Jul 15, 2016 22:21 CET

Sie werden  in diesem Teil über weitere Zweige des iranischen Holz-Kunsthandwerkes erfahren. Als erstes wollen wir über die Anfertigung von Instrumenten sprechen.

Zu Beginn waren es sicherlich nur die   menschlichen Stimmbänder, mit denen der Mensch musikalische Klänge hervorbrachte, bevor er mit der Zeit auf den Gedanken kam, Mittel zur Erzeugung von neuen Klängen zu erfinden.  Die ersten Musikinstrumente wurden aus Holz, Stein und Knochen angefertigt. Das allererste Instrument wird schätzungsweise auf 67 Tausend Jahre zurückdatiert. Es handelt sich um einen flötenartigen Knochen, der mit 4 Löchern versehen war mit Hilfe derer  verschiedene Töne erzeugt werden können.

Der islamische Gelehrte Al-Farabi (872-950)  wird als Vater der Instrumentenkunde betrachtet.  Er hat die verschiedenen Instrumente kategorisiert und ihre Bauweise und Entwicklungsgeschichte beschrieben.

Keiner kann von sich behaupten, ein bestimmtes Instrument erfunden zu haben. In den alten Mythen wird die Anfertigung von bestimmten Musikinstrumenten bekannten Figuren  zugeschrieben, aber in der Mehrheit entspringen diese  Geschichten nur der menschlichen Phantasie und es gibt keinen geschichtlichen Beleg für diese Ansprüche.

Im Laufe der Geschichte haben die  Instrumentenbauer im Grunde nur die Mängel, die ältere Instrumente aufwiesen, zu beseitigen versucht und sie verbessert.  Gemäß archäologischen Funden wurden mit der Zeit auch Steine und Tierhäute für  die Anfertigung von Instrumenten verwendet. Aber kein Material zeigte sich so geeignet für den Instrumentenbau wie  das Holz. Dieser Werkstoff weist nämlich ein breites Spektrum hinsichtlich Textur, Farbe und Dichte auf.

Die iranischen Instrumente werden nach dem verwendeten Material  unterschieden, denn der Klang eines Instrumentes hängt vom Material ab.  So unterscheidet man Instrumente aus Metall, Ton und Holz.  Für metallene Instrumente werden Messing oder Kupfer zurechtgehämmert bzw. in eine Form gegossen. Instrumente aus Ton werden im Ofen gebrannt. Für die anderen Instrumente wird Holz zurückgeschnitten und in die gewünschte Form gebracht. Die Holzinstrumente weisen die größte Vielfalt auf und wenn von iranischen Musikinstrumenten die Rede ist, sind zumeist solche aus Holz gemeint. Die meisten Saiten- und Schlaginstrumente bestehen aus Holz. 

 

Die Anfertigung von traditionellen iranischen Instrumenten, welche sowohl als Kunst als auch als Handwerk gilt, wird in verschiedenen Teilen von Iran betrieben. Sie  fällt unter die Sparte Kunsthandwerk. Zu den traditionellen hölzernen Saiteninstrumenten gehören die 6-saitigen Langhalslaute Taar, die heute viersaitige Langhalslaute Setar, die Knickhalslaute Oud , die viersaitige Knie- und Spießgeige Kamanche sowie die 72-saitige Santur, (eine Art Zither). Ein Blasinstrument aus Holz ist die Nej (Flöte) und ein hölzernes Schlaginstrument ist Tonbak (auch: Zarb).

                          

Über den Bau von Musikinstrumenten liegen erst ab der Qadscharenzeit (Ende 18. Bis Anfang 20. Jahrhundert)                  geschichtliche Dokumente vor. Aus diesen geht hervor, dass die meisten Instrumentenbauer selber Musiker waren. Im Iran wurden die Instrumente zuerst unter dem Namen ihres Erbauers und dann durch den Namen ihres Spielers bekannt. Viele der alten Musikinstrumente, die sich heute in den Museen befinden,  tragen den Namen des Erbauers der oftmals mit dem Namen eines bekannten iranischen Musikers identisch ist. Anderenfalls werden sie auch unter zwei Namen ausgestellt.

In den vergangenen Jahrhunderten herrschten zwei Ansichten für den Instrumentenbau im Iran. Die einen waren der Meinung, dass ein Instrument einfach gestaltet und wenig verziert sein soll, und die anderen vertraten die Ansicht, dass die Instrumente, die in der Mehrheit aus Holz angefertigt wurden, verziert sein dürfen, vorausgesetzt, dass der  Klang des Instrumentes nicht beeinträchtigt wird.

 

Für den Bau eines Instrumentes legte man Wert darauf, dass das Material aus der Heimat stammt. Der Klang eines Instrumentes spiegelt den  künstlerischen Geschmack und das ästhetische Potential seines Entwicklers wieder.  Die Kunst des Instrumentenbaues schließt mehrere Künste  mit sich ein wie Tischlern, Goldschmieden und Holzmosaik-Legen.

 

Ein weiterer Zweig des Holz-Kunsthandwerkes im Iran besteht in der Anfertigung von Dekorgegenständen wie Spiegelrahmen, und Qalamdaan wobei mit letzterem eine Behälter oder eine Schachtel für die Aufbewahrung von Schreibstiften gemeint ist.  Diese Gegenstände in entsprechender Größe werden verziert. Zum Beispiel durch Bemalung oder durch feines Mosaik. Als Motive dienen Pflanzen und Bäume, Vögel und Tiere, der Sternenhimmel, Menschen oder Wohnstätten oder auch schöne geometrische Muster. Da Holz Feuchtigkeit aufnimmt, wird der zu bemalende Gegenstand erst lackiert um zu verhindern, dass die Farbe vom Holz aufgesogen wird.  Außerdem verleiht die Lackierung der Holzbemalung eine besondere Transparenz.  Der Höhepunkt dieser Art von Holzbemalung geht auf die Zeit der Zand-Dynastie (1750-94)   zurück und nach dieser die Zeit der Qadscharen.  In den Museen werden wertvolle Exemplare dieses Kunsthandwerkes aus diesem Abschnitt in der iranischen Geschichte aufbewahrt.

 

Im Iran ist nicht nur die Bemalung von Holzflächen  üblich sondern diese werden auch  unter Verwendung von zusätzlichem Holz verziert, wie zum Beispiel in dem alten iranischen Holz-Kunsthandwerk Naazaak-Kaari. Die Vielfalt von Naazaak-Kaari- Arbeiten und ihre Qualität zeugen für eine lange Geschichte dieses Kunstzweiges, bei dem kleine Holzstücke ausgesägt und auf eine hölzerne Grundlage aufgeklebt werden.  Das Holz muss vom Mehlbeer-, oder Walnuss- bzw. Birnbaum sein.  Nach dem letzten Schliff wird transparente Farbe auf das Werkstück aufgetragen.  Mit dieser Methode werden Tabletts und Gefäße für Bonbons, Zuckerwürfel und Obst angefertigt, ebenso wie Bücherhüllen, Schachbretter und Schachfiguren, zierliche Halsketten usw.

Ein wichtiges Zentrum für diese Art von Holz-Kunsthandwerk ist Sanandadsch in Westiran. Von dort kommen die besten Exemplare von Naazaak-Kaari. Sie zeichnen sich durch ihre Feinheit und Schönheit, ihren Einfallsreichtum und ihren Geschmack aus. Dies liegt nicht nur an den Fertigkeiten der Kunsthandwerker von Sanandadsch sondern auch an der schönen Textur des Holzes der  Walnuss- und Mehlbeerbäume in Sanandadsch.

Früher wurden sehr schlichte Instrumente für Naazaak-Kaari verwendet, doch moderne Mittel haben dieses Handwerk vereinfacht. Heute kombiniert und dekoriert man oft Werkstücke von Naazaak-Kaari mit  Munabat-Kaari und Moaraq-Kaari – d.h. Schnitzerei und der Holzmosaik-Kunst. Naazaak-Kaari mit Holz ist nicht nur im westiranischen  Sanandadsch sondern auch in der nordwestlichen iranischen Stadt Urumia üblich.

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