Iranisches Kunsthandwerk (15 - aus Holz)
Der heutige Teil unserer Sendung über iranisches Kunsthandwerk ist ausschließlich einer besonderen Art von Holzmosaik gewidmet. Es ist das Kunsthandwerk Chaatam-Kaari.
Chaatam-Kari gehört zu den alten traditionellen Künsten Irans und hat viele Freunde im In- und Ausland. Einige alte Meister diese iranischen Feinmosaikes aus Holz sind noch immer der Überzeugung, dass Chaatam-Kaari ein Wunder Abrahams (gegrüßet sei er) gewesen ist. Ein exzellentes Beispiel für Chaatam-Kaari bietet der Manbar (der Predigerstuhl) in der historischen Atiq-Hauptmoschee in Schiras, Provinz Fars. Das Holzmosaik an diesem Predigerstuhl ist über tausend Jahre alt. Auch wurde im 14. Jahrhundert nach Christus, die Decke der Haupt-Vorterasse (Eywan) dieser Moschee mit kunstvollem Chaatam-Kari verziert.
Das Kunsthandwerk Chaatam-Kari wurde mündlich vom Meister an seinen Schüler und vom Vater an seinen Sohn weitergelehrt. Es erfuhr im Laufe der Zeit einige Änderungen, bis es schließlich zu der heutigen Form gelangte.
Schon im vorislamischen Islam gab es eine Art dieses Holzmosaikes und zwar wurden gleichfarbige Holzquadrate von 4 mal 4 Millimetern ausgesägt und zu verschiedenen Mustern und Motiven auf einer Grundfläche angebracht. Diese Methode wurde noch mehrere Jahrhunderte nach Einkehr des Islams beibehalten. Die Mosaikstückchen aus in der Mehrheit dunklem oder hellen Holz wurden zu großen Dreiecken zusammengelegt, doch mit der Zeit brachte man neue Farben und größere Abwechslung in dieses Kunsthandwerk ein. Die Farben rot, grün, blau und gelb wurden der Farbpalette von Chaataam-Kari hinzugefügt. Während man vorher Zinn und Zink mitverarbeitete begann man das hellere Messing zu verwenden.
In der Saffawidenzeit (16. bis 18. Jahrhundert nach Christus) erreichte diese Kunst ihren Höhepunkt. Aus allen Teilen Irans kamen Künstler in die damalige Hauptstadt Isfahan und erweckten in Vergessenheit geratene Künste wieder zum Leben. Sie wurden aufgefordert, Holz- und Kachelmosaike und Schnitzereien anzufertigen und religiöse Stätten und Moscheen zu renovieren bzw. zu erbauen. In der Zeit der Zand-Dynastie (16. bis 18. Jahrhundert) brachten die Künstler auf Anregung der Regierung, insbesondere der Regierung von Karim Khan neue Ideen in die dekorativen Künste ein. Aus dieser Zeit stammt die Grabtruhe von Imam Ali (gegrüßet sei er) im irakischen Nadschaf und die Truhe mit Mosaikauslegung von Imam Hussain und Hadhrate Abu-l Fasl (gegrüßet seien sie) in Karbala, Irak, sowie die Grabtruhe der Schwester von Imam Hussain (a) , Hadhrate Zeynab und seiner Tochter Ruqqayah (gegrüßet seien sie) in Syrien.
Unter den danach an die Macht gelangten Qadscharen verlor das Kunsthandwerk Chaatam-Kaari an seiner vorherigen Bedeutung und die Künstler in diesem Fach begnügten sich mit der Anfertigung von kleinen kunsthandwerklichen Dekor- und Gebrauchsgegenständen.
Chaatam – ist ein Mosaik aus verschiedenfarbigen feinen Teilchen die zu fünf, sechs-, 7- , 8 oder 10-eckigen Figuren zusammengelegt werden. Dieses Handwerk erfordert viel Sorgfalt und Geduld.
Bei Chaatam-Kaari wird die Oberfläche von Gegenständen gleichförmig mit einem Mosaik aus kleinen Dreiecken, die zu geometrischen zusammengefügt werden, verkleidet. Das Ergebnis ist umso wertvoller und optimaler, je kleiner die Dreiecke sind. In einem Chaatam-Muster muss die kleinste geometrische Figur, mindestens aus drei Dreiecken bestehen und die größte darf nicht mehr als 400 Dreiecke enthalten.
Das Material für diese kleinen Dreiecke sind Holz, Metall, Muscheln oder Knochen und Elfenbein. Als Holz verwendet man Ebenholz, das Holz der Betelpalme, des Walnussbaumes, der roten Dattel (Anab) und der Pomeranze (Narendsch). Knochen vom Kamel und vom Pferd eignen sich am besten wegen ihrer Festigkeit und ihrer weißen Farbe. Es wird zudem oft natürliches aber auch künstliches Elfenbein verwendet und Metallstückchen aus Messing, Aluminium, Silber sind ebenso beliebt. Silber und Aluminium werden wegen ihrer weißen Farbe und Messing wird wegen seiner gelben Farbe bevorzugt.
Als erstes werden verschiedene Hölzer und Knochen in verschiedenen Farben besorgt und mit besonderen Werkzeuge zu schmalen Stäbchen von 30 cm mit einem Durchmesser von 1 bis 2,5 mm zurechtgesägt. Mehrere Stäbchen werden gebündelt, indem sie mit einem feinen Draht unter Verwendung von besonderem Leim umwickelt werden. Im Querschnitt bilden diese Bündel mehreckige geometrische Figuren, zum Beispiel einfache Dreiecke. Mehrere solcher schmalen Stäbchenbündel werden zu größeren Bündeln zusammengewickelt, so dass sie in der Aufsicht, komplexere geometrische Figuren bilden, die fünf bis 10-eckig sein können. Dabei ist auch auf die für das Muster gewünschte Anordnung der Farben im Gesamtdesign zu achten. Zum Schluss wird die entstandene Fläche geschliffen und gefeilt.
Das Muster und Design für ein Chaatam- Werkstück wird von einem Meister entworfen. Die vorher angefertigten Kombinationen von Holzstäbchen werden quer durchsägt und diese Scheibchen werden mit besonderem Leim auf das Holz oder auf feines Blattholz aufgetragen, welches nach dem Trocken auf dem zu verzierenden Gegenständen angebracht wird. Die Grundfigur der Muster ist das Dreieck. Unter Verwendung dieser geometrischen Figur entstehen komplizierte Formen wie mehreckige Sterne.
Der Chaatam-Design wird auch durch verschiedene Farben abwechslungsreich.
Zum Schluss wird das Werkstück eingeölt und mit einer besonderem Material auf Hochglanz gebracht, was das Mosaik sowohl festigt als auch schöner macht. Übrigens besteht die Herstellung von Chaatam-Ware von Anfang bis Ende aus mehr als 400 Arbeitsphasen.
Je feiner und sauberer das Muster einer Chaatam-Arbeit ist, desto besser ist seine Qualität. Dies hängt von der Qualifikation des Kunsthandwerkers ab und von dem Rohmaterial. Das verarbeitete Material muss eine einheitliche Farbe und Güte aufweisen und darf sich farblich und der Form nach nicht verändern. Alle Formen auf der Chaatam-Fläche müssen symmetrisch sein. Das Werkstück muss sauber poliert sein und darf keine Schrammen aufweisen.
Die wichtigsten Zentren für das iranische Kunsthandwerk Chaatam sind Isfahan, Shiraz und Teheran, wobei die meisten Chaatam-Künstler in Teheran aus den beiden erstgenannten Städten kommen. In der Provinz Tschahar Mahal und Bachtiyari gibt es außerdem ein Dorf namens Scheich Schaban, welches wegen der dort üblichen Chataam-Kari im In-und Ausland bekannt ist. Dieses Dorf liegt in 39 km Entfernung von der Provinzzentrale Schahr-e Kord , und ist einer der wichtigsten Zentren für Chaatam-Kari im Iran.
Scheich Schaban ist auch wegen seinem angenehmen Klima und der schönen Berggegend und einer dortigen Pilgerstätte ein viel besuchter Ort. Die Einwohner beweisen nicht nur eine besondere Begabung für Chaatam-Kari sondern auch ein Talent für die kunsthandwerkliche Verzierung von Metall (Qalam Zani) und beim Verlegen von Kachelmosaiken.