So wird gesagt- Teil 7
Unsere Geschichte von heute stammt aus dem Fabelbuch Kalileh wa demneh
An einem schönen Berg lebten ein Rabe und ein Königsfasan.
Die beiden waren gute Freunde. Eines Tages kehrte der Königsfasan nicht mehr von einem Spaziergang zurück und nach ein paar Tagen dachte der Rabe, dass ihm etwas zugestoßen sei. Bald darauf kam ein anderer Fasan herbei. Es war ein grauer Pfaufasan. Dieser sah das Nest des Königsfasans leer stehen und machte es sich gemütlich. Der Rabe freute sich über den neuen Nachbarn und ging ihn begrüßen. Bald waren er und der neue Fasan auch gute Freunde. Da aber tauchte der Königsfasan wieder auf.
Der Königsfasan sagte zu dem Grauen Pfaufasan: „Wer hat dir erlaubt dich in meinem Nest einzunisten?“ Doch sein Artgenosse protestierte „Das ist doch mein Nest!“ „Nein, es ist mein Nest!“ schrie der Königsfasan zurück.. Aber der Graue Fasan rührte sich nicht vom Fleck.
So kam es zu einem tüchtigen Streit. Der Rabe wusste nicht, wer im Recht war. Zusammen mit anderen Vögeln versuchte er vergeblich die beiden zu versöhnen. Schließlich schlug einer vor, die beiden Fasane sollten sich an einen unparteiischen Richter wenden. Ein Vogel meinte die Katze wäre ein guter Richter, weil sie unter den Menschen lebt und daher weiß, wie man gerecht richtet.
Die beiden Fasane willigten ein und gingen zur Katze. Der Rabe folgte ihnen.
Die Katze grübelt gerade darüber nach, wie sie ihren Hunger stillen konnte, als sie die Fasane herannahen hörte. Sofort stellte sie sich schlafend und dachte bei sich! „O es duftet so herrlich nach Vogelfleisch!“
Die Fasane aber erblickten erfreut die schlafende Katze. Als diese scheinbar wach geworden war, grüßten sie die vermeintliche Frau Richter höflich und baten um ihren weisen Rat. Die Katze ließ sich die Geschichte vortragen. Dann rief sie: Ah, ich habe mir schon gedacht, dass ihr um weltliche Dinge streitet. Aber alles habe ich nicht so genau verstanden, denn ich bin alt und ein wenig schwerhörig. Kommt doch ein bisschen näher und erzählt mir alles noch einmal!“
Die Fasane kamen näher und jeder wiederholte seine Geschichte. Da bat die Katze sie erneut, noch etwas dichter an sie heran zu kommen und fragte: „Wer von euch ist nun wirklich der wahre Besitzer des Nestes?“
Die beiden Fasanen, die noch näher gekommen war, wollten gerade jeder eifrig der Katze antworten, als Frau Richterin einen Sprung nach vorne tat und sie plötzlich beide in ihren scharfen Krallen hielt.
Während sich nun Frau Richterin nach dem leckeren Mahl gründlich das Katzengesicht putzte, sagte sie bei sich: Wenn zwei schwache Wesen nicht ihre Rechte beachten wollen, ist es kein Wunder wenn sie die Klage vor ein starkes fremdes Wesen bringen, sich von seinem Äußeren täuschen lassen und von ihm einen gerechten Ursteil erwartet. Die Gerechtigkeit erfordert, dass ich als erstes meinen Hunger stille.
Liebe Hörerfreunde! Unser heutiges iranisches Sprichwort lautet: Es war so salzig, dass der Chan es sogar gemerkt hat. Inqadr schur bud, keh Chan ham fahmid
Vor nicht allzu langer Zeit herrschte in jedem Dorf ein so genannter Chan. Dies war ein Art Feudalherr, der die Menschen im Dorf zwang, jedes Jahr von ihrer Ernte abzugeben. Wer zu sagen hatte, war der Chan. Chane taten was sie wollten und ihre Leute gingen mit den anderen im Dorf sehr grob um.
In einem Dorf herrschte ein solcher Mann. Er hieß Qoli Chan, lebte in einem riesigen Gebäude und lag nur auf der faulen Haut. Dieser Qoli Chan hatte auch einen Koch. Es war kein schlechter Koch, aber weil er sich über den Chan und seine Unrecht ärgerte, gab er sich beim Kochen keine Mühe. Sein Essen schmeckte überhaupt nicht, mal war es zu salzig, mal zu flüssig und mal so fest, dass es sich nur mit Mühe zerkauen ließ. Die Leute im Hause von Chan hassten dieses Essen, aber Qoli Chan war damit zufrieden. Der lobte es sogar und ließ nichts auf dem Teller bleiben.
Die Leute um Qoli Chan herum mahnten den Koch er solle bloß besseres Essen zubereiten. Aber der Koch störte sich nicht an ihrem Protest. Die anderen aber wagten nicht, sich bei Qoli Chan über das Essen zu beschwerden, denn er würde sie wahrscheinlich sofort rausschmeißen.
Eines Tages fiel dem Koch ein großer Salzklumpen in den Essenstopf. Erst wollte er ihn herausfischen, was keine einfache Sache war. Aber dann dache er bei sich: Warum soll ich mir wegen dem faulen ungerechten Qoli Chan und seinen Leuten soviel Mühe machen?
Das Essen war fertig und Qoli Chan und seine Clique saßen um das große Essenstuch herum, als der Koch wie immer die Speiseschüsseln hereinbrachte. Jeder löffelte ein wenig davon auf seinen Teller doch der Chan langte wie immer kräftig zu. Allen blieb vor Entsetzen Schreck der erste Löffel mit dem ungenießbaren Essen im Mund stecken. Man sah lauter verzogene Gesichter und sie gaben einander mit Augenwinken zu verstehen, dass sie dem Koch das Handwerk legen werden.
Unterdessen hatte ihr Gebieter Qoli Chan schon zwei dreimal zugelangt und einige Bissen ungerührt herunter geschluckt. Doch irgendwie begann er zu merken, dass etwas nicht stimmen kann. Er hielt inne und fragte den Koch:
Hör mal! Ist dieses Essen nicht ein wenig zu salzig?
Der Koch sagte: „Salzig? Nein, das glaube ich nicht!“
Die anderen hatten zum ersten Mal erlebt, dass ihr Chef sich über das Essen beschwert. Die Antwort des Kochs versetzte sie in helle Wut und einer von ihnen schrie: „Schäm dich! Dieses Essen ist so salzig, dass es sogar der Chan gemerkt hat.“
Qoli Chan sagte: Ist denn das Essen immer so schlecht gewesen und ich habe es bislang nicht gemerkt?
Da sagte einer von seinen Leuten: Jawohl , Werter Herr!
Da war Qoli Chan aber beleidigt. Er angelte sich seinen Stock und begann auf seine Leute einzuschlagen. Die flüchteten zur Tür und er warf sie alle aus dem Haus.
Dann sagte er zum Koch: „Gib diesen Leuen ja nicht noch mal was zu essen.“ Mit diesen Worten setzte er sich wieder hin und verspeiste in Ruhe den Rest des Essens.
Seit dem sagt man immer, wenn jemand es in einer üblen Sache zu weit treibt und seine Stellung ausnutzt, so dass selbst die geduldigsten Leute protestieren. „Es war so salzig, dass der Chan es sogar gemerkt hat.“
Unsere abschließende Weisheit stammt von Voltaire, nämlich:
„Wenn wir mit dem Finger auf jemanden zeigen, sollten wir dran denken, dass drei andere Finger unserer Hand auf uns selber zeigen.“