Islam richtig kennenlernen (132 - Sinnbild der Gerechtigkeit)
Die Regierung von Imam Ali (F) zeichnete sich durch die einmalige Gerechtigkeit Alis aus und deshalb konnte sie sich in der Geschichte verewigen. Die Macht, die in seiner Hand lag, konnte Ali (F) nicht von der Gerechtigkeit abbringen. Das Buch Gottes und die Vorgehensweise des Propheten bildeten sowohl vor als auch nach der Übernahme des Kalifats den Rahmen seines politischen, gesellschaftlichen und persönlichen Verhaltens.
Wir möchten in diesem Teil die Regierungsepoche Imam Alis (Friede sei mit ihm)betrachten. Ali (F) ist eine weltbekannte Persönlichkeit und selten ist über jemanden so viel gesagt und geschrieben worden wie über ihn. Niemand hat jedoch etwas an seinem Glauben, seiner Tapferkeit, seinem Wissen und seiner Gerechtigkeit und den anderen hohen Eigenschaften, die er besaß, bemängeln können. Ali (F) verkörpert alle hohen menschlichen Eigenschaften.
Wie gesagt, hat Ali (F) erst nachdem ihn die anderen gedrängt hatten, die Verantwortung für die Führung der Muslime übernommen. Das Volk schloss ohne jeglichen Zwang mit ihm ein Bündnis und schwor ihm begeistert die Treue. Wie der Imam selber berichtet, kamen sogar die alten Leute auf zittrigen Beinen herbei um ihm die Treue zu schwören.
So kam es, dass Imam Ali (F) die Regierung über die muslimische Gemeinde übernahm: eine Regierung geprägt von der Gerechtigkeit.
Alle lieben die Gerechtigkeit und loben sie. Viele beschreiben sie auf schöne Weise und andere betrachten sie als notwendig für die Menschheit, jedoch wenn es darauf ankommt, tun sie nichts für ihre Verwirklichung. Es gibt auch zahlreiche Politiker, die bevor sie an eine Position gelangen, der Bevölkerung eine traumhafte gerechte Zukunft ausmalen, aber ihre Versprechungen vergessen, wenn sie an die Macht gelangt sind.

Imam Ali (F) definiert Adl – die Gerechtigkeit – damit, dass alles auf seinen Platz zu stehen kommt. Gerechtigkeit lässt jedem das Recht das ihm zusteht zukommen.
Die Regierung von Imam Ali (F) zeichnete sich durch seine einmalige Gerechtigkeit aus und deshalb konnte sie sich in der Geschichte verewigen. Die Macht, die in seiner Hand lag, konnte Ali (F) nicht von der Gerechtigkeit abbringen. Das Buch Gottes und die Vorgehensweise des Propheten bildeten sowohl vor als auch nach der Übernahme des Kalifats den Rahmen des politischen und gesellschaftlichen und persönlichen Verhaltens dieses Edlen.
In den Augen von Ali (F) ist es die Gerechtigkeit, die einem Herrscher den Vorrang gibt. Das Herrschen ist in seinen Augen nur dann etwas wert, wenn es zur Herstellung der Gerechtigkeit dient und jeder ein Recht, das ihm verwehrt wurde, zurück erhält. Ali (F) war nie ein stiller Zuschauer von Unrecht und Ungerechtigkeit.
akzeptierte das Kalifat, um Ungerechtigkeit zu beseitigen und hat gesagt: Bei Gott, der das Saatkorn spaltet und das Leben erschuf. Wenn es nicht so viele gegeben hätte, die mir die Treue schwören wollten und so viele Helfer da gewesen wären, dann wäre für mich nicht der letzte Beweis erbracht worden. Und wenn Gott nicht mit den Wissenden das Bündnis geschlossen hätte, dass sie gegenüber der Unersättlichkeit der Unrechttuenden und dem Hunger der Unterdrückten nicht schweigen dürfen, dann hätte ich sofort das Halfter dem Kamel des Kalifats um seinen Höcker gelegt und es laufen lassen.“

Zu den Maßnahmen, die Ali (F) nach der Führungsübernahme ergriff, gehörte die sorgfältige Herstellung von sozialer Gerechtigkeit. Denn dies ist Aufgabe einer islamischen Regierung. Der Imam hat in seinen Ansprachen und in Briefen an seine Regierungsbeamten die soziale Gerechtigkeit beschrieben und schöne Vergleiche gezogen. Zum Beispiel hat er die Gerechtigkeit mit dem Blut im Körper verglichen und gesagt, dass die Gerechtigkeit, ähnlich wie das Blut alle Bestandteile und Regionen des Körpers durchströmt, in allen Teilen der Gesellschaft zur Geltung kommen muss, damit diese Gesellschaft lebt und gesund ist. Er forderte alle auf, aufgrund der Gerechtigkeit mit ihm zu reden und sagte: „Lobt mich nicht, denn das würde dazu führen, dass die Pflichten, die ich Gott dem Gepriesenen und euch gegenüber habe, liegen bleiben... sprecht nicht mit mir auf eine Art wie mit den Unterdrückern gesprochen wird ... und begegnet mir nicht mit Künstelei und denkt nicht, ich höre ungern die Wahrheit oder ich versuche mich aufzuspielen, denn wenn jemand nicht gerne die Wahrheit oder ein gerechtes Wort hören will, dann wird es ihm bestimmt noch schwieriger fallen, gemäß Recht und Gerechtigkeit zu handeln. Also haltet nicht mit einem wahren Wort und mit einer Beratung über die Gerechtigkeit zurück, denn ich halte mich nicht für so groß, dass ich mich nicht irren würde und ich betrachte mich auch nicht frei von Fehlern beim Handeln.“
Imam Ali sprach derartig bescheiden, obwohl er Herrscher über ein weites Gebiet der Welt geworden war. Auf diese Weise hat er auf die Eigenschaften hingewiesen, die ein Herrscher besitzen muss, der die Gerechtigkeit verbreitet.
Er war der Ansicht, dass ein Herrscher also erstens seine eigenen egoistischen Wünsche bekämpfen muss, damit es ihm einfach fällt, ein gerechtes Wort zu akzeptieren und damit seine Beziehungen zum Volk ehrlich sind. Außerdem hat er damit auch die Menschen angespornt, nach der Gerechtigkeit zu streben und sich vor Schmeichelei und Huldigung des Herrschers zu hüten.

Gerechtigkeit bedeutet gemäß Imam Ali, dass jeder Einzelne sein Recht erhält. Die Gerechtigkeit Alis kennt weder geografische noch ethnische Grenzen, noch unterscheidet sie nach Reich und Arm, noch nach Verwandten und Nicht-Verwandten.
Imam Ali hält gegenüber allen an dem Prinzip der Gerechtigkeit fest. Auch gegenüber seinen nächsten Angehörigen. Als sein Bruder Aqil wegen seiner Armut um einen größeren Anteil aus der Gemeinschaftswohlkasse (Bait-ul Mal) der Muslime bittet, sagt Ali zu ihm: „Wir beide sind hinsichtlich der Nutzung dieser Kasse wie die anderen Muslime und genießen keinen Vorzug im Vergleich zu ihnen.“
Der Libanese George Jordac, ein christlicher Autor, schreibt begeistert über diesen Gerechtigkeitssinn in seinem Buch „Ali, die Stimme der menschlichen Gerechtigkeit“:
„Imam Ali ist jemand, der eine Person im Volke, die eine Position besitzt, nicht über jemanden, der keine solche Position hat, stellt, und etwas, was er einem Nicht-Verwandten nicht gegeben hat, auch seinem eigenen Bruder nicht gibt. Er ist bestrebt, die Menschen frei und gleichgestellt werden zu lassen. Er ist jemand, der alles tut, was in seinen Kräften steht, und er ruft alle zu Frieden und Brüderlichkeit dank sozialer Gerechtigkeit auf. Er fordert die Menschen auf, selbst die Tiere so gerecht zu behandeln, dass einer Termite nicht das Häutchen eines Gerstenkornes weggenommen wird und keinem Vogel ein Unrecht geschieht.“
Es gehört ebenso zu dem gerechten Denken Alis, dass er grundsätzlich Personen für die Übernahme von sozialen und politischen Aufgaben nur aufgrund ihrer Eignung und nicht aufgrund von Beziehungen akzeptiert. Wenn nämlich jemand nicht aufgrund seiner Kompetenz sondern aufgrund von Beziehungen einen Posten erhält, so ist das nichts anderes als ein Unrecht und ungerecht. So kommt es, dass er gleich zu Beginn seiner Regierung einige Leute, die im vorherigen Kalifat Regierungsposten besaßen und sich einem aristokratischen Leben und der Korruption verschrieben hatten, absetzte. Als ihm einer riet, er solle doch einige, die unter Uthman einen Verwaltungsposten hatten, insbesondere Muawiya mindestens solange in der Regierung behalten, bis sich die Lage stabilisiert hat, sagte er:
„Ich werde niemals diejenigen, die auf dem Irrweg sind, zu meinen Helfern nehmen.“
An ihrer Stelle hat Ali Befehlshaber und Verwalter gewählt, die rechtschaffen, großmütig und klug waren und auf eine gute Vergangenheit blicken konnten. Dennoch hat er sie im Auge behalten. Er schickte Inspekteure in die verschiedenen Teile des Islamischen Reiches, damit sie das Vorgehen seiner Verwalter und Gouverneure beobachten und um zu verhindern, dass sie falsch handeln. Wenn einer dieser Verwalter einen Verrat beging, setzte Ali ihn ab.
Bevor Ali die Regierung übernahm, war die Verteilung von Allgemeingütern nicht gerecht verlaufen. Es wurden Unterschiede zwischen Arabern und Nicht-Arabern, der aristokratischen Schicht und einflussreichen Persönlichkeiten und der normalen Bevölkerung gemacht. Diese diskriminierende Methode stimmte nicht mit den Lehren des Korans überein. Ali (F) verurteilte Benachteiligungen und Monopolisierungen und entfachte dadurch neue Hoffnung unter dem Volk. Der Imam teilte die Gemeinwohlkasse zu gleichen Anteilen auf alle Mitglieder der Gesellschaft auf, ohne irgendjemanden zu bevorzugen. Als einige es für besser hielten, dass er den Vornehmen gegenüber dem Rest Privilegien einräumt, damit ihm Erfolg beschert werde, sagte er mit Bestimmtheit: „Ich bin auf keinen Fall bereit, durch ein Unrecht gegenüber meinen Untertanen (durch ungerechte Aufteilung der Gemeinwohlkasse) Erfolg zu erzielen … Wenn diese Güter mir gehörten, so würde ich sie ebenso zu gleichen Teilen unter den anderen vergeben, und dies werde ich erst recht tun , wenn es sich um das handelt, was Gott gehört …“
Diese Vorgehensweise Alis veranlasste einige der Vornehmen sich von ihm zu distanzieren und sich Muawiya anzuschließen, der in Schaam (Altsyrien) regierte und Ali feindlich gesinnt war.
Ali (F) lehnte Strenge und Zwang zur Herstellung der Gerechtigkeit ab. Denn in den meisten Fällen können gerechte Ziele durch ein gütiges und konstruktives Verhalten zur Bevölkerung verwirklicht werden. Deshalb hat er zu einem seiner Beamten, welche die Zakat-Abgabe einzogen, gesagt: „Mache keinem Muslim Angst … und verlange nicht mehr aus seinem Besitz, als das was Gott zusteht. Wenn du zu einem Volksstamm gehst, dann sei bedächtig … vernachlässige nichts bei der Begrüßung! Dann sag: Ihr Diener Gottes! Hat Gott einen Anteil an dem, was ihr besitzt, so dass ihr ihn an seinen Statthalter zahlen sollt? Wenn jemand verneint, dann lass ihn in Ruhe und wenn jemand bejaht, dann geh mit ihm, ohne ihm Angst zu machen oder ihm Erschwernis zu bereiten.“