Islam richtig kennenlernen (89)
Dieses Mal möchten wir über einen weiteren interessanten und wichtigen Abschnitt in der Frühgeschichte des Islams, nämlich die Eroberung von Mekka.
An der Geschichte der Einnahme von Mekka zeigt sich die Treue des Propheten zu dem Friedensvertrag von Hudaibiyah und dem gegenüber der Vertragsbruch der Götzendiener. Wer diesen Teil der Geschichte studiert stellt fest, wie klug der Prophet bei der Bezwingung der Hochburg des Feindes vorgegangen ist. Als begabter Befehlshaber plante er auf eine Weise, dass die Muslime mühelos triumphieren konnten.
Wie gesagt, war im Jahre 6 nach der Hidschra zwischen den Oberhäuptern des feindlichen Stammes der Quraisch und dem Propheten des Islams (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) der berühmte Hudaibiyah-Friedensschluss erzielt worden. Im dritten Paragraphen dieses Vertrages hieß es: Die Muslime und Quraisch können mit jedem Volksstamm einen Vertrag abschließen. Aufgrund dieses Vertrages schlossen die Muslime einen Vertrag mit dem Stamm der Chuza`a ab, und gemäß diesem Vertrag übernahm der Prophet des Islams die Verteidigung der Gebiete, des Lebens und des Eigentums dieses Stammes. Unterdessen verbündeten sich die Banu Bakr, die den Chuzaa schon immer feindlich gegenüber gestanden hatten mit den Quraisch. Gemäß dem Hudaibiyah-Friedensabkommen war vereinbart, dass die Muslime und die Quraisch für zehn Jahre jede bewaffnete Auseinandersetzung unterlassen, keinen Angriff gegeneinander unternehmen und nicht ihre Vertragspartner gegen die Vertragspartner der anderen Seite aufhetzen. Nach Abschluss dieses Vertrages konnten die Muslime im darauffolgenden Jahr ungehindert nach Mekka kommen, wo sie vor Tausenden von Götzendienern zur Kaaba pilgerten.
Es waren zwei Jahre seit dem Friedensschluss von Hudaibiyeh vergangen, und beide Seiten hatten sich einer kriegerischen Auseinandersetzung enthalten. Doch hegten die Götzendiener aufgrund einiger Faktoren die Illusion, die militärische Macht der Muslime und ihre Kampfmoral hätten nachgelassen. Also entschlossen sie sich den Friedensprozess zu stören. Sie rüsteten den Stamm der Banu Bakr mit Waffen aus und spornten sie dazu an, einen nächtlichen Überfall auf den Bündnispartner der Muslime, die Chazaa, zu verüben. Doch dem nicht genug. Eine Gruppe der Quraisch und Götzendiener von Mekka nahm an der nächtlichen Offensive gegen den Stamm der Chazaa teil. Sie hatten also auf diese Weise offensichtlich den Friedensvertrag von Hudaibiyeh verletzt. Der zweijährige Friede wurde durch diese kriegerische Maßnahme zerstört. Bei dem nächtlichen Überfall fanden einige der Chazaa den Tod, eine weitere Anzahl gelangte in Kriegsgefangenschaft und andere flüchteten.
Die Chazaa schickten ihr Stammesoberhaupt Amr Ibn Salim zum Propheten nach Medina. Er ging sofort in die Moschee und klagte dem Propheten in Form eines ergreifenden Gedichtes das Leid, das den Chazaa widerfahren war. Er sagte: O Prophet Gottes, die Götzendiener der Quraisch und Unterzeichner des Friedenvertrages, haben mitten in der Nacht, als einige von uns schliefen, und einige Gott anbeteten und sich vor ihm verbeugten und niederwarfen, sich über diese wehrlose Schar hergemacht und sie massakriert.“
Der Prophet und die Muslime waren ergriffen von seinen Worten und der Prophet versprach Amru Hilfe. Dieser beruhigte sich, aber er hätte nicht gedacht, dass der Angriff auf seinen Stamm mit der Eroberung von Mekka und dem Sturz der gewaltsamen Herrschaft der Quraisch vergolten werden würde.
Derweil bereuten die Quraisch ihr Vorgehen und ihnen wurde der Verstoß gegen das Friedensabkommen bewusst. Um einen eventuellen Angriff der Muslime zu verhindern, schickten sie ihr Oberhaupt, Abu Sufiyan nach Medina. Abu Sufiyan versuchte die Sache in Ordnung zu bringen, in dem er von einer Verlängerung und Festigung des Abkommens sprach. Aber der Prophet schwieg als Zeichen der Nichtbeachtung. Durch Vermittlung der Gefährten des Propheten versuchte Abu Sufyan erneut, jedoch vergeblich, mit dem Propheten in Verbindung zu treten. Schließlich ging er zu Ali (Friede sei ihm) und sagte: „Ich möchte dass du für mich beim Propheten Fürsprache einlegst. „Doch Ali antwortete: „Ich mische mich niemals in eine Entscheidung, die der Prophet getroffen hat, ein.“ Doch machte er Abu Sufyan als letzte Lösung einen Vorschlag: „Mir kommt nur eine Lösung in den Sinn, nämlich dass du in die Moschee gehst und den Muslimen Sicherheit versprichst.“ Abu Sufyan ging also in die Moschee und versprach allen Sicherheit. Dann kehrte er nach Mekka zurück.
Wenn wir die Richtlinien des Propheten, die er bei der Werbung für den Islam verfolgte, betrachten, wird deutlich, dass dieser Noble sich so verhielt, dass die Feinde das Recht erkennen und ihm gegenüber kleinbeigeben. Der Prophet wusste, dass wenn die Blockaden, welche dem Islam den Weg versperrten, beiseite geschafft werden, die Logik und Lehre dieser Religion so stark ist, dass sie sehr wirksam werden konnte. Er war davon überzeugt, dass wenn Mekka erobert wird, auch der Krieg und Streit zu Ende sein wird, und die gleichen Gruppen, die bis dahin den Islam angefeindet hatten, in der entstandenen positiven Atmosphäre von der monotheistischen Religion des Islams angezogen und zu Helfern des Islams werden.
Nachdem Abu Sufyan Medina verlassen hatte, rief der Prophet des Islams die Muslime auf, sich für die Einnahme Mekkas , dieser Festung der Götzenanbeter und auf den Sturz der tyrannischen Herrschaft der Quraisch zu rüsten. Die Muslime folgten eifrig seinem Aufruf . Bald setzte sich ein Heer von zehntausend Mannen, angeführt vom Propheten in Richtung Mekka in Bewegung. Es war im Monat Ramadan. Aufgrund einer geschickten Taktik des muslimischen Heeres, blieb dem Feind eine längere Zeit lang das Herannahen der Muslime verborgen. Schließlich waren die Heerschaaren der Muslime in der Gegend von Marr az Zahran angelangt und nur noch einige Kilometer von Mekka entfernt, ohne dass die Quraisch etwas bemerkt hätten. Als es Nacht wurde ordnete der Prophet an, dass sich die Soldaten auf die Gegend verteilen und jeder ein Feuer anzündet. Damit wollte er, dass die Quraisch einen Eindruck von der Größe seines Heeres gewinnen und sich freiwillig, ohne blutige Auseinandersetzung, ergeben.
Als Abu Sufiyan überall in der Gegend Lagerfeuer sah, begriff er, dass sich dort ein gewaltiges Heer auf ein Gefecht wartet. Er bekam einen großen Schreck. Er suchte den Propheten auf, in Begleitung dessen Onkels Abbas. Während der Gespräche mit Abu Sufyan lud der Prophet ihn zum Islam ein. Als Abu Sufyan aus nächster Nähe das gut durchorganisierte Heer der Muslime sah, sagte er zu Abbas: „Keiner kann gegenüber diesem Heer Widerstand leisten.“ Abu Sufyan, das Oberhaupt der Götzendiener in Mekka sagte, nachdem er von dem Treffen mit dem Propheten zurückgekehrt war, zu den Bewohnern der Stadt: „Das Heer des Islams ist voll ausgerüstet und wird bald die Stadt umzingelt haben. Sein Oberhaupt Mohammad hat versprochen, dass jeder, der zur Kaaba in der Heiligen Moschee geht oder seine Waffe niederlegt, in Sicherheit sein wird.“
Das Heer der Muslime setzte sich schließlich in Bewegung und erreichte einen Punkt nahe bei Mekka. Die Soldaten konnten von dort aus schon die Häuser in Mekka sehen. In der Stadt herrschte eine eigenartige Ruhe. Der Prophet teilte das Heer in vier Abteilungen auf und jede Abteilung sollte an einer anderen Stelle die Stadt betreten. Der Prophet wies die Befehlshaber an, dass seine Leute nicht zu den Waffen greifen und niemanden töten dürfen, ausgenommen der Fall, dass sie selber angegriffen werden. Einer der Befehlshaber war Saad Ibn Ubada. Er trug die Fahne des Islams in der Hand. Als er Sufiyan erblickte rief er: „Heute ist der Tag des Krieges und Blutvergießens; heute ist der Tage an dem die hinter den Schleiern sitzen (die Frauen) gefangen genommen werden.“
Als der Prophet (S) davon erfuhr, wurde er zornig und sagte: „Heute ist der Tag der Barmherzigkeit.“ Damit hatte er den Befehl zur allgemeinen amnesty erlassen und die Menschen, die in Sorge und Angst versetzt worden waren, beruhigt. Der Prophet setzte Saad von seinem Posten ab und gab das Banner Ali (Friede sei ihm)
Das Heer des Islams zog mit zehntausend bewaffneten Kräften und mit Ali als Bannerträger und unter dem Leitspruch: Tag der Barmherzigkeit aus vier Richtungen in die Stadt Mekka ein.
Der Prophet des Islams trug Kampfbekleidung und hatte den Säbel umgebunden. Er saß auf seinem Reitkamel und ihn begleiteten zehntausende Kämpfer. Beim Einzug in Mekka begab er sich zu einer Anhöhe, von wo aus die Stadt zu überblicken war. Als sein Blick auf die Häuser der Stadt fiel, dankte er Gott und musste an die vergangenen Ereignisse denken. Er musste daran denken, welches Unrecht in dieser Stadt ihm und seinen Anhängern angetan worden war und wie seine Anhänger gefoltert worden waren und einige von ihnen der Folter erlagen. Er dachte daran, wie er dann schließlich seine Heimat hatte verlassen müssen. Dann ruhte sein Blick auf dem Tal von Abu Talib, wo er und die Muslime 3 Jahre lang wegen einem Boykott der Quraisch Hunger gelitten hatten. Daraufhin musste er an die neue Lage denken, die für ihn und seine Helfer zustande gekommen war, nämlich dass sie ohne Widerstand der Quraisch stolz in Mekka einziehen konnten und dem Islam dieser große Sieg beschert wurde. Umringt von seinen Soldaten stieg der Prophet von der Anhöhe wieder herab. An dem Grab seines edelmütigen Onkels Abu Talib blieb er stehen, um seiner zu gedenken. Schließlich bestieg er sein Kamel wieder und begab sich unter Rezitation der Sure Fath, Sure 48 sofort zur Heiligen Moschee um das Haus Gottes, die Kaaba, zu umschreiten. Es war Freitag, der 20. Ramadan des Jahres 8 nach der Hidschra.