Mrz 28, 2018 06:01 CET
  • Islam richtig kennenlernen (122 )

Der Imam legt einerseits den Koran aus und führt seine Gebote durch und andererseits ergänzt er die Lehre des Islams. Daher wurde die Religion am Tag von Ghadir-Chum durch die Verkündung des Imamats vollendet, denn es trat eine Führungskraft an die Seite des Korans, welche seine Gebote umsetzt und zugleich vorbildliches Beispiel für das koranische Konzept ist . In Ghadir-Chum wurde also der neue Steuermann für die Islamische Bewegung festgelegt

Wir greifen das Thema der Ernennung Alis (Friede sei ihm) zum Nachfolger des Propheten durch diesen erneut auf. Wie gesagt, hat der Prophet des Islams (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause)  in Ghadir Chum vor zahlreichen Pilgern bekanntgegeben, dass Ali (F) sein Nachfolger sein wird. Noch bevor die riesige Menschenmenge auseinander gegangen war, wurden dem Propheten daraufhin die folgenden wichtigen Worte aus dem Vers 3 der Sure 5 (Maida) geoffenbart:

الْیَوْمَ یَئِسَ الَّذِینَ کَفَرُوا مِن دِینِکُمْ فَلَا تَخْشَوْهُمْ وَاخْشَوْنِ  الْیَوْمَ أَکْمَلْتُ لَکُمْ دِینَکُمْ ... 

وَأَتْمَمْتُ عَلَیْکُمْ نِعْمَتِی وَرَضِیتُ لَکُمُ الْإِسْلَامَ دِینًا

"...Heute haben diejenigen, die ungläubig sind, hinsichtlich (der Vernichtung) eurer Religion die Hoffnung aufgegeben. So fürchtet nicht sie, sondern fürchtet Mich! Heute habe Ich euch eure Religion vervollkommnet und Meine Gunst an euch vollendet, und Ich bin mit dem Islam als Religion für euch zufrieden. ..."

 

Gott spricht in diesem Vers von der Vollendung der Religion. Dieser Vers handelt von einem Tag mit mehreren wichtigen Merkmalen:  An diesem Tag gaben die Ungläubigen die Hoffnung auf und an ihm wurde die Religion vervollkommnet. Gott vollendete seine Gunst an den Gläubigen und war an diesem Tag damit zufrieden, dass die Lehre des Islams die endgültige Lehre aller Menschen auf der Welt ist. 

Die Koranexegeten hegen verschiedene Ansichten darüber, welcher Tag hier gemeint ist.  Jedoch besteht kein Zweifel daran, dass der Tag, an dem die Religion und die Gunst Gottes vollendet wurde , kein normaler, sondern ein bedeutender Schicksalstag war. An diesem Tag muss etwas ganz besonderes geschehen sein. 

Einige Korankommentatoren sind der Ansicht gewesen, dass dieser Tag der Beginn des Islams und der Aussendung des Propheten gewesen sei. Aber diese Ansicht entspricht nicht der Realität, denn der Tag der Berufung ist der Beginn der Sendung des Propheten und nicht ihr Ende und daher kann am ersten Tag der Berufung die Religion noch nicht vollendet worden sein.

Andere Koranexegeten glauben es sei der Tag der Auswanderung des Propheten von Mekka nach Medina gewesen oder auch der Tag, an dem die Muslime in bestimmten Gefechten gesiegt haben, wie in Badr und bei der Grabenschlacht. Aber auch diese Vermutung entspricht nicht den geschichtlichen Tatsachen. Nach den  jeweiligen Zeitpunkten wurden dem Propheten nämlich weitere Koranverse und Gebote  geoffenbart. Also ist keines der Daten, welche diese Exegeten in Betracht ziehen ein Tag der Vollendung der Religion gewesen.

Es gibt auch Kommentatoren die das "heute" in der betreffenden Koranstelle auf den Tag der Eroberung von Mekka beziehen. Natürlich war die Eroberung von Mekka ein großer Sieg für die Muslime. Aber diese Annahme steht im  Widerspruch zu den Worten: "Heute habe Ich euch eure Religion vervollkommnet und Meine Gunst an euch vollendet." Denn viele Verse und Suren des Korans darunter auch die Sure Maida, die Sure 5 wurden erst nach der Eroberung von Mekka von Gott offenbart. Die Muslime zogen im 8.Jahr nach der Hidschra in der Stadt Mekka, aus der sie vertrieben worden waren, ein und die Sure Maida  wurde erst nach der Eroberung von Mekka  Ende des 10. Jahres nach der Hidschra herab gesandt.  Also ist auch am Tag der Eroberung von Mekka die Religion noch nicht vollendet worden. Daher kann in dem Vers 3 der Sure Maida nicht dieser Tag gemeint sein.

 Noch andere Vermutungen wurden angestellt, u.a.  dass der Tag gemeint wäre, an dem Ali (F) während des Hadsches in Mena die Verse der Abscheuerklärung gegenüber  den Götzenanbetern verlas, oder der Tag, an dem der Prophet zum letzten Mal während des Hadsches in Arafat weilte und weitere. 

 

Keine von den genannten Hypothesen hinsichtlich des zeitlichen Zusammenhangs des Verses 3 der Sure 5 entsprechen inhaltlich diesem Vers. In einigen Fällen kam es  nämlich nicht zu einem Vorfall, welche der Front der Ungläubigen die Hoffnung nahm und in anderen Fällen handelte es sich um Ereignisse in einer Zeit, in der die Religion noch nicht vollendet war und auf die der Satz: "Heute habe ich eure Religion vervollkommnet" nicht zutreffen kann.  

Worauf aber bezieht sich nun dieser Satz im Vers 3 der Sure 5? 

 

Alle schiitische Koranexegeten und eine Anzahl von Persönlichkeiten der Sunniten haben diesen Satz auf die Ernennung von Ali (F) zum Imam der Muslime, welche in Ghadir-e Chum geschah, bezogen.  Wir haben ja bereits gesagt, dass der Prophet des Islams (S) am 18. des Hadsch-Monates  Ali allen als seinen Nachfolger vorgestellt hat. Der Bezug auf diesen Tag stimmt  völlig mit dem Inhalt dieser Stelle in der Sure 5 überein. Tatsächlich verloren die Ungläubigen die Hoffnung auf eine Wende, nachdem der Prophet Gottes (S) Ali zum Nachfolger bestimmt hatte. Sie hatten nämlich gedacht, dass die Lehre des Islams von der Person des Propheten abhängt und dann untergehen würde, wenn er stirbt.

23 Jahre lang hatten die Anführer des Unglaubens  den Propheten bekämpft, ihn der Lüge bezichtigt und verleumdet und Verschwörungen gegen ihn betrieben sowie Kriege gegen ihn geführt.  Aber sie hatten nacheinander bei ihren Gefechten gegen den Islam Niederlagen erlitten und sagten sich schließlich, dass eine Vernichtung des Islams nicht möglich sein werde, solange der Prophet noch lebt.  Sie hatten also alle Hoffnung in den  Tod des Propheten gesetzt. Doch angesichts dessen, dass der Prophet Gottes einen Nachfolger ernannt hatte, der  nach ihm der gottesfürchtigste , stärkste und gerechteste unter den Muslimen war, überkam sie die Resignation. und sie begriffen, dass der Islam  bestehen bleiben wird.

Gemäß dem Vers 3 der Sure Maida  war dies der Tag, an dem die Lehre des Islams vervollkommnet wurde, denn ohne die Bestimmung des Nachfolgers des Propheten und ohne Klärung der zukünftigen Lage des Muslimvolkes, wäre die Lehre nicht vollendet worden.  An jenem Tag in Ghadir-Chum wurde durch Vollendung der islamischen Konzepte diese Religion von Gott als die vollkommene Lehre akzeptiert. 

An dem Tag , an dem der Imam , der die Gemeinde der Muslime nach dem Propheten verwalten und lenken sollte, bestimmt wurde, ist die Religion vervollkommnet worden, denn  neben der Verfassung und der Charta der Religion, nämlich dem Koran, war auch der Regent der Muslime und derjenige, der das Gesetz durchführt, festgelegt worden.  Wenn wir die Gesamtheit der Religion , die aus verschiedenen harmonisch miteinander im Zusammenhang stehenden Teilen besteht, mit einem Fahrzeug vergleichen würden, welches in eine bestimmte Richtung fährt, so wurde durch Bestimmung des Imams festgelegt, wer diese Fahrzeug in Zukunft steuern wird  und es würde von diesem Fahrer und seiner Geschicktheit und Kenntnis vom Weg abhängig, dass das Fahrzeug  sich weiter auf das Ziel zubewegt.

Gott hat in dem Vers 3 der Sure 5 auf allen Segen, den er für die  Gläubigen geschickt hat , hingewiesen. Der Segen der Führerschaft ergänzt alle diese Segensgaben, denn durch seine Rechtleitung bewirkt der Imam, dass die Gläubigen die göttlichen Segensgaben auf dem rechtschaffenen Weg einsetzen. 

Gott sagt weiter:  Jetzt wo ihr das Gesetz und einen Herrscher erhalten habt, ist der Islam in jeder Hinsicht vervollkommnet und ich bin mit dieser Lehre für euch zufrieden. Anders ausgedrückt ist Gott also dann zufrieden, wenn das vollendete Gesetz und ein gerechte Person, die das Gesetz umsetzt, Seite an Seite zu stehen kommen.

Wenn die Religion vollendet ist so führt dies gemäß diesem Koranvers zur Besorgnis der  Anführer des Unglaubens und des Unrechtes.  Es ist klar, dass die Anführer des Unglaubens sind nicht vor  einer Religion fürchten, die unvollständig ist oder deren höchsten Persönlichkeiten sich den Anführern des Unglaubens unterwerfen bzw. zahlreiche Gebote ihrer Religion, wie das Gebot Unrecht zu bekämpfen, beiseite lassen. 

                     

Der Satz im Vers 3 der Sure 5  bezüglich der Vollendung der Religion kann sich nur auf das historische Ereignis von Ghadir beziehen. Außerdem gibt es Belege dafür in den Schriften der Schiiten und auch der Sunniten.  In zahlreichen Überlieferungen heißt es eindeutig, dass dieser Vers in Ghadir Chum nach der Bekanntgabe der Statthalterschaft Alis (F) geoffenbart wurde.

Zum Beispiel hat sich der bekannte sunnitische Gelehrte ibn Dscharir Tabari in seinem Buch "Wilayat"  hinsichtlich der Herabsendung des Verses am Ghadir-Tag in Bezug auf Ali (F) auf den  bekannten Prophetengefährten  Zaid Ibn Arqam berufen.  Hafiz Abu Naim Isfahani zitiert einen weiteren Prophetengefährten nämlich Abu Said Chudri, der gesagt hat, dass Ali am Ghadir-Tag als der Vorsteher der Muslime vorgestellt worden war.

Chatib Baghdadi überliefert von dem Prophetengefährten Abu Huraira, dass nach der Verkündung der Statthalterschaft von Ali, der Vers 3 der Sure 5: "Heute habe ich eure Religion vervollkommnet"  auf den Propheten herabkam und es gibt noch viele weitere Überlieferungen diesbezüglich, u.a. in dem Werk Al Ghadir von Allameh Amini.