Oct 20, 2017 11:27 CET
  • Islam richtig kennenlernen (87 - Vertragstreue)

In dieser Folge wollen wir einige wichtige Ereignisse im letzten Lebensabschnitt des Propheten  (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seiner Familie) betrachten.

 

 

Es war im Monat Dhu-l Qada  im Jahre 6 nach der Hidschra.  Der Prophet wollte zum Umra-Hadsch – dem kleinen Hadsch nach Mekka reisen und hatte die Muslime gebeten, ihn zu begleiten und gemeinsam mit ihm den kleinen Hadsch zu vollziehen.  Einige folgten seinem Aufruf nicht, aber dennoch war die Zahl der Muslime, die aus Mekka ausgewandert waren (Muhadschirin) und die aus Medina kamen (Ansar) und Beduinen die sich mit dem Propheten auf den Weg nach Mekka machten groß und gemäß einigen Berichten sollen es ungefähr 1400 Pilger gewesen sein, die alle das Pilgergewand anlegten. Sie trugen nur einen Säbel bei sich, wie jeder andere Reisende. Als die Muslime in die Nähe von Mekka gelangt waren, erfuhren sie dass die in Mekka herrschenden Quraisch sie am Betreten von Mekka hindern wollen. Also ordnete der Prophet des Islams (S) an, dass die Pilgerkarawane in einem kleinen Dorf namens Hudaibiyah, 20 km entfernt von Mekka ihr Zeltlager aufschlägt.  Die Quraisch schickten Abgesandten  zum Propheten damit sie erfahren, was er vorhat. Diese sahen, dass die Muslime alle das Pilgergewand angelegt hatten und Kamele bei sich führten, die für die Opferdarbringung gekennzeichnet worden waren. Einer der Gesandten, welche die Quraisch zum Propheten in Hudaibiyah entsandten , war Urwat Ibn Masud Thaqafi. Dieser kluge Mann sollte herausfinden ob der Prophet nicht doch andere Ziele verfolgt. Der Prophet sagte zu ihm: „Ich bin nicht gekommen um Krieg zu führen und mein einziges Ziel ist es zum Hause Gottes (der Kaaba) zu pilgern.“

Urwat Ibn Masud Thaqafi staunte bei dieser Begegnung darüber wie viel Achtung die Muslime dem Propheten entgegenbringen.  Als er zu den Quraisch zurückkehrte sagte er: Ich bin am Hofe des Großkönigs von Persien, des Kaisers von Rom und des Herrschers von Abessinien gewesen, aber ich habe nie gesehen, dass ein Regent unter seinem Volke so großes Ansehen genießt wie Mohammad unter seinen Anhängern. Wenn ihr glaubt, dass sie sich von Mohammad abwenden werden, dann begeht ihr einen großen Irrtum. Entscheidet selber. „

Unterdessen wollte der Prophet Gottes einen Abgesandten nach Mekka schicken, damit er mit den Quraisch darüber verhandelt, dass die Muslime zur Kaaba in Mekka pilgern können. Er wählte Uthman für diese Aufgabe. Uthman ging nach Mekka, aber bald darauf verbreitete sich unter den Muslimen das Gerücht, er sei getötet worden. Die Muslime gerieten in Aufruhr und der Prophet (S) entschied, auf diese Maßnahme  geeignet zu reagieren.  Er schloss mit seinen Anhängern unter einem Baum ein Bündnis, welches als Rizwan-Bündnis bekannt wurde.  Dabei vereinbarte er mit den Muslimen, dass sie bis zum letzten Atemzug standhalten. Die Muslimen schworen dem Propheten alle die Treue.  Dies war eine Art Manöver, welches die hohe Bereitschaft der Muslime zum Kampf gegen die Feinde zeigte und tatsächlich hatte es seine Wirkung. Das Bündnis versetzte die Götzendiener in Furcht und schließlich waren sie einverstanden eine friedliche Lösung zu finden.

Nach einiger Zeit stellte sich heraus, dass Uthman nicht getötet worden waren. Die Götzendiener sandten ihrerseits einen weiteren  Mann zu dem Propheten. Es war Suhail Ibn Amr, ein bekanntes Gesicht. Suhail Ibn Amr sagte zum Propheten: „Mekka steht für unser Ansehen. Die Beduinen wissen, dass wir Krieg gegen dich geführt haben. Wenn ihr auf diese Weise in Mekka einkehrt, dann werden die Beduinen es damit deuten, dass wir schwach und hilflos sind. Also werden alle auf den Gedanken kommen, unsere Gebiete zu erobern.  Ich beschwöre dich bei deiner Verwandtschaft zu uns, kehr  dieses Jahr nach Medina zurück und verschiebe die Umra-Pilgerzeremonien auf das kommende Jahr.“

 

Es kam schließlich nach langen Gesprächen zum Abschluss einer Friedensvereinbarung zwischen den Muslimen und den Götzendienern von Mekka.

Zu den Vereinbarungen gehörte, dass die Muslime in dem besagten Jahr auf den kleinen Hadsch (Umra) verzichten und erst im darauffolgenden Jahr nach Mekka pilgern.  Andere vereinbarte Punkte  waren die Garantie für Eigentum und Leben von Muslimen, die aus Medina nach Mekka kommen, außerdem die Einstellung von Kriegen zwischen Muslimen und Götzendienern für zehn Jahre und das Recht der Muslime in Mekka auf freie Ausübung ihrer religiösen Pflichten.  Dieses Abkommen war in Wahrheit ein allseitiges Abkommen über die Unterlassung von Angriffen und setzte den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Muslimen und Götzendienern vorläufig ein Ende. 

Der Prophet (S) sagte zu Ali (F) er solle das Abkommen überschreiben mit „bismillahir rahmanir rahim – im Namen des Allbarmherzigen, des Gnädigen. Aber der Abgesandte der Götzendiener, Suhail Ibn Amr meinte: Diesen Titel erkenne ich nicht an. Ich weiß nicht wer der Allbarmherzige, der Gnädige ist,  schreib: bismika allahom – in deinem Namen, o Gott. Da sagte der Prophet zu Ali er solle es so schreiben, wie Suhail Ibn Amr, es wünschte, und fuhr er fort:  Schreib: Es  wurde zwischen Mohammad, dem Prophet Gottes und Suhail Ibn Amr vereinbart. Wieder erhob Suhail Einspruch. Er sagte: „Wenn wir dich als den Propheten Gottes anerkannt hätten, dann hätten wir niemals gegen dich Krieg geführt. Schreib nur deinen Namen und den Namen deines Vaters!“ Einige der anwesenden Muslime protestierten.  Aber der Prophet sagte in Anbetracht der Vorteile, die den anderen erst später klarwurden:  Das macht nichts, Schreib: Es wurde zwischen Mohammad Ibn Abdullah und Suhail Ibn Amr vereinbart, dass  10 Jahre lang der Krieg eingestellt wird, damit die Menschen wieder an Sicherheit gelangen.“ Eine Bedingung dieses Friedensabkommens bestand darin, dass die Muslime jeden von den Quraisch, der ohne Erlaubnis seines Herrn oder Vormundes zu Mohammad kommt (und Muslim wird)  wieder zurückschickt wird, während  jemand von denen, die auf der Seite von Mohammad waren aber wieder zu den Quraisch zurückkehrten, nicht an die Muslime ausgeliefert werden mussten. Die beiden Seiten vereinbarten keinen Verrat gegeneinander zu begehen und Leben und Eigentum der Gegenseite zu achten. Vereinbart war ebenso, dass der Prophet in dem betreffenden Jahr nicht nach Mekka kommt sondern nach Medina zurückkehrt. Im Gegenzug sollten die Quraisch im darauffolgenden Jahr für drei Tage Mekka verlassen, damit Mohammad (S) und seine Helfer den kleinen Hadsch am Hause Gottes vollziehen.  Die Muslimen durften jedoch nicht länger als drei Tage in Mekka bleiben (bis sie die Hadschzeremonie vollzogen hatten). Außerdem durften sie nur die übliche Waffe von Reisenden – nämlich einen Säbel, tragen. Mehrere Muslime und Götzendiener dienten als Zeugen des Vertrages und Ali (F) hielt ihn schriftlich fest.

 

Danach ordnete der Prophet an, die Kamele, die sie mitgebracht hatten, zu opfern, das Haupthaar zu scheren und das Pilgergewand abzulegen. Vielen der Muslime stand jedoch im Gesicht die Enttäuschung geschrieben. Für sie war es ein Ding der Unmöglichkeit, den Weihezustand zu beenden,  ohne den Hadsch vollzogen zu haben.  Doch der Prophet ging als Vorbild voran, er opferte ein Kamel und  ließ den Weihezustand hinter sich. Als die Muslime dies sahen, waren sie einverstanden und befolgten die  Anweisung des Propheten.  Dann machten sie sich auf den Weg nach Medina. Dennoch waren sie sehr traurig, denn ihnen kam die ganze Geschichte wie eine Niederlage vor.  Aber sie ahnten nicht,  welche klaren zukünftigen Erfolge sich hinter diesem Friedensvertrag von Hudaibiya verbargen. Dem Propheten aber wurde die Sure Fath –, Sure 48 – geoffenbart,  in der Gott ihm einen großen Sieg verhieß.

                                    

Der Friedensschluss von Hudaibiya hatte zahlreiche gute Folgen für die Muslime. Gott hat diesen Vertrag daher einen klaren Sieg genannt. Ein Vorteil war, dass der Prophet und die Muslime ohne irgendwelche kriegerischen Auseinandersetzungen im darauffolgenden Jahr zum Umra-Hadsch nach Mekka gehen konnten. Ihre feierliche Umschreitung der Kaaba bot ein beeindruckendes Bild und alle wurden Zeuge, dass die Muslime das Haus Gottes, das auch den Götzendienern heilig war,  ehren.  Vor dem Hudaibaiya-Friedenspakt  waren die in Mekka lebenden Muslimevon den Götzendienern drangsaliert worden und  hatten nicht ihre religiösen Zeremonien durchführen können. Nach dem Friedensschluss  genossen sie religiöse Freiheit.  Die  Muslime konnten nach dem Abkommen leichter von einem Ort zum anderen ziehen. Sie  kamen mit den Götzendienern in Kontakt und  durch diese verstärkten Kontakte wurden die Götzendiener mit dem Islam und dem Propheten und Muslimen vertrauter und ihre Einstellung zum Islam änderte sich allmählich. In dieser Zeit sind viele Muslime geworden.

Vor dem Friedensabkommen von Hudaibiyah hatten die Götzendiener von Mekka die Vernichtung der Muslime ins Auge gefasst, aber nach dem Vertrag gaben sie zu , dass es dies nicht so einfach sein wird und dass sie die Muslime  als eine Tatsache akzeptieren müssen.  Aufgrund des Friedenspaktes von Hudaibiyah haben die Quraisch in Wahrheit die Existenz der Regierung des Propheten in Medina anerkannt und so kam es dass sich die Lage der Muslime festigte. 

Außerdem hatten die Muslime die ganze Zeit über mit den Götzendiener Krieg führen müssen und alle ihre Möglichkeiten waren dafür eingesetzt worden. Aber nach dem Vertrag war es anders und der Prophet und die Muslime hatten erst einmal weitgehend Ruhe vor ihrem größten Feind, nämlich den Quraisch und den Götzendienern.  Dadurch ergab sich die Gelegenheit, dass der Prophet seinen Aufruf  an andere Orte   der Arabischen Halbinsel und sogar in außerhalb davon gelegene Gebiete weiterträgt. Er begann  Schreiben an die damaligen Herrscher und Staatsoberhäupter zu entsenden und sie zum Glauben an den Einen Gott einzuladen.

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