Sep 19, 2018 08:11 CET

Wir haben die Sure 37 in unserer einfachen Kurzexegese bis zum Vers 101 behandelt. Heute besprechen wir die nächsten 4 Verse und beginnen bei Vers 102 dieser Sure, der Sure Saffat:

(37: 102 – 105)

 

فَلَمَّا بَلَغَ مَعَهُ السَّعْيَ قَالَ يَا بُنَيَّ إِنِّي أَرَىٰ فِي الْمَنَامِ أَنِّي أَذْبَحُكَ فَانظُرْ مَاذَا تَرَىٰ ۚ قَالَ يَا أَبَتِ افْعَلْ مَا تُؤْمَرُ ۖ سَتَجِدُنِي إِن شَاءَ اللَّـهُ مِنَ الصَّابِرِينَ                         

„Als er (Ismael)  (das Alter erreichte, dass er) mit ihm arbeiten konnte, sagte er: `O mein lieber Sohn, ich sehe im Schlaf, dass ich dich schlachte. Schau jetzt, was du (dazu) meinst.` Er sagte: `O mein lieber Vater, tu, was dir befohlen wird. Du wirst mich, wenn Gott will, als einen der Standhaften finden.`“ (37: 102)

 

Wie Sie aus dem vorherigen Teil  wissen, bat Abraham Gott um einen rechtschaffenen Sohn.  Als nun Gott ihm einen Sohn schenkte und dieser zu einem jungen Knaben herangewachsen war, wies Gott Abraham  im Traum an, ihn zu opfern.  Natürlich musste der Vater auch seinen Sohn fragen, ob er damit einverstanden ist. Gemäß dem obigen Vers sagte Abraham also zu seinem Sohn Ismael: Gott hat mir eine solche Anweisung gegeben, bist du zu dieser schweren Sache bereit oder nicht? Wie stehst du dazu? Dein Vater soll dich opfern,  mein Sohn!

 

Jeder würde automatisch fragen: O Gott: Was verlangst du von mir? Wenn du dies von vorneherein geplant hast, dann wünschte ich, dass du mir dieses Kind gar nicht  erst geschenkt hättest.  Und wenn dieses Kind für dich sterben soll, warum soll es von  meiner Hand geschehen, wo ich doch sein Vater bin?!

 

Die Propheten Gottes sind an erster Stelle Seine  ergebenen Diener. Sie sehen in Gott den Allwissenden und Weisen, dessen Befehle auf Seinem Allwissen und Seiner unendlichen Weisheit beruhen. Sie sagen sich: Es gibt keinen Grund dafür, dass  ich mit meinem begrenzten Wissen vollständig begreifen sollte, warum Gott diesen Befehl erteilt.

Ismael antwortet daher seinem Vater: O mein Vater, tu was dir befohlen wird. Lasse die Vater-Sohn-Beziehung und die menschlichen Gefühle beiseite und denke nur an die Erfüllung deines Auftrages, auch wenn dies sehr schwer ist. Aber für die Erfüllung des Befehles des Einen Gottes der Welten nehme ich alle Härten auf mich und bleibe standhaft.

                      

Wir können uns merken:

 

Erstens: Bei  Propheten sind Träume eine Art göttliche Offenbarung. Aber bei uns anderen ist dies nicht der Fall und wir dürfen nicht in Berufung auf einen Traum, für uns und für andere eine Entscheidung treffen.

Zweitens: Die Liebe zum Kind darf nicht dazu führen, dass der Gläubige die Gebote Gottes missachtet oder sündigt und Gott gegenüber ungehorsam wird.

Drittens: Die Erfüllung von Pflichten erfordert Geduld und Standhaftigkeit. Wir dürfen uns nicht vor der Befolgung der göttlichen  Anweisungen drücken, nur weil es schwer ist, sie durchzuführen.

 

Den Versen 103 und 105 der Sure 37 entnehmen wir, was daraufhin geschah:                                                                                                       

                        

فَلَمَّا أَسْلَمَا وَتَلَّهُ لِلْجَبِينِ

„Als sie sich beide ergeben (gegenüber dem Befehl Gottes)  gezeigt hatten und er (Abraham) ihn auf die Seite der Stirn auf den Boden niedergelegt  hatte (um ihn zu opfern),“ (37: 103)

 

وَنَادَيْنَاهُ أَن يَا إِبْرَاهِيمُ

„riefen Wir ihm zu: `O Abraham,`“ (37: 104)

 

قَدْ صَدَّقْتَ الرُّؤْيَا ۚ إِنَّا كَذَٰلِكَ نَجْزِي الْمُحْسِنِينَ

„`du hast das Traumgesicht bereits wahr gemacht (und bist Meiner Anweisung gefolgt).`“ Gewiss, so vergelten Wir den Gutes Tuenden. (37: 105)

 

Ismael hatte sein Einverständnis mit der Durchführung des göttlichen Befehls erklärt. Vater und Sohn waren Gott gegenüber ergeben. Abraham bereitete seinen Sohn auf die Opferung vor und legte ihn mit der Stirn zu Boden. Da erschall ein Ruf. Mit diesem Ruf erklärte Gott: Wir wollten nicht, dass du deinen Sohn schlachtest, sondern wir wollten nur, dass du dich innerlich von deinem Sohn trennst. Du bist siegreich aus dieser schweren Prüfung hervorgegangen.  Du hast das, was wir dir im Traum befohlen haben, damit verwirklicht und bewiesen, dass du den Befehl Gottes durchführen willst und auf diesem Wege nicht schwach wirst und kein Versäumnis begehst.

Abraham hat Ismael nicht geopfert, aber er war bereit gewesen, dies für Gott zu tun. Diese Absicht genügt. Gott hat sie anerkannt, ohne dass sie in die Tat umgesetzt worden wäre.

Für die Religion zählt überhaupt immer die Absicht und das Motiv für eine Tat. Daher wird die  lautere Absicht eines Gläubigen, ein Werk Gott zuliebe zu vollbringen, sogar höher eingestuft als das Werk selber.

 

Wir können uns also einprägen:

Erstens: Es gehört zu den hohen Eigenschaften der Propheten und Gottesfreunden, dass sie völlig Gott ergeben sind und seinen Geboten folgen. Überhaupt ist eine  Tat dann lobenswert, wenn sie aus  Ergebenheit gegenüber Gott geschieht und  Ihn zufriedenstellt.

Zweitens:  Manchmal sind die Anweisungen Gottes dazu da, den Menschen auf die Probe zu stellen.

Drittens: Für die Erreichung der idealen spirituellen Stufen gibt es keine Altersgrenze. Ein junger Knabe wie Ismael wird möglicherweise  in Windeseile die Stufen zur Vollkommenheit zurücklegen und dabei den Rang  eines großen Gottesfreundes wie Abraham erreichen.  

Viertens: Das arabische Wort „Muhsinin“ im Vers 105, das hier mit „Gutes Tuende“ übersetzt wurde, ist von dem Wort „Ihsan“ abgeleitet.  Ihsan – gute Werke – sind nicht immer nur Sach- und Geldspenden, sondern auch der Verzicht auf das eigene Leben für die Sache Gottes ist eine Art Ihsan – ein gutes Werk.