Lotsen zum göttlichen Hafen (26)
In diesem Teil unserer Sendereihe erfahren Sie mehr über die Regierungspolitik von Imam Ali (F) und deren Gegner.
Beim letzten Mal haben wir einen Blick auf die Zeit, in der Uthman herrschte, geworfen und daran erinnert, dass die Bevölkerung mit seinem Vorgehen so unzufrieden geworden war, dass er schließlich ermordet wurde. Danach wandte sich das Volk Ali zu und bedrängte ihn, dass er das Führungsamt übernimmt, während dieser jedoch zunächst auf keine Weise geneigt war, ihnen die Hand zum Treueeid zu reichen. Ali beschrieb später die Situation wie folgt: „Ihr habt mir die Hand geöffnet und ich habe sie geschlossen, und ihr habt an ihr gezerrt und ich habe sie eingezogen und da habt ihr euch wie Dromedare, die durstig bei der Tränke eintreffen, um mich gedrängt, und zwar so sehr, dass mir mein Schuh ausfiel und mein Umhang mir von der Schulter rutschte und die Schwachen unter die Füße gerieten. Das Volk hat sich über den Treueid mit mir dermaßen gefreut, dass sich sogar die kleinen Kinder freuten und die Betagten zitternd zu mir kamen.“
Aber leider haben viele dieser Leute, die da so begeistert herbei gestürmt waren, sich gegen ihn gewandt, sobald sie merkten dass er nichts anderes will als Recht und Gerechtigkeit herzustellen, unrechtmäßig angehäufte Reichtümer zurückzuholen und Benachteiligungen und die Kluft zwischen den Bevölkerungsgruppen zu beseitigen. In dem Moment protestierten sie gegen ihn, denn ihnen fehlte die religiöse und politische Einsicht. Einige setzten ein wohlwollendes Gesicht auf und schlugen Ali (Friede sei mit ihm) vor, dass er vorläufig mit seinen Gegnern einen Kompromiss schließen soll, bis sich seine Regierung festigt, erst dann solle er die islamischen Bestimmungen durchführen. Aber Ali (F) antwortete auf diese scheinbar wohlwollenden Vorschläge wie folgt:
„Ihr verlangt von mir, dass ich den Erfolg auf Kosten von Benachteiligung und Unrecht erziele? Ihr verlangt von mir, dass ich die Gerechtigkeit zu Füßen der Politik und der Herrschaft opfere? Bei dem Heiligen Wesen Gottes! Solange es die Welt gibt, werde ich dies nicht tun und nichts Derartiges anstreben! Ich und Diskriminierung? Ich und die Verletzung der Gerechtigkeit? Ich würde schon nie eine Benachteiligung begehen, wenn alle diese Güter der Allgemeinheit ,welche mir zur Verfügung stehen, mein persönliches Eigentum wären und ich werde Derartiges erst recht nicht tun, wenn dieses Hab und Gut Gott gehört und ich der Pfandbetreuer Gottes bin.“
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Auf diese Weise widmete Imam Ali (F) sich, ungeachtet des politischen Lärms und der Stimmungsmache sowie offener und versteckter Ablehnung, der gesunden Regelung aller Angelegenheiten. Er entließ inkompetente und unwürdige Amtsträger und setzte an ihrer Stelle verantwortungsbewusste und fähige Personen ein. Imam Ali begann mit der Umsetzung seiner grundsätzlichen Strategien und Pläne. Allen neuen Regierungsverantwortlichen erklärte er, dass sie ihre Aufgabe nicht instrumentalisieren dürfen, sondern dass sie sie als ein anvertrautes Pfand betrachten müssen, mit dem sie verantwortungsvoll und würdig umgehen sollen. Ihnen legte er ans Herz, auf keinen Fall jemanden, der einen Verrat begangen hat, einen Posten zu überlassen. Er empfahl den neuen Positionsträgern ein einfache Lebensführung, ein offenes Ohr für Kritik und sagte, dass sie sich gegen Schmeichelei wehren müssen. Er riet ihnen, mit dem Volke direkt in Verbindung zu bleiben und es aufrichtig zu betreuen, und verlangte, dass sie das Recht der Entbehrenden und der Unterdrückten verteidigen und gegen diejenigen vorgehen, die sich Unrecht und Unterdrückung zuschulden machen. Außerdem sollten sie etwas gegen Faktoren und Individuen, die Zwietracht streuen, unternehmen und die Einheit in der Islamischen Gesellschaft bewahren. Sie sollten in Streitfällen nur auf Grundlage der Gerechtigkeit entscheiden und auf Gerichtssitzungen niemanden benachteiligen. Sie sollten immer Recht und Wahrheit verteidigen und falls ein interner oder externer Feind Krieg schürt, sich zum Dschihad gegen ihn erheben und nicht vom Kriegsschauplatz flüchten. Im Falle eines Sieges sollten sie mit den Kriegsgefangenen menschlich umgehen und sie dürften Verlierer und Verletzte nicht verfolgen. Sie durften niemals als Erster einen Krieg beginnen und mussten sich auch im Krieg gerecht verhalten.

So sah ein Teil der Regierungspolitik Alis aus. Es war eine andere Politik als die der Kalifen, die nach dem Propheten geherrscht hatten, insbesondere eine andere als die Politik des dritten Kalifen Uthman. Doch die einflussreichen und reichen Leute sahen nun ihre Interessen in Gefahr und so gingen sie zu Ali (F) um ihn umzustimmen. Als sie jedoch merkten, dass er auf keinen Fall von seinen berechtigten Standpunkten ablässt, begannen sie mit ihren politischen und aggressiven Verschwörungen. Ihnen schloss sich eine Gruppe ab, die nach außen hin sehr religiös wirkte, jedoch keinen Verstand besaß.
Gemäß Überlieferung hat der geehrte Prophet des Islams (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) sehr wohl die wahre Natur einiger seiner Gefährten kannte und die bitteren Ereignisse in der Zeit des Kalifats Imam Alis (F) vorausgesehen. Von ihm stammen die Worte: „Bei Gott! Ali ist Bekämpfer der Qasitin (Aufrührer), Nakithin (Eidbrüchigen) und Mariqin (der Abweichler von der Religion Gottes).“
Es war wirklich nicht leicht, gegen diese drei vom Propheten genannten Gruppen – die Aufrührer, Eidbrüchigen und Abweichler zu kämpfen. Unter ihnen waren bekannte Gesichter aus der Zeit des Propheten und sehr fromm wirkende Leute, auf deren Stirn sich die Zeichen der häufigen Niederwerfung vor Gott abzeichneten. Wir wollen die Betrachtung dieser bitteren Ereignisse bei der Dschamalschlacht (Kamelschlacht) beginnen.
Bei diesem Krieg hat Aischa, Gemahlin des Propheten, eine entscheidende Rolle gespielt. Sie hatte in der Zeit der Kalifen Abu Bakr und Umar großen Respekt erfahren, nicht so aber zur Zeit von Uthman. Die Diskrepanz zwischen ihm und ihr war so groß, dass sie gesagt hat: “Bringt diesen unwissenden alten Mann um, denn er ist ungläubig geworden.“ Sie hat an verschiedene Stämme Schreiben verschickt und sie aufgestachelt, Uthman zu töten. Als sie von der Ermordung Uthmans erfuhr, sagte sie: „Uthman wird seiner Familie (den Umayyaden) ein übles Ende vererben.“ Doch als ihr dann zu Ohren kam, dass Imam Ali der neue Kalif ist, änderte sich ihre Ansicht und sie verlangte, dass man an den Mördern Uthmans Rache nimmt.
In Wahrheit hatte Aischa auf das Kalifat von Talha und Zubair gehofft. Sie war von Mekka nach Medina unterwegs, als sie von der Wahl Alis (F) zum Kalifen erfuhr. Da kehrte sie nach Mekka zurück, begann den Mord an Uthman zu beklagen und Vergeltung dafür zu fordern. Talha und Zubair aber sahen eine gute Gelegenheit gekommen, die Bevölkerung gegen Ali (F) aufzuwiegeln und machten sich das Ansehen Aischas unter den Muslimen zu Nutzen. Imam Ali (F) hat über dieses Vorgehen gesagt: „Sie haben sich zur Aufruhr erhoben und die Gemahlin des Gesandten Gottes hierhin und dorthin geschleppt, .... Sie haben sie mit nach Basra genommen und ihren eigenen Frauen gesagt, dass sie zu Hause bleiben sollen. Aber sie (Aischa), welche der Prophet Gottes in seinem Haus behütet hatte ..., haben sie auf den Schauplatz gebracht, und zwar mit einem Heer von Leuten, die mir einmal allesamt die Treue gelobt und gehorcht hatten.“

Als Ali erfuhr, dass das Dschamal-Heer auf dem Weg nach Basra war, sandte er ein Schreiben an seinen Gouverneur in dieser Stadt. Er befahl Uthman ibn Hunaif, er solle mit diesen Leuten Gespräche führen und sie auffordern, keinen Krieg zu beginnen und den Treueid mit Ali (F) nicht zu verletzen. Aber die Aggressoren waren fest entschlossen mit Gewalt an die Macht und an Reichtum zu gelangen und beachteten die Vorschläge des Gouverneurs von Basra nicht. Uthman sah keine anderen Ausweg, als selber seine Kämpfer auf den Krieg vorzubereiten. Als die Leute im Dschamal-Heer (Azhabin Dschamal) merkten, dass sie gegen Uthman und sein Heer nicht ankommen, baten sie um Einhalt des Gefechtes bis Ali (F) aus Medina eingetroffen sei. Er sollte dann eine Entscheidung treffen. Außerdem schlugen sie vor, dass man ihnen erlaubt die Stadt zu betreten und versprachen sich nicht dem Gouverneursgebäude, der Schatzkammer und der Moschee zu nähern. Uthman ibn Hunaif, erwartete keinen Verrat von Talha und Zubair, die einmal nahe Helfer des Propheten Gottes (S) gewesen waren, und nahm ihren Vorschlag an. Diese durften in die Stadt kommen. Aber entgegen ihrem Versprechen, drangen sie in die Moschee ein und verhüteten dass Gemeinschaftsgebet der Einwohner mit ihrem Gouverneur, Uthman ibn Hunaif. Um Angst und Schrecken zu verbreiten, ließen sie Uthman auspeitschen bis er fast tot war. Sie scherten ihm das Kopfhaar und den Bart ab. Dann machten sie sich über das Volkseigentum her, töteten 70 Leute der Wächter und Soldaten und besetzten die Stadt.
Ali (F), der von den schlimmen Ereignissen in Basra erfahren hatte, zog mit einem Heer in Richtung Basra und schlug in der Nähe der Stadt das Zeltlager auf. Doch die Leute des Dschamal griffen Ali und seine Soldaten an. Ali sah keinen Grund mehr für Geduld und Nachsicht. Er legte das Kettenhemd des Propheten an und zog an der Spitze seiner Soldaten in den Krieg gegen die Vertragsbrüchigen. In dieser bedauerlichen Schlacht, die mit der Niederlage der Vertragsbrüchigen endete, kamen auf der Seite Alis (F) 5 Tausend Kämpfer ums Leben. Auf der Gegenseite waren es noch mehr. Nachdem die Schlacht zu Ende war und Talha und Zubair tot waren, hat Ali die Gemahlin des Propheten, Aischa, respektvoll nach Medina zurückkehren lassen und ihre Karawane noch einige Kilometer auf dem Rückweg begleitet.
Auf diese Weise wurde also die erste Verschwörung derer, die das Kalifat von Ali (F) anfeindeten, vereitelt. Ali kehrte nicht mehr nach Medina zurück. Er sah sich gezwungen von Basra nach Kufa zu ziehen, was näher zu Schaam (dem damaligen Großsyrien - (der Levante) lag. Von dort aus konnte er Muawiya, der nicht bereit gewesen war, seinen Posten aufzugeben und sich dem Kalifat von Ali zu unterwerfen, besser im Auge behalten...