Islam richtig kennenlernen (187)
In Fortsetzung unserer Beweisführung für die Existenz des Maad widmen wir uns dem nächsten Argument.
Im letzten Teil hatten wir das Verlangen des Menschen nach ewigem Leben als Argument für die Existenz des Jenseits angeführt. Ein weiterer Grund für die Existenz des Jenseits ist die Weisheit Gottes. Welt und Mensch sind von Gott erschaffen worden. Gott hat in Seiner unendlichen Weisheit die Welt so entworfen, dass der Mensch die Möglichkeit hat sich zu vervollkommnen. Sollte das Leben des Menschen nur auf das Diesseits beschränkt sein, fragt es sich doch, warum Gott alles was er erschaffen hat, wieder vernichtet.
Wird jemand einen genialen Künstler, der unter viel Zeitaufwand ein ausgezeichnetes Gemälde schafft und es danach wieder zerstört, ernst nehmen? Es ist doch klar, dass man an dann an seinem Verstand zweifelt, denn kein vernünftiger Mensch wird etwas derartig Sinnloses tun!
Gott hat die Daseinsordnung aufgrund seines Allwissens und seiner Allweisheit erschaffen und in dieser Welt nichts ziellos sich selber überlassen. Jede Kreatur erfährt auf ihre Art eine Wandlung und ihren eigenen würdigen Vervollkommnungsprozess. Unter all den Geschöpfen soll auch der Mensch, als die Krönung der Schöpfung, die gewünschte Vervollkommnung erreichen. Es ist, als ob überall auf der Welt ein großes Hinweisschild auf das Endziel des Menschen nämlich sein Wachstum und seine Vervollkommnung stünde.
Ähnlich wie das Ungeborene, das nur vorläufig im Mutterleib lebt, verschiedene Phasen hinter sich bringt, bis es auf das Leben in dieser Welt vorbereitet ist, bereitet sich der Mensch im diesseitigen Leben in einigen Phasen auf das Eintreffen in der jenseitigen Welt vor. Dies wird eine Welt sein, die weiter entwickelt ist als das Diesseits und sich von dieser in vieler Hinsicht unterscheidet. In der kommenden Welt herrscht ewiges Leben.
Gott ist weise! Das bedeutet, dass er niemals etwas Sinnloses tut. Alles was Er tut dient einem weisen Ziel. Betrachten wir nur die Daseinswelt mit all ihren erstaunlichen Dingen und ihrer Größe! In dieser Welt begegnen wir in jedem Teilchen von ihr Zeichen des Wissens und der Weisheit Gottes. Leuchtet es ein, dass alle diese einmaligen Dinge, die Gott vorgesehen und hervorgerufen hat, in der Vernichtung enden? Kann das Ziel der Erschaffung dieses riesigen, detailliert angelegten Alls nur in einer vorübergehenden Existenz und der darauffolgenden Vernichtung bestehen? Wenn wir der Ansicht sind, dass auf der Welt das Gesetz der Evolution herrscht, soll dann etwa die Weiterentwicklung in der totalen Zerstörung münden?
Der Koran erinnert in einigen seiner Verse über Maad – die Auferstehung von den Toten im Jenseits - daran, dass das Buch der Schöpfung ohne das goldene Blatt des Jenseits wertlos sein würde. Mit anderen Worten, wenn es kein Maad gäbe, wäre auch die Erschaffung des Menschen sinnlos. Denn wenn das Leben in der diesseitigen Welt mit all den Einrichtungen und Vorbereitungen und Programmen, die Gott für es vorgesehen hat, nur für diese kurze Zeit auf Erden da wäre, wäre es sinnlos und widerspräche der Weisheit Gottes. Nur jemand handelt sinnlos und ziellos, der kein Wissen besitzt oder unfähig oder selber ein sinnloses Wesen ist. Aber in Gott sind alle Eigenschaften in ihrer Perfektion vereint und Er herrscht über alle Welt. Wie kann es da sein, dass Seine Schöpfung sinnlos ist?!
Leuchtet es ein, dass das Ziel des gewaltigen Schöpfungssystems und das erstaunliche Phänomen Mensch darin besteht, dass dieser Mensch eine kurze Zeit in dieser Welt verbringt, Mühen und Leid erträgt, Freuden und Härten erlebt, isst, trinkt und genießt und dann plötzlich alles liegen lassen muss und mit dem Tod seine Akte für immer geschlossen wird? Wäre dem so, wäre dann nicht die Gesamtheit der Schöpfung unsinnig und inhaltslos?
In Wahrheit ist die Erschaffung des Menschen keineswegs sinnlos. Vielmehr ist es das Ziel seiner Erschaffung, dass er hohe Stufen der Vollendung erreicht, die seinem Rang gebühren. Aber die Natur und das diesseitige Leben können alleine noch nicht den Menschen auf diese Stufen der Vollkommenheit bringen, die er verdient. Diese Welt ist ja flüchtig, während der Mensch sich nach ewigem Leben sehnt und auch das Potential für das Ewige Leben mit sich bringt.
Angesichts der göttlichen Weisheit muss aber das Erschaffungsziel des Menschen verwirklicht werden und soll er die ihm gebührenden hohen Eigenschaften erreichen.
Zweifelsohne ist die Verwirklichung dieses Zieles aber in der diesseitigen Welt nicht möglich. Also muss der Mensch nach dem Tod sein Leben weiterführen damit er die höchste Vollkommenheit erreicht. Daher verleiht erst das Ewige Leben, dem flüchtigen diesseitigen Leben einen Sinn. Imam Ali (F) hat das diesseitige Leben als vorläufig, sozusagen als Durchgang beschrieben und das Jenseits als ewige Bleibe. Er sagt: Die Welt ist eine Durchgangsherberge und das Jenseits die Wohnstätte.
Im Koran heißt es in der Sure 23 (Mumenun) im Vers 115 darüber:
"أَفَحَسِبْتُمْ أَنَّمَا خَلَقْنَاکُمْ عَبَثًا وَأَنَّکُمْ إِلَیْنَا لَا تُرْجَعُونَ
„Meint ihr denn, dass Wir euch zum sinnlosen Spiel erschaffen hätten und dass ihr nicht zu Uns zurückgebracht würdet?“
An diesem Vers ist zu sehen, dass die Erschaffung des Menschen sinnlos wäre, wenn er nicht nach seinem Tode zu Gott zurückkehren würde.
Der Koran bestätigt, dass ohne die Auferstehung nicht nur die Erschaffung des Menschen sondern überhaupt die Erschaffung der ganzen Welt etwas Sinnloses wäre. Im Vers 85 der Sure 15 (Hidschr) spricht Gott:
وَمَا خَلَقْنَا السَّمَاوَاتِ وَالْأَرْضَ وَمَا بَیْنَهُمَا إِلَّا بِالْحَقِّ وَإِنَّ السَّاعَةَ لَآتِیَةٌ ....
„Wir haben die Himmel und die Erde und was dazwischen ist nur in Wahrheit (und in gerechter Weise) erschaffen. Gewiss, die Stunde wird sicher eintreffen...“
Die Ordnung, die über die Welt herrscht, ist wohlüberlegt und ihr Ziel sind Gerechtigkeit und Wahrheit. Diese Ordnung ist ein klarer Beweis für ihren mächtigen, weisen und wissenden Schöpfer. In dem obigen Vers wird unmittelbar nach dem Hinweis darauf, dass Himmel und Erde in Wahrheit erschaffen wurden, hervorgehoben, dass die Stunde (des Jüngsten Gerichts) gewiss ist. Die Wahrheit der gerechten Schöpfung von Himmel und Erde ist in sich schon ein fester Beweis dafür, dass uns die Auferstehung von den Toten erwartet, denn ansonsten ergäbe die Schöpfung keinen Sinn. Das Vorhandensein eines Zieles der Schöpfung hängt buchstäblich davon ab, dass der Schöpfung des Diesseits eine Auferstehung und ein Jenseits folgen.
Mit anderen Worten: Falls es keine Auferstehung und kein Jenseits gäbe, wäre die Erschaffung des Menschen und der Welt von Grund auf ein sinnloses Spiel, denn ein jedes Tun erhält erst durch Absicht und Ziel einen Sinn und eine Richtung.
Da Gott unendlich weise ist, muss der von Ihm erschaffenen diesseitigen Welt eine jenseitige folgen, damit das Ziel der Schöpfung Wirklichkeit wird.
Im Heiligen Koran finden wir in den Versen 38 bis 40 der Sure 44 (Duchan) folgende Aussage vor
وَمَا خَلَقْنَا السَّمَاوَاتِ وَالْأَرْضَ وَمَا بَیْنَهُمَا لَاعِبِینَ/ مَا خَلَقْنَاهُمَا إِلَّا بِالْحَقِّ وَلَـکِنَّ أَکْثَرَهُمْ لَا یَعْلَمُونَ/ إِنَّ یَوْمَ الْفَصْلِ مِیقَاتُهُمْ أَجْمَعِینَ"
„Und Wir haben die Himmel und die Erde und was dazwischen ist, nicht zum Spiel erschaffen.
Wir haben sie nur in Wahrheit erschaffen. Aber die meisten von ihnen wissen nicht.
Gewiss, der Tag der Entscheidung ist ihrer aller festgesetzte Zeit“
Aus dem Inhalt des Korans ist zu schließen, dass Gott nie etwas Unsinniges tut oder oberflächliche Ziele verfolgt. Die Schöpfung wurde zu Recht erschaffen und weil dies so ist, muss sie ein einleuchtendes Ziel haben und dies ist nur der Fall, wenn es noch eine andere Welt gibt – die jenseitige.
Diejenigen, die das Dasein von einer anderen Warte aus sehen und nicht an das Leben nach dem Tod glauben, landen schließlich beim Nihilismus. Sie denken, das Leben des Menschen sei beschränkt auf das Jenseits und einige von ihnen empfinden derartige Sinnlosigkeit, dass sie aus Überdruss an ihrem ziellosen Lebens Selbstmord begehen.
„Und Wir haben den Himmel und die Erde und das, was dazwischen ist, nicht umsonst erschaffen. Das ist die Meinung derjenigen, die ungläubig sind. Doch wehe denjenigen, die ungläubig sind, vor dem (Höllen)feuer!“
Dieser Vers 27, der Sure 48 (Sad) verweist auf die Meinung von atheistischen Denkschulen, die die Welt für sinnlos halten. Unterdessen dient die Welt gemäß dem Glauben an den Einen Gott wertvollen Zielen und erweckt Hoffnung und kann Gott der Weise unmöglich diese gewaltige Welt für nichts und wieder nichts erschaffen haben. Diese Welt ist der Passierweg zu der viel größeren und ewigen.