Abschlussarbeit. Dies war für Setudeh ein Ansporn seine Studien in der historischen Geografie fortzusetzen.

Dieser bekannte Iranist und Geograf hat auch als junger Mann die weite Strecke von Teheran nach Ardebil in der gleichnamigen Provinz im Norden Irans zu Fuß zurückgelegt und viele Burgen und Landschaften besichtigt. Diese Wanderung trug zu dem umfangreichen Werk: „Von Astara nach Astarabad“ bei, indem er seine Erfahrungen und Beobachtungen vorlegte.

Dr. Setudeh hat weitere Feldstudien im Norden des Landes durchgeführt und im Laufe von 40 Jahren fast alle dortigen Gegenden aufgesucht und die historischen Gebäude registriert und beschrieben.

Die Bekanntschaft mit Professor Iradsch Afschar steigerte seinen Eifer noch mehr. Es lässt sich behaupten, dass es keinen Ort im Iran gibt, den diese beiden großen Iranisten nicht zu Fuß aufgesucht hätten.

Das Ergebnis der Studienreisen von Professor Setudeh sind unzählige Fotos. Er besichtigte historische Monumente und Bauwerke und natürliche Sehenswürdigkeiten und übermittelte mit Hilfe seiner Reisenotizen den kommenden Generationen in seinen Büchern seine Erkenntnisse.

Manchmal beschrieb er auch die Strapazen dieser Reisen, zum Beispiel berichtet er davon, wie er beim Lesen einer Felsinschrift abstürzte oder dass er an einen abgelegenen Ort zurückkehrte, um noch einmal Notizen darüber zu machen.

Professor Setudeh hat in einem Interview einmal gesagt: „Lange Zeit bevor man im Westen auf die Wissenschaft der Geografie aufmerksam wurde, kannten wir hier im Iran die Historische Geografie schon seit dem 3. bis zum 10. Jahrhundert nach der Hidschra (9. bis 16. Jahrhundert nach Christus). Es ist eine starke und präzise Geografie. Wenn wir das Buch Ahsan al-taqasim fi ma'rifat al-aqalim, welches aus dem 4. bis 5. Jahrhundert nach der Hidschra ( 10-11.Jahrhundert nach Christus) stammt, lesen, stellen wir fest, dass das geografische Denken von heute damals schon in dem Denken des Verfassers dieses Buches Ahmad Schams-uddin Al Muqadassi vorhanden war.

In diesem Buch hat er sogar die lokalen Messeinheiten wie die Einheit Mithkal für kleine Mengen oder für Entfernungen und die Bräuche in jeder Gegend festgehalten.

Es ist sehr erstaunlich dass der Autor dieses Buches damals an alles was es heute bei genauer Überlegung im Bereich der Geografie gibt, gedacht hat.“

In diesem Interview weist Professor Setudeh auch darauf hin, dass damals der Iran große Fortschritte in der Geografie erzielt hat. Er fährt fort: „Nachdem aber die verschiedenen Völker den Iran angegriffen haben, wurde die Geografie vernachlässigt und wir haben gewartet, bis die Europäer etwas über uns gesagt haben.“

In der Zeremonie zu seinem 100 –jährigen Geburtstag sagte Setudeh über sein Wirken: „Wir müssen in der Lage sein, das Leben, das Gott uns zur Verfügung gestellt hat und dessen Besitzer wir sind, zu nutzen. Wir müssen jede Minute und Stunde unseres Lebens für nützliche Dinge verwenden. Wir dürfen keine Zeit verlieren, damit wir etwas erreichen. Diese Augenblicke müssen sowohl dem Menschen selber als auch den anderen etwas nützen, sonst sind sie sinnlos.

Das Leben ist ein Kapital, dass Gott uns zur Verfügung gestellt hat, und wir dürfen dieses Kapital nicht für sinnlose Vergnügen verschleudern. Der eine verbringt sein Leben mit sinnlosen Vergnügen und der andere verwendet es, um ein Buch wie Ahsan al Taqasim zu schreiben, welches ein wertvolles und bewundernswertes Buch ist.

Ich sage dies nur, um die Damen und Herren anzuregen, meinen Weg fortzusetzen und ihre Stunden und Minuten zu nutzen. „

Alle die Setudeh kannten können bezeugen, dass er nicht einen Augenblick seines Lebens mit Sinnlosen verbracht hat . In den letzten Jahren, in denen er wegen seinem hohen Alter nicht mehr auf Reisen gehen konnte, hat er Fotografien von den Wolken angefertigt und versucht einen Zusammenhang zwischen ihnen zu erkennen.

Leider ging dem Iran dieser große Forscher verloren, der Bücher geschrieben hat, von denen jede Seite das Ergebnis seiner eigenen Beobachtungen und Entdeckungen war. Dieser Mann hat bis in die letzten Monate seines langen Lebens nicht das Lesen und Schreiben aufgegeben und sich nicht von den Verlockungen eines Lebens in der Stadt verleiten lassen.

Er ist stolz darauf gewesen, dass er kein Fast Food zu sich genommen und dass er wie seine Vorfahren Landwirtschaft betrieb und zwischen Tschalus und Gatschsar gelebt hat.

Er möge immer in Erinnerung bleiben und seine Seele möge es wohlergehen.