Iranische Architektur und Kultur-Teil 18
Beim letzten Mal haben wir die Berücksichtigung des Faktors „Licht“ in der traditionellen Iranischen Architektur betrachtet, heute wollen wir ihr Verhältnis zur Natur untersuchen.
Der Architekt der Natur ist Gott gewesen. Diese Natur liefert Architekten viele Anregungen. Auch haben die natürlichen Faktoren immer bei der Bestimmung des Wohnortes und der Wohnstätte eine elementare Rolle gespielt. Die Natur ist überall zugegen.Die Menschen der Antike achteten sie und errichteten ihre Tempel mitten in der Natur - in der Nähe eines Berges oder einer Quelle oder eines Baumes, der für sie heilig war.
Die Natur und ihre Erscheinungen spielten eine wichtige Rolle für die Baukultur . Im Iran sehen wir das daran, dass iranische Häuser immer einen bepflanzten Häuserhof hatten. In diesem gab es ein Wasserbecken und Blumenbeete, und Schatten spendende Bäume. Die Fenster des Hauses öffneten sich zu diesem kleinen Hof hin. Von außen war nichts von dieser kleinen Gartenidylle zu spüren.
Arthur Pope der bekannte Orientalist, der im iranischen Isfahan begraben liegt, betrachtet drei Größen bei der Schaffung eines Kunstwerkes als besonders wichtig, nämlich:
Die Kulturgeschichte eines Volkes
Die Religion und mystischen Strömungen
Die Traditionen und der Kunstgeschmack vorhergehender Generationen.
Auch die iranischen Baumeister haben auf die kulturellen Werte und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung geachtet und sich von ihren Vorgängern in der Architektur inspirieren lassen.
Die iranischen Architekten schöpften aus der Natur Inspiration und ließen in ihren Bauwerken Raum für ihren Reiz.
Wie zum Beispiel durch einen Innengarten.
Wie wir sagten, wurde in den Häusern im Innenhof ein Wasserbecken und kleiner Garten mit Obstbäumen und Zierpflanzen angelegt.
Das Wasser war eine wichtige Größe für die iranischen Baumeister. In vielen Gebieten im Iran wurde nicht nur Oberflächenwasser aus Quellen und dem Fluss sondern auch Grundwasser genutzt. Man legte Qanat und Brunnen an. Mit Qanat werden unterirdische Wasserversorgungskanäle bezeichnet, aus denen an verschiedenen Stellen Wasser entnommen werden konnte. Manchmal verlief ein solcher Qanat unter mehreren Häusern hindurch, so dass die Bewohner in jedem Haus über einen Brunnen sich mit Wasser versorgen konnten. Auch konnte es sein, dass sich mehrere Häuser das Wasser aus einem schmalen Wasserweg teilte und jeder konnte in seinen eigenen vier Wänden den Verlauf dieser Wasserrinne nach Belieben ändern. In den iranischen Häusern gab es auch kleine Springbrunnenanlagen und größere Wasserbecken. Jedenfalls war Wasser ein wichtiges natürliches Element für eine Wohnstätte .
Um sparsam mit Wasser umzugehen wurden die kleinen Wasserrinnen zur Bewässerung der Grünanlagen in Form eines rechteckigen oder quadratischen Netzes angelegt. Basierend auf diesem Prinzip entstanden die sogenannten Tschahar Bagh – nämlich jeweils 4 getrennte Gartenanlagen mit einer Wasserstelle in der Mitte von der aus die getrennten Gartenabschnitte versorgt wurden.
Auf die symmetrische Anordnung der Gartenanlage wurde Wert gelegt und zwar nicht nur bei der Anordnung der Beete sondern auch bei ihrer Bepflanzung mit Büschen, Blumen und Bäumen. Alles gehorchte einer harmonischen Symmetrie.
Manchmal wurde auch ein kleiner flacher oder steiler Hügel für die Bepflanzung vorgesehen, um damit mehr Grünfläche zu gewinnen, während die flachen Stellen für die Errichtung des Gebäudes vorgesehen wurden. Ein bekannter großer Garten, der nach dem Vier-Gärten-Prinzip erbaut wurde ist der Baghe Tachte Schiras. Er wurde in der Epoche der Gurkanis errichtet und liegt im Nordwesten der Stadt Schiras. Dieser Garten ist terrassenförmig angelegt und in mehrere Abschnitte aufgeteilt. Quellen und kleine Bäche ergießen sich hier und dort als kleine Wasserfälle über Marmorplatten und sammeln sich schließlich in einem schönen großen Steinbecken.
Geschliffene Steine säumen die schmalen Wasserwege und am Rande der Parkwege ragen Zypressen und Pomeranzenbäume in die Höhe. Das Hauptgebäude wurde auf der größten Anhöhe des Geländes erbaut . Von seinen Fenstern aus bietet der Garten eine Augenweide.
Das Wasserbecken in den alten iranischen Häusern, es wird Howz genannt, kann verschiedene Formen annehmen : entweder ist es quadratisch, rechteckig, kreis- oder auch rhombusförmig. Es ist aus Stein und seine Wände liegen höher als der Innenhof. Das Wasser das sich in ein Howz ansammelte und manchmal über die Ränder hinweg floss, diente nicht als Trinkwasser sondern als Vorrat um den Garten zu sprühen oder den Hof und die Vorterrassen des Hauses zu waschen. Oft wurde eine kleine Springbrunnenanlage aus Stein in diesem Becken angebracht und das Wasser über eine kleine Rohrleitung aus Blei in diese hineingepumpt.
Die Wasserfläche schmückte man mit brennenden Kerzen auf kleinen Ständern oder mit Rosenblättern. Das Wasser im Howz diente auch zur Abkühlung von Kürbisfrüchten wie Wasser- und Honigmelonen.
Aber das Bündnis der iranischen Baukunst mit der Natur und dem Wasser beschränkte sich nicht nur auf die Gestaltung des Häuser-Innenhofes.
Innerhalb von großen Häusern oder Gärten gab es auch ein sogenanntes Howzchaneh . Es wurde im Sommer bewohnt. Dieses Howzchaneh war besonders in den trockenen Gebieten heißen Gebieten wichtiger Bestandteil einer Gebäudeanalge.
Das Howzchaneh wurde normalerweise rechteckig angelegt und bestand aus 2 oder 4 Räumen, die um ein Wasserbecken angeordnet waren. Die Zimmer öffneten sich zu dem Becken hin, während die Gänge zwischen den Zimmer zum Innenhof führten. Vor den Zimmern waren Sitzflächen und über dem Howzchaneh gab es Windfänger, welche für Abkühlung der Luft sorgten. Das Hozchaneh lag meistens etwas tiefer als der Innenhof.
Der Bau eines Howzchaneh ob nun in einem Garten oder in einem Haus war ein Zeichen für die gute Vermögenslage des Hausbesitzers. Aus dieser Zeit stammen noch einige sehr prächtige Beispiele solcher Hozchaneh, wie im Baghe Fin in Kaschan oder der Delgoscha-Park und der 8-Paradies-Palast in Isfahan, das Haus der Sadschadis in Kaschan und das Golschan Hause in Zawareh.
In einem solchen Howzchaneh finden wir oft sehr schöne Dekorelemente um das Wasserbecken herum und an der Decke, die sich auf schönste Weise im Wasser wiederspiegeln.
Es sind viele Gedichte über die Howzchaneh und das Zusammenspiel von Licht und Wasser in ihnen geschrieben worden. Ein Howzchaneh war eine beliebter Treffpunkt für Dichter und Musikanten.