Strahlende Sonne über dem Weg zum Glück (12 - gutes Leben)
Der Prophet hat nicht nur zum Glauben an den Einen Gott, sondern inspiriert von den offenbarten Koranversen, auch zum Streben nach Wissen aufgerufen.
Im letzten Teil haben wir die Missstände in der Dschahiliyyat – der vorislamischen Zeit der Unwissenheit - genannt und beschrieben, welchen revolutionären Wandel der Prophet dank des Islams hervorrief. Dieser Wandel verdient die Bezeichnung Wiederbelebung. Was aber bedeutete diese Wiederbelebung?
Aus islamischer Sicht existieren für den Einzelnen und die Gesellschaft zwei Arten von Leben: das stoffliche und das spirituelle.
Das stoffliche Leben haben Mensch und Tier gemeinsam. Menschen und Tiere bewegen, ernähren und vermehren sich, sie befriedigen ihre Triebe. Menschen und Tiere atmen und wachsen. In dieser Beziehung unterscheiden sie sich nicht voneinander. Jemand der nicht an Gott und das Jenseits glaubt, sieht alles auf dieses stoffliche Leben beschränkt. Sein Horizont geht nicht über die Grenze der Natur hinaus. Er glaubt uneingeschränkt alle materiellen Freuden auskosten zu müssen und denkt nur an das Leben im Diesseits. Er isst und trinkt, schläft und genießt.
Demgegenüber gibt es noch eine andere Auffassung vom Leben. Sie beruht auf der Überzeugung, dass neben dem stofflichen Leben, dessen Bedürfnisse in einem vernünftigen Maße und im festgesetzten Rahmen gestillt werden sollen, auch ein nicht-stoffliches, spirituelles Leben geführt werden muss. Dieses immaterielle dem Menschsein angemessene Leben gestaltet sich von der Zentralität Gottes ausgehend. Die ethischen Prinzipien und die Menschenrechte werden in ihm geachtet und die Freiheit des Denkens wird respektiert. Unrecht und Ungerechtigkeit werden bekämpft und es herrscht die Überzeugung, dass die guten und schlechten Werke des Menschen in der darauffolgenden Welt mit der Waage Göttlicher Gerechtigkeit gemessen werden und der Mensch für würdige Taten belohnt und für hässliche bestraft wird.
Alle Propheten Gottes waren bestrebt, dieses Leben zu errichten: ein Leben erfüllt mit Glauben und Spiritualität, Menschenwürde und allen hohen menschlichen Werten. Der Koran fasst dies unter dem Begriff „Hayatan Taiyiba“ (ein gutes, reines Leben) zusammen und verkündet im Vers 97 der Sure 16 (Nahl):
„Wer rechtschaffen handelt, sei es Mann oder Frau, und dabei gläubig ist, den werden Wir ganz gewiss ein gutes, reines Leben leben lassen…. „
Der Prophet des Islams (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) hat sich intensiv für die Entfaltung der islamischen Gemeinde eingesetzt. Dank der Gnaden, die Gott ihm zuteilwerden ließ und seiner beispielhaften Ausdauer konnte er der Gesellschaft aus der Zeit der Unwissenheit neues Leben einhauchen und Menschen mit moralischen Vorzüglichkeiten heranziehen, die anderen zum Vorbild wurden.
Ein wichtiger Schritt, den der Prophet für die Wiederbelebung der Menschen tat, war ihre Befreiung aus der Unwissenheit. Wie die Historiker bestätigen, gab es in der damaligen Gesellschaft nur eine sehr kleine Zahl von Gebildeten. Viele der abwegigen Ansichten gingen gerade auf diese allgemeine Unwissenheit zurück. Der Prophet Gottes konnte erstaunlicherweise in einer Gesellschaft, die sich fast nur aus Analphabeten zusammensetzte, eine so große Zivilisation wie die Islamische in Gang setzen. Mittels der himmlischen Berufung hatte er den Auftrag, den Menschen das Buch und die Weisheit zu lehren.
Es ist erwähnenswert, dass die Aussendung des Propheten mit dem Aufruf zum Lesen und zum Wissenserwerb beginnt. Dafür zeugen die 5 ersten Verse der Offenbarung, die Verse 1 bis 5 der Sure 96 (Alaq):
„Lies im Namen deines Herrn, der erschaffen hat,
den Menschen erschaffen hat aus einem Anhängsel.
Lies, und dein Herr ist der Edelste,
Der (das Schreiben) mit dem Schreibrohr gelehrt hat,
den Menschen gelehrt hat, was er nicht wusste.“
Der Koran lehrt dem Propheten die Richtlinien und gibt ihm Orientierung. In ihm kommen immer wieder die Begriffe „Wissen“, „Vernunft“ und „Denken“ vor. Das Himmelsbuch muntert zum tiefen Nachdenken über die Erscheinungen im Dasein auf, Erscheinungen wie die Erschaffung des Menschen und die Geheimnisse seines Körpers und seiner Seele. Der Prophet des Islams spornt, inspiriert vom Koran, die Menschen zum Wissenserwerb an und sagt:
„Es ist die Pflicht eines jeden Muslims nach Wissen zu streben. Gott liebt die, die nach Wissen streben.“
Um zu verdeutlichen, dass der Erwerb von Wissen keine zeitliche und örtliche Begrenzung kennt und der Mensch stets nach Erweiterung seiner Kenntnisse streben soll, sagt der Prophet weiter:
„Strebt von der Wiege bis zum letzten Augenblick nach dem Erwerb von Wissen!“ und: „Eignet euch Wissen an, und sei es in China!“
Allerdings ist im Islam Wissen gemeint, das mit Glauben einhergeht; ein Wissen, das Verantwortung und Verpflichtungen beinhaltet und der Menschheit dient. Menschen, die das meiste dieser Art von Wissen besitzen, stuft der Prophet als die wertvollsten von allen ein. Denn Gott spricht
im Vers 11 der Sure 58 (Mudschadilah): „… Gott erhöht diejenigen von euch, die glauben, und diejenigen, denen das Wissen gegeben worden ist, um Rangstufen. Und Allah ist dessen, was ihr tut, kundig.“
Beim Betreten der Moschee von Medina sah der Prophet (S) einmal zwei Gruppen. Die einen waren mit Bittgebeten und Gebeten beschäftigt und die anderen mit Lernen und Lehren. Der Anblick beider Gruppen erfreute den Propheten. Er sagte zu denen, die ihn begleiteten: „Beide Gruppen tuen Gutes. Aber ich bin gesandt worden, um die Menschen zu lehren und sie wissend zu machen.“ Dann setzt er sich zu der Gruppe, die mit Lehren und Lernen beschäftigt war.
Eine weitere wichtige Aufgabe des Propheten war es den Geist und die Seele der Menschen von den Verschmutzungen durch Götzenanbetung, Unglauben und Heuchelei und moralische Dekadenz zu befreien. Denn wenn der Mensch geistig und psychisch sich nicht mit moralischen, menschenwürdigen Tugenden schmückt, dann wird aus der Saat des Wissens kein Baum erwachsen, der gute Früchte abwirft und der Menschheit etwas nützt, sondern im Gegensatz wird dieses Wissen wie eine gefährliche Seuche der Menschheit schwere Schäden zufügen.
Einem anschaulichen Beispiel begegnen wir bei der heutigen so genannten zivilisierten Welt. Auch wenn die geistigen und wissenschaftlichen Errungenschaften einer Gruppe von Gelehrten zum Vorteil der Menschheit waren und sind, so hat doch die Entwicklung von gefährlichen biologischen nuklearen und chemischen Waffen, die ferngesteuerten unbemannten Bombenflugzeuge usw. Milliarden von Menschen den Schlaf geraubt, weil sie befürchten, dass ein Dritter Weltkrieg ausbrechen könnte. Alle diese Waffen stammen von dem geistigen Produkt von Forschern ab, die nur an ihren eigenen Vorteil denken und sich in den Dienst des Weltimperialismus und des internationalen Zionismus stellen.
Wenn sich der Mensch nicht innerlich läutert oder - anders formuliert - wenn das Wissen nicht mit Glauben einhergeht und die Denker und Wissenschaftler nicht an die menschlichen Werte glauben, werden die wissenschaftlichen Errungenschaften eine Gefahr für die ganze Menschheit werden. Gerade aus diesem Grund hat Gott, der Allmächtige, die Läuterung von Seele und Geist zur vorrangigen Aufgabe der Propheten erklärt. Das soll nicht heißen, dass Wissen und Glaube nicht miteinander vereinbar wären. Im Islam gelten Wissen und Glaube als die beiden Schwingen, die dem Menschen gemeinsam auf hohe Stufen hinaufhelfen.
Märtyrer Morteza Motahhari sagt: „Das Wissen gibt uns Licht und Kraft und der Glaube Liebe, Hoffnung und Wärme. Wissen baut die Mittel und der Glaube führt schneller zum Ziel des Wissens. Wissen bedeutet Können und Glauben bedeutet, das Richtige wollen. Wissen zeigt, was ist und der Glaube inspiriert dazu was zu tun ist. Wissen ist die Revolution von außen und der Glaube die von innen. Wissen macht die Welt zur Welt des Menschen und der Glaube die Seele zur Seele der Menschlichkeit. Wissen ist die Schönheit des Verstandes und Glaube die Schönheit der Seele. Wissen ist die Schönheit des Denkens und Glaube die Schönheit des Fühlens.“
(aus: Mensch und Glaube, S. 23)
Der Prophet des Islams hat den rettenden Weg darin gesehen, dass die Menschen nach der Stärkung von Wissen und Glaube streben. Die Gottespropheten haben sich also für die kulturelle und soziale Wiederbelebung der Völker eingesetzt. Der Prophet des Islams ist einer der Großen in der Geschichte der Wissenschaft. Er erhob sich nämlich inmitten eines Volkes von Analphabeten und begründete eine Zivilisation, die in den Augen von Persönlichkeiten wie dem Franzosen Gustave Le Bon und Dschurdschi Zeydan die größte der Menschheit gewesen ist.
Wenn einmal in den Lehrsystemen der Länder nicht nur Wissen sondern auch Glaube zum Zuge kommen sollte, wird zweifelsohne eine klare positive Zukunft für die Menschheit erreichbar werden.