Teil 854: Sure Gafir (Der Vergebende) Vers (16- 20)
Teil 854: Sure Gafir (Der Vergebende) Vers (16- 20)
Wir besprechen heute fünf weitere Verse der Sure 40. In den Versen 16 und 17 heißt es wie folgt:
(40: 16- 20)
يَوْمَ هُم بَارِزُونَ ۖ لَا يَخْفَىٰ عَلَى اللَّـهِ مِنْهُمْ شَيْءٌ ۚ لِّمَنِ الْمُلْكُ الْيَوْمَ ۖ لِلَّـهِ الْوَاحِدِ الْقَهَّارِ
„den Tag, an dem sie vortreten, wobei nichts von ihnen vor Gott verborgen bleibt. – `Wem gehört heute die Herrschaft?` – Allah, dem Einen, dem Allbezwinger.“ (40: 16)
الْيَوْمَ تُجْزَىٰ كُلُّ نَفْسٍ بِمَا كَسَبَتْ ۚ لَا ظُلْمَ الْيَوْمَ ۚ إِنَّ اللَّـهَ سَرِيعُ الْحِسَابِ
„Heute wird jedem das vergolten, was er erworben hat. Heute gibt es kein Unrecht. Gewiss, Allah ist schnell im Abrechnen.“ (40: 17)
Im Vers 15 der Sure Ghafir hieß es, dass Gott die Menschen vor dem Tag der Begegnung – dem Tag des Jüngsten Gerichtes – durch seine Himmelsbücher und Propheten gewarnt hat. Die obigen beiden Verse enthalten nun eine Beschreibung des Jüngsten Tages. Sie verheißen, dass an diesem Tag die Schleier beiseite weichen und alles deutlich zu Tage tritt. Die Akten mit den Taten der Menschen werden geöffnet sein und ihre innere Wahrheit wird offensichtlich werden. Nichts aber auch gar nichts wird verborgen bleiben!
Natürlich ist auch im Diesseits Gott nichts verborgen geblieben. Aber die Menschen dachten, sie könnten Ihm etwas verheimlichen. Am Jüngsten Tag jedoch werden sie sehen, dass sie Gott gegenüber nichts verheimlichen konnten und dass über alle ihre Taten genau Buch geführt worden ist.
Nach der Auferstehung von den Toten erscheinen die Menschen auf der gewaltigen Szene des Jüngsten Gerichtes, so wie sie sind, und nichts bleibt verdeckt. Zweifelsohne wird diese Szene gewaltig und furchterregend sein.
Nur Gott gehört die Herrschaft an diesem Tag. Natürlich hat Gott auch schon über das ganze Diesseits geherrscht, doch wird Seine Herrschaft am Jüngsten Tag vollkommen deutlich werden und sich von einer neuen Seite zeigen. An jenem Tage haben die unterdrückerischen Potentaten und Widersacher Gottes auf Erden nichts mehr zu sagen.
Am Jüngsten Tag macht sich Gottes Allherrschaft zudem dadurch bemerkbar, dass der Mensch nicht einmal mehr Herr seiner Gliedmaßen ist und Gott - wenn Er es will – Hände und Füße und andere Organe des Menschen als Zeugen aussagen lässt.
Der Jüngste Tag ist der Tag der Vergeltung – der Strafe und der Belohnung für die Taten des Menschen, und jeder wird das Ergebnis seiner Taten sehen. Unser Denken und unser Handeln in der diesseitigen Welt wirken sich in Wahrheit dermaßen auf Seele und Geist aus, dass diese Wirkung bis zum Jüngsten Tag erhalten bleibt und die Grundlage für die Vergeltung an jenem Tag sein wird.
Es geschieht viel Unrecht auf der Welt und die Menschen fügen wegen der eigenen Interessen und Genüsse anderen Unrecht zu. Aber am Jüngsten Tag kann niemand einem anderen ein Unrecht antun. Denn die Herrschaft gehört an diesem Tag nur Gott, und Gott begeht an Seinen Menschengeschöpfen nie ein Unrecht. Er belohnt bzw. bestraft jeden nur gemäß seiner Taten.
Im Gegensatz zu den weltlichen Gerichten dauert die Herausgabe des Urteils nicht mehrere Monate lang oder noch länger. Am Tag des Jüngsten Gerichtes werden ganz schnell die Akten bearbeitet und das endgültige Schicksal eines jeden wird rasch klar. Da gibt es keinen Aufschub für die Missetäter.
Wir lernen:
Erstens: Keiner soll denken, irgendetwas bliebe Gott verborgen. Denn am Jüngsten Tag werden alle Geheimnisse enthüllt und nichts ließe sich verbergen oder leugnen.
Zweitens: Keiner ist am Jüngsten Tag von der Abrechnung über seine Taten ausgeschlossen und die Belohnung und Bestrafung Gottes erfolgt gemäß unserer diesseitigen Taten und nicht so wie wir das gerne hätten und auch nicht aufgrund von verwandtschaftlichen oder anderen Beziehungen.
Drittens: In Gottes Hand liegt alle Macht über die Welt, aber Er tut niemandem ein Unrecht an.
Die Verse 18 bis 20 der Sure 40, Ghafir, sind wie folgt:
وَأَنذِرْهُمْ يَوْمَ الْآزِفَةِ إِذِ الْقُلُوبُ لَدَى الْحَنَاجِرِ كَاظِمِينَ ۚ مَا لِلظَّالِمِينَ مِنْ حَمِيمٍ وَلَا شَفِيعٍ يُطَاعُ
„Und warne sie vor dem Tag der immer näher kommenden (Stunde des Gerichts), an dem die Herzen (vor lauter Angst) in der Kehle sitzen und sie unterdrücken (ihren Kummer), (jener Tag,) an dem die Ungerechten weder einen warmherzigen Freund noch einen Fürsprecher haben, deren Fürsprache erhört würde.“ (40: 18)
يَعْلَمُ خَائِنَةَ الْأَعْيُنِ وَمَا تُخْفِي الصُّدُورُ
„Er kennt die verräterischen Augen und weiß, was die Brüste verbergen.“ (40: 19)
وَاللَّـهُ يَقْضِي بِالْحَقِّ ۖ وَالَّذِينَ يَدْعُونَ مِن دُونِهِ لَا يَقْضُونَ بِشَيْءٍ ۗ إِنَّ اللَّـهَ هُوَ السَّمِيعُ الْبَصِيرُ
„Und Allah entscheidet der Wahrheit entsprechend. Diejenigen aber, die sie anstatt Seiner anrufen, haben nichts zu entscheiden. Gewiss, Allah ist der Allhörende und Allsehende.“ (40: 20)
Auch die obigen Verse enthalten eine Beschreibung des Jüngsten Tages. Keiner soll denken, dieser gewaltige Tag wäre weit entfernt, damit er nach Belieben tut und lässt was er will. Nein! Die Menschen sollen wissen, dass der Jüngste Tag nahe ist und dass sie an diesem Tag für alle ihre Taten Rechenschaft ablegen müssen.
Der Jüngste Tag ist so dramatisch, dass dem Menschen vor lauter Schreck so zumute ist, als ob sein Herz durch die Kehle den Leib verlassen wollte. Diese Umschreibung verbildlicht die große Not, in der sich der Mensch am Jüngsten Tag befindet. Die Furcht des Menschen vor der detaillierten Abrechnung über seine Taten vor dem göttlichen Gericht und vor der göttlichen Strafe ist kaum beschreibbar. Gewaltige Trübsal erfasst ihn innerlich, aber seine Stimme versagt und er kann seine Angst nicht zum Ausdruck bringen, um sich zu erleichtern. Denn hier ist der Schauplatz der Gerechtigkeit des Herrn und kein Aufschrei ist möglich. Über diese dramatische Situation, wo jeder noch darauf hofft, dass sich Freunde oder Fürsprecher finden, die ihm helfen, sagt der Koran:
Es gibt für die Ungläubigen keinen Freund und keinen Fürsprecher, der ihm in dieser Situation hilft oder ihn zumindest trösten könnte. Denn alle sind wegen ihrer eigenen Taten genug in Sorge und keiner kann einem anderen beistehen.
Dann verweist der Vers 19 auf das Allwissen Gottes. Gott war sogar da zugegen, wo ihr heimlich etwas betrachtet habt und sich Verrat hinter euren Augen verbarg. Die anderen merkten es nicht, aber Gott war über den Verrat eurer Augen im Bilde. Ebenso war er über euer Herz im Bilde und wusste, welche heimlichen hässlichen Absichten ihr gehegt habt.
Der Verrat der Augen kann verschiedene Formen annehmen. Beispiele sind der unrechtmäßige Blick auf fremde Frauen oder ein spöttischer und herabsetzender Blick auf andere.
Zweifelsohne erwacht im Menschen eine hochgradige Gottesfürchtigkeit und Wahrhaftigkeit, wenn er daran glaubt dass am Jüngsten Tag eine genaue Abrechnung über seine Taten erfolgt, sodass dann selbst seine Blicke und Gedanken und Motive unter die Lupe geraten.
Ja! Am Jüngsten Tag wird Gott, der selbst die heimlichen Blicke und die innersten Geheimnisse des Menschen kennt, ein Urteil über uns fällen. Nur Er wird der Richter sein und Er richtet nur nach der Wahrheit. Außer Ihm kann keiner das richtige Urteil fällen, denn keiner besitzt dieses Wissen über Sichtbares und Unsichtbares, das Er besitzt. Jeder andere würde also aufgrund seiner Nichtkenntnis von der vollen Wahrheit leicht ein Unrecht begehen.
Abschließend noch folgende Merkpunkte:
Erstens: Das Tor zum Jüngsten Tag, nämlich der Tod, liegt sehr nahe vor uns. Wir sollten nicht denken, dass es noch weit entfernt von uns sei, sondern uns darauf vorbereiten, dass es sich für uns öffnet.
Zweitens: Der Sünder befindet sich am Tag des Jüngsten Gerichtes in einer großen Klemme, einerseits durch den Schrecken und die Furcht vor dem göttlichen Gericht und andererseits durch die Bekümmernis und Reue über seine Taten im Leben. Doch er kann noch nicht einmal aufschreien.
Drittens: Am Tag des Jüngsten Gerichts haben die Übeltäter niemanden. Sie haben keine Freunde und einflussreichen Leute mehr, die sich für ihn einsetzen könnten. Überhaupt denkt keiner an diesem Tag an jemand anderen, denn jeder ist genug um sich selber besorgt.
Viertens: Die Überzeugung davon, dass Gott alle unsere inneren Absichten kennt, hält den Menschen davon ab, Unrecht zu begehen und zu sündigen. Diese Überzeugung ist der beste innere Kontrolleur dafür, sich rechtschaffen zu verhalten.