Iranische Architektur und Kultur-Teil 40
Wir haben Ihnen inzwischen bestimmte Bauformen wie Moschee, Bazaar und Karawanserei vorgestellt. Ab heute möchten wir über Palastbauten sprechen.
Im Laufe von Tausenden Jahren sind viele Paläste überall auf der Welt entstanden. Sie geben Aufschluss über die Bauweise in längst vergangenen Zeiten, und zeigen den Einfluss von Politik und Macht auf die Kunst. Typisch für diese Prachtbauten sind ihre besondere Gestaltung und die Beschaffung von teuerem Baumaterial , Verzierung usw. Diese Bauwerke erfreuen sich besonderer Festigkeit und viele von ihnen blieben erhalten.
An Hand der Palastbauten lassen sich geschichtliche Zustände und Veränderungen studieren oder auch die Ähnlichkeiten in der Architektonik von Bauten der gleichen Ära usw. Es kann aber auch der Einfluss der Religionen wie Islam und Christentum auf die Bauweise festgestellt werden.
Wir wollen ab dieser Woche die Bauweise iranischer Paläste im Laufe von mehreren Tausend Jahren betrachten.
Unter dem Palast (auf Farsi: Kaach) wird ein großes schönes Gebäude mit vielen Zimmer und einer großen Eingangstreppe verstanden, das oftmals mindestens zweistöckig ist. Aber in der Vergangenheit verstand man unter „Kaach“ mehr als nur ein Gebäude sondern eine große Anlage, die manchmal mehrere Quadratkilometer umfasen konnte. Diese Palastanlagen wiesen große Palastbauten als Wohnstätte des Könis und seiner Familie auf. Es gehörten eine Kaserne und ein Waffenlager, Ställe und Amststuben der Regierungsbeamten ebenso z dazu.
Ganz früher verstand man unter Kaach jeden einzelnen Prachtbau. Der konnte verschiedene Funktionen haben, zum Beispiel ein Tempel sein oder auch als Burgfestung dienen. Natürlich diente ein solcher „Kaach“ oder Palast den Herrschern als Wohnstätte.
Ein anschauliches Beispiel ist Tschoga Zanbil im südwestiranischen Chusistan.
Anfangs war dieser Kaach ein Tempel aber wie viele andere ähnliche Prachtbauten wurde er in einen Palast umfunktioniert. Bald wurde die Bauweise für einen Kaach bei der Errichtung von Regierungssitzen von Herscherdynastien verwendet. Ein solcher Herrschersitz war zur Zeit der Achämeniden, vor Christi Geburt, die Tachte-Dschamschid-Palastanlage (Persepolis) oder danach der Kaache Aschur unter der Arsakiden und unter den Sassaniden der „Tisfun“-Kaach (Ktesiphon) und der „Serwestan“ Kaach.
Aus den ersten Jahrzehnten der islamischen Frühzeit gibt es keine Prachtbauten , den die ersten islamischen Herrscher mieden ernsthaft jeden Luxus und führten ein äußerst einfaches Leben. Doch als die Ummayiden an die Macht kamen, änderte sich das bald. Sie ließen überall im Islamischen Reich Paläste bauen. Die Architektur dieser Paläste stand unter dem Einfluss der vorislamischen Baukunst und wir begegnen großer Vorliebe für Pracht und Prunk. Die Palastanlagen hatten mehre große Empfangssäle. In dem einen empfing der Sultan die Bürger in einem anderen Hofbeamte und in einem dritten Gäste aus anderen Ländern. Die Zeremonielle der Kalifen, Sultane und sogar lokale Verwalter fanden in einem besonderen Teil des Palastes steht, in dem es eine Art größeres Podest gab, das manchmal auch durch einen Vorhang abgetrennt wurde.
In den gewundenen Flurgängen der Palästina verkehrten nur die Bediensteten und Hofbeamten . Diese Paläste hatten Räumlichkeiten wie Schatzkammern, Archive, Kleiderkammern usw.
Über das Leben in den Palästen geben uns historische Berichte und alte Prosa Auskunft. Die Paläste der Ummayiden waren für ihre großen bunten Gewölbekuppeln bekannt. In einem langen Saal und auf einem breiten rechteckigen Hof versammelten sich die Würdenträger und Palastgäste.
Nach dem Mongoleneinfall änderte sich die Bauweise der Paläste. Die Mongolen waren wenig mit dem städtischen Leben vertraut . Ihre Regierungssitze waren einfacher Gestalt, doch mit der Zeit begeisterten sie sich für den Luxus und begannen die Architekturkunst und den Reichtum der von ihnen besetzten Gebiete für die Errichtung von Prachtbauten zu nutzen. Der Bau von Palästen in Samarkhand und einigen iranischen Städten folgte der Bestrebung der Mongolen, sich zu Königen zu ernennen. Aber mit dem Sturz ihrer Königreiche gerieten auch ihre Paläste ins Schwanken und verfielen sich in Ruinen.
Als die Saffawiden in Iran zu herrschen begannen, trat der Palastbau in eine neue Phase. In den Regierungssitzungen dieser Dynastie, nämlich Tabris, Qaswin und Isfahan wurde bedeutende Paläste errichtet und fast alle von diesen blieben erhalten. Ein Zeichen dafür wieviel Wert die Saffawiden auf den Bau von Palastanlagen legen, sind die Paläste Tschehel Sotun, Hacht Behescht, und Ali Qapu in Isfahan, sowie Safa Abad in Behschahr, Farah Abad in Sari und Hascht-Behescht in Tabris.
Die Wände der Saffawidenpaläste wurden besonders gern mit Kacheln und Spiegelmosaiken und Stuckwerk verziert. Charaktistisch für die Saffawidenzeit war auch, dass die Paläste in einem großen Garten errichtet wurden. Garten und Palast bildeten ein großes Ganzes . Fließendes Wasser durfte natürlich auch nicht fehlen. Gerne wurde der Thron des Königs in der Nähe eines Baches errichtet, denn wie in vielen anderen alten Imperien galt es als Zeichen für königliche Macht, wenn zu Füßen des Königs Wasser vorbeifloss.
Zum Beispiel gab es im Ali Qapu-Palast im Empfangssaal des Königs, der 25 Meter über dem Erdboden lag, in der Mitte ein großes Wasserbecken. Auch dieses sollte den Gästen königliche Macht suggerieren, denn jeder war angenehm darüber überrascht, dass es auf diesem Stockwerk ein Wasserbassin gab. Damals gab es ja nicht die heutigen Möglichkeiten um Wasser an jeden Punkt weiterzuleiten.
Auch in der Qadscharenära waren die Paläste reichlich verziert und einige glichen regelrecht prunkvollen Theatersälen. Laut Ansicht eines französischen Wissenschaftlers übernehmen in der Qadscharenarchitektur die Ausschmückung und Verzierung eine größere Rolle, während in der Architektur der Saffawiden Größe und Volumen eine Rolle spielten. Die Gärten und Palästen der Qadscharen sind terrassenförmig angelegt und streben in die Höhe, während unter den Saffawiden sowohl auf die Höhe als auch auf Weite und Größe Wert gelegt wurde.
Die Architektur ging nach den Qadscharen in eine andere Richtung. Die Pahlaviedystanie ließ sich überall im Lande Paläste und Prachtbauten errichten. Diese besaßen aber keine eigene Charakteristik, sondern waren ein Gemisch von Nachbildungen europäischer Palastbauten verschiedener Epochen mit architektonischen Elementen aus der vorislamischen Zeit. Für diese Ungebilde wurden Riesensummen gezahlt, während viele Menschen im Lande in großer Armut lebten.