Islam richtig kennenlernen (47)
Wir möchten weiter das Thema Makellosigkeit der Propheten erörtern. Diese Reinheit von Makeln und Fehlern ist eine der wichtigen besonderen Eigenschaften der Gesandten Gottes. Makellosigkeit ist eine innere Kraft die aus der absoluten Glaubensgewissheit resultiert.
Die Makellosigkeit hält die Propheten, welche die Aufgabe der Rechtleitung der Menschen übernommen haben, sogar von dem Gedanken an Sünden ab. Es ist die wichtigste Vorbedingung für das Amt eines Propheten, welche auch im Koran neben den anderen hohen Eigenschaften hervorgehoben wird. Gott überlässt die Rechtleitung der Menschen nicht denjenigen, die sich mit Sünden besudelt und Unrecht und Frevel begangen haben.
Es ist zu erwähnen, dass der Koran die Menschen an mehreren Stellen aufruft, bedingungslos Gott und seinem Propheten zu gehorchen. Zum Beispiel im Vers 132 der Sure 3: (Sure Ale Imran)
„ Und gehorcht Allah und dem Gesandten, auf dass ihr Erbarmen finden möget!“
In diesem Vers werden die Gläubigen als erstes aufgefordert, Gott zu gehorchen. Für jeden, der fest an den Ursprung allen Seins glaubt, ist Gott nicht nur der Schöpfer sondern auch der Herrscher über das Dasein. Alles unterliegt seiner Befehlsmacht und deshalb sollten die Menschen das befolgen, was Gott für ihr diesseitiges und jenseitiges Wohl herabgeschickt hat.
Aber der Vers 132 der Sure 3 gebietet auch die Befolgung des Propheten (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause).
Der Prophet ist Gesandter Gottes und er spricht nicht nach Lust und Laune. Er ist rein von Sünden und Fehlern und gibt wie ein blanker Spiegel die Botschaft, die ihm von Gott offenbart wird, an die Menschen weiter. In dem obigen Vers der Sure 3 wird keine Bedingung für die Befolgung des Propheten genannt. Es ist also ein absolutes Gebot.
Wenn die Propheten irgendwelche Fehler oder Sünden begingen, dann hätte Gott doch Vorbehalte für ihre Befolgung aufstellen und sagen müssen: immer wenn ein Prophet im Recht ist, dann gehorcht ihm und falls er sich falsch verhält, verweigert ihm den Gehorsam! Aber das Gebot, den Propheten Gottes zu gehorchen wird an verschiedenen Stellen im Koran angeführt, ohne dass es durch Bedingungen eingeschränkt wurde.
Gestatten Sie uns einen wichtigen Punkt zu klären. Gemäß Koran genießen die Eltern eine hohe Stellung und Kinder müssen darum bemüht sein, dass ihre Eltern mit ihnen zufrieden sind. Der Koran hat Empfehlungen hinsichtlich der Eltern gegeben und verweist auf die Beschwerden, die eine angehende Mutter während der Schwangerschaft auf sich nimmt. Eine Mutter erträgt nicht nur Schwangerschaft und Geburt, sondern sie nimmt auch beim Stillen ihres Kindes und bei seiner Erziehung große Mühen auf sich. Der Koran ruft den Menschen auf, seinen Eltern gegenüber bescheiden zu sein, auf sie zu hören und sich ihnen gegenüber für die Mühen, die sie liebevoll auf sich genommen haben, dankbar zu zeigen. Aber trotz all der Achtung, die der Koran den Eltern entgegenbringt, dürfen Kinder nicht uneingeschränkt auf ihre Eltern hören. Der Koran erklärt deutlich, dass Kindern ihren Eltern nicht mehr gehorchen dürfen, wenn diese vom rechten Weg abgeraten sind, und ihre Kinder zum Götzenglauben und zu hässlichen Dingen zwingen wollen. Im Vers 15 der Sure 31 heißt es:
„ Wenn sie (die Eltern) sich aber darum bemühen, dass du Mir das beigesellst, wovon du kein Wissen hast, dann gehorche ihnen nicht, doch geh mit ihnen im Diesseits in rechtlicher Weise (und würdig) um…“
Wenn wir also die Koranverse miteinander vergleichen, stellen wir fest, dass der Gehorsam gegenüber den Eltern, Bedingungen unterworfen ist, während keine Bedingungen für den Gehorsam gegenüber dem Propheten Gottes aufgestellt werden. Daraus können wir schließen, dass der Prophet eine Stufe der Makellosigkeit besitzt, die jegliche Einschränkung des Gebotes zu seiner Befolgung überflüssig macht. Auch das uneingeschränkte Gebot, den Propheten zu folgen, ist damit in sich ein Beweis für die Makellosigkeit der Propheten.
Im letzten Programm haben wir bereits gesagt, dass Makellosigkeit keine Kunst wäre, wenn irgendein Faktor von außen einen Propheten zwangsläufig von einer Sünde abhalten würde. Dann wäre es ja kein Verdienst mehr, nicht zu sündigen. Wir sagten, dass es andere Gründe für die Makellosigkeit des Propheten gibt. Die Propheten könnten sündigen, aber sie tun es nicht, denn sie sind sich einerseits der zerstörerischen Wirkung von Sünden bewusst und andererseits besitzen sie eine tiefe Erkenntnis über die Größe und Macht des Schöpfers. Aus diesem Grund halten sie sich willentlich von jeglicher Sünde fern. Die Makellosigkeit der Propheten ist also nicht erzwungen sondern es ist die freiwillige Enthaltung von Sünden.
Wir sollten ein Beispiel bringen! Ist es denkbar, dass ein vernünftiger Mensch sich ohne irgendwelche Absicherung oder einen Fallschirm willentlich von einem hohen Berg in die Tiefe stürzt oder ein tödliches Gift einnimmt? Zweifelsohne wird ein vernünftiger Mensch dies niemals tun. Ist er gezwungen dies zu unterlassen oder unterlässt er es aus Vernunftsgründen und in Kenntnis von den Folgen? Die Antwort liegt auf der Hand. Er stürzt sich nicht vom Berg herab und nimmt kein Gift zu sich, weil er Weitsicht besitzt und die Folgen dieses unvernünftigen Handelns kennt.
Die Makellosigkeit der Propheten ist wie die Vernunft eine Antriebskraft, welche sie vom Sündigen abhalten, obwohl sie sündigen könnten. Für einen Propheten kommt eine Sünde nicht in Frage, weil sie realistisch deren Folgen vor Augen haben.
Der wichtigste Grund für die Makellosigkeit der Propheten bleibt dennoch ihr unerschütterlicher Glaube an den Herrn des Daseins. Sie spüren Gott, den Allwissenden immer in ihrer Gegenwart.
Natürlich hat das Wissen über die schädlichen Folgen der Sünde alleine noch nicht eine so große Wirkung, dass ein Mensch von der Sünde und den Verlockungen des Ichs abgehalten wird. Wir selber sind sicher schon Leuten begegnet, die die Schäden, die sie sich durch ihr Verhalten und ihre falschen Gewohnheiten einhandeln, kennen, ohne dass diese Kenntnis ein Hinderungsfaktor wäre.
Es gibt auch Leute, die die schädlichen Folgen von Alkoholtrinken und Rauchen und Drogen kennen und trotzdem Zigaretten, Alkohol und Rauschgift konsumieren.
Das Wissen über die schlimmen Folgen von Verdorbenheit und Sünde genügt also noch nicht um den Menschen zu zügeln. Daher lässt sich der Rückschluss ziehen, dass der wichtigste Grund dafür, dass die Propheten von Sünden rein bleiben, ihr Glaube und ihre Erkenntnis von dem Allmächtigen Schöpfer des Daseins ist.
Die Makellosigkeit aufgrund des Glaubens und vollständiger Erkenntnis nimmt also keinem Menschen seine Entscheidungsmacht. Die Propheten und die Unfehlbaren Imame besitzen wie alle anderen Menschen Entscheidungsfreiheit, d.h. sie könnten sich, statt für das Gute auch für das Schlechte entscheiden. Doch dank ihres großen Wissens und ihrer Weisheit, sind sie sich derartig der Größe und der Pracht und Gegenwort Gottes im Dasein bewusst, dass sie ihn innig lieben und alles, was Gott fremd ist, von sich fernhalten. Ihr Herz fließt über von der Gottesliebe und –erkenntnis und dies veranlasst sie zur Selbstbeherrschung und hält sie vom Ungehorsam gegenüber Gott ab.