Iranische Architektur und Kultur-Teil 22
Wie wir bereits sagten ist die Verwendung von einheimischem Baumaterial ein wichtiges Merkmal der iranischen Baukultur. Die Bauweise musste und muss sich natürlich auch den klimatischen Verhältnissen anpassen und diese sind im Iran unterschiedlich.
Mohammad Hassan Abrischami hat sich mit der klimatischen Anpassung der iranischen Bauweise beschäftigt und schreibt: „Die Häuser der Bewohner von Randgebieten der Wüste wie in den Städten Kaschan, Natanz und Schahrud waren völlig den klimatischen Bedingungen angepasst. Sie hatten hohe Ziegelsteinmauern und wiesen Kellergeschosse auf, die im Sommer kühl und im Winter warm waren. Die Häuserdecken bestanden aus einem Dachgewölbe aus einer Stroh-und-Lehmmasse, welche für Kühle im Sommer sorgte. Die iranischen Häuserbauer achteten auf die Wanderung der Sonnenscheibe am Firmament und den unterschiedlichen Einfall des Sonnenlichtes und stellten einen relativen Ausgleich zwischen Wärme und Kälte her.
Holz wird besonders in den Gegenden am Kaspischen Meer in Nordiran und den stark bewaldeten Provinzen Gilan und Mazanderan beim Häuserbau verwendet; nicht nur für Türen und Fensterrahmen, sondern auch als Stützpfeiler. Außerdem wird Holz vielfältig zur Verschönerung eines Gebäudes benutzt. Die gebräuchlichste Dachbedeckung traditioneller Bauwerke in dieser Region ist das sogenannte Gaali-pusch. Gaali ist eine Graspflanze die an Sumpfrändern gedeiht. Die meisten Häuser in dieser Region sind zweistöckig. Während in zentral gelegenen Gegenden Irans die Räume nebeneinander um einen Innenhof angelegt werden, werden sie im Norden Irans übereinander gebaut.
Am Kaspischen Meer regnet es häufig und deshalb werden die Häuser im Gegensatz zu anderen Regionen mit schrägen Dächern versehen. Diese bestehen oft aus mehr als einer Lage. In einigen Gegenden werden dabei hölzerne Dachgerüste mit Dachziegeln abgedeckt. In den heutigen Häusern im Norden Iran verwendet man gerne Holz überall im Haus, zur Umrandung der Zimmerdecke, für den Innendekor, die Holzverkleidung von Wänden und den Bodenbelag.
Wer die Bauweise in anderen Teilen des Landes gesehen hat, dem fallen im Süden des Landes sofort die besonderen Merkmale des dortigen Häuserbaus auf. Im Süden ist das Klima sehr heiß und feucht. Die dortigen Baumeister haben sich etwas einfallen lassen um Häuser, gegenüber heftigen Regengüssen , Feuchtigkeit und der heißen Sonne zu schützen. Zum Beispiel durch die Benutzung von Gipssteinklumpen. Die Mauern traditioneller südiranischer Häuser sind meistens mit Gips überzogen. Die Wände sind circa 5 m hoch und auch das Fenstergitter ist aus oftmals schön mit geometrischen Mustern verziertem Gips. Diese Fenster dienen dazu, kühlere Luft ins Hausinnere zu lenken. Die schön mit Schnitzereien verzierten Türen werden von dem Holz eines Baumes angefertigt, der sich Si Rasm oder Kahur nennt und hohe Festigkeit gegenüber Hitze und Luftfeuchtigkeit besitzt.
Die Dächer von Bazaranlagen und einiger öffentlicher Gebäude wie zum Beispiel die Moscheen bestehen aus Matten oder Schilfrohr und lassen Luft und Licht ins Innere dringen. Die Matten werden rot schwarz oder gelb gestrichen.
Bei archäologischen Untersuchungen und anhand einiger erhalten gebliebenen Gebäude aus verschiedenen Epochen der Islamischen Ära hat sich heraus gestellt, dass die alten Baumeister gerne buntes Glas beim Bau verwendeten und damit Fenster, Türen und manchmal Gewölbe verzierten. Sogar am Tschoga Zanbil , dem Zikkurat aus dem ersten Jahrtausend vor Christus bei Susa hat man rohrartige gewundene bunte Gläser über Fensterluken vorgefunden, die dem Lichteinlass in tiefere Stockwerke dienten . Diese werden heute im iranischen Nationalmuseum aufbewahrt.
Die Achämeniden in der vorislamischen Zeit schmückten ihre Gebäude gerne mit Gehängen aus buntem Glas. Unter den Saffawiden in der Islamischen Ära dienten in Bauwerken wie Tschehel-Setun und Hascht-Behescht geometrisch verschiedene Flachspiegel oder bemalte Spiegel und Gemälde hinter Spiegelflächen als dekoratives Element. Diese Kunst erreichte unter den Qadscharen ihren Höhepunkt. Viele Gewölbe und Flächen an Pilgerstätten und anderen heiligen Bauwerken und an den Palästen zierten die herrlichsten Spiegelmosaike. Glas spielt auch heute im iranischen Häuserbau eine große Rolle für den Innendekor.
Die Verwendung von Kacheln zur Verzierung von Gebäuden und ihrer Festigung begann unter den Seldschuken üblich zu werden und erreichte besonders unter den Timuriden und den Saffawiden ihren Höhepunkt. Kachelwerk spielte die wichtigste Rolle bei der Verschönerung von Gebäuden in der Islamischen Ära. Es wurden gleichfarbige Kacheln verwendet oder Kacheln in sieben Farben, als Mosaik oder als Kombination mit Ziegelsteinwerk. Durch die Verzierung mit diesem Kachelwerk an Minaretten, Kuppeln und Wandflächen wie an der Gebetsnische wird den religiösen Bauwerken im Iran eine besondere Ausstrahlung verliehen.
Farben sind ebenso ein wichtiges Material in der traditionellen iranischen Baukultur. Schon im 4. und 3. Jahrtausend vor Christus hat man Farben zur Verzierung der Wohnstätte benutzt. Die Achämeniden färbten auch Bodenbeläge. Im Palast des Darius in der Persepolis hat man einen Bodenbelag bestehend aus Sand,Kalk und Ockerfarbe gefunden.
In der Islamischen Ära wurden mit Hilfe von Mineralfarben wunderschöne Kachelmosaike und Gipsbemalungen meist mit Motiven aus Blumenblüten und Blätterranken angefertigt.
Heute verwendet man nur noch industriell gewonnene Farben zum Anstreichen von Wänden. Tapeziert wird seltener.
Anhand geschichtlicher Quellen können wir feststellen, dass die Paläste der Sassaniden Wandgemälde aufwiesen und es in dem Palast von Tisfun , welches die Griechen Ktesiphon nannten, Gemälde auf Gips gab. Abgebildet wurden vor allen Dingen Gästeempfänge und die prächtigen Hofzeremonien. Einige literarische Quellen weisen auch auf die Wandbemalungen, die unter den Iranern üblich waren hin. So beschreibt Ferdowsi in seinem Buch der Könige die Wandbemalungen im Haus der Rudabeh, der Frau des Zaal und Mutter des Rostams und die Bemalungen des Palastes des Siawasch, bestehend aus Blumenmotiven aber auch Gefechtsszenen.