Sep 04, 2018 18:58 CET
  • Islam richtig kennenlernen (146)   

Wie wir sagten, trat nach dem Tod des Muawiya  im Monat Radschab des Jahres 60 nach der Hidschra und dem Mondkalender, sein Sohn die Nachfolge an. Kaum hatte Yazid das Kalifat übernommen, befahl er in einem Schreiben an Walid Ibn Utba Ibn Abi Sufyan, damaliger Gouverneur von Medina, er müsse Husain Ibn Ali zum Treueid zwingen. Falls dieser sich weigere sollte er nicht die Gelegenheit aus der Hand geben und ihn umbringen.

Walid ließ sofort nach Empfang des Schreibens von Yazid Imam Husain holen. Als er den Imam aufforderte  Yazid die Treue zu schwören, sagte dieser: „Wir sind die Nachkommen des  Propheten und Fundgrube und Speicher der himmlischen Botschaft … aber Yazid ist ein schlechter Mensch und ein Trinker, an dessen Hände das Blut unschuldiger Menschen klebt und der in der Öffentlichkeit Gott-Ungehorsam begeht und sündigt. Jemand wie ich wird niemals einer Person wie ihm die Treue schwören.“
 

Auf diese Weise gab Husain (F)  dem Gouverneur von Medina und dem Regime von Yazid eine niederschmetternde Antwort. Imam Husain (F) war entschlossen, eine verdorbene unwürdige Person zu bekämpfen, welche ohne jegliche Eignung das Schicksal der Muslime in die Hand nehmen und die Islamische Gemeinde an den Abgrund zur Entgleisung bringen wollte. Die Geschichte belegt, dass Yazid ein hochmütiger machtgieriger und vergnügungssüchtiger Mensch war.  Er trank in der Öffentlichkeit Alkohol, vergnügte sich und war bekannt dafür, dass er  sich nicht an die islamische Moral hielt. Angesichts solcher Zustände war klar, dass eine Persönlichkeit wie Imam Husein, der in der Familie der Offenbarung aufgewachsen war und eine tadellose Herkunft und Vergangenheit aufwies, niemals einem liederlichen verbrecherischen Individuum wie Yazid, der die Führung der Muslime für sich beanspruchte, seine Loyalität erklären würde.

 

Es sei noch einmal hervorgehoben, dass die Machtübernahme durch Yazid auf einem Vertragsbruch beruhte. Denn gemäß dem Friedensvertrag zwischen Yazids Vater Muawiya und Imam Hasan (F), dem Bruder Imam Husains,  war Muawiya nicht berechtigt, einen Nachfolger für sich zu bestimmen. Daher war die Regierung von Yazid weder legal noch beruhte sie auf der Wahl des Volkes. Imam Husain (F) wusste genau, dass Yazid auf heuchlerische Weise in der Gestalt des Kalifens der Muslime, die Ziele seines Stammes, der Umayyaden,  verfolgen und den wahren Islam vernichten wollte. Die Zeit, in der die Umayyaden über die Muslime herrschten, ist überschattet von der Korruption und Verdorbenheit am Herrscherhofe, von Morden und der Verbreitung von Angst und Schrecken unter dem Volk, von Stammes- und Rassendünkel, Unrecht und Benachteiligungen.  Dies sind alles klare Abweichungen vom Islam. Weitere Faktoren, welche die Grundlagen der muslimischen Gesellschaft gefährdeten,  waren die Gleichgültigkeit gegenüber der Lage des  einfachen Volkes und eine große Kluft zwischen Arm und Reich.

Aber der Umayyade Yazid stellte sich als Führer des Islamischen Volkes vor und verlangte von allen den Treueeid. Er verleitete einige durch Versprechungen dazu und erzwang bei anderen den Treueid durch  Drohungen. Yazid instrumentalisierte die Religion zur Erreichung seiner eigenen Interessen und versuchte, im Namen der Religion sein hässliches Verhalten und die unwürdigen Taten seiner Leute zu legitimieren.

Es ist klar, dass eine Charaktergröße  wie Imam Husain (F), der in Wahrheit am besten für die Lenkung des Islamischen Reiches geeignet war, nicht schweigend zuschauen konnte. Imam Husain (F) enthielt sich nicht nur dem Treueschwur gegenüber Yazid, sondern er schlug auch überlegt einen Weg zur Rettung des Islams und der Muslime aus den Fängen der Unterdrücker ein.  Imam Husain (F) war sich völlig darüber bewusst, dass die Grundlage des islamischen Denkens durch die Entgleisung solcher Herrscher in Gefahr geraten war und dass – wenn es so weiterginge - ein großer Teil des Religionswissen in Vergessenheit geraten und vom wahren Islam nur noch eine leere äußere Hülle übrig bleiben würde.

 

Der Gouverneur von Medina stellte Imam Husain vor die Wahl: Entweder er schwört Yazid die Treue oder  er wird getötet.  Der Imam, der nicht bereit war Yazid anzuerkennen,  sah den einzigen Ausweg darin, dass er mit seiner Familie und denen, die ihm nahestanden, die Stadt Medina verlässt und nach Mekka zieht. Beim Verlassen von Medina setzte er ein Testament auf und gab es seinem Bruder Mohammad Hanafiyya.  In diesem Testament hat er nach seinem Bekenntnis zu Gott und zum Propheten und nach Darlegung seines Glaubens an das Jenseits das Ziel seiner Reise wie folgt definiert:

„Ich ziehe nicht aus Medina hinaus um Aufruhr oder Feindschaft zu erzeugen oder Unheil anzurichten und Unrecht zu begehen, sondern Ziel dieser Reise ist es das Gute zu empfehlen und das Schlechte zu verwehren, die Heilung der Gemeinde von den Übeln, die Wiederbelebung  der Tradition und des Gesetzes meines Großvaters, des Gesandten Gottes(S) und die Vorgehensweise meines Vater Alis Ibn Abi Talib (F).“

 

 

Erstaunlich ist, dass Imam Husain auf dem Weg nach Mekka die allgemeine Reise- und Karawanenroute wählte. Einer seiner Getreuen schlug ihm unterwegs vor, dass er über einen Seitenweg durchs Gebirge zieht, um vor den Häschern des Yazid sicher zu sein. Aber der Imam lehnte dies ab und antwortete: Nein! Bei Gott! Ich werde den Weg weiterziehen, den alle gehen und nicht auf einen auf Berg und Tal und Seitenwege ausweichen, damit ich die Phase erreiche, die Gottes Wille vorsieht.“

Der Imam wollte indem er die allgemein übliche Route wählte erreichen, dass seine Aktion an die Öffentlichkeit kommt. Er wollte dass die Allgemeinheit von dem Ziel seines Aufstandes erfährt, nämlich die Enthüllung der Heuchelei und des Übels der Umayyaden und ihre Bekämpfung.

                     

Nach fünf Tagen erreichte die Karawane von Imam Husain (F) die Stadt Mekka. Dort  fertigte der Imam ein Schreiben an die Stammesoberhäupter der Stadt Basra im Irak an. In dieser Botschaft machte er darauf aufmerksam, dass das Kalifat entgleist ist und rief die Bevölkerung von Basra auf, ihn bei der Bekämpfung der misslichen Lage der Islamischen Gemeinde zu unterstützen.  Er hob die Gefahren, welche den Islam bedrohen hervor und schrieb:

„Ich rufe euch zum Buch Gottes und zur Sunna (der Vorgehensweise  des Propheten herbei), denn sie haben die Sunna verdrängt und die Ketzerei wiederbelebt. Wenn ihr meinem Aufruf folgt, so ist mein Weg der richtige, …

Der Imam sandte seinen Getreuen Sulaiman ibn Razin mit der Botschaft nach Basra. Nachdem  Sulaiman das Schreiben überbrachte hatte,  wurde er in Basra  von den Handlangern der Regierung ergriffen und Ibn Ziyad ließ ihn enthaupten.

Inzwischen hatten die Einwohner von Kufa, welches ebenso im Irak liegt, davon erfahren, dass Imam Husain (F) das Treuegelöbnis an Yazid verweigert hatte und sich in Mekka aufhielt. Da schickten sie zahlreiche Briefe an den Imam. Laut einer Angabe sind es mehr als 12 Tausend gewesen. In ihren Schreiben kritisierten die Kufaner heftig Muawiya, den Vater von Yazid.  In einem dieser Briefe, den eine Anzahl von bekannten Kufanern, die als Anhänger des Prophetenhauses galten, unterschrieben hatten, stand:  „Gott sei Preis und Dank, dass er den Widersacher, der dir und deinem Vater feind war, vernichtet hat.  Er (Muawiya) war jemand, der dieses Glaubensvolk angegriffen und die Macht über die Muslime an sich gerissen hat, ihnen gewaltsam ihr Eigentum wegnahm und ohne ihr Einverständnis zu erzielen, sich zu ihrem Befehlshaber ernannte. Er hat gute und auserlesene Mitglieder  der Glaubensgemeinde umgebracht und an ihrer Stelle die Schlechten und Übeltäter eingesetzt.“

 

Die Kufaner erklärten in ihren Schreiben, dass sie bereit sind sich der Bewegung von Imam Husain anzuschließen. Sie baten ihn, dass er ihr Imam sei und nach Kufa komme.

Imam Husain (F) schrieb zurück:

 

„…ich schicke nun meinen Bruder und Cousin (Muslim Ibn Aqil) zu euch: jemanden, der das Vertrauen meiner Familie besitzt. Sollte das, was er mir in seinem Bericht über die Mehrheit der Bürger und diejenigen, die Wissen besitzen  und eine Meinung vertreten, mit dem übereinstimmen, was in euren Briefen steht und was eure Boten gesagt haben , werde ich – so Gott will – bald zu euch kommen. Bei meinem Leben! Der wahre Vorsteher und berechtigte Imam ist jemand, der unter dem Volke gemäß dem Buch Gottes urteilt, den Weg der göttlichen und sozialen Gerechtigkeit geht und sich nach der Religion Gottes richtet.“

            

Nachdem Imam Husain einige Zeitlang in Mekka geblieben war, wurde ihm klar, dass Yazid Ibn Muawiya auf keinen Fall von ihm ablassen wird und ihn mit Sicherheit ermordet, falls er ihm nicht die Treue gelobt. Er erfuhr, dass Yazid einige Leute ausgeschickt hatte, damit sie einen Anschlag auf den Imam, wo immer sie ihn auch finden, verüben.  Dennoch kapitulierte Imam Husain nicht und ließ sich den Treueschwur an Yazid nicht aufzwingen.  Damit die Heiligkeit von Mekka nicht durch seine Ermordung verletzt wird, entschloss er sich,  in Richtung Irak weiterzuziehen. Bevor er Mekka verließ, sprach er zu seiner Familie der Bani Haschim und zu denen,  die sich ihm in Mekka angeschlossen hatten, über den Märtyrertod und den Einsatz des Lebens für den Weg Gottes. Der Imam sagte zu ihnen, wenn sie bereit seien ihr Leben für Gottes Weg einzusetzen, sollten sie ihn auf seiner gefährlichen Reise begleiten. Am 8. des Monats Dhu Hadscha verließ Imam Husain (F) schließlich Mekka auf der Arabischen Halbinsel und zog in Richtung Kufa im Irak.