Jul 07, 2017 09:53 CET

Früher war eine Reise durch die großen Wüste, hohen Gebirge und dichte Wälder Irans ohne Wegzeichen ein sehr schwieriges Unterfangen. Deshalb errichtete man an den Hauptwegen oftmals auf einer Anhöhe hohe Bauten, die den Karawanen und Reisenden als Wegmarkierungen dienten. Diese meist turmartigen Bauten wurden Mil oder Minareh genannt .

Mohammad Karim Pirnia schreibt in seinem Buch „Rah wa Rebat“ (Weg und Karawanserei) über solche Türme. Abends oder an nebeligen und stürmischen Tagen wurde wie bei den Leuchttürmen an der Küste ein Feuer  in ihrer Spitze angezündet. Davon sehen wir heute noch immer Spuren auf Türmen wie  Akhangan und Radekan.

 

In Sandwüsten und im dichten Wald waren diese Türme noch wichtiger als die Karawansereien. Sie wurden in bestimmten Abständen errichtet.

Die meisten der alten Türme wurden später  umfunktioniert. Viele wurden zu Grabstätten, denn eine große Anzahl von Turmbauern hatte sich gewünscht, in ihrem eigenen Turm beigesetzt zu werden.  Auch hatte die Bevölkerung einige besonders schöne Türme als letzte Ruhestätte für  besonders  rechtschaffene Menschen bestimmt. In  dem Buch „Weg und Karawanserei“ lesen wir:   „Entlang der alten Straße von  Hamadan nach Rey (die parallel zur heutige Fahrstrecke von Hamadan nach Teheran verläuft) standen mehrere Türme, die mit ihrer  Anordnung den Weg markierten. Sie alle wurden zu Grabtürmen und sind heute Teil von Reise-Rastplätzen.“

 

Einer der bekanntesten Türme dieser Art ist das Imamzadeh Haschem auf der Strecke von Teheran nach Amol in Nordiran. Dieses Gebäude war laut historischer Unterlagen einmal ein Wegeturm. Es war die erste Raststelle auf dem gebirgigen Weg von Amol nach Teheran und ist heute Grabstätte für einen Nachkommen der Imame. Das Bauwerk , welches noch an den ursprünglichen Turm erinnert, entstand vor 800 Jahren, aber wie historisches Beweismaterial zeigt, ist der ursprüngliche Lehmziegelturm schon  625 nach Christus gebaut war und diente zur Wegmarkierung.  Später wurde dann ein Nachkomme Imam Alis dort beigesetzt.

Vom  Imamzadeh Haschem aus hat man einen schönen Ausblick auf die Umgebung.  Das Gebäude ist mehrmals restauriert worden. Die Hauptmauern bestehen aus Gestein. Das Bauwerk ist in eine Moschee und den Hauptmoscheenhof eingeteilt. Es weist zwei Kuppeln auf. Die  Hautkuppel gehört zu dem ehemaligen alten Turm  und ist schon von weitem zu erkennen.

Heute gibt es neben diesem Bauwerk ein Hotel und Raststätten. Viele Reisenden machen bei diesem ehemaligen Turm Halt um die Grabstätte des Imamnachfahren zu besuchen.

 

Die Wegtürme, auch Mil genannt,  waren meistens hoch. Einige  erreichten eine Höhe von 40 Metern und die meisten von ihnen blieben erhalten. Der Durchmesser reichte von 3 bis zu 8 m. Im Inneren führte eine Steintreppe zur Spitze hoch. Viele dieser Türme schmückte rundherum eine Inschrift oder die Ziegelsteine waren so angeordnet, dass sie  Wörter in der Kufischrift bildeten. In diesen Inschriften ist oft das Baujahr des Turmes und der Name des Bauherrn  vermerkt.

Diese Türme sind 4- acht- oder  12-eckig  . Bei einigen ist  der untere Teil mehreckig und der obere Teil rund. Die meisten Türme haben eine kleine Kuppel. Je nach der historischen Epoche sind diese Kuppeln verschieden.

 

Die meisten Türme sind einfach gestaltet, aber einige wie der Mil Akhangan trägt eine Verzierung aus Kachelstückchen und Reliefmustern aus Stuckwerk und blauen Kacheln. Der Akhangan-Turm wurde im 9. Jahrhundert nach der Hidschra errichtet, d.h. also 15. Jahrhundert nach Christus. Er liegt in der Nähe von der nordostiranischen Stadt Maschhad und erreicht eine Höhe von 17 m. Das Dach ist kegelförmig. Die ganze Turmmauer zieren  Mosaike mit Blumenmotiven.

 

Es sei erwähnt, dass einige Türme wie der Mil Radekan in der Provinz Khorassan nicht nur  Wegweiser für die Reisenden war und dann zur Ruhestätte wurde, sondern auch der Kalenderbestimmung und der Sternkunde diente. In der Wand des Radekan-Turmes sind Luken vorgesehen, durch welche die  verschiedenen Monate im Jahr entsprechend des Einfallwinkels des Sonnenlichtes angezeigt werden.

Doch an den alten Wegen gab es nicht nur Karawansereien und Wegtürme sondern auch die sogenannten Tschaparchaneh. Es waren Unterkünfte für die Regierungsboten. Dort konnten sie ihr müdes Pferd gegen ein frisches austauschen. Die Boten verteilten die Briefe und Befehle  von der Hauptstadt aus in die verschiedenen Gouvernements oder umgekehrt.

Schon Jahrhunderte vor dem Islam gab es im Iran einen solchen Botendienst und es steht in den historischen Schriften über sie geschrieben. Der griechische Historiker Herodot schreibt:  „In Wegstätten stehen schnelle Pferde bereit und flinke  Reitersmänner bringen Regierungsschreiben von der Hauptstadt zu den nächstgelegenen Botenhäusern. Dort wartet schon  der nächste Bote, begibt sich schnell zur zweiten Botenstation und händigt die Botschaft einem ausgeruhten neuen Boten aus. So waren Tag und Nacht Boten unterwegs und brachten die Anordnungen der Regierung zu den  einzelnen Städten.“

 

Es heißt, dass der Achämenidenkönig Kyros  die ersten solcher Botenhäuser einrichteten.  Zur Festlegung der Entfernung zwischen den einzelnen Botenhäusern wurde  berechnet, welche Strecke ein Pferd zurücklegen kann, bevor es müde wird. Die Entfernung betrug meisten vier Farsang, nämlich circa 25 km.  Es gibt noch einige wenige solcher Botenhäuser oder Tschaparchaneh.  Diese Botenhäuser bestanden meistens aus Lehmziegeln und lagen oftmals zwischen Ortschaften oder neben Karawansereien.  Sie mussten so gebaut werden, dass sie Sicherheit boten und den Botendienst erleichterten, außerdem mussten sie an die jeweiligen klimatischen Bedingungen angepasst sein.  Nachdem das Automobil im Iran und ein neuer Postdienst eingeführt worden waren,  verloren die Botenhäuser immer mehr an Bedeutung und verfielen.

 

Ein altes Tschaparchaneh, das noch besteht, ist das von Meybod in der Provinz Yazd. Heute ist es ein Post- und Telegraphmuseum. Es weist wie die  Karawansereien einen Turm und eine Festungsmauer auf. Das Meybod-Tschaparchaneh  ist von der auf dem Zentralplateau Iran üblichen Bauweise geprägt. Es wies daher  einen großen zentralen Innenhof auf. Rund um diesen Hof befanden sich die Futterkrippen der Pferde und dahinter lagen Ställe in denen die Tiere im Winter untergebracht  wurden. Zwischen dem Eingangstor und dem Hof des Meybod-Tschaparchanehs  lagen  die Unterkünfte für die Boten und eventuell auch für Reisende. Diese Gästezimmer  im Tschaparchaneh von Meybod sind heute zu Museumsräumen geworden.  Die Wachtürme dieses historischen Botenhauses sind aus Felsengestein errichtet  worden. Sie hatten einen Treppengang, über den die Wächter in die Turmspitze stiegen. Dieses Bauwerke stammt aus dem  17. Jahrhundert und wurden circa hundert Jahre später unter den  Qadscharen  restauriert. Seit  einigen Jahren ist es nun eines der schönsten Museen Irans . Die  Nachbildungen von Boten und Pferden im Hof dieses Gebäudes versetzen den  Besucher  ein wenig in  alte Zeiten zurück.