Jun 02, 2020 08:51 CET

Wir haben die Sure 41 bis zum Vers 44 besprochen und setzen unsere Kurzexegese beim Vers 45 dieser Sure fort. Es heißt dort:

(41: 45- 48) 

 

وَلَقَدْ آتَيْنَا مُوسَى الْكِتَابَ فَاخْتُلِفَ فِيهِ ۗ وَلَوْلَا كَلِمَةٌ سَبَقَتْ مِن رَّبِّكَ لَقُضِيَ بَيْنَهُمْ ۚ وَإِنَّهُمْ لَفِي شَكٍّ مِّنْهُ مُرِيبٍ

„Und Wir gaben bereits Musa (Moses) die Schrift, doch wurde man darüber uneinig. Und wenn es nicht ein früher ergangenes Wort von deinem Herrn gegeben hätte (dass er den Menschen eine Frist einräumt), so wäre zwischen ihnen wahrlich (über ihre Vernichtung) entschieden worden. Und sie sind darüber (wie das Volk des Moses) fürwahr in starkem Zweifel.“ (41: 45)

                         

Die Götzendiener von Mekka brachten ständig neue Ausreden vor, nur um sich nicht zum Islam zu bekennen. Eine davon wurde bereits genannt. Sie argumentierten dem Propheten gegenüber damit, dass der Koran ja auf Arabisch sei, also sei er kein Wunder. Sie forderten den Gesandten Gottes auf: Bring ein Buch in einer anderen Sprache. Dann hast du ein Wunder vollbracht.

Im obigen  Vers 45 der Sure Fussilat tröstet Gott den Propheten und spricht: Auch dein Vorgänger Prophet Moses sah sich solchen Vorwürfen seitens seines Volkes Bani Israel (Kinder Israels) gegenüber und sein Volk stritt mit ihm über die Authentizität der Thora. Doch Gott bestrafte diese Ungläubigen nicht sofort. Das ist nicht Seine Art, denn eine schnelle Bestrafung stünde im Widerspruch zu Seiner großen Barmherzigkeit.   Wäre dem nicht so, würden die Ungläubigen die diesseitige göttliche Strafe sofort zu verspüren bekommen.

Die Zweifel der Götzendiener gegenüber dem Koran sind übrigens anderer Art  als die Zweifel eines Wahrheitssuchenden, der darum bemüht ist,  offene Fragen zu klären. Die Zweifel der Götzendiener sind mit Misstrauen vermischt. Sie legen sich jeden Tag einen neuen Vorwand  zurecht und werfen neue Zweifelsfragen auf, nur damit sie die anderen am Glauben hindern oder vom Glauben abbringen.

 

Wir lernen:

Erstens: Da Gott sehr barmherzig ist, räumt Er Ungläubigen und Sündern eine Frist ein, auf dass sie vielleicht zu sich kommen und reuevoll auf dem Irrweg kehrt machen.  Wäre Gott nicht barmherzig, würde jeder sofort für seine Abweichung bestraft werden und es wäre schnell mit ihm aus und vorbei.    

Zweitens: Zweifeln soll die Vorstufe  zur Wahrheit sein. Den Zweifeln müssen Fragen zur Klärung der Wahrheit folgen und sie dürfen nicht zu einem Mittel werden, um  Misstrauen zu erzeugen und die Wahrheit zu leugnen.  

                         

Es folgt der Vers 46 der Sure Fussilat:

 

مَّنْ عَمِلَ صَالِحًا فَلِنَفْسِهِ ۖ وَمَنْ أَسَاءَ فَعَلَيْهَا ۗ وَمَا رَبُّكَ بِظَلَّامٍ لِّلْعَبِيدِ

 „Wer rechtschaffen handelt, der (tut es) zu seinem eigenen Vorteil, und wer Böses tut, der (tut es) zu seinem eigenen Nachteil. Und dein Herr ist keiner, der den Dienern Unrecht zufügt.“ (41: 46)

 

Auch der Vers 47 verweist auf eine feste Regel Gottes. Es handelt sich um ein allgemeines Gesetz, das für die Taten der Menschen gilt, nämlich dass jeder die Früchte seiner Taten erntet.

Die Früchte der schlechten Taten sind natürlich bitter, aber das hat der Mensch, der schlechte Taten begeht, selber verschuldet. Gott behandelt niemanden ungerecht. Jeder der rechtschaffen handelt, der hat sich selber etwas Gutes getan, und jeder, der Böses begeht, der hat sich selber etwas angetan.

Die von Menschen aufgestellten Belohnungs- und Bestrafungssystemen in den verschiedenen Gesellschaften gehen auf eine Summe von Vereinbarungen zurück. Bei dem göttlichen System für Strafe und Belohnung ist es anders. Dieses System beruht nicht auf Abmachungen sondern auf die in der Schöpfung bestehende Beziehung zwischen Handlung und Folge.

 

Wir sollten ein Beispiel bringen:

Wenn jemand bewusst eine Nahrung zu sich nimmt, die  verschmutzt  ist oder Giftstoffe enthält, wird er automatisch krank werden und große Beschwerden bekommen.   Diese Beschwerden sind quasi die Strafe dafür, dass er Schädliches gegessen hat. Er hat es bewusst getan und kann niemanden anderen einen Vorwurf dafür machen.

Unglauben und Sünden haben zweifelsohne eine negative Wirkung auf Geist und Seele des Menschen und schädliche Folgen für sie.  Diese Konsequenzen machen sich im Leben in unterschiedlicher Form bemerkbar und sind in Wahrheit die diesseitige Strafe für das Sündigen.  Im Jenseits wird die Wirkung der Sünde auf Geist und Seele des Menschen in Form der dortigen Strafe und dem Höllenbrand in Erscheinung treten.

 

Wir können uns merken:

Erstens: Solange wir selber uns für eine Tat entscheiden,  können wir nicht andere für die Folgen verantwortlich machen.

Zweitens: Wir sollten nicht Gott für Unglück und Leid im Leben verantwortlich machen, denn Gott fügt niemandem ein Unrecht zu.  Unglück und Leid sind das Ergebnis unseres eigenen Tuns.

 

Die Verse 47 und 48 der Sure Fussilat lauten: 

 

إِلَيْهِ يُرَدُّ عِلْمُ السَّاعَةِ ۚ وَمَا تَخْرُجُ مِن ثَمَرَاتٍ مِّنْ أَكْمَامِهَا وَمَا تَحْمِلُ مِنْ أُنثَىٰ وَلَا تَضَعُ إِلَّا بِعِلْمِهِ ۚ وَيَوْمَ يُنَادِيهِمْ أَيْنَ شُرَكَائِي قَالُوا آذَنَّاكَ مَا مِنَّا مِن شَهِيدٍ

 „Ihm (Gott)  ist das Wissen um die Stunde vorbehalten. Keine Früchte kommen aus ihren Hüllen hervor und kein weibliches Wesen wird schwanger und kommt nieder, außer mit Seinem Wissen. Und am Tag, da Er ihnen (den Götzendienern) zurufen wird: Wo sind denn Meine Teilhaber (die ihr euch eingebildet habt)?, werden sie sagen: `Wir gestehen Dir, keiner von uns ist (ihr) Zeuge (gewesen)`“ (41: 47)

 

وَضَلَّ عَنْهُم مَّا كَانُوا يَدْعُونَ مِن قَبْلُ ۖ وَظَنُّوا مَا لَهُم مِّن مَّحِيصٍ

„Und entschwunden wird ihnen sein, was sie zuvor anzurufen pflegten, und sie werden einsehen, dass es für sie kein Entrinnen gibt.“ (41: 48)

 

Im Vers 46 wurde erklärt, dass Gott kein Unrecht an Seinen Dienern begeht und dass Strafe bzw. Lohn  die Wirkung ihrer eigenen Taten sind. An obiger Stelle in der Sure Fussilat heißt es nun, dass niemand außer Gott weiß, wann der Jüngste Tag sein wird.

Auch wenn Gott mittels seiner Propheten einige Nachrichten über das Jenseits kundgetan hat, so bleiben dennoch viele Geheimnisse jenes Reiches für die Menschheit verdeckt. Der Vers 47 der Sure Fussilat (Sure 41) erinnert daran, dass dies nicht die einzigen Geheimnisse sind, die der Mensch  nicht kennt, sondern es bereits im Diesseits viele Rätsel gibt. Für Gott aber gibt es keine Geheimnisse. Denn Er ist über alles im Bilde:  über jede Frucht die sich aus der Befruchtung einer Blüte  entwickelt und über die Leibesfrucht  eines jeden Lebewesens und seine Geburt.  Dies ist für das Wissen und die Weisheit Gottes eine Selbstverständlichkeit.

Nach diesem Hinweis im obigen Vers,  geht es um eine Frage, die den Götzendienern am Jüngsten Tag gestellt werden wird. Sie werden gefragt, wo denn die Dinge und die Personen, die sie als Teilhaber neben Gott stellten und bei denen sie Schutz zu suchen pflegten, abgeblieben sind.  Sie sollen diese fiktiven Teilhaber Gottes doch rufen, damit sie ihnen zur Hilfe eilen.  Die Götzendiener können daraufhin nur eingestehen, dass sie gar keine Zeugen dafür haben, dass ihre Behauptungen stimmen, und sie geben zu, dass sie im Leben irrige Ansichten vertraten.  Sie werden am Jüngsten Gericht erklären, dass die angeblichen Teilhaber Gottes, bei denen sie im Leben Halt und Schutz suchten,  ihrem Geist entschwunden sind. Weder im Leben noch im Jenseits konnten bzw. können ihnen diese imaginären Gottheiten Schutz bieten.  

Denn es gibt keinen Gott außer dem Einen Gott.                   

 

Wir lernen aus diesen Versen in der Sure Fussilat:

Erstens: Die Unkenntnis von dem Zeitpunkt des Jüngsten Gerichtes ist kein Beweis dafür, dass es dieses Gericht nicht gibt. Es existieren doch viele  Dinge,  von denen wir nicht wissen, wann sie genau passieren werden, wobei wir dennoch von ihrem Eintreten überzeugt sind.

Zweitens: Das Wissen Gottes ist kein Allgemeinwissen, sondern Sein Wissen umfasst alles, auch  die kleinsten Angelegenheiten der Welt und des Menschen. Gott bleibt nichts verborgen. Er weiß Dinge über den Menschen, die dieser nicht kennt oder die er vergessen hat.

Drittens:  Wir sollten uns im Leben nicht hilfesuchend an jemanden wenden, der vor dem Jüngsten Gericht nichts für uns bewirken kann. Am Jüngsten Tag werden die Götzenanbeter sich zu ihrer eigenen Unfähigkeit und der Unfähigkeit ihrer Götzen bekennen.

Viertens: Am Jüngsten Tag erscheint Gott auf eine Weise, dass alle falschen Götter ihre Bedeutung verlieren und ihre Nichtigkeit klar zu Tage tritt.  An dem Tag werden die Götzendiener erkennen, dass sie falsch gelebt haben und dass ihre Zukunft in eine Sackgasse führt, aus der es keine Rückkehr mehr gibt.