Jan 24, 2018 08:21 CET

Wir setzen unsere Kurzexegese bei den Versen 5 und 6 der Sure 36, Sure Ya Sin fort. Dort heißt es:

 (36: 5 – 9)

 

   تَنزِيلَ الْعَزِيزِ الرَّحِيمِ                                                   

„(Er ist) die Offenbarung des Allmächtigen und Barmherzigen,“ (36: 5)

 

لِتُنذِرَ قَوْمًا مَّا أُنذِرَ آبَاؤُهُمْ فَهُمْ غَافِلُونَ

„damit du ein Volk warnst, dessen Väter nicht gewarnt wurden, so dass sie (gegenüber allem) unachtsam sind.“ (36: 6)

                                                                                         

Während Gott zuvor darauf hingewiesen hat, dass der Koran Weisheit lehrt,  heißt es nun weiter, dass dieses Buch das Wort Gottes ist. Der Koran ist also nicht das Wort des Propheten, auch wenn der Prophet ihn vorträgt. Bei  Betrachtung der Aussprüche des Propheten, die von ihm überliefert wurden und in den Hadithsammlungen  stehen, werden wir schnell feststellen, dass die Tonart und Ausdrucksweise der Zitate des Propheten anders sind als die Ausdrucksweise des Korans. Dies merkt bereits jeder, der ein wenig mit der Arabischen Sprache Bekanntschaft geschlossen hat.

 Weiterhin heißt es an obiger Stelle in der Sure 3, dass Gott den  Koran herabgesandt hat, damit die Menschen von ihrer Unachtsamkeit befreit werden. Sie sollen die Wahrheiten des Daseins, die für ihr Schicksal entscheidend sind, kennen. Die Unwissenheit über diese Wahrheiten verursacht nämlich, dass der Mensch nur die diesseitige Welt sieht und das Jenseits vergisst, obwohl es seine  ewige Bleibe sein wird.

Um die Bedeutung der Aussendung des Propheten des Islams auf der Arabischen Halbinsel hervorzuheben, heißt es außerdem, dass vorher in diesem Gebiet aus dem Arabischen Volk kein Prophet ausgesandt worden ist.

An anderer Stelle im Koran heißt es zwar, dass  es immer unter den Menschen jemanden gegeben hat, der sie mahnte  und den letzten Beweis erbrachte, so dass sie sich nicht mehr ahnungslos stellen konnten. Es gab also schon Boten Gottes  auf der Arabischen Halbinsel, jedoch war nach Jesus bis zu Mohammad kein großer Prophet in diesem Gebiet erschienen.

               

Wir lernen:

Erstens:  Gott besitzt jede Art von Vollkommenheit – er ist sowohl Allmächtig als auch Barmherzig und Gütig.

Zweitens: Mahnung und Warnung dienen dazu die Menschen wachzurütteln.  Sie sind ein göttliches Gesetz und eine der Hauptpflichten der Propheten.  

                                               

Es folgt der Vers 7 der Sure Ya Sin, Sure 36:

 

لَقَدْ حَقَّ الْقَوْلُ عَلَىٰ أَكْثَرِهِمْ فَهُمْ لَا يُؤْمِنُونَ

„Der Befehl (zur Strafe) ist in der Tat für die meisten von ihnen unvermeidlich fällig geworden. So werden sie nie glauben.“ (36: 7)

                                                                         

Während im vorherigen Vers stand, dass die Propheten ausgesandt wurden, damit sie die Schleier der Unachtsamkeit über den Blicken der Menschen entfernen, heißt es nun im Vers 7 der Sure 36 weiter, dass die Mehrheit der Menschen jedoch nicht  auf die Mahnungen der Propheten achtet und nicht glaubt. Es ist klar, dass sie im Jenseits die göttliche Bestrafung erfahren. Natürlich verdienen  diejenigen im Jenseits die göttliche Strafe, die bis an ihr Lebensende keine Reue empfunden haben und nicht auf dem falschen Weg Kehrt machten, darunter besonders diejenigen, die  das Lager des Unglaubens und der Götzenanbetung angeführt und viele der Menschen vom rechten Weg abgebracht haben.

Wenn jedoch jemand vor den ersten Anzeichen des Todes seine schlechten Taten bereut und sich wieder Gott zuwendet, wird er die göttliche Vergebung und Barmherzigkeit erfahren. Gott wird ihn  vor dem jenseitigen Inferno retten.

                               

Wir können uns merken:

Erstens: Wie groß die Zahl der religiösen Menschen ist, ist kein Kriterium.  Selbst wenn sich die große Mehrheit der Menschen auf der Welt von der Religion Gottes abwendet, so ist dies kein Beweis dafür, dass ihr Tun richtig sei.  Daher sollen  die Gläubigen, wenn sie sich in der Minderheit befinden, nicht an der Richtigkeit ihres Weges zweifeln oder resignieren.

Zweitens:  Falls der Mensch nicht auf die verborgenen Wahrheiten achtet, wird er dem Unglauben und Starrsinn gegenüber Recht und Wahrheit verfallen.

                                

Wir wenden uns den Versen 8 und 9 der Sue 36 zu und zwar heißt es dort:

                                           

إِنَّا جَعَلْنَا فِي أَعْنَاقِهِمْ أَغْلَالًا فَهِيَ إِلَى الْأَذْقَانِ فَهُم مُّقْمَحُونَ

„Gewiss, Wir haben um ihre Hälse Fesseln gelegt. Sie reichen bis zum Kinn, so dass sie den Kopf hochhalten (müssen).“ (36: 8)

 

وَجَعَلْنَا مِن بَيْنِ أَيْدِيهِمْ سَدًّا وَمِنْ خَلْفِهِمْ سَدًّا فَأَغْشَيْنَاهُمْ فَهُمْ لَا يُبْصِرُونَ

„Und Wir haben vor ihnen eine Sperrmauer errichtet und hinter ihnen eine Sperrmauer und sie so überdeckt, dass sie nicht sehen (können)“. (36: 9)

                                                                

Diese Verse beziehen sich auf die Schmach der Ungläubigen im Diesseits und  im Jenseits. Im Jenseits werden sie Ketten tragen, die nicht einmal zulassen, dass sie den Kopf wenden können. Das ist eine große Schmach, die sie neben der unendlichen Feuerhitze ertragen müssen. Sie waren im Leben nicht bereit, die Realität, die sie im Jenseits erwartete, anzuerkennen und sie haben auch nicht auf das geachtet, was hinter ihnen lag. Sie achteten nicht auf die Erschaffung der Welt durch Gott und glaubten weder an Ihn noch an das Jenseits, welches am Ende ihres Lebens und nach der diesseitigen Welt existiert.  Daher werden sie im Jenseits auf diese Weise auferstehen  und es wird verbildlicht werden, dass sie im Leben mit Blindheit geschlagen waren.

                         

Im Jenseits werden die Taten des Menschen in einer anderen Form verkörpert als im irdischen Leben. Während der Mensch oftmals im  diesseitigen Leben  nicht das Hässliche einer Tat, wird  das Innere des Menschen im Jenseits nach außen gekehrt  und die Blindheit seines Herzens und die Achtlosigkeit gegenüber der Wahrheit werden als Blindheit des Auges zum Vorschein treten.

                             

Wir können uns einprägen:

Erstens: Die Fesseln und Ketten im Jenseits sind in Wahrheit die Fesseln und Ketten, welche die Ungläubigen sich im Leben selber um Hände und Füße gebunden haben.  Sie dachten im Leben, sie seien frei, aber in Wahrheit waren sie Gefangener ihrer Gelüste und eigensinnigen Wünsche.

Zweitens:  Die Ungläubigen denken an die Gegenwart und an die flüchtigen Genüsse des Lebens.  Sie halten die  Augen verschlossen gegenüber der Vergangenheit und Zukunft der Welt,  und ihre Blicke sind verschleiert.  Daher sehen sie die Wahrheit nicht. Weder ziehen sie eine Lehre aus  der Vergangenheit, noch  denken sie an ihren zukünftigen Ausgang in der  Ewigkeit.