Islam richtig kennenlernen (139)
In diesem Teil bringen wir einige Anleitungen Imam Alis zum Thema wirtschaftlicher Aufbau in einem Islamischen System.
Imam Ali (F) hat dem Volk in seiner Zeit als Regent über das Islamische Reich an erster Stelle die Gottesfürchtigkeit ans Herz gelegt, denn das Endziel der Regierung eines großen Menschen wie Ali (Friede sei ihm) ist die allgemeine spirituelle Vervollkommnung und die Wiederbelebung der richtigen religiösen Überzeugungen und Moral sowie die Beseitigung von falschem Religionsverständnis. Um dieses hohe Endziel zu erreichen, hat Imam Ali Zwischenziele im Bereich der Kultur, Politik, der Gesellschaft und der Wirtschaft ins Auge gefasst. Auf wirtschaftlicher Ebene waren die Verbreitung der Gerechtigkeit und der Aufbau des Landes die wichtigsten dieser Ziele.
Aus der Sicht Imam Alis (F) trägt der Mensch in allem eine Verantwortung. Er ist nicht nur gegenüber sich selber, gegenüber Gott, den Mitmenschen und der Gesellschaft verantwortlich, sondern hat auch Pflichten gegenüber der Umwelt und Natur. Beim Aufbau des Landes muss er gezielt und auf angemessene Weise die natürlichen Ressourcen nutzen, ohne der Natur zu schaden und die Umwelt zu zerstören. Für die richtige Nutzung der Segnungen in der Natur sind Arbeit und Planung notwendig. Die Arbeit bildet eine Grundsäule im Wirtschaftsdenken Imam Alis. Er hat ausdrücklich auf die Bedeutung der Arbeit in der Islamischen Kultur hingewiesen und die Menschen zu vermehrtem Einsatz angespornt und gesagt:
„Keine Handlung auf dem Wege Gottes ist wichtiger als euer Streben nach Stillung der Bedürfnisse eurer Kinder und eurer Frauen."

Imam Ali betrachtet die Menschen als Beauftragte für die Kultivierung der Erde und die Nutzung ihrer vielen Segensgaben. Er verweist darauf, dass es zu den Aufgaben von Adam und seiner Nachkommenschaft gehört, die Erde zu kultivieren. Imam Ali (F) hat gesagt: „Gott hat Adam auf die Erde herabgeschickt, damit er mit seinen Nachkommen die Erde kultiviert."
Der Imam verpflichtete alle, die einen verantwortungsvollen Posten in seiner Regierung hatten, die Kultivierung des Landes anzustreben und für sie zu planen. Er hat zu Beginn seines Schreibens an Malik Aschtar, der sein Gouverneur in Ägypten war, den Aufbau dieses Gebietes als eine seiner wichtigsten Pflichten bezeichnet.
Die Kultivierung eines Landes wird vornehmlich durch die Bevölkerung, insbesondere die Landwirte realisiert, aber aus der Sicht von Ali (F) trifft auch die Regierung in dieser Beziehung eine Verantwortung und ihre wichtige Rolle ist dabei die Planung zur Unterstützung der Landwirte und zur Beseitigung der Hindernisse bei der landwirtschaftlichen Produktion. Gemäß der Politik Imam Alis ist die islamische Regierung verpflichtet, zuerst für die Bauern die Voraussetzungen und die Möglichkeiten für einen landwirtschaftlichen Ertrag zu schaffen, und erst danach darf sie von ihnen Abgaben verlangen.
Imam Ali achtet jedoch auch auf die Entfaltung des Handwerkes und der Handels. Die Araber maßen zu der Zeit dem Handwerk keine große Bedeutung bei und betrachteten es als eine niedrige Beschäftigung der unteren Bevölkerungsschichten. Doch nach Beginn des Islams und dem Umdenken der Bevölkerung nahm auch die Art der wirtschaftlichen Tätigkeiten auf der Arabischen Halbinsel eine neue Form an. Der Prophet (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) hatte die Gläubigen angespornt einem Handwerk nachzugehen. Imam Ali tat es ihm gleich. Denn darin sah er einen Faktor für die Weiterentwicklung und für eine Ausdehnung des Handels. Der Imam Ali schrieb an Malik Aschtar in Bezug auf Handwerker und Handelsleute:
„Dann lass dir Empfehlung geben bezüglich der Händler und Werktätigen, und rate ihnen Gutes, sowohl dem Sesshaften unter ihnen als auch dem fliegenden Händler, die mit körperlicher Arbeit (ihren Lebensunterhalt) verdienen, denn sie sind die Grundelemente des Nutzbringenden für das Volk und die Mittel für nützliches Gerät, sowie die, die sie von weit her und entlegenen Gebieten herbeischaffen über Land und See (deiner Provinz), Küste und Berge, wo die Leute sich aufgrund ihrer Lage nicht versammeln können und es auch nicht wagen, denn sie (die Händler und Werktätigen) sind friedfertig und kein Unglück ist von ihnen zu befürchten, sie sind friedlich und man muss keine Angst vor Unheil haben, das von ihnen ausgeht.“

Ali (Frieden) wusste das Horten, Wucher und Monopolisierung die Wirtschaft aus dem Gleichgewicht bringen. Deshalb stand auch die ernsthafte Bekämpfung von solchen negativen Erscheinungen auf seinem Plan. Er schreibt an Malik Aschtar weiter:
„Und wisse trotz alldem, dass viele von denen, die Handel betreiben, engstirnig und habsüchtig ist. Sie horten Güter zwecks Profit und setzen beliebig die Preise für den Handel fest. Diese Profitgier (und der Wucher) sind eine Quelle des Schadens für die Allgemeinheit und eine Schande für die Gouverneure. "
Imam Ali regte die Bürger nicht nur zum Handel und zum Handwerk an, sondern verfolgte auch eine bestimmte Geldpolitik. Er überwachte die Qualität des Münzgeldes. Damals waren die Muslime finanziell noch nicht in der Lage, selber Münzen zu prägen und so nutzten sie im Handel die in den Nachbarländern wie Iran und dem Römischen Reich und in Jemen üblichen Geldmünzen. Beim Warenaustausch der Araber mit ihren Nachbarn waren diese Münzen auch auf die Arabische Halbinsel gelangt. Aber die Zahl der auf der Arabischen Insel im Umlauf befindlichen Münzen war im Vergleich zu den anderen Ländern gering. Der Wert der Münzen wurde außerdem im Ausland bestimmt und musste von den Muslimen kontrolliert werden. Nachdem die Muslime in den von den Persern und Römern beherrschten Gebiete Siege erzielt hatten und sich die wirtschaftliche Lage verbesserte, begannen sie dafür zu planen, selber Gold und Silbermünzen zu prägen. Imam Ali verwirklichte dieses Vorhaben. Während seiner Regierungszeit wurden im 40. Jahr nach der Hidschra von den Muslimen eigene Münzen geprägt, die im Gegensatz zu dem fremden Münzgeld keine Spuren eines anderen Glaubens aufwiesen. Auf beiden Seiten dieser Münzen standen Verse aus dem Koran im Kufischrift. Nach dem Märtyrertod von Imam Ali und dem Abbruch seines Kalifats verloren diese Münzen allerdings wieder an Bedeutung.
In der Regierungszeit von Imam Ali (F) wurden bei einigen Handelsabschlüssen Scheine benutzt, und zwar ließ sich ein Verkäufer bei der Übergabe seiner Ware vom Käufer einen Schein geben, mit dem er von einer anderer Person einen Betrag in der gleichen Höhe erhalten konnte, wie er seine Ware verkauft hatte. Der Imam verfolgte mit dieser Regelung das Ziel, dass das Geld und Kapital in Umlauf kommt und Sicherheit in der Wirtschaft gewährleistet wird. Er befürwortete einen Handel bei dem mit diesen Finanzpapieren bezahlt wird. Zur Unterstützung von Handel und Handwerk und Wirtschaftsinitiativen ließ er einen Bazar bauen und überließ die Geschäftsläden Privatpersonen.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Imam Ali (F) unter Beachtung der Lehren des Islams nach dem Wohl aller in der Gesellschaft strebte und in der Regierung das beste Mittel zur Verwirklichung dieses Ideals sah.
Imam Ali (F) verfolgte bei seiner Sozial- und Wirtschaftspolitik zwei Hauptziele: zum einen die gesellschaftliche und kulturelle Reform durch Lehre und Erziehung der Bürger und zum anderen das Streben nach Aufbau des Landes. Natürlich besteht eine enge Beziehung zwischen beiden Dingen, denn wenn sich die Menschen nicht bessern, ist eine Kultivierung des Landes nicht möglich und umgekehrt werden sich die Menschen nicht positiv ändern, wenn es keinen Aufbau und keine Weiterentwicklung gibt. Einer reglosen und kranken Gesellschaft fehlt die Motivation, die für den Aufbau nötig ist. Aber eine gesunde Gesellschaft strebt nach Überwindung der Probleme und der Beseitigung aller Hindernisse im Laufe der Zeit. Eine dynamische heile Gesellschaft kann durch ihren Einsatz und durch ihre Planung der Natur alles abgewinnen was sie braucht.

Imam Ali setzte verschiedene Mechanismen zur Verwirklichung der Regierungsprogramme und Regulierung der Wirtschaftslage ein. Dazu gehörten seine Finanzstrategien, wie zum Beispiel die gerechte Besteuerung und Vermögensverteilung. Zu seinem Verwaltungsprogramm zählten die Unterstützung der Landwirtschaft, des Handwerkes und des Handels sowie die Überwachung der Wirtschaftslage und die ernsthafte Bekämpfung von Horten, Wucher, Vermögensanhäufung, Monopolisierungsbestrebungen und die Armutsbekämpfung. Zugleich hat er sowohl die Bevölkerung als auch seine Vertreter aufgerufen, Gerechtigkeit walten zu lassen und den Grundsätzen der Moral treu zu bleiben.