Islam richtig kennenlernen (50)
In zwei Beiträgen haben wir über die Wunder der Propheten als einen Beweis für ihre Aussendung gesprochen. Beim letzten Mal sagten wir, dass Wunder rational möglich sind und nicht gegen die Kausalität verstoßen, jedoch komplizierteren Gesetzen und uns unbekannten Ursachen folgen, so dass wir sie nicht erklären können. Diesmal möchten wir uns fragen, weshalb die Wunder der Propheten verschieden waren.
In jeder Epoche, in der ein Prophet ausgesandt wurde, um die Gesellschaft auf den richtigen Weg zu lenken, gab es natürlich immer bestimmte Personen, die Einfluss auf die Gesellschaft hatten und die anderen wegen ihrem Wissen oder ihren Fähigkeiten überragten und geschätzt wurden. Sie galten als Elitegruppe.
Unter diesen Bedingungen hat jeder Gesandte Gottes an einem Punkt angesetzt, bei dem er die Öffentlichkeit auf sich aufmerksam machen und sie zum Glauben an den Einen Gott herbeirufen konnte. Gott ließ sie daher Wunder vollbringen, die in gewisser Weise dem ähnlich waren, was renommierte Elitegruppen in der Gesellschaft an Fertigkeiten und Fähigkeiten vorweisen konnten und bei der Bevölkerung sehr beliebt war.
Zum Beispiel hat Jesus, Sohn der Maria (gegrüßet seien sie) in einer Epoche den Auftrag zur Rettung der Menschen erhalten, in der die Medizin und die Heilung von Krankheiten für die Menschen hoch eingestuft wurden. Es gab Ärzte die aufgrund ihres Wissens viele Kranke heilen konnten und daher genossen allgemein alle Ärzte Ansehen in der Gesellschaft. Die Wunder, die Jesus mit Erlaubnis von Gott in dieser Zeit vollbrachte, mussten also dem Werk der Ärzte ähneln. Allerdings hat Jesus mit Gottes Erlaubnis und göttlicher Hilfe ohne Einsatz der damals üblichen medizinischen Mittel und Methoden Kranke geheilt. Seine Wunderheilungen lassen sich in keiner Weisung mit der Krankenbehandlung der Ärzte vergleichen und daher haben die Ärzte, die zu seiner Zeit lebten, zugegeben, dass sie nicht zu einer solchen Heilung von Kranken in der Lage sind.
Moses (Friede sei ihm) wurde in einer Zeit unter die Menschen gesandt und erhob sich zur Rettung der Israeliten aus der Hand des Pharaos, als in Ägypten die magische Kunst großes Ansehen genoss und bei der Bevölkerung beliebt und geschätzt war. Die Zauberer nutzten natürliche Faktoren, welche der Mehrheit des Volkes unbekannt waren und vollbrachten unter Anwendung von Zaubertricks verblüffenden Kunststücke. In einer solchen Epoche, in der die Zauberer im Rampenlicht der Gesellschaft standen und die schwarze Kunst beliebt war, musste auch Moses mit etwas aufwarten, das der Zauberei ähnelte und sie zugleich in den Schatten stellte. Natürlich war das Wunder von Moses keine Zauberei sondern es war ein echtes unleugbares Werk, welches die Zauberer dermaßen beindruckte, dass sie sich zu Gott bekannten.
In einer Zeit, in der medizinisches Wissen und die Möglichkeiten der Heilung von Krankheiten für die Bevölkerung als dringend notwendig galten, sind natürlich die Wundertaten Jesu, der von Geburt an Blinde sehend machte oder einen Toten zum Leben erweckte, Werke gewesen, die auf alle und auch die Ärzte überzeugend wirkte. Ähnlich wirkte das Wunder des Moses, in einer Zeit, in der die Zauberei im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stand, und sein Hirtenstab sich auf Befehl Gottes in eine große Schlange verwandelte und er auf diese Weise die Menschen für die Religion Gottes gewinnen konnten. Hätte aber das Wunder des Moses in einer Himmelsschrift bestanden, hätte er damit kaum die Aufmerksamkeit der Bevölkerung erregt, auch wenn dieses Buch aus jeder Hinsicht einmalig gewesen wäre.
Das Wunder das Moses mit Erlaubnis Gottes vollbrachte war der Situation und den Bedürfnissen seiner Gesellschaft angepasst und konnte daher rasch und tief wirken, so tief, dass die Magiker Ägyptens, angesichts dieses Wunders sofort seine Prophetschaft akzeptierten und sich vor Gott zu Boden warfen. In den Versen 46 bis 48 der Sure 26 (Schuara) steht:
„Da warfen sich die Zauberer ehrerbietig nieder.“
„Sie sagten: `Wir glauben an den Herrn der Weltenbewohner,`“
„`den Herrn von Mūsā und Hārūn`.“
Als die Zauberer das Wunder sahen, das Moses mit Gottes Erlaubnis vollbrachte, wurde ihr Herz plötzlich vom Licht des Glaubens an Gott erhellt. Diese Erleuchtung war so intensiv, dass sie trotz der schweren Drohungen des Pharaos, nicht mehr ins Schwanken kamen.
Der Pharao, der die Zauberer eingeladen hatten, damit sie Moses übertrumpfen, spürte Gefahr nachdem sie sich zu Gott bekannten. Er wurde wütend und drohte ihnen, wie es im Vers 49 der obigen Sure heißt: „…`Ihr werdet bald Bescheid wissen. Ganz gewiss werde ich eure Hände und eure Füße wechselseitig abhacken und euch allesamt ganz gewiss kreuzigen (lassen)`.“
Doch die Zauberer antworteten (gemäß den Versen 50 und 51 derselben Sure:
„…`(Das ist) kein Schaden! Wir werden ganz gewiss zu unserem Herrn zurückkehren`“
„`Wir erhoffen ja, dass unser Herr uns unsere Verfehlungen vergebe dafür, dass wir die ersten (der) Gläubigen sind`.“
Nun wollen wir uns anschauen, was in der Zeit des geehrten Propheten des Islams (der Segen Gottes sei auf ihm und Friede seinem Hause) für die Bevölkerung von großem Interesse war.
Der Prophet Gottes wurde von Gott in eine Gesellschaft ausgesandt, in der die Redekunst weitgehend Entfaltung gefunden und Beliebtheit gewonnen hatte. Die arabischen Redekünstler und Dichter genossen großes Ansehen. Auf der Arabischen Halbinsel war die Dichtkunst und Redekunst weit verbreitet und daher hat Gott dem Propheten des Islams (S) ein Buch mitgegeben, welches durch seine Aussagekraft und literarische Schönheit alle in Erstaunen versetzte.
Dank dieses Buches wurden die Einwohner dieses Gebietes auf den Propheten des Islams und seine teuren Lehren aufmerksam.
Aber zweifelsohne ist der Koran nicht nur für die arabische Gesellschaft oder die Bevölkerung von damals herabgesandt worden und außerdem hat er nicht nur wegen seiner Ausdruckskraft und literarischen Schönheit den Charakter eines Wunders. Auch der hohe Inhalt der Koranverse, die voller lehrreicher erleuchtender Wahrheiten sind, dokumentiert diesen Charakter. Dieses Himmelsbuch hatte noch andere wunderbaren Eigenschaften, über die wir im Zusammenhang mit der Prophetschaft Mohammads (S) noch sprechen wollen.
Der Koran ist das größte und perfekte Wunder des Propheten des Islams. Weil dieser Prophet zu allen Weltbewohnern und für die ganze Menschheit bis ans Weltende ausgesandt worden ist, muss sein Wunder ewig sein und darf nicht im Laufe der Zeit altmodisch werden und verschleißen.
Zu bedenken ist auch, dass jemand, der nie einen Unterricht erfahren hat, ein solches gewaltiges Buch überbracht hat. Dies ist in sich schon das größte Wunder. Es gab unter den Arabern große Dichter und angesehene Redekünstler, die ihre Hochachtung vor der Sprachkunst des Korans zum Ausdruck brachten. Dies lässt die Größe des Wunders noch spürbarer werden.
In dem Vers 4, der Sure 14 (Ibrahim) steht folgendes Wort Gottes:
“ Und Wir haben keinen Gesandten gesandt, außer in der Sprache seines Volkes, damit er ihnen (die Botschaft) klar macht…“
An dieser Stelle im Koran lässt Gott also auch offen wissen, dass er jeden Propheten in der Sprache seines Volkes sprechen lässt, denn die Aussendung der Propheten soll dazu dienen, die Menschen zu Gott hinzulenken und ihnen die himmlischen Lehren zu verkünden. Es leuchtet ein, dass ein Gesandter Gottes dieses wertvolle Ziel erreicht, wenn er mit der Sprache, Kultur und den Bräuchen der Gesellschaft, in die er ausgesandt wird, vertraut ist und Methoden nutzt, die eine Rechtleitung der Menschen bewirken.