Apr 10, 2017 04:21 CET

Die Astronomie blickt im Iran auf eine lange Vergangenheit zurück  und Astronomen waren immer angesehene Leute. Im Schah Nameh von Ferdowsi ist von der Sternkunde in mythischen Zeiten die Rede und davon, dass diese Wissenschaft vornehmlich im Dienste der Könige stand.

 

 Beim Bau  einer der großen Paläste der Achämeniden der als Tachte-Dschamschid (Persepolis) weltbekannt wurde, richtete man sich nach den Gesetzen der Astronomie und dem antiken Kalender und dieser Palast diente für Feiern eines großen jährlichen Ereignisses in der Natur, nämlich dem Frühlingsbeginn.  

Der Einzug des Islams verhalf der iranischen Astronomie schließlich zu einem großen Aufschwung.  Es gibt nämlich viele Verse im Heiligen Koran, die den Menschen zum Nachdenken über den Himmel und dessen erstaunliche Erscheinungen anregen.  Außerdem sind einige gottesdienstliche Handlungen wie das Gebet, dass zu bestimmten Zeiten verrichtet wird, eng mit dem Wissen über astronomische Ereignisse verbunden. Dadurch hat die Astronomie im Iran nach Beginn der Islamischen Ära  noch mehr an Bedeutung gewonnen. Die Astronomie war also eine Wissenschaft, die  eine historische Vergangenheit besaß  und zu der zugleich die neue Religion anregte und so brachte Iran zahlreiche bedeutende Astronomen hervor.

                                

Diese Ausführungen über die Astronomie im Iran waren nötig, um einen weiteren Zweig des iranischen Metall-Handwerkes vorzustellen. Dieses Kunsthandwerk entwickelte  sich aus der Verbreitung der Astronomie. Es nennt sich Ostrolab-Saazi. Ein Ostrolab ist ein Astrolabium. Für die Anfertigung eines Astrolabiums muss jemand nicht nur handwerklich und künstlerisch begabt sein sondern auch etwas von der Astronomie und der Mathematik verstehen.  Die Meister im  Ostrolab-Saazi gaben in der Vergangenheit oftmals ihr Wissen über diese Fertigkeit nur an nahe Vertraute und an Familienmitglieder weiter und betrachteten dieses Handwerk als etwas Besonderes und ihre beruflichen Kenntnisse sozusagen als Privatgeheimnis. Ähnliches finden wir bei keinem anderen Metall-Handwerk vor.

 

Bei einem  Ostrolab oder zu Deutsch „Astrolabium“ handelt sich um ein astronomisches Gerät mit mehreren runden Scheiben aus Bronze, Messing, Eisen oder Stahl. Zuerst wurde das Ostrolab im Persischen Dschaam-e Dscham  oder Dschaam-e  Dschehan Namaa genannt aber dann hat sich allmählich in Anlehnung an das Griechische „Astro-Lab“    der Begriff Ostrolab durchgesetzt. Auf einer der Metallscheiben  eines Astrolabium ist der  Sternenhimmel abgebildet und auf einer anderen  stehen Daten wie  Winkelangaben. Alle Scheiben haben einen gemeinsamen Drehpunkt und es lässt  sich für jeden Tag und jede Stunde der Sternenhimmel  ablesen.

 

Das Astrolabium ist das älteste wissenschaftliche Instrument der Welt. Astrolab bedeutet im Griechischen – Stern-Nehmer. Das erste metallene Astrolabium wurde im 3. Jahrhundert vor Christus in Griechenland angefertigt und von den Astronomen benutzt.  Man hat jedoch in den alten Ruinen von Babylon (heutiges Irak) Tontafeln gefunden die ähnlich wie das metallene Astrolabium  waren und auf denen einige Linien und Kreise und die Abbildung von mehreren Sternen zu sehen sind.

In einigen Büchern stand Legendäres über die Anfertigung des Astrolabiums und seine Verwendung in der Antike und es hieß zum Beispiel, dass der Sohn des Propheten Idris  oder der Sohn von Hermes der Weise  dieses Gerät erfunden habe oder der erste Erbauer „Lab“ geheißen hätte. Aber der bekannte iranische Mathematiker und Astronom Chwarizmi (Kharazmi) (geboren um 780 n.Chr.)   hat diese Angaben für sehr unsicher und nicht belegt bezeichnet.

                             

Die Iraner haben nach Beginn der Islamischen Ära  das Astrolabium für astronomische Berechnungen genutzt  und an einer Verbesserung dieses Gerätes gearbeitet.  Sie bestimmten mit dem Astrolabium nicht nur die Entfernung der Sonne von der Erde und Mond und anderen Sternen, sondern nutzten es auch für andere Dinge zum Beispiel:  Feststellung der Uhrzeit , die Messung der Höhe von Bergen und der Tiefe von Meeren, die Feststellung des Meridians – des halben Längenkreises im Gradnetz der Erde, und des Äquators und der Breitenkreise, die Feststellung der Gebetsrichtung (Qibla) und der Mittagszeit sowie des Beginns von Morgen und Abend,  Bestimmung der Breitengrade und Längengrade der Erde und der Bahn der Sterne.  Außerdem stellten sie damit die Tagundnachtgleiche  im Frühling und Herbst fest.

In einigen Büchern werden mehr als 300 Funktionen des Astrolabiums genannt, darunter sind aber auch astrologische  Spekulationen über die Wirkung von Himmelskörpern auf das Handeln und Denken des Menschen  und Weissagungen zu sehen. 

Aus der griechischen Antike ist kein Astrolabium erhalten geblieben, aber die Muslime haben, nachdem sie Bekanntschaft mit diesem Instrument geschlossen hatten, zahlreiche Exemplare hergestellt und davon existieren noch ungefähr 800 Exemplare. Diejenigen, die im Iran angefertigt wurden, sind besonders präzise und zugleich schön verziert. Sie wurden von den Astronomen selber oder unter ihrer Aufsicht gebaut.  Das älteste erhalten gebliebene Exemplar haben zwei Brüder in Isfahan 374 nach der Hidschra, 984 nach  Christus, konstruiert. Sie hießen Ahmad und Mohammad Ibn Ibrahim.  Dieses Astrolabium wird in einem Oxforder Museum aufbewahrt.  Unter den Safawiden (16. bis 18. Jahrhundert) wurde es üblich das Gerät auch für Voraussagen von Ereignissen  zu verwenden.  Einige Astrologen haben daher ihr Astrolabium besonders kunstvoll gestaltet. Die Verzierungen zeugen auch für den hohen Stand und die Verfeinerung der Metallbearbeitung in dieser Zeit. Gerne wurden Arabesken und Pflanzenmotive für die Flächenverzierung verwendet und meistens trug das Gerät einen verzierten Vermerk mit dem Namen des Erbauers und dessen, der die Herstellung in Auftrag gegeben hatte.

                   

 

Ein Astrolabium besteht aus mehreren Einzelteilen. Das Gerät kann an einem Henkel festgehalten oder aufgehängt werden.  Alle Scheiben sind in einem gemeinsamen Punkt auf der Festplatte des Gerätes angebracht und  eine der Scheiben ist für die Einstellung drehbar.  Mit dem Astrolabium  kann der sich drehende Himmel nachgebildet werden.

Auf einer festen Scheibe sind der Horizont und Kreise des horizontalen Koordinatensystems abgebildet. Darüber liegt die drehbare Rete, die einige Sterne und die Jahresbahn der Sonne enthält. 

Es sind ein Kreis für den Äquator und  Ras ul Dschadi, der südlichste Breitenkreis auf dem Mittags die Sonne noch senkrecht im Zenit steht,  und der Ras-ul Saratan- der nördlichste Breitenkreis auf dem die Sonne Mittags an einem Tag im Jahr gerade noch den Zenit erreicht als Kreise auf dem Astrolabium zu sehen. Weitere Kreise geben die jeweilige Höhe vom Horizont zu dem Breitenkreis an und an ihnen lässt sich die Uhrzeit ablesen. Auf einer weiteren Scheibe die netzartig konstruiert ist sind zwei Ringe zu sehen, einer  davon betrifft den südliche Wendekreis und ein anderer die Tierkreiszeichen. Diese Scheibe wird Ankabut (Spinne) genannt und ist an einem Knopfgriff drehbar. Sie ist keine durchgehende Fläche, so dass die Linien und Kreise auf den darunterliegenden Scheibe zu sehen sind.  

Die Astrolabien für Himmelsbeobachtungen und Messungen auf der südlichen Erdhalbkugel sind übrigens etwas anders als die für die nördliche Erdhalbkugel.

                                     

Anfangs hat man die Astrolabien kugelförmig angefertigt aber die Astrolabien aus der Islamischen Welt sind in der Mehrzahl flach. Dafür war die Kenntnis darüber nötig, wie man einen dreidimensionalen Raum naturgetreu auf eine Fläche projiziert.

Das jüngste und größte Astrolabium Irans hat der iranische Geschichts- und Kalenderforscher von der Universität Ferdowsi in Maschhad  gebaut , nämlich der inzwischen verstorbene Dr. Abu-l Fadl Nabii (geboren 1937). Es wird im Museum der Heiligen Pilgerstätte Imam Resas (a) in dieser Stadt aufbewahrt.

In einigen Gegenden des Landes besonders in der Stadt Isfahan werden auch heute noch Astrolabien in beschränktem Umfang angefertigt. Die meisten Exemplare dienen als Ziergegenstände.