Teil 806: Sure Saffat (Die sich Reihenden) Vers (79- 92)
Wir haben im Laufe unseren Erläuterungen zur Sure Saffat, Sure 37, nacheinander 78 Verse dieser Sure betrachtet. Nun setzen wir die Exegese bei den Versen 79 bis 82 fort. In diesen Versen lesen wir:
(37: 79 – 92)
سَلَامٌ عَلَىٰ نُوحٍ فِي الْعَالَمِينَ
„Friede sei auf Nuh unter den Weltenbewohnern!“ (37: 79)
إِنَّا كَذَٰلِكَ نَجْزِي الْمُحْسِنِينَ
„Gewiss, so vergelten Wir den Gutes Tuenden.“ (37: 80)
إِنَّهُ مِنْ عِبَادِنَا الْمُؤْمِنِينَ
„Er gehörte ja zu Unseren gläubigen Dienern.“ (37: 81)
ثُمَّ أَغْرَقْنَا الْآخَرِينَ
„Hierauf ließen Wir die anderen ertrinken.“ (37: 82)
Wir wissen aus den vorhergehenden Versen, dass Nuh (Noah) und seine Anhängerschar vor einer gewaltigen Sturmflut errettet wurden und sicher ans Ufer gelangten. Am Ende des obigen Abschnittes heißt es nun im Vers 82 wie es denen erging, die die Aussendung und Botschaft Noahs leugneten und ihn verspotteten: Sie wurden von der göttlichen Strafe heimgesucht wurden und ertranken sämtlich. Im Vers 79 wird der Prophet Nuh mit dem Friedensgruß Gottes gewürdigt. „Friede sei auf Nuh unter den Weltenbewohnern!“
Und alle Gottesgläubigen in der Geschichte sollen den Segensgruß an diesen Propheten entrichten. Denn er hat sich neunhundertfünzig Jahre lang für die Rettung seines Volkes eingesetzt, auf diesem Wege zahlreiche Bosheiten erduldet und große Ausdauer gezeigt. Welche Ehre könnte für einen Menschen größer sein als die Ehre von Gott und den Weltenbewohnern bis zum Jüngsten Tag gegrüßt zu werden?
Diese hohe Ehrung und göttliche Belohnung gilt nicht nur Nuh. Alle gläubigen Diener werden von Gott belohnt,von ihm gegrüßt und gerettet.
Zu dieser Stelle in der Sure Saffat möchten wir noch folgende vier Punkte anführen:
Erstens: Die Propheten und Großen Gottesfreunde, welche die Welt verlassen haben, werden unsere Segensgrüße empfangen. Wäre dem nicht so und könnten sie nicht unsere Grußworte wahrnehmen, so ergebe die obige Grußempfehlung von Gott keinen Sinn. Es ist daher ein religiöses Werk, die verstorbenen Propheten und Imame zu grüßen.
Zweitens: Es ist Gottes Brauch, dass die Rechtschaffenen Seine besondere Gnade erfahren und von Ihm belohnt werden. Er belohnt die Rechtschaffenen auch im Diesseits.
Drittens: Gute Werke und Glauben gehören zusammen. Für sich alleine genügt keines von beiden.
Viertens: Wenn Gott ein diesseitiges Strafgericht schickt, bringt er die Gläubigen in Sicherheit, auch wenn sie mitten unter den Nicht-Gläubigen sind.
Was beinhalten die nächsten Verse? In den Versen 83 bis 87 der Sure Saffat steht:
وَإِنَّ مِن شِيعَتِهِ لَإِبْرَاهِيمَ
„Zu seiner Gemeinde gehörte fürwahr Ibrahim (Abraham).“ (37: 83)
إِذْ جَاءَ رَبَّهُ بِقَلْبٍ سَلِيمٍ
„Als er zu seinem Herrn mit heilem Herzen kam.“ (37: 84)
إِذْ قَالَ لِأَبِيهِ وَقَوْمِهِ مَاذَا تَعْبُدُونَ
„Als er zu seinem Vater und seinem Volk sagte: `Wem dient ihr da?`“ (37: 85)
أَئِفْكًا آلِهَةً دُونَ اللَّـهِ تُرِيدُونَ
„`Wollt ihr außer Allah falsche Götter haben?`“ (37: 86)
فَمَا ظَنُّكُم بِرَبِّ الْعَالَ
„`Wie denkt ihr denn über den Herrn der Weltenbewohner?`“ (37: 87)
Geschichtlich gesehen liegt eine große Zeitspanne zwischen den beiden Propheten Noah und Abraham. Dennoch war die Aussendung Abrahams eine Fortsetzung der Sendung Noahs und verfolgte die Linie des Glaubens an nur den Einen Gott und der Dienstbereitschaft nur Ihm gegenüber. Daher sieht der Koran in Abraham einen Anhänger Noahs und stellt auf eine Weise eine Verbindung zwischen ihnen her, als gäbe es gar keinen zeitlichen Abstand zwischen ihnen. Gott charakterisiert Abraham in diesem Vers damit, dass er ein Herz hat, welches „salim“ ist, hier übersetzt mit heilem Herz. „Salim bedeutet „rein von jeglicher Besudelung und Götzentum“ und zugleich „ergeben gegenüber Gott“.
Da Abraham im Herzen rein war von jeglicher Götzenanbetung und vor jeglichem Unglauben, konnte er nicht gegenüber dem Polytheismus in seiner Umgebung schweigen. Er begann die Mitmenschen zu mahnen, ihnen den rechten Weg zu weisen und sie auf die Stimme ihrer inneren, Gott gegebenen Natur aufmerksam zu machen. Er konfrontierte sie mit der Frage, warum sie sich denn vor leblosen Standbildern und Figuren verbeugen und ihnen dienen. Warum wendet ihr euch anstelle des wahren Einen Gottes an falsche Götter? Ihr kehrt dem Herrn der Welten den Rücken zu und zugleich erwartet ihr von Ihm, dass er euch Gnade erweist? Wie kann das angehen?
Folgendes können wir uns auf Grundlage dieser Stelle im Koran einprägen:
Erstens: Die Propheten sind alle den gleichen Weg gegangen und es besteht kein Widerspruch zwischen ihnen. Die Variablen Zeit und Ort ändern nichts an den gemeinsamen klaren Grundsätzen und Grundlagen der Himmelsreligionen.
Zweitens: Die wichtigste Eigenschaft der Propheten Gottes und ihrer Anhänger besteht darin, dass sie jeglicher Götzenanbetung und Seelenverschmutzung fern bleiben und sich Gott ergeben.
Drittens: Der Mensch trägt eine Verantwortung gegenüber anderen und er muss sich für die Rechtleitung der Menschen in seiner Umgebung einsetzen.
Viertens: Gottesfreunde lassen sich nicht von einer schlechten Umgebung überrollen und passen sich ihr nicht an, sondern sind auf verschiedene Weise bestrebt, diese Umgebung positiv zu verändern.
Die nächsten fünf Verse, nämlich die Verse 88 bis 92 der Sure Saffat, Sure 37, sind wie folgt:
فَنَظَرَ نَظْرَةً فِي النُّجُومِ
„Dann warf er einen Blick zu den Sternen“ (37: 88)
فَقَالَ إِنِّي سَقِيمٌ
„und sagte: `Gewiss, ich bin krank.`“ (37: 89)
فَتَوَلَّوْا عَنْهُ مُدْبِرِينَ
„Da kehrten sie ihm den Rücken und gingen fort.“ (37: 90)
فَرَاغَ إِلَىٰ آلِهَتِهِمْ فَقَالَ أَلَا تَأْكُلُونَ
„Nun ging er heimlich zu ihren Göttern und sagte (neckisch): `Wollt ihr nicht essen?`“ (37: 91)
مَا لَكُمْ لَا تَنطِقُونَ
„`Was ist mit euch, dass ihr nicht redet?`“ (37: 92)
Gemäß dem vorherigen Abschnitt hat Abraham den Götzendienern bestimmte Fragen gestellt und in dem eben genannten begegnen wir einer anderen Methode , die dieser Ehrwürdige anwandte, um die Götzendiener und Irregegangenen auf den rechten Weg zu führen.
Die Bürger von Babylon feierten ihre Feste vor der Stadt. Am Vorabend zu einem solchen Fest sagten sie zu Abraham, dass er zusammen mit ihnen die Stadt verlassen und an den Feiern teilnehmen soll. Unterdessen hatte Abraham schon seit längerem auf eine günstige Gelegenheit gewartet, um die Götzen zu zerstören. Daher suchte er nach einer überzeugenden Ausrede für sein Zurückbleiben. Die Babyloner waren von einem Einfluss der Gestirne auf ihr Schicksal überzeugt. Dies nutzte Abraham für seinen Vorwand aus: Er schaute zu den Sternen hoch, tat so als ob er selber auch an einen Schicksalseinfluss der Sterne glaube, und sagte: „Entschuldigt mich. Ich werde krank wenn ich die Stadt verlasse. Darum ist es besser wenn ich bleibe.“
Natürlich hat Prophet Abraham nicht daran geglaubt, dass die Sterne in der Lage sind, irgendeine Macht auszuüben. Er bediente sich der Überzeugung der Babyloner nur deshalb, damit sie akzeptieren, dass er nicht an dem Fest vor der Stadt teilnehmen kann. So wurde es ihm möglich zurückzubleiben und die Bedingungen zur Verwirklichung seines Vorhabens zu schaffen. In Abwesenheit der anderen ging er zu den zahlreichen kleinen und großen Götzen. Er fragte sie, warum sie denn nicht von den Speisen, die ihnen die Götzendiener gelobt und hingestellt haben, essen. Er sagte: Warum antwortet ihr mir nicht und bleibt stumm? Die Polytheisten glauben doch, dass ihr die Macht besitzt ihr Schicksal zu beeinflussen! Warum dann seid ihr zu nichts fähig?
Hier bringt der Koran also aus dem Munde Abrahams einleuchtende Argumente gegen die Götzenanbetung. Wir sehen außerdem:
Erstens: Um für den Weg der Wahrheit zu werben muss man mit jeder Gruppe so sprechen, dass sie es verstehen. Wir müssen also die Denkweise und Sitten eines Volkes kennen, um die richtige Methode für die Einladung auf den rechten Weg zu finden.
Zweitens: Zur Bekämpfung abwegigen Denkens und Handelns in der Gesellschaft muss man sich etwas einfallen lassen und aktiv sein und geeignete Gelegenheiten klug nutzen.
Drittens: Die Argumentation der Propheten zur Verwerfung des Götzentums und bei der Einladung zur Anbetung nur des Einen Gottes, ist klar und entspricht der gesunden Vernunft und der von Gott dem Menschen verliehenen inneren Natur - der Fitra.