Mit uns durch Iran-Teil 138
Im Namen Gottes, seien Sie gegrüßt! Heute werden wir uns in den Südosten des Landes begeben und die große Provinz Sistan und Belutschistan besuchen. Sie hat eine Fläche von 187.502 qkm und ist damit die größte Provinz Irans.
Sistan und Belutschistan grenzt an Afghanistan und Pakistan mit 110 Km gemeinsame Grenzen und am Meer von Oman mit einem 300 km langen Küstenstreifen. Sie ist wegen ihrer strategische Lage auf der Transitroute von erheblicher Bedeutung. Die strategische Bedeutung erhöht sich, wenn man den Tschabahar-Hafen mit in Betracht zieht. Er ist der einzige Zugang Irans zum Ozean und der beste und einfachste Weg zentralasiatischer Länder zu freien Gewässern. Die Provinz besteht aus dem Teil Sistan und dem Teil Belutschistan. Die Stadt Zabol und umliegende Ortschaften liegen in Sistan; andere Städte wie Zahedan und Tschabahar befinden sich in Belutschistan. Das Klima in den meisten Städten ist warm und trocken. Im Hafen Tschabahar herrscht jedoch warmes und feuchtes Klima. In den zwei Teilen der Provinz herrschen unterschiedliche geografische Gegebenheiten. Werfen wir zunächst einen Blick auf Sistan, der andere Teil wird in den nächsten Folgen besucht.
Sistan umfasst ein Gebiet, das 15197 qkm groß ist und sich auf einer flachen Ebene am äußersten östlichen Ende des Landes befindet. Der gemeinsame Fluss Parian Moschtarak bildet die Grenze zwischen Iran und Afghanistan.

Im Norden und Osten grenzt Sistan an Afghanistan, im Süden an Zahedan, im Westen und Nordwesten an die Luft-Wüste und Süd-Khorassan. Zabol ist das Zentrum von Sistan und 1548 km von Teheran entfernt.
Die Berge in Sistan strecken sich vom Norden nach Süden, es sind eng getriebene Falten. Der Berg „Palang-Kuh“ bietet einen guten Überblick über die Sistan-Ebene. Die einzige Anhöhe da ist der Khaje-Berg; das Lavagestein hat den heftigen Winden und der Korrosion standgehalten. Daneben und im Westen von Zabol liegt der Hamoun-See, der 612 m über dem Meeresspiegel liegt.

Sistan ist ein von alten persischen Märchen umwobenes Land, alt und antik. Es zählt zu den wichtigen Landesteilen, das im Laufe der Geschichte viel erlebt hat. Das und seine tapferen Bewohner haben so ihre eigenen spannenden Märchen, Heldensagen und Geschichten. Sistan ist der Geburtsort von Rostam, dem Held des Epos von Ferdosi, Schahnameh bzw. das Königsbuch. Garschasb, ein Nachfahre von Kiumars, ist laut Historikern der Gründer von Sistan. Seinen Namen hat Sistan vom arischen Stamm der Saka. Diese haben Sistan etwa 128 Jahren vor Christus erobert und sich dort angesiedelt. Sistan trägt auch den Namen „Nimruz“. Die meisten Städte in Sistan sollen angeblich von den mythischen Helden wie Zal, Sam und Rostam gebaut worden sein. Sistan galt einst als Herrschaftsgebiet der Sassaniden, erobert von Ardeschir Babakan; 23 im Mondkalender haben arabische Muslime das Land erobert.
Aus der Vorgeschichte von Sistan ist zu erkennen, dass die Menschen in diesem Land in ihrer mehrere tausend Jahre währenden Geschichte immer wieder gegen Naturkatastrophen und stete Angriffe von Feinden gekämpft haben; doch sie sie niemals ihre Heimat vernachlässigt. Die Menschen in Sistan haben nach jedem Angriff wieder an ihre Tapferkeit und ihrem Talent erinnert und das Land ihrer Ahnen erfolgreich wieder aufgebaut.
Die Bevölkerung Sistans besteht aus verschiedenen Stämmen, nur wenige sind wirklich einheimisch, die meisten Stämme sind Zugstämme, die an verschiedenen Zeiten unter verschiedenen Bedingungen ihre Heimat verlassen haben oder vertrieben wurden. Die Menschen in Sistan sind gottesfürchtig, freundlich, tapfer, wahrheitsgetreu, mutig und reinen Gedankens; sie haben sich an ein einfaches und schmuckloses Leben gewöhnt und sind bekannt für ihre Gastfreundschaft; ein Gast in ihrem Haus bedeutet für sie Segen.

Sie sind zudem demütig und respektieren ältere Menschen. Vater und Mutter haben unter diesen Menschen einen besonderen Wert. Wissenschaftler sind der Meinung, dass die wahren Sistanis die reinsten Iraner aus der arischen Rasse sind. Die Menschen hier bedienen sich des wichtigen Sistani- bzw. Zaboli-Dialekts. Für Sprachwissenschaftler ist dieser Dialekt einer der sieben wichtigen Dialekte des Persischen in der Antike. Für die Bevölkerung Sistans ist die Heirat von besonderer Bedeutung. Dafür haben sie auch besondere Zeremonien. Die Frauen halten im Alltag Schritt mit ihren Männern, in produktiven Aktivitäten, in der Landwirtschaft und Viehzucht. Daneben betreiben sie auch den Haushalt und passen auf die Kinder auf. So haben sie sich einen besonderen Respekt in der Gesellschaft verdient. Scheidung ist äußerst verpönt und geschieht nur selten.
Sistan verfügt über ertragreichen Boden, den man eigentlich mit dem Niltal vergleichen kann. Einst galt die Region als Getreidespeicher Irans und Asiens. Bei den Achamäniden war die Region in ihrem Element und so fortschrittlich, dass der griechische Historiker Herodot über hohe Summen von Steuern schrieb, die an die Zentralregion gezahlt wurden. Es ist der Unfähigkeit und Ignoranz der iranischen Könige zu verdanken, dass diese ergiebige Region in Verfall geriet. Nach dem Revolutionssieg versuchte man jedoch, die Situation dort zu verbessern.
Die wichtigsten Landwirtschaftsprodukte von Sistan bestehen aus Weizen, Gersten, Hülsenfrüchten, Gemüsen und Kräutern. Die Viehzucht hat zudem ihren eigenen Stellenwert, der der Landwirtschaft in nichts nachsteht. Die Viehzucht konzentriert sich auf zwei Schwerpunkte: Zum einen ist die Kuhhaltung, die um den Hamun-See stattfindet, zum anderen wird die Viehzucht neben Landwirtschaft betrieben, daher ist die Region auch reich an Milchprodukten.

Das Handwerk in Sistan ist vielfältig und kunstvoll, es bezieht sich auf Untersätze wie Strohmatten, Teppich, Kelim und Nadelarbeiten. In einigen Dörfern sind Strohmatten das einzige Produkt, das dann auf dem Markt in Zabol angeboten wird. Für diese Matten gibt es unterschiedliche Verwendungen u.a. verhindert man dadurch, dass sich der Wüstensand verbreitet. Der französische Abenteurer Chardin schrieb in seinem Reisebericht:
„Die Iraner weisen große Kunstfertigkeit in der Herstellung von Strohmatten und Körben auf. Man kann diese Matten zusammenlegen oder rollen; ihre Schönheit und Feinheit ist einzigartig. Die besten Werkstätte findet man in Sistan.“
Der Teppich zählt ebenfalls zu den Handwerkprodukten von Sistan. Die Muster sind im Grunde eine Nachahmung der turkmenischen und Belutschi-Muster. Muster, Farbkomposition und Qualität lassen sich mit besten Teppichen in Iran messen.
Das abwechslungsreiche Klima in der Provinz bieten vielfältige Freizeitangebote. Der Hamun-See liegt im Norden Provinz und zieht alljährlich Jagd- und Fischfangliebhaber an. Der See ist umgeben vom Khaje-Berg, auf dem See ist eine Bootsfahrt mit „Tutan“, einem aus Schilf gebauten Boot, sehr interessant. In Sistan kann man zahlreiche historische Sehenswürdigkeiten besichtigen, so auch die Verbrannte Stadt, die Sklaven- Stätte, die Sam-Zitadelle und weitere Werke auf dem Khaje-Berg, um einige zu nennen.
Nächste Woche werden wir uns weiter mit diesem Teil der Provinz befassen. Beste Tage bis dahin!