Strahlende Sonne über dem Weg zum Glück (10)
Istighfar –ist im Islam ein Weg, der zur Vergebung von Sünden durch Gott führt. Bei Istighfar - der Bitte um Vergebung - können die Gläubigen - im Gegensatz zu dem, was der Wahhabismus behauptet, sich auch an die Imame wenden, damit diese Fürsprache für sie einlegen. Dies wird vom Islam und vom Propheten des Islams sogar empfohlen. Welche Voraussetzungen müssen für die Bitte um Vergebung und um Vermittlung gegeben sein? Darüber wollen wir diesmal etwas näher sprechen.
Wenn der Tag zu Ende geht, wird die Arbeit niedergelegt und der Mensch rastet. Die Stille der Nacht kehrt ein und langsam versinken alle in den Schlaf. Doch mitten in der Nacht erheben sich einige wieder von ihrem Bettlager. Die Gottesfreunde trennen sich vom süßen Schlaf und bereiten sich auf eine spirituelle Begegnung vor. Sie widmen sich dem Nachtgebet, dem vertraulichen Gespräch zu Gott und Seiner Anflehung. Gott, der niemanden so sehr liebt wie Seinen Propheten, gebietet diesem im Vers 79 der Sure 17 (Isra) das Nachtgebet als Pflicht und fügt hinzu:
„Vielleicht wird dich dein Herr zu einer lobenswerten (Rang)stellung erwecken.“
Der Prophet des Islams (s) war sofort nach seiner Aussendung Offensiven und Sabotagen ausgesetzt. Der Druck auf ihn wurde manchmal unerträglich groß, so dass er in einem stillen Winkel Ruhe suchte. Aber an einem Tage hörte er dann einen himmlischen Ruf. Es waren die Verse 1 bis 4 der Sure 73 (Muzammil):
Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen.
„O du Verhüllter!
Erhebe dich und verbringe die Nacht im Gebet, stehend, bis auf ein kleines -
Die Hälfte davon, oder verringere es ein wenig,
Oder füge ein wenig hinzu – und sprich den Koran langsam und besinnlich.“
Wie bekannte Koranexegeten bestätigen war anfangs das Nachtgebet für alle eine Pflicht, doch weil es nicht allen möglich war, galt diese Pflicht schließlich nur noch für den Propheten und für die anderen war das Nachtgebet freiwillig. Einige der Gläubigen pflegten es jedoch weiter. Über sie hat der Prophet Gottes gesagt: “Immer wenn ein Diener inmitten der dunklen Nacht sich zu einer Begegnung mit seinem geliebten Gott zurückzieht, sich Ihm anvertraut und Ihn anfleht, festigt Gott das Licht in seinem Herzen. Und dann sagt er zu den Engeln: „Meine Engel, seht meinen Diener, der in der dunklen Nacht sich zu Mir zurückzieht, während die Leute des Unrechts sich mit Spielerei und Unnützem die Zeit vertreiben und die Unachtsamen schlafen. Seid Zeuge, dass ich Ihm vergeben habe.“ (Amali Saduq, S. 220)
Ein strahlendes Beispiel für die Gläubigen, die in der Nacht in der Andacht die Nähe zu Gott suchen, ist Ali – Friede sei ihm. Ali ist in der Schule des Propheten aufgewachsen. Der Prophet Gottes (Segen sei auf ihm und seinem Hause) hat – um den hohen Wert des Nachtgebetes zu veranschaulichen - zu Imam Ali gesagt: „Du solltest das Nachtgebet verrichten!“ Er hat diesen Satz zur Bekräftigung dreimal wiederholt (Wasail ul Schia,Bd. 5, Seite 268)
Die konstruktive Rolle des Nachgebetes ist schon daran zu sehen, dass der Thronengel Dschibril (Gabriel) zum Propheten des Islams gesagt hat: „Wisse, dass die Ehre eines gläubigen Menschen sein Nachtgebet ist.“ (gleiche Quelle wie oben).
Das Nachtgebet ist eine wichtige Sitte des Propheten und jeder, der sich als Anhänger des Propheten Gottes (s) und Erbe seines Weges betrachtet, sollte dieses Gebet zusätzlich zu dem täglichen Pflichtgebet verrichten und die spirituelle Atmosphäre dieser nächtlichen Andacht nutzen.
Der Prophet des Islams empfiehlt: „Ihr solltet das Nachtgebet, welches die Sitte eures Propheten ist, verrichten. Das Nachtgebet war der Weg und die Sitte der Rechtschaffenen und Lauteren, die vor euch waren. Es wendet Unheil und Krankheiten und Schmerzen von eurem Körper ab.“ (Tafsire- Safi, Seite 265) .
Beachtenswert ist in dieser Überlieferung u.a. der Hinweis, dass das Nachtgebet nicht nur spirituelle Freuden bereitet und zur Erleuchtung führt, sondern auch der körperlichen Gesundheit des Menschen einträglich ist. In der Psychologie ist man heute zu der Einsicht gelangt, dass eine gesunde Seele sich positiv auf die Gesundheit des Körpers auswirkt.
Auch wenn das Nachtgebet im Islam hoch eingestuft wird, so bedeutet dies noch nicht, dass alle, die es verrichten, einen hohen Platz einnehmen. Nur diejenigen erhalten entsprechende Anerkennung, deren nächtliche Gebete auf einer gesunden geistigen Grundlage aufbauen, d.h. diejenigen, die über die Schöpfung nachdenken und davon überzeugt sind, dass die Welt einem Ziel dient und für die das mystische Gespräch zu Gott der höchste Genuss bedeutet. Es gibt aber auch solche, deren Verzicht auf Schlaf zugunsten des Nachtgebetes nichts bringt. Über sie und die nutzlos Fastenden sagt der Prophet Gottes: „Oftmals wird jemandem vom Durchwachen der Nacht, der das Nachtgebet verrichtet, nur die Mühe des Wachbleibens zuteil. Und wie oft ist der einzige Nutzen, den jemand vom Fasten hat, der Hunger und Durst.“ (Nahdsch-ul Fasaha ,Hadith 1648)
Die Stille der Nacht bietet die beste Gelegenheit, um Gott um Vergebung der Sünden zu bitten. Selbst die Freunde Gottes betrachten sich nicht als frei von Fehlern und Versuchungen, obwohl sie immer darum bemüht sind, den Weg eines Gottesdieners zu gehen. So kommt es, dass sie mitten in der Nacht zum Gebet stehen und Gott um Vergebung anflehen und auf seine Gnade hoffen.
Der Koran sagt über die Gottesfürchtigen in der Sure 51 (Dhariyat) Verse 17 bis 18:
„Nur ein wenig pflegten sie in der Nacht zu schlafen,
und im letzten Teil der Nacht pflegten sie um Vergebung zu bitten“
Gott hält immer für Seine Diener die Pforte der Hoffnung offen. Er lässt sie nicht in die Schlucht der Resignation hinabstürzen. Daher spricht er zu seinem Erhabenen Propheten im Vers 49 Sure 15 (Hidschr):
„Verkünde Meinen Dienern, dass Ich fürwahr der Allverzeihende, der Barmherzige bin!“
Die Bitte um Vergebung der Sünden nimmt im Leben des Propheten Gottes (S)einen besonderen Platz ein. Nicht nur die Muslime, sondern auch Seinen Propheten, der doch von jeglichen Sünden rein ist, ruft Gott auf, um Vergebung zu bitten. Er spricht nämlich im Vers 118 der Sure 23 (Mumenun):
„Und sag: Mein Herr, vergib und erbarme Dich, denn Du bist der Beste der Barmherzigen.“
Der Prophet hat über die Befolgung dieses göttlichen Befehls im Koran gesagt: „ Immer wenn sich Staub über mein Herz gelegt hat, bitte ich täglich 70 Mal Gott um Verzeihung.“
(Mustadrak-ul Wasail, Band 12, S.122)
Einige, die schwere Sündenlast tragen, befürchten, dass Gott vielleicht ihre direkte Bitte um Vergebung nicht anerkennt. Sie wenden sich daher an jene Menschen, die Gott sehr nahe stehen, damit sie Fürsprache bei Gott einlegen und Gott ihnen – wegen des hohen Ranges dieser Fürsprecher - verzeiht. Gott, der besser als alle die Sorgen Seiner sündigen Diener kennt, spricht zu Mohammad (S), seinem Propheten der Liebe und Barmherzigkeit:
„Und wären sie (die Gegner) zu dir gekommen, nachdem sie sich versündigt, und hätten Allahs Verzeihung erfleht und hätte der Gesandte (auch) für sie um Verzeihung gebeten, sie hätten gewiss Allah mitleidsvoll vergebend, barmherzig gefunden.“ Sure 4 (Nisa), Vers 64.
Im Vers 62 der Sure 24 , (Nur) fordert Gott den Propheten auf, für einige Gläubige, die einen Fehler begangen haben, um Verzeihung zu bitten. Ähnliches ist auch dem Vers 12 der Sure 60 (Mumtahana) zu entnehmen.
Die Begründer der wahhabitischen Lehre, die es als Schirk – als Götzenanbetung - bezeichnen, wenn die Gläubigen Freunde Gottes oder den Propheten um Vermittlung bitten, verfolgen eine abwegige Denkweise. Gott, der Herr, hat erlaubt, dass der Prophet für die Muslime vermittelt und Fürbitte einlegt, damit er ihnen, ihre ungewollten Sünden verzeiht.
Schon die Anwesenheit des Propheten schützt sogar vor der Bestrafung eines Volkes ebenso wie die Bitte um Vergebung:
Im Koran steht im Vers 33 der Sure 8 (Anfal)
„Aber Allah würde sie nimmer strafen, solange du unter ihnen bist;
und Allah würde sie nimmer strafen, solange sie um Vergebung bitten.
Die Bitte um Verzeihung wird allerdings nur angenommen, wenn der Mensch tatsächlich eine schlechte Tat bereut und nicht vorhat, diese zu wiederholen. Wenn der Sünder ein Recht Gottes oder der anderen Menschen begleichen muss, dann soll er sich darum bemühen und er soll –so gut er kann in Zukunft jede Sünde und jeden Ungehorsam Gott und seinem Statthalter gegenüber meiden. Dann wird seine Reue und seine Bitte um Vergebung von Gott angenommen werden.