Iranische Architektur und Kultur-Teil 16
Wir haben von der Symmetrie und der Ausgewogenheit in der iranischen Architektur gesprochen und wollen heute weitere Besonderheiten nennen.
Im Koran werden besondere Merkmale von Gläubigen genannt zum Beispiel steht in der Sure 23, dass sie nichts Unnützes tun. Die muslimischen Baumeister im Iran versuchten diesen Grundsatz bei ihrer Arbeit zu berücksichtigen. Mohammad Karim Pirnia schreibt in seinem Buch über die Bauweise der Iraner, dass sie nicht wie in anderen Ländern ihre Häuser durch Verwendung von zusätzlichem Material schmücken wollten, sondern die zusätzliche Verwendung von Beispiel Gips und Kachelwerk praktische Gründe hatte.
Er schreibt: Zum Beispiel wurden in den warmen und trockenen Gebieten Fenster so gebaut, dass sie den Wind und grelles Sonnenlicht abwehrten. Die Holzfenster und Holztüren wurden deshalb mit kleinen bunten Fensterscheiben versehen, damit ein mildes Licht im Rauminneren erzeugt wird. Automatisch gaben sie dem Gebäude auch ein schöneres Äußeres. Aber ihre Verwendung war zweckbestimmt.
Die iranisch-islamische Bauweise berücksichtigt die Empfehlungen des Islams. Aber auch schon vor dem Islam beobachten wir die Abstinenz von Unnützem in der iranischen Architektur. Zum Beispiel sehen wir in dem Zikkurat Tschoga Zanbil aus der Zeit der Elamer in der Nähe des südiranischen Ortes Schousch (Susa) dass dort Kacheln verwendet wurden. Diese dienten aber offensichtlich nicht der Verzierung sondern dem Schutz des Gemäuers. In diesem großen Bauwerk, welches einige als Tempel betrachten, sind die unteren Abschnitte der Mauern mit blauen Kacheln verkleidet worden. Man nimmt an, dies geschah, damit bei dem vielen Ein und Aus und Gedränge an diesem Ort, die unteren Mauerabschnitte nicht bröckelig werden, zum Beispiel durch ständiges Anstoßen von Fußsandalen, spitzen Gegenstände usw.
Typische Merkmale der iranischen Bauweise aus einer bestimmten Epoche wurden im Laufe der iranischen Architekturgeschichte zum Teil immer ausgeprägter. Dazu gehört auch die Beachtung des Grundsatzes: Unnützes vermeiden.
Zum Beispiel war es bei den Iranern Sitte, den Zimmerboden mit einem Knüpf – oder Webteppich auszulegen und dieser diente ihnen als Sitzunterlage. Da sie sich beim Sitzen an die Wand lehnten wurde der untere Wandabschnitt mit der Zeit abgenutzt . Die iranischen Baumeister versahen daher die Zimmerwände bis in eine Höhe von einen Meter mit einer Mischung aus Gips und Astragalus gummifer. Astragalus gummifer oder Gummitragant stammt von Bäumen oder Büschen. Nach dem Pflücken trocknet es an der Luft und wird in der Klebstoffherstellung verwendet. Es stärkt die Festigkeit von Gips.
Später ging man dazu über, die mit Astragalus gummifer und Gips überzogenen Wandabschnitte auch noch mit Glanzfarben zu streichen und manchmal versah man sie mit Blumen und Blättermustern. Der eigentliche Zweck von solchen Anstrichen war aber nicht die Verschönerung von Wänden, sondern ihr Erhalt und der Erhalt ihrer Sauberkeit.
Die volkstümlichen Überzeugungen spielten eine wichtige Rolle für die traditionelle Bauweise. Wie wir schon einmal sagten, wurde das Privatleben als eine Sphäre betrachtet, die man nach außen hin schützen muss. Wir sagten, dass die iranische Bauweise daher nach innen gerichtet ist. In einem typisch iranischen Haus werden die verschiedenen Gebäudetrakte um einen oder manchmal zwei Innenhöfe herum angeordnet und das Hausinnere von der Außenwelt, zu der nur ein langer Eingangsflur die Verbindung herstellt, getrennt. Von außen ist nichts von dem Inneren des Hauses zu sehen und selbst das Flachdach, auf dem die Hausbewohner in warmen Nächten ihr Bettlager ausbreiteten, wurde durch niedrige Mauerwände vor fremden Blicken geschützt.
In einigen Gegenden baute man allerdings anders und zwar nicht endogen sondern umgekehrt nach außen gerichtet . Dabei befand sich der Garten des Hauses nicht im zentral gelegenen Innenhof sondern umgekehrt stand das Gebäude in der Mitte und wurde von Garten und Beeten umsäumt. Doch die nach innen gerichtete Bauweise ist typischer für die traditionelle iranische Architektur und interessanterweise beobachten wir dasselbe in vielen anderen muslimischen Ländern und vor allen Dingen in den historischen Städten der Islamischen Welt.
Nadschmiddin Bammate, Verfasser des Buches „Islamische Städte“ hat sich näher damit beschäftigt. Er schreibt: „ In einer islamischen Stadt war auf den ersten Blick nichts über den Reichtum und Besitz und die Bewohner eines Hauses erkennbar…"
Er sagt weiter, dass es typisch für die zeitgenössische Neuerungen ist, dass die heutigen Wohnstätten Auskunft über ihre Bewohner geben und Städte sich in reiche und arme Viertel gliedern. Er berichtet: "In den islamischen Städten, war die Einteilung ganz anders. Das Zentrum der Stadt bestand aus einer Reihe von Gebäuden, wie die Moschee, die Madresseh (theologische Bildungsstätte) und dem Bazar. Je mehr man sich von diesem Zentrum entfernte, desto mehr nahm die Baudichte und die Betriebsamkeit ab.“