Apr 28, 2019 15:30 CET

Liebe Hörerfreunde ! Wir befassen uns auch heute mit zwei längeren Versen der Sure 39, und zwar sind es die Verse 9 und 10 dieser Sure, die den Namen Zumar trägt. Im Vers 9 heißt es zunächst wie folgt:

(39: 9- 10) 

 

أَمَّنْ هُوَ قَانِتٌ آنَاءَ اللَّيْلِ سَاجِدًا وَقَائِمًا يَحْذَرُ الْآخِرَةَ وَيَرْجُو رَحْمَةَ رَبِّهِ ۗ قُلْ هَلْ يَسْتَوِي الَّذِينَ يَعْلَمُونَ وَالَّذِينَ لَا يَعْلَمُونَ ۗ إِنَّمَا يَتَذَكَّرُ أُولُو الْأَلْبَابِ

 „Ist etwa jener, der zu Allah in den Nachtstunden - sich niederwerfend und stehend - betet, der sich vor dem Jenseits fürchtet und auf die Barmherzigkeit seines Herrn hofft (einem Ungehorsamen gleich)? Sprich: "Sind solche, die wissen, denen gleich, die nicht wissen?" Allein nur diejenigen lassen sich warnen, die verständig sind.“ (39: 9)

                                      

Im Vers 8 hat der Koran von einem Menschen gesprochen, der nur, wenn er in Schwierigkeiten steckt, an Gott denkt und zu Ihm betet, aber ansonsten Ihn im Leben vergisst oder Ihn sogar leugnet. Der Vers 9 regt nun zu einem Vergleich zwischen diesem Menschen und jemanden an, der immer und nicht nur in der Not Gottes eingedenk ist; jemand, der sich in der Nacht von seiner Schlafstätte erhebt und sich dem Gebet und Gott-Dienen widmet, um Gottes Wohlgefallen auf sich zu ziehen  und sich vor den Qualen der Verdammnis in Sicherheit zu bringen.

 

Die großen Gottesfreunde zeichnen sich ja unter anderem auf diese Weise aus: Sie verlassen  in der Nacht ihr Bettlager, um das Gebet zu verrichten und um Gott anzuflehen und den Koran zu verlesen.  Einige Menschen erfüllen zwar die Pflicht der Gebetsverrichtung im Laufe des Tages, jedoch tun sie das ungern und ebenso erfüllen sie ungern die Fastenpflicht im Monat Ramadan. Aber die aufrichtigen Gläubigen , die fest von Gott und vom Jenseits überzeugt sind , erfüllen nicht nur die normalen gottesdienstlichen Pflichten freudig und mit Eifer, sondern pflegen auch die freiwilligen Ritualgebete  in der zweiten Hälfte der Nacht und verbringen diese Stunden  in Andacht und mit Bittgebeten. Diese Gläubigen hoffen nämlich auf die Gnaden Gottes und Seine Gunst  und fürchten sich sogleich vor Seiner Strafe. Ihr Leben verbringen sie in einem Zustand zwischen Furcht und Hoffnung und aufgrund dieser anhaltenden Befindlichkeit geben sie einerseits nie die Hoffnung auf Gottes Gnade auf und bilden sich andererseits auch nie ein, dass ihnen hundertprozentig die Barmherzigkeit Gottes zuteilwerden wird.

                        

Schließlich soll der Prophet gemäß obigem Vers in der Sure Zumar den Menschen die bedeutsame Frage stellen: „Sind solche, die wissen, denen gleich, die nicht wissen?"  Die Antwort liegt auf der Hand: Natürlich sind wissende Menschen nicht den unwissenden Menschen gleich. Nur Menschen, die einen gesunden Verstand besitzen, können zwischen den genannten beiden Gruppen von Menschen unterscheiden. Sie lassen sich mahnen und wählen den Weg zu Glück und  Wohl.

                              

Wir können uns  Folgendes einprägen:

Erstens: Gemäß dem Koran dient die Nacht nicht nur zum Schlafen und Ausruhen, sondern ist auch eine geeignete Gelegenheit für inständige Zuwendung zu Gott.

Zweitens: Die wahren Wissenden sind jene, die das Gott-Dienen und die vertraulichen Gespräche zu Gott pflegen.

Drittens: Was die Furcht vor der Strafe Gottes und die Hoffnung auf Gottes Gnade betrifft, so  ist die Mitte zwischen beiden zu wahren und man soll nicht einseitig denken. Aufrichtige Gläubige  hegen sowohl Furcht vor der  jenseitigen Strafe  als auch Hoffnung  auf die Barmherzigkeit und Gnade Gottes. 

                     

Den zweiten Vers den wir heute aus der Sure Zumar betrachten, ist der Vers 10. In diesem Vers offenbart Gott dem Propheten:

 

قُلْ يَا عِبَادِ الَّذِينَ آمَنُوا اتَّقُوا رَبَّكُمْ ۚ لِلَّذِينَ أَحْسَنُوا فِي هَـٰذِهِ الدُّنْيَا حَسَنَةٌ ۗ وَأَرْضُ اللَّـهِ وَاسِعَةٌ ۗ إِنَّمَا يُوَفَّى الصَّابِرُونَ أَجْرَهُم بِغَيْرِ حِسَابٍ

„Sprich: O meine Diener, die ihr gläubig seid, fürchtet euren Herrn. Für diejenigen, die in dieser Welt Gutes tun, ist Gutes (als Lohn bestimmt). Und Allahs Erde ist weit (so zieht von einem Ort weg, wenn es dort sehr schwierig ist, euren Glauben zu bewahren). Wahrlich, den Geduldigen wird ihr Lohn (von Allah) ohne zu rechnen (voll)  gewährt werden." (39: 10)

                                        

Während der vorhergehende Vers 9 den Unterschied zwischen hochmütigen, undankbaren Menschen  und den reuigen ergebenen Gläubigen, zwischen Wissenden und Unwissenden, spürbar macht,  erinnert  Gott im darauffolgenden Vers 10 daran, worin die guten Eigenschaften Seiner wahren Diener bestehen.  Als erstes wird die Gottesfürchtigkeit angeführt. Sie ist ein Zeichen für einen wahren Gläubigen. Die Gottesfürchtigkeit ruft im Menschen Ehrfurcht und Scham vor Gott hervor und hält ihn von Sünde und hässlichem Tun ab. Doch Gottesfürchtigkeit alleine genügt noch nicht. Der Gläubige muss auch gute Werke tun und wohltätig sein. Die Gottesfürchtigkeit wirkt wie eine starke Bremse, die den Menschen vor den Sünden und dem moralischen Absturz schützt, und gute Taten agieren wie ein starker Antriebsmotor, der den Menschen weiterkommen lässt.

 

Zum Glauben an Gott gehört ein gutes Verhalten in Wort und Tat. Wenn jemand vorgibt, gläubig zu sein, aber weder Gutes sagt noch Gutes  tut, so ist er nicht wirklich gläubig. Gott erkennt seinen Scheinglauben nicht an und  wird ihn im Jenseits nicht belohnen.

                              

Im Vers 10 der Sure Zumar heißt es daraufhin weiter, dass wahre Gläubige bereit sind, für ihre Religion auszuwandern. Wenn sie in einer Stadt oder einer Gegend wohnen, wo ihnen die Wahrung der Religion extrem erschwert wird, sollen sie an einen anderen Ort ziehen. Die Liebe zu einer Stadt und zur Heimat darf nicht dazu führen, dass euer Glaube darunter leidet. Damals - zur Zeit der Hidschra - haben die Anhänger des Propheten trotz aller Härten die Stadt Mekka verlassen und sind nach Medina ausgewandert,  damit sie sich von der unterdrückerischen Vorherrschaft der Götzenanbeter in Mekka befreien und damit sie die Religion Gottes unterstützen. Zweifelsohne ist ein solches Verlassen des Geburts- und gewohnten Wohnortes mit Härten verbunden. Aber Gott verspricht am Ende des Verses 10 denjenigen, die Ihm zuliebe diese Strapazen auf sich nehmen und geduldig sind, den vollen Lohn, ohne Abrechnung über ihre Taten.

 

Wir schließen für heute mit drei Anmerkungen zum Thema:

Erstens: Glaube, Gottesfürchtigkeit und gute Werke  gehören zusammen und setzen einander gegenseitig voraus. Fehlt  eine dieser Größen, kann der Mensch nicht die Glückseligkeit erreichen.

Zweitens: Wenn wir unseren Glauben nur durch Verlassen des Ortes, an dem wir leben, wahren können, müssen wir dies, Gott zuliebe, tun und die  Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, auf uns nehmen, damit Gott uns Seine Gnade beschert.

Drittens: Gott gewährt Lohn unter der Bedingung, dass wir uns Mühe geben.  In einem iranischen Sprichwort heißt es daher Das Paradies wird für „Baha“ und nicht für „Bahaneh“ vergeben was bedeutet: Das Paradies hat seinen Preis, durch Ausreden kommt man nicht hinein. Mit anderen Worten: Erst Anstrengungen und Geduld führen zum Wachstum des Menschen und verhelfen ihm auf höhere Stufen.