May 18, 2017 08:42 CET

Wir eröffnen dieses Mal das Thema Nabuwat. Nabuwat oder Prophetentum ist eines der wichtigsten Prinzipien der Islamischen Glaubenslehre.

 

Üüber den wichtigsten Grundsatz im Islam nämlich das Tauhid-Prinzip - die Einheit Gottes -  haben wir gesprochen und entsprechende Beweise vorgelegt.  Das Nabuwat-Prinzip ist der Glaubensgrundsatz von der Aussendung von Propheten durch Gott und deren Notwendigkeit. 

 

Bevor wir das Thema beginnen, sei hervorgehoben, dass alle islamischen Glaubensgrundsätze, so auch das Nabuwat-Prinzip unzertrennlich mit den anderen wichtigsten Glaubensgrundsätze, nämlich dem Glauben an den Einen Gott (Tauhid) und den Glauben an die Rückkehr zu Gott (Maad) verknüpft sind. Mit anderen Worten basiert der Glaube an das Prophetentum auf der Tauhid-Weltanschauung. Das bedeutet, dass aufgrund des Glaubens an den Allmächtigen und Allweisen Gott, der alle Dinge auf den Weg zu ihrer Vervollkommnung  leitet, die Aussendung von Propheten notwendig ist, um dem Menschen den Weg zu seiner  Vervollkommnung  zu weisen.

Das Glaubensprinzip von der Einheit Gottes beinhaltet, dass die Welt Einen Einzigen Schöpfer,  Verwalter und Gesetzgeber hat. Dieser Eine Gesetzgeber kennt den Menschen und seine Forderungen und Bedürfnisse genau und mittels der Propheten lehrt er ihn, wie er leben soll, um zu Glück und Wohl zu finden.  Der islamische Begriff Nabuwat bezieht sich sowohl auf den Propheten des Islams Hadhrat-e Mohammad (Der Segen Gottes sei auf ihm und Friede denen aus seinem Hause) als auch auf die anderen Propheten, die Gott zur Rechtleitung der Menschen ausgesandt hat.  Das Prophetentum beginnt bei Hadhrat-e Adam (gegrüßet sei er) und wird mit Prophet Mohammad (s) vollendet.

 

Die Islamischen Denker haben mehrere Definitionen für den Terminus Nabuwat vorgelegt, die gemeinsame Punkte aufweisen. Zum Beispiel enthalten sie den Hinweis darauf, dass alle Propheten Menschen waren und mit ihrem Aufruf die Rechtleitung der Menschheit bezweckten. Ihr Aufruf hatte die Verbreitung von Werten und Grundsätzen zum Inhalt, die theoretisch und praktisch den Weg des Menschen zum hiesigen und jenseitigen Glück ebnen.  Die Quelle dieses Wissens ist die Offenbarung Gottes, und der Empfang der Offenbarung durch den Propheten geschieht ohne Zutun von anderen Menschen. Daher ist ein Prophet als ein Mensch zu betrachten, der zur Rechtleitung zu den Menschen  gesandt wurde, um ihnen  die edle und lebensspendende  Lehre von der Wahrheit zu verkünden.  Einige der  göttlichen Gesandten haben ein Buch und eine Scharia (ein Religionsgesetz) überbracht und andere wurden ausgesandt, um für die vorherige göttliche Gesetzgebung zu werben und sie zu erklären.

 

Für einige taucht möglicherweise  die Frage auf,  aus welchem Grund Gott Propheten zu den Menschen gesandt hat. Welchem Ziel diente ihr Erscheinen in menschlichen Gesellschaften? Zur Klärung dieser Frage bedienen wir uns eines Beispiels aus dem Alltag. 

Haben Sie jemals davon gehört, dass eine Behörde oder Organisation ohne einen Direktor sich selbst überlassen wird? Kein vernünftiger Mensch kann akzeptieren, dass eine Einrichtung ohne einen Leiter verwaltet werden kann.

Übertragen auf ein größeres Format sind erst recht für die Verwaltung einer Gesellschaft ein lenkender  Wegweiser und ein Gesetz notwendig.  Es ist daher nicht denkbar, dass die Daseinswelt mit dieser Größe und der Mensch als höchstes Geschöpf keinen Wegführer und kein Konzept und Ziel besitzen soll!

Kein vernünftiger Mensch akzeptiert  die Behauptung, dass die Welt sinnlos erschaffen wurde. Denn Gott ist Wissend und Weise und daher handelt Er nicht sinnlos. Dieser Schöpfer, der bei der Herstellung der Daseinsordnung nichts versäumt hat, um jedem Geschöpf zu dem ihm würdigen Ideal zu verhelfen, hat natürlich auch Vorbereitungen für das Lebenskonzept des Menschen und seine Zukunft getroffen. Wäre der Mensch auf der Welt sich selbst überlassen  würde es bedeuten, dass jeder für sich das in Anspruch nimmt, was ihm gefällt und den Weg geht, der zu seinem eigenen Vorteil ist. Das aber würde den Zerfall der menschlichen Gesellschaft zur Folge haben.  Denn der Aufprall verschiedener Wünsche und Interessen würde Konflikte und Spannungen hervorrufen, die privaten und gesellschaftlichen Beziehungen zerstören und ein endloses Durcheinander und Unheil verursachen.  

 

Im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die Aussendung von Propheten notwendig ist, sollten wir auch auf die Entscheidungsfreiheit des  Menschen hinweisen.  Der Mensch wurde erschaffen, damit er aufgrund eigener Entscheidung den Weg zur Vervollkommnung geht – mit anderen Worten der Mensch wurde dazu erschaffen, dass er dem Allmächtigen dient und durch gute Taten würdig wird, die göttlichen Gnaden zu empfangen.

Da aber das wahre Glück nur durch freiwillige Handlungen erreichbar ist, muss der Mensch selber den richtigen Weg wählen und dafür benötigt er das erforderliche Wissen.  Der Mensch kann nur dann frei und bewusst den Weg zu seiner Vervollkommnung  wählen, wenn er sowohl das Ziel als auch den Weg zu ihm kennt, sowie die Schwierigkeiten dieses Weges. Zur Weisheit Gottes gehört, dass er dem Menschen die notwendigen Mittel zum Erwerb eines solchen Wissens zur Verfügung stellt.  Andernfalls wäre es wie wenn ein Gastgeber zu sich einlädt, aber den Weg zu seinem Haus nicht angibt, so dass die Gäste ratlos sind und den Weg zu seinem Haus nicht finden.

Gott hat den Menschen erschaffen, damit er durch würdige Taten den Weg zur Vervollkommnung geht. Darum hat er ihm auch den Weg dorthin gezeigt.

Die üblichen Erkenntnisse des Menschen, die er über Vernunft und Wahrnehmung erzielt, reichen, auch wenn sie eine wichtige Rolle bei der Deckung seiner Lebensbedürfnisse haben, nicht aus um den Weg der Vervollkommnung und des Glücks auf allen Ebenen – der privaten und gesellschaftlichen, der materiellen und immateriellen – festzustellen.  Es gehört daher zur göttlichen Weisheit dass Er dem Menschen jenseits von Sinneserfahrung und Vernunft ermöglicht,  den Weg zur Vollkommenheit kennenzulernen und dies geschieht durch die göttlichen Offenbarungen an die Propheten. Durch die Offenbarungen, die die Propheten an die Menschen verkünden, erfährt  der Mensch erst vollständig über das,  was er für die Erreichung von Vollkommenheit und Glück braucht.

 

Fassen wir das Gesagte noch einmal  zusammen: Der Mensch ist ein Geschöpf, das einen Willen besitzt  und er kann durch Handlungen, für die er sich selber entscheidet, Vollkommenheit erreichen. Dies setzt einiges voraus, zum Beispiel: Wissen über die Richtigkeit des Weges,  Vorhandensein der Voraussetzungen für die Durchführung von positiven Taten und Entscheidungsmacht des Menschen. Daher war Gott so gütig, dass er dem Menschen sowohl die Macht gab zu wählen, als auch die Voraussetzungen und Mittel zeigte, damit er den geraden  Weg erkennt. Auch wenn die Vernunft und Sinneswahrnehmung  zu den Mitteln des Menschen für die Erkenntnis zählen, so reichen sie dennoch nicht aus, um ihm dem Weg zum Glück und zur Seligkeit zu zeigen. Also hat Gott, der Weise und Huldige,  dem Menschen zusätzlich zu Vernunft und Wahrnehmung  noch über ein anderes Mittel den Weg gewiesen, damit das Schöpfungsziel des Menschen verwirklicht wird. Dieser Weg ist nichts anderes als die Verbindung zur Welt des Verborgenen durch die Offenbarung.   Allerdings setzen die Verbindung zum Verborgenen und der Empfang göttlicher Offenbarung einige Dinge und Fähigkeiten voraus, die nicht jeder besitzt. Nur eine Gruppe von Auserlesenen ist daher in der Lage und würdig, göttliche Offenbarung zu empfangen. Diese Auserlesenen werden beauftragt, die göttliche Botschaft zu verkünden und die Menschen rechtzuleiten.  Es sind die Propheten Gottes.

 

Wir sollten nun betrachten, welche Ziele die Propheten verfolgen.

Gott erwähnt in verschiedenen Versen die Ziele Seiner Propheten. Eines ihrer wichtigsten Ziele besteht darin, den Menschen aus der Dunkelheit der Unwissenheit und des Irrtums  ins Licht zu führen.

In der Sure Ibrahim (Sure 14) steht im Vers 1:

„Alif Lam Ra. (Dies ist) ein Buch, das Wir zu dir herabgesandt haben, auf dass du die Menschen mit der Erlaubnis ihres Herrn aus den Finsternissen (von Götzentum,  Unwissenheit und Rebellion gegen Gott) zum Licht (des Glaubens)  führen mögest, auf den Weg des Erhabenen, des Preiswürdigen.“

 

In diesem Vers wird auf einen wichtigen Punkt hingewiesen, nämlich: Es muss jemanden geben, der die hohen Lehren des Korans darlegt und in der Gesellschaft durchführt, auch wenn der Koran selber das Buch der Rechtleitung der Menschheit und ihrer Rettung ist. Es muss also einen Wegführer wie den Propheten geben, damit diejenigen, die vom Weg der Wahrheit abgeraten sind und sich verirrt haben, aus dem Dunkeln wieder zum rettenden Licht gelenkt werden. Wir werden – so Gott will – beim nächsten Mal das Thema weiterführen.