Dez 11, 2017 04:51 CET
  • Islam richtig kennenlernen (110 - die Beiden Kostbarkeiten)

Wir haben schon zuvor darauf hingewiesen, dass der Mensch zahlreiche Begabungen und Fähigkeiten besitzt und ihm der Weg zur geistig-seelischen Weiterentwicklung und Vervollkommnung offensteht. Gott, der Schöpfer der Welt, kennt alle Kapazitäten Seiner Geschöpfe. Er hat dem Menschen viele Fähigkeiten geschenkt, daher ist es nur natürlich, dass Er ihn sich nicht selber überlässt sondern  ihm den Weg zur Vervollkommnung weist.

 Gott hat Propheten mit Himmelsbüchern ausgesandt, damit sie den Menschen den geraden Weg zeigen und die Fähigkeiten, die Gott ihnen geschenkt hat, aktivieren. Wir haben in der Debatte über Nubuwwat – das Prophetentum, gesagt, dass es für die Weiterentwicklung und Charaktererziehung der Menschen nicht genügt, im Besitz von Wissen zu sein, sondern dass sie auch konkrete sichtbare Vorbilder brauchen, um den richtigen Weg zu erkennen. Es müssen Vorbilder und Lehrer vom Menschengeschlecht sein, damit sie den Menschen das Weglicht in Richtung der Wahrheit sind und klar Wahrheit und Unwahrheit voneinander trennen.

Wir haben auch erklärt, dass der Erhabene Prophet des Islams (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause), welcher der Letzte Gesandte Gottes ist, der Menschheit die umfassendste ideale Lehre vorgelegt hat. Er begründete eine Religion, die in  allen Zeiten und Epochen Wegführer für die Menschen ist. Diese Religion weist die notwendigen Eigenschaften und Potentiale auf, den besonderen Erfordernissen jedes Zeitalters zu entsprechen. Dies ist auch der Grund weshalb sie in der Geschichte ewig weiterexistiert und lebt. Daher ist nach dem Versterben des Propheten und weil nun der Menschheit das erhellende Licht des Islams und des Korans zur Verfügung steht,  die Richtschnur der göttlichen Rechtleitung nicht abgerissen. 

Es taucht nun folgende Frage auf: Wie lassen sich die Probleme der Menschheit in Bezug auf Denkweise und Überzeugung klären, wo sie  doch laufend Orientierung und Wegweisung braucht, aber nach dem Propheten des Islams (S) kein weiterer Prophet mehr von Gott ausgesandt wurde?

In Beantwortung dieser Frage ist zu sagen, dass die Gerechtigkeit und Weisheit Gottes erfordert, dass das Bedürfnis aller Menschengenerationen an Wegweisung und Lenkung niemals unbeantwortet bleibt. Auch befiehlt der gesunde Menschenverstand, dass für die Zeit nach dem Propheten jemand da sein muss, der die Angelegenheiten der Religion lenkt, die Religion Gottes behütet und sie gemäß den Wandlungen und Ereignissen der Zeit erklärt  und die Grundsätze und Konzepte der Religion in der Gesellschaft umsetzt. Außerdem bestätigen Freund und Feind, dass der Prophet des Islams unter Einsatz seines Lebens alle Härten auf sich genommen hat, um den Islam zu fördern und keine Mühe dafür gescheut hat. Es liegt auf der Hand dass jemand wie er nicht gleichgültig dem Schicksal des jungen Islams, den zahlreiche Gefahren bedrohten, bleiben konnte. Deshalb wurde er von Gott beauftragt,  die Aufgabe für  den Schutz  der Lehre und des Glaubensvolkes jemandem anzuvertrauen, der die notwendige Kompetenz dazu besitzt. In einer Überlieferung , welche als Hadith-e Thaqalain berühmt wurde, hat er der islamischen Glaubensgemeinschaft zwei wichtige Instanzen vorgestellt, nach denen sie sich nach ihm richten sollen – das eine ist das Buch Gottes – der  Koran – und das andere seine Familie.

Das Thaqalain-Hadith ist eine der zuverlässigsten Überlieferungen, mit der die muslimischen Gelehrten den Propheten zitieren. Diese Überlieferung steht  auch in den wichtigen sunnitischen Quellen und besitzen den höchsten Grad an Zuverlässigkeit. Ahmad Ibn Isa Tirmidhi  hat in seinem Werk „Sahih“  das Thaqalain-Hadith mit dem  Prophetengefährten Dschabir Ibn Abdullah Ansari als Gewährsmann überliefert. Dschabir Ibn Abdullah berichtet: „Ich habe den Propheten Gottes gesehen, als er auf der Hadschreise am Arafat-Tag auf seiner Kamelstute saß und zu den Menschen sprach. Da hörte ich dass er sagte: `O ihr mein Volk, ich hinterlasse unter euch etwas, und ihr werdet, wenn ihr es übernehmt und euch daran festhaltet, niemals in die Irre gehen: Das Buch Gottes und meine Familie, meine Ahl-i Bait.`“ Außerdem hat der Prophet laut dieser Überlieferung hinzugefügt:  „Diese beiden, das Buch Gottes und meine Ahl-i Bait, werden sich niemals voneinander trennen, bis sie am Jüngsten Tag am Kauthar (am Paradiesbrunnen) bei mir eintreffen.“

Die Islamischen Gelehrten führen diese Überlieferung aus dem Munde von circa dreißig Sahaba – Gefährten des Propheten - an. Gemäß schiitischen und sunnitischen Hadithkundigen und Chronisten hat der Prophet des Islams zu verschiedenen Zeitpunkten und selbst in den letzten Augenblicken seines gesegneten Lebens, die Menschen auf die feste Verbindung zwischen diesen beiden wichtigen Instanzen – dem Koran und der Itrit  (seiner Familie) aufmerksam gemacht und auf diese Weise den Weg für die Zukunft gewiesen. Es gibt kleine Unterschiede bei den  Überlieferungsversionen, doch immer ist die Kernaussage dieselbe und verdeutlicht, dass der Koran und die Ahl-i Bait  unzertrennlich zusammengehören.  Es spricht für die große Bedeutung dieser Sache, dass der Prophet dies aus verschiedenen Anlässen und verschiedenenorts wiederholt gesagt hat. 

Ibn Hadschar Makki, ein sunnitischer Rechtsgelehrter räumt in seinem Werk Al Sawaiq al Muhriqa ein, dass dieses Hadith auf zahlreichen Wegen überliefert wurde. Einige Überlieferungen stammen dabei von der letzten Hadsch-Reise des Propheten und vom Arafat-Tag in Mekka und andere aus Medina, als der Prophet krank in seinem Zimmer lag und sich seine Gefährten um ihn drängten. Außerdem wird bestätigt, dass der Prophet diese Worte in Ghadir-e Khum und auf der Rückkehr von  Taif gesagt hat. Ibn Hadschar Makki gibt zu, dass sich daraus jedoch kein Widerspruch ergibt, denn an jedem der genannten Orte und Zeitpunkte habe der Prophet dieselbe Wahrheit wiederholt, und zwar wegen der Bedeutung des Heiligen Korans und der Edlen Familie des Propheten.  Ibn Hadschar dokumentiert das Thaqalain-Hadith wie folgt: Gebt Acht! Der Prophet Gottes (S) hat den Koran und die Itrat, nämlich seine Familie und Nahestehenden, als Thaqalain – als zwei gewichtige kostbare Dinge bezeichnet. Denn das Wort Thaqal bezeichnet sowohl etwas Kostbares als auch etwas Gewichtiges, welches vor dem Verderb sicher ist. Er hat diese Namensgebung vorgenommen, weil beide – der Koran und die Itrat – die Schatzgrube des religiösen Wissens und der Geheimnisse und Weisheiten und religionsrechtlichen Gebote sind. Daher hat der der Prophet die Menschen und die Muslime angespornt, sich nach diesen beiden zu richten und von ihnen zu lernen.“

Es fragt sich nun, warum der geschätzte Prophet des Islams nach dem Koran seine Ahl-i Bait als Quelle der Rechtleitung und der Rettung für die Menschen vorstellt. 

Wie wir bereits sagten, hat der Prophet von Gott ein Buch erhalten, welches das komplette Konzept der Rechtleitung für  die Menschheit umfasst und den Menschen bis zum Jüngsten Tag Ratgeber und Wegweiser ist. Die Verse im Koran umfassen Grundsätze und Grundlagen, und die islamische  Lehre und Gebote. Der Islam gewährleistet das Glück und die Rettung des Menschen. Aber die Deutung und Erklärung des Korans muss jemand übernehmen, der mit der Sprache der göttlichen Offenbarung vertraut ist. Deshalb muss der Prophet des Islams (s) jemanden vorstellen, der die Kompetenz zur Erklärung des Himmelsbuches und zur Rechtleitung des Volkes besitzt. Es muss jemand sein, dessen Kompetenz vom Begründer des Islams bestätigt wird.

Die Anführer, welche die verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen Nachfolger des Propheten zu sein, und die Glaubensgemeinschaft nach dem Propheten lenken, müssen hinsichtlich Tat und Wissen fehlerfrei sein. Denn falls sie keine Unfehlbarkeit besitzen, verursachen sie, dass die anderen die Religion falsch verstehen und interpretieren.

Diejenigen, die sich als wahre Nachfolger des Propheten eignen zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Sprache und die Lehre des Korans richtig verstehen und die Zeichen Gottes erklären und deren Zusammenhang zu  den Problemen der jeweiligen Zeitepoche darlegen können.  Dies ist überhaupt einer der Gründe dafür, dass die Familie des Propheten (Itrat) an die Seite des Korans zu stehen kommt, nämlich dass das Himmelsbuch von Menschen mit sehr hohem Wissen ausgelegt und erläutert werden muss.

 Was beinhaltet für den zeitgenössischen Menschen der Ausspruch des Propheten, dass die Gläubigen nicht in die Irre gehen, wenn sie  an dem Buch Gottes und den Ahl-i Bait festhalten?  Wenn der Prophet den Koran und seine Familie als zwei kostbare ewige Hinterlassenschaften nebeneinander stellt, so zeigt dies, dass sie beide in dieselbe Richtung weisen und sich auf demselben Weg befinden. Das eine ist das Gesetz Gottes und Sein Wort und das andere sind die, die es deuten und verwirklichen.  Aufgrund des Thaqalain-Hadith verursacht eine Trennung zwischen dem Koran und Itrat – den Edlen aus dem Hause des Propheten – und die Befolgung der Ansichten von Leuten,  die nicht mit den Geheimnissen des Korans und seinen Wahrheiten vertraut sind,  schwere Missverständnisse und Irrtümer. Mit anderen Worten: Die Entfernung von der Itrat des Propheten führt in die Vernichtung.  

Wie die Geschichte belegt, haben Rückschritte und Abweichungen  der Muslime in dem Augenblick begonnen, wo sie  diesen beiden – das Buch Gottes und die Familie des Propheten – getrennt voneinander hielten.  Darauf gehen auch die Abweichungen zurück, die heute bei einigen so genannten islamischen Gruppen vorliegen. Wir werden so Gott will das nächste Mal das Thema „Imamat“ behandeln.