Teil 856: Sure Gafir (Der Vergebende) Vers (26-28)
Teil 856: Sure Gafir (Der Vergebende) Vers (26-28)
Wir haben die ersten 25 Verse der Sure 40, Sure Ghafir (auch: Mumin) besprochen und setzen nun bei dem Vers 26 unsere Kurzexegese fort. In diesem Vers heißt es:
(40: 26 – 28)
وَقَالَ فِرْعَوْنُ ذَرُونِي أَقْتُلْ مُوسَىٰ وَلْيَدْعُ رَبَّهُ ۖ إِنِّي أَخَافُ أَن يُبَدِّلَ دِينَكُمْ أَوْ أَن يُظْهِرَ فِي الْأَرْضِ الْفَسَادَ
Der Pharao sagte: „Lasst mich Musa töten; soll er (doch) seinen Herrn anrufen! Ich fürchte, dass er (sonst) eure Religion abändern oder dass er Unheil im Land hervorrufen wird.“ (40: 26)
Wie wir an den vorhergehenden Versen sehen, hat Prophet Moses (auf Arabisch: Musa) den Pharao zu dem Glauben an den Einen Gott aufgerufen. Der obige Vers 26 der Sure 40 gibt Auskunft über die Reaktion des Pharaos, dieses arroganten Herrschers. Er meinte zu seinem Hofstaat, es sei besser Moses zu töten, denn wenn Moses freie Hand gelassen würde, würde er das Volk gegen ihre Herrschaft aufhetzen, dessen Religion verändern und Unheil in der Gesellschaft verbreiten.
Pharao hat hier seinen Entschluss zur Ermordung des Moses mit zwei Gründen zu rechtfertigen versucht. Er sagte zu seinem oder dass er Unheil im Land hervorrufen wird. Der Pharao will damit sagen: Wenn ich nichts sage, wird die Lehre des Moses rapide die Herzen der Menschen in Ägypten gewinnen und die Lehre von der Vielgötterei wird durch eine monotheistische Lehre ersetzt werden. Deshalb sollte ich Moses so schnell aus dem Weg räumen.
Für den Pharao gab es nur eine Religion nämlich, dass er Gott ist und neben um nur noch die Götzen angebetet werden dürfen. Ihm war eine solche Lehre lieb, weil er damit das Volk verdummen und durch diese Religion seine gewaltsame Herrschaft als etwas Heiliges hinstellen konnte. Mit „Unheil“ meinte der Pharao auch nichts anderes, als dass sich das Volk gegen seine Tyrannei erhebt, die Entbehrenden und Versklavten sich befreien und dass die Götzenverehrung aufhört.
Diese Art von Agitation zur Bekämpfung von Wahrheit und Recht ist natürlich nicht nur die Politik eines Pharaos. Die ganze Geschichte hindurch haben sich Gewaltherrscher und Unheilstifter solcher verlogener Argumente bedient, um ihre Verbrechen zu rechtfertigen und die Gottesmänner zu bekämpfen. Auch heute noch haben wir auf der Welt konkrete Beispiele vor Augen.
Jedenfalls hat Pharao unter Anführung solcher Gründe gesagt, es gäbe keinen anderen Ausweg als Moses zu töten. Er meinte: Wir werden Moses sagen: Wenn Gott dich geschickt hat, dann bete doch zu ihm, damit er dich aus unserer Hand rettet!
Die meisten im Hofstaat des Pharaos und seine Berater befürworteten allerdings nicht den Vorschlag ihres Herrschers, denn sie wussten, wie sehr die Israeliten ihren Propheten schätzen. Sie waren der Ansicht, dass seine Tötung ein negatives Echo unter dem Volke haben und zum Aufruhr führen wird. Außerdem würde die Lehre des Moses danach noch viel mehr Anhänger finden und dem Regime würde die Kontrolle der Lage völlig aus der Hand gleiten.
Folgendes kann man sich vergegenwärtigen:
Erstens: Unterdrückerische und pharaonenhafte Regierungen sind der Überzeugung, dass sie die Anführer von Wahrheit und Recht aus dem Weg räumen müssen.
Zweitens: Da autoritäre und eigenwillige Herrscher wissen, dass sie nur an der Macht bleiben können, wenn sie die bestehenden Verhältnisse beibehalten, bezeichnen sie jegliche Reformbewegung in der Gesellschaft als unheilvoll und destabilisierend. Sie propagieren, die Verkünder der wahren Religion Gottes und Befürworter von einer Heilung der Gesellschaft würden Unheil anrichten und ein Chaos hervorrufen wollen.
Drittens: Sollte es in einem autoritären System Ruhe und Sicherheit in der Gesellschaft geben, so ist diese nicht echt, sondern sie wurde durch die Ordnungskräfte dieses Systems erzwungen.
Es folgt Vers 27 der Sure Ghafir, Sure 40:
وَقَالَ مُوسَىٰ إِنِّي عُذْتُ بِرَبِّي وَرَبِّكُم مِّن كُلِّ مُتَكَبِّرٍ لَّا يُؤْمِنُ بِيَوْمِ الْحِسَابِ
Und Musa sagte: „Ich nehme Zuflucht zu meinem Herrn und eurem Herrn vor jedem Hochmütigen, der nicht an den Tag der Abrechnung glaubt.“ (40: 27)
Die Morddrohungen des Pharaos erwidert Moses ruhig und ohne Angst damit, dass er zu dem Tyrannen sagt: Ich suche vor euren Drohungen bei Gott, der mein und dein Herr ist, Zuflucht. Solange Gott es nicht will und nicht zulässt, wirst du nicht in der Lage sein, gegen mich vorzugehen. Als ich auf die Welt kam und du alle neugeborenen Knaben töten ließest, hat meine Mutter doch auf Anweisung Gottes mich zur Rettung in eine Truhe gelegt und auf dem Nil ausgesetzt und du hast mich selber aus
dem Wasser holen lassen und ich bin bei dir aufgewachsen.
Auch heute ist es kein anderer als Gott der hinter mir steht. Ich hoffe darauf, dass er mich vor einem Hochmütigen und Gewaltsamen wie du es bist schützt. Aber wenn er möchte, dass ich für diese Sache Märtyrer werde, dann bin ich bereit den Märtyrertod zu sterben und lasse keine Angst in mein Herz eindringen. Wie auch immer: Ich habe mich Gott anvertraut und ich weiß, dass das geschieht, was er geschehen lassen will, und nicht das, was ihr möchtet.
Wir lernen:
Erstens: Wir sollten uns nicht von den Drohungen des Feindes einschüchtern lassen, sondern bei Gott Zuflucht suchen, denn in Seiner Hand liegen alle unsere Angelegenheiten und wir müssen uns bewusst sein, dass es keine Macht gibt, die über Seiner Macht stünde.
Zweitens: Hochmütigkeit und arrogantes Machtgehabe ist die Eigenschaft eines Pharaos, aber auch wenn jemand kein Pharao ist, kann er eine solche Eigenschaft aufweisen.
Drittens: Arroganz gegenüber Recht und Wahrheit hindern den Menschen daran, an Gott und den Jüngsten Tag zu glauben.
Wir sollten nun noch den Vers 28 der Sure 40, Ghafir, betrachten:
وَقَالَ رَجُلٌ مُّؤْمِنٌ مِّنْ آلِ فِرْعَوْنَ يَكْتُمُ إِيمَانَهُ أَتَقْتُلُونَ رَجُلًا أَن يَقُولَ رَبِّيَ اللَّـهُ وَقَدْ جَاءَكُم بِالْبَيِّنَاتِ مِن رَّبِّكُمْ ۖ وَإِن يَكُ كَاذِبًا فَعَلَيْهِ كَذِبُهُ ۖ وَإِن يَكُ صَادِقًا يُصِبْكُم بَعْضُ الَّذِي يَعِدُكُمْ ۖ إِنَّ اللَّـهَ لَا يَهْدِي مَنْ هُوَ مُسْرِفٌ كَذَّابٌ
„Ein gläubiger Mann von den Leuten des Pharaos, der seinen Glauben verborgen hielt, sagte: `Wollt ihr denn einen Mann töten, weil er sagt: ‚Mein Herr ist Allah‘, wo er doch mit den klaren Beweisen von eurem Herrn zu euch gekommen ist? Wenn er ein Lügner ist, so trägt er (die Last) seiner Lügen. Wenn er aber die Wahrheit sagt, wird euch etwas von dem treffen, was er euch androht. Gewiss, Allah leitet nicht recht, wer maßlos und verlogen ist`.“ (40: 28)
Am Hofe des Pharaos gab es jemanden aus dessen Familie, der an die Prophetschaft Moses glaubte aber seinen Glauben verheimlichte, damit er in gefährlichen Augenblicken Moses unterstützen kann. Als er sah, dass Pharao Moses töten will und dessen Leben in Gefahr ist, tat er mutig einen Schritt nach vorne und rettete Moses durch seine wirkungsvollen Worte vor der Verwirklichung dieses Mordplans.
Er versuchte Pharao davon abzuhalten indem er zunächst darauf hinwies was Moses sagt: Moses sagt, dass der Gott, der die Welt erschaffen hat, auch der Herr der Welt ist und alle Angelegenheiten in der Hand hat. Dieser Gott hat Moses ausgesandt, damit er die Menschen lenkt und er hat seinem Propheten Wunder vorzeigen lassen, damit man ihm glaubt.
Der Anhänger Moses im Hofstaat des Pharao rät dem Willkürherrscher nichts zu überstürzen und gut darüber nachzudenken was passieren könnte, wenn er sich falsch verhält. Es könnte sein, dass er es schwer bereut.
Daraufhin macht der Gläubige dem Pharao klar, dass eigentlich nur zwei Dinge zutreffen: Entweder sagt Moses die Wahrheit, oder er lügt. Wenn er lügt, werden ihm letztendlich seine Lügen selber schaden und er wird sich vor allen blamieren. Aber wenn er die Wahrheit sagt, dann wird mindestens ein Teil der göttlichen Strafen, die er verheißt, eintreten und ihr werdet Schaden nehmen.
Damit machte er dem Pharao klar, dass es unvernünftig wäre, Moses zu töten und er dies besser unterlassen sollte.
Wir sehen:
Erstens: Moses hat gegenüber den Drohungen des Pharaos bei Gott Schutz gesucht und Gott hat einen aus dem Umfeld des Pharaos eingesetzt, damit er den Propheten unterstützt und rettet.
Zweitens: Manchmal ist es notwendig seinen Glauben zu verbergen und in einem ungerechten System eine Funktion zu übernehmen, um zu verhindern, dass die Unterdrücker ihre Drohungen wahr machen und um einen Dienst an der Religion Gottes zu erfüllen. Ein solches Vorgehen steht nicht im Widerspruch zu dem Glauben an Gott.
Drittens: Wenn wir mit Gegnern sprechen, müssen wir unpassenden Eifer weglassen. Wir dürfen nicht sagen: Nein wir haben recht und ihr seid auf dem Irrweg. Der Gläubige aus der Verwandtschaft des Pharao kann uns als Beispiel dienen. Er hat gesagt: Entweder sagt Moses die Wahrheit oder er lügt. Wenn er die Wahrheit sagt, dann wird das eintreten, was er verheißt und dann wird das und das geschehen. Und wenn er lügt, so ist es zu seinem eigenen Schaden.