Oct 06, 2016 05:19 CET

Wir sagten, dass die künstlerische Metallverarbeitung im Iran auf eine lange Vergangenheit zurückblickt. Zu den Zweigen des Kunsthandwerkes mit dem Werkstoff Metall gehören die traditionelle Anfertigung von Schmuck, Vorhängeschlössern und Messern, der  Bau von Schreingittern und die Bearbeitung von Kupfer (Mesgari),  Malileh-Kaari mit Silberstäbchen, Minakaari -  nämlich Emaillearbeiten,  Warscho-Sazi – d.h. Arbeiten mit Neusilber  sowie  Qalamzani  - die Hervorrufung von Reliefen auf Metall.

  Einige Kenner des iranischen Kunsthandwerkes zählen auch noch die Anfertigung eines Kompasses oder Astrolabiums für die  Sternkunde zum Metall-Kunsthandwerk. Wir möchten das „Qalamzani“ vorstellen.  

Qalamzani ist die kunstvolle Bearbeitung von Metallgegenständen durch Hervorrufung von Reliefen auf Metallflächen insbesondere auf Kupfer, Gold, Silber und Messing. Dabei wird ein Stift (Qalam) und ein Hammer verwendet. Vorgänger dieser Kunst sind die Reliefe in den historischen Höhlen, an Felswänden und den Mauern der Königlichen Paläste gewesen. Aus der Bearbeitung von normalem Gestein (Hadschaari) entwickelte sich die Eingravierungskunst (Hakaaki) auf Schmucksteinen und   schließlich das Qalamzani, bei dem plastische Reliefe zumeist auf Metall hervorgerufen wurden.

 

Der Beginn der Geschichte des Qalamzanis auf  Metall  ist nicht klar. Aber man weiß, dass man schon mehrere Tausend Jahre vor Christus im Iran und im Nahen Osten  mit der Verarbeitung von Metall, insbesondere von Kupfer, begonnen hat. Ende des zweiten und Anfang des ersten Jahrtausend vor Christus blühte die Kunst des Metallhandwerkes an verschiedenen Orten im Iran, insbesondere im Norden, Nordwesten und an den Südküsten des Kaspischen Meeres.  Zu den wichtigen Funden, die man 1957 aus dieser Zeit   im Iran gemacht hat, gehört der mit Reliefen verzierte goldene Hasanlu-Kelch.

 

Tappeh Hasanlu in Nordwest-Iran ist einer der archäologischen Hügel, die in das 6. Jahrtausend vor Christus zurückreichen. Der Hasanlu-Kelch stammt aus der Zeit 3200 vor Christus  und hat wahrscheinlich eine wichtige Rolle in der darauffolgenden Kunstepoche der Meder gespielt. Der Kelch ist 21 cm hoch, sein Durchmesser beträgt 25 cm und er wiegt 950 Gramm.  Auf dem Kelch sind drei Götter eingraviert: Der Gott der Erde, der des Wassers und der der Sonne. Weitere Abbildungen sind ein Held der mit einem Ungeheuer kämpft, eine Gottheit die auf zwei Widdern steht und ein Menschenleib auf dem Rücken eines Vogels.  Diese Abbildungen sollen ein Heldenmythos wiedergeben.  Der Hasanlu-Kelch, der etwas aus der Form geraten ist, wurde unter dem  Skelett eines Mannes gefunden. Sachverständige glauben, dass dieser Mann mit dem  Kelch vor einer Schar von Angreifern auf der Flucht war.

Unter den Achämeniden (550 bis 330 vor Christus) erlebte  die Anfertigung von metallenen Gegenständen mit Hilfe von Gussformen und ihre Verzierung mit Hilfe von Stift und Hammer  eine Blütezeit.  Nach dem Angriff des mazedonischen Feldherrn Alexander und bei der Brandstiftung auf der Achämeniden-Palaststadt Tacht-e Dschamid – (Persepolis) sind viele Metallgegenstände vernichtet worden oder Alexander hat sie schmelzen  und in Münzen umwandeln lassen.  Aus dieser Zeit blieben aber zwei Schrifttafeln aus Silber und Gold  mit einem Gewicht von 4 bzw.  5 kg erhalten.

250 vor Christus, als die Parther an die Macht gelangten, wurde die Kunst der Metallverzierung mit nur leicht geänderter Methode unter den Achämeniden weitergeführt. Unter den Arsakiden wurde es üblich, Statuen aus Gold, Silber und Bronze zu gießen.

Zur Zeit der  Sassaniden, die den Handel zwischen Iran, Griechenland und Rom intensivierten, gerieten die iranischen Künste unter den Einfluss der griechischen und römischen Kunst und beeinflussten selber die Kunst anderer Länder.  Metallgegenstände wurden mit verschiedenen Methoden angefertigt. Es wurden dünne erkaltete Metallplatten beschlagen, oder Metalle in Formen gegossen, oder Gefäße aus ihnen angefertigt. Man verwendete die Gusstechnik oder bearbeitete Metall mit dem Schleifrad.

In den ersten Jahrhunderten  der Islamischen Ära im Iran trat aufgrund der Zuwendung der iranischen Künstler zum Islam eine Wende im Metall-Kunsthandwerk ein und allmählich wichen die mythischen und antiken Motive den Inschriften in der Kufi-Schrift mit Versen aus dem Koran oder überlieferten Prophetenwörtern (Hadith) . Es wurden auch sehr schöne Zopfmuster , sogenannte „Gis-Baf“ als Verzierung  von Gefäßen üblich.

Unter den Deylamiten , die vor den Seldschuken im 10. Jahrhundert herrschten, haben die Künstler neue Muster für die Metallbearbeitung entwickelt. Diese bestanden aus einzelnen oder verketteten Ringen mit Tier- oder Pflanzenbildern in der Mitte.  

 

Außerdem wurde in der Zeit der Seldschuken das Motiv von einander gegenüber oder mit dem Rücken zueinander stehenden Tiere oder Tiere zu beiden Seiten eines Baumes beliebt. Zudem  verzierte man insbesondere in dieser Zeit  Metallflächen mit feinen Drähten aus Gold, Kupfer oder Silber oder es wurden auf ihnen Plättchen von Edelmetallen  zu Mosaiken zusammengelegt (Moschabak-Kaari ) .

In der Saffawidenzeit (16. Bis Anfang 18. Jahrhundert) sowie während  der Qadscharen-Dynastie (18. bis Anfang 20. Jahrhundert) wurden Bilder aus dem Schah Nameh – dem Buch der Könige von Ferdowsi (10 . Jahrhundert), Geschichten von Nezami Gandschawi (12.Jahrhundert)  und historische Bauwerke als Motive für Metallverzierungen gewählt, doch auch kurze Reime, besonders  Ghazelen und Vierzeiler zierten umrahmt von eslimischen Mustern die Metallgegenstände.  

 

Die Metallgrundfläche auf der mit einem Hammer  und spitzem Stahlstift kunstvolle Reliefe hervorgerufen wurden, bestand aus Gold, Silber, Kupfer, Messing oder Stahl.

 

Heute wird vor der Bearbeitung mit Stift und Hammer erst die Innenseite oder der Hohlraum eines Metallgegenstandes mit einer Mischung von Teer und Gips  gefüllt, was geräuschhemmend auf die Hammerschläge wirkt und außerdem verhindert, dass Löcher entstehen.  Vor der Bearbeitung des Gegenstandes mit Stift und Hammer  muss diese Masse völlig erhärten. Dann wird das Motiv auf den Gegenstand aufgetragen. Und zwar wird die Metallfläche erst eingefettet. Dann wird der Entwurf darauf gelegt und mit einem kleinen Beutel in dem sich Kohlenstaub befindet wird über den Entwurf gerieben. Der Kohlenstaub dringt durch feine Löcher entlang der Linien des Entwurfs und so wird der Entwurf auf die Metallfläche übertragen. Nun kommt das eigentliche Qalamzani an die Reihe. Und zwar werden die Linien  mit einem passenden Stahlstift (Qalam) mit entsprechend stärkeren oder leichteren Hammerschlägen auf die Metallfläche eingraviert.  Der Stahlstift kann gerillt oder glatt sein.

Nach Eingravierung des Motives und der Musterung wird die Teer und Gipsmasse erhitzt und entfernt. Eventuelle kleine Reste werden mit einem Mittel wie Petroleum beseitigt.  Man bestäubt die eingravierten Linien mit Kohlestaub und bedeckt die Gefäßfläche mit schwarzem Polierfett, so dass sich das Motiv schließlich mit schwarzen Linien vom Hintergrund abhebt. 

 

Beim iranischen Qalamzani gibt es zwei Stile, die als Tabriser und als Isfahaner Stil bekannt sind.  Beim Isfahaner Stil weisen die Reliefarbeiten eine größere Tiefe auf, weil  im Gegensatz zur Tabriser Methode die Heftigkeit des Hammerschlages auf den Stift variiert wird.

Es gibt mehrere Vorgehensweise bei diesem Metall-Kunsthandwerk: die unterschiedlich bezeichnet werden, wie bardschesteh, aksi, zamineh-por, munabat  oder muschabak und Qalamgiri. Bei der Bardschesteh-Methode bearbeitet der Kunsthandwerker den Gegenstand von beiden Seiten, so dass das Relief besonders plastisch wirkt und bei der Aksi-Methode erzeugt er Schatten und Linien auf dem Hintergrund, so dass Motiv und Hintergrund auf gleicher Höhe liegen, und ein gemeinsames Bild (Aks) bieten.

Bei der Qalamgiri-Methoden wird das Metall mit kleinen und größeren Linien verziert.

Die Kunst des Qalamzanis ist in Isfahan schon seit langer Zeit üblich und ziert die Museen und Privatsammlungen an vielen Orten.  Wir finden in Isfahan in vielen Wohnungen und Antiquitätengeschäften und im Ausland schöne  Exemplare dieses Kunsthandwerkes.  Zum Beispiel Tabletts, Vasen, Salzstreuer, Bilderrahmen, Teller usw. Das Material ist in der Mehrheit  Kupfer oder Messing. Eine gute Qalamzani-Arbeit erfordert ein detailliertes  Motiv, welches gleichmäßig und sorgfältig auf den Metallgegenstand übertragen worden ist.