Sep 15, 2020 11:49 CET

Hörerpostsendung am 13. September 2020 Bismillaher rahmaner rahim - „Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen“. Dieses Sprichwort kennen Sie ja sicher liebe Hörerfreunde und wissen auch was es bedeutet. Wir beziehen es auf unsere heutige Hörerpostsendung bzw. auch auf die Hörerpostsendungen der letzten Zeit, denn mit wenig Hörerpost ist es ja nicht einfach eine Hörerpostsendung zusammenzustellen.

Wer in der letzten Woche so nett war uns zu schreiben, damit wir hier kein leeres Band abspielen

müssen, das erfahren Sie gleich. Es waren leider nur zwei Hörerfreunde.

Eine der beiden Mails, die uns letzte Woche erreichten, kam aus Schweden. Sicher ahnen Sie, dass es Herr Ulmar Qvick ist, einer der regelmäßigen Hörer der Briefkastensendung am Sonntagabend. Wir grüßen ihn heute also als ersten ganz herzlich. Alle Achtung vor Ihrer Aktivität im Alter von 85 Jahren.

Die neuesten Zeilen von Herrn Qvick lauten:

„Liebe Freunde in Teheran!

Es war so schön mit Ihrer Aufmerksamkeit seit dem letzten Mal, als ich schrieb. Sie haben sogar eine Sache erwähnt, die ich im April über die Vereinigten Staaten und die Mentalität des Herrenvolks geschrieben habe. Ja, natürlich sind die Vereinigten Staaten ein Mosaik von Menschen und Kulturen, und es gibt Gutes und Böses wie in Schweden oder im Iran. Aber ich reagiere auf Heuchelei, während man das Leben und die Interessen eines Volkes verletzt.

Ich kann Sie und mich zufrieden stellen, indem ich einen guten Empfang auf 7300 kHz feststelle. Ich höre nicht jeden Tag zu, weil meine Frau Samka und ich oft abends spazieren gehen. Aber ich vermisse nie "Wir und unsere Zuhörer".

Heute Abend habe ich das Lied "Tavan" gehört und danach einem jungen Mädchen namens Stella im Chat geschickt. Ihre ältere Schwester war meine Mitarbeiterin, ihre Mutter ist Schwedin und ihr Vater ist Iraner. Stella erklärte, dass das Lied ein trauriges Liebeslied ist und sie übersetzte einen Teil des Textes. Tavan bedeutet Entschädigung oder Kompensation, erklärte sie mir.

So geht es weiter in der Mail von Herrn Qvick:

Die Schulen haben begonnen und viele haben sich erkältet, aber Corona ist seit Juli die ganze Zeit zurückgegangen. Man hatte Furcht, dass es bei Eröffnung der Schulen wieder Probleme geben wird. Unser großes Problem waren jedoch die vielen alten Menschen, die krank wurden und an Covid-19 in einem Pflegeheim starben.

Die schwedische Wirtschaft hat die gleichen Probleme wie die gesamte westliche Welt. Das neue öffentliche Management, das die Neoliberalen als Religion haben, hat uns 30 Jahre lang im Griff. Rentabilität und Profit, weniger Einfluss für den Staat ist der Slogan. Wir sehen die Ergebnisse. Natürlich sind die Reichen reicher geworden, aber wir haben eine "prekäre" Lage bei Migranten und jungen Menschen, die keine Festanstellung bekommen, die Jobs annehmen, die ohne Sicherheit leben und die ein schwieriges Leben führen. Es ist die Behandlung von Menschen durch den Kapitalismus als Objekte, Güter in ihrem Handel.

Also das ist alles für diesmal. Der Herbst kommt langsam aber sicher, aber es ist immer noch schön. Ich sende eine Reihe von Bildern, die Samka und ich gemacht haben, es wird über mein Mobiltelefon kommen.

Ich grüße Euch alle weiterhin, Gottes Segen, und danke Euch für Eure gute Arbeit. Ich werde keine bestimmten Listener-Berichte senden, bis eine neue QSL-Karte vorhanden ist.

Alles Gute aus Schweden Ullmar Qvick“

 

Nochmals besten Dank sagen wir Herrn Qvick für seine Zeilen und die übermittelten Bilder, die auch deutlich den einziehenden Herbst in Schweden zeigen. Es freut uns zu hören, dass sich die Corona-Lage in Schweden seit Juli stabilisiert hat.

Unser nächster Hörerfreund, der letzte Woche so nett war uns zu schreiben, ist Siegbert Gerhard aus Frankfurt:

 

„Liebe Freunde,

mit der beigefügten PDF-Datei sende ich Empfangsberichte und Anmerkungen zum Programm.

73, Siegbert“

Zu seinen Empfangsberichten vom 2., 16. und 20. August sowie 6. September, alle mit SINPO 4 schrieb Herr Gerhard:

 

„Liebe Freunde vom Team vom Funk in Deutsch,

es ist eine grosse Freude, dass der IRIB-Empfang auf der Kurzwellenfrequenz 7300 kHz hier in Frankfurt am Main so gut funktioniert. Gratulation zur guten Frequenzwahl und danke für Ihre interessanten, informativen deutschen Programme, stets aktuell und am Zeitgeschehen. Die Interviews mit dem Journalisten Hörstel finde ich meistens recht brauchbar, am 06.09.2020 zu Corona hat er aber mächtig polemisiert und die Pandemie verharmlost. Das soll nicht unwidersprochen bleiben. Covid-19 ist und bleibt eine sehr ernstzunehmende, bedrohliche Pandemie, die mit allen Mitteln bekämpft werden muss. Ich wünsche Ihnen Gesundheit in Ihrer Region und sende Ihnen herzliche Spätsommergrüße nach Teheran.

 73 und bleiben Sie bitte gesund, Ihr Hörer Siegbert Gerhard “

 

Herzlichen Dank für Ihre Meinungsäußerung, der sicher auch noch andere Hörerfreunde zustimmen.

Wir aus der Hörerpostredaktion geben Ihnen auch Recht damit, dass man die Corona-Problematik nicht herunter spielen sollte. Im Laufe der Zeit werden ja auch immer mehr Spätfolgen bei Corona-Patienten deutlich, die oft erst nach Wochen auftreten.

Insgesamt ist es ja eine neuartige Erkrankung, die in den meisten Bereichen unseres Lebens viel Verwirrung gestiftet hat und eigentlich kann niemand einhundertprozentige Aussagen machen über das woher und wohin von Corona.

Wir bedanken uns auch für die Bilder die Herr Gerhard geschickt hat. Er schrieb dazu:

„Die Bilder zeigen einige hessische Impressionen zu Corona und Gesundheit in unserer Region. Viel  Freude damit.“

Auf den Bildern sind blau-graue Steinzeugkrüge, passend zur herbstlichen Apfelweinsaison abgebildet und eine in diesem Dekor gestaltete Maske mit der Aufschrift:      Babbel mich ned voll und Wasch Dei Händ

Quasi eine hessische Aufforderung zur Einhaltung der Corona-Hygienemaßnahmen.

Bevor wir mit dem zweiten Teil der Hörerpostsendung fortfahren, singt in unserer musikalischen Pause Mohammad Alizadeh nun das Lied Zakhm – Zakhm bedeutet Wunde.

 

Wie wir vor 14 Tagen schon erwähnten, hatte unser Hörer Andy Martynyuk in Moskau eine Frage zum iranischen Bankensystem. Er schrieb:

„In der Zwischenzeit möchte ich Sie bitten, uns, den Zuhörern, über das Bankensystem des Iran zu erzählen: große lokale Banken, internationale Banken, beliebteste Bankdienstleistungen, Statistiken und interessante Daten zu Überweisungen, Einlagen, Krediten, Investitionen usw.“

Wir haben nun einige Informationen zu Herrn Martynyuks Fragen zusammen gestellt:

Die erste in Iran gegründete Bank war die „Kaiserliche Bank von Persien, die im Jahr 1889 gegründet wurde, sie war jedoch vollkommen in britischer Hand.

Als erste große iranische Bank ist die Zentralbank –Banke Markasi - zu erwähnen, sie wurde 1960 gegründet. Allerdings hatte diese auch schon eine britische Vorläuferin.

Die wichtigsten Ziele der iranischen Zentralbank sind die Wahrung der Preisstabilität und die Unterstützung der Wirtschaftspolitik der iranischen Regierung. Sie verwaltet die nationale Währung den „Iranischen Rial“ und hält die nationalen Währungsreserven. Die iranische Zentralbank bewahrt unter anderem auch die Sammlung iranischen Kronjuwelen auf.

 

Die Bank-e Sepah wurde schon früher gegründet, und zwar 1925, sie ist auch eine staatliche Bank. Weitere staatliche Banken, die danach öffneten sind unter anderem die renommierte Bank-e Melli (Nationalbank), Bank-e Saderat (Exportbank), und die Bank-e Tejarat (Handelsbank). Alle iranischen Banken haben landesweit Zweigstellen.

Zu den staatlichen Banken gehören auch die Bank-e Keshavarzi  (Landwirtschaftsbank) die auch in landwirtschaftliche Projekte investiert oder die Bank-e Refah (Wohlfahrtsbank), über die die Zahlung von Renten und die Vergabe von günstigen Krediten an Rentner erfolgt. 

Im internationalen Bankenverkehr sind die Bank-e Melli, die Bank-e Tejarat und die Bank-e Saderat aber auch die Bank-e Sepah  tätig oder besser gesagt sie waren es vor den Sanktionen, denn die unberechtigten Sanktionen gegen die Islamische Republik Iran schließen ja auch die Boykottierung der Banken ein. Das bedeutet, dass durch die einseitigen anti-iranischen Sanktionen der USA, ausländische Banken, die mit iranischen Banken und gleichzeitig mit US-Banken zusammenarbeiten, mit Bußgeldern und Geschäftseinschränkungen seitens der USA rechnen müssen, so dass der Geldtransfer zwischen diesen Banken und iranischen Banken quasi lahmgelegt wurde. 

Viele europäische Banken, die Geschäfte mit US-Banken tätigen, wie die Postbank zum Beispiel, weigern sich Überweisungen an eine europäische Filiale der Bank-e Melli, in diesem Fall die Bank-e Melli in Hamburg, zu tätigen. Auch mussten iranische Banken wegen des Boykotts anderer Banken schon vor einigen Jahren ihre Filialen im Ausland schließen, so zum Beispiel die Bank-e Saderat in Frankfurt. Sie konnten keine Überweisungen mehr erhalten und weiterleiten. Man kann sich vorstellen, welche Folgen das  für den Import und Export, die internationalen Geschäftsverbindungen sowie für iranische Studenten im Ausland hat.

Zur Verdeutlichung der Größe des iranischen Bankenkapitals wollen wir noch eine Zahl aus dem Jahr 2014 nennen:  Im März 2014 machte das iranische Bankvermögen mehr als ein Drittel des geschätzten gesamten islamischen Bankvermögens weltweit aus.

Doch nun etwas über einige Dienstleistungen der Banken in Iran, worauf sich ja auch die Frage von Hörer Andy Martynyuk bezog:

Es gibt auch in Iran verschiedene Kontotypen, die man bei einer Bank  eröffnen kann, zum Beispiel ein Festgeldkonto oder ein Girokonto für das man ein Scheckheft ausgestellt bekommt, aber auch ein „Qarz-al-Hasaneh- Konto“. „Qarz-al Hasaneh“ ist ein Ausdruck aus dem Koran und bedeutet soviel wie  „wohlwollendes Darlehen“. Ein „wohlwollendes-Darlehen-Konto“ beruht auf dem Gedanken,  dass jemand sein Geld ohne Erwartung einer Gegenleistung der Bank auf sein Konto einzahlt, und von diesem Geld durch die Bank Kredite vergeben werden, wobei der Kreditnehmer (zum Beispiel junge Ehepaare)  nur die gleiche Summe wieder in Raten zurückzahlt, und keine Aufschläge gefordert werden.

In Abständen finden Verlosungen als Anreiz für die Eigner dieser „Qarz-al Hasaneh Konten“ statt.      

Trotzdem im Islam keine Zinsen erlaubt sind, kann man dennoch bei der Bank ein Sparkonto eröffnen und zwar aufgrund eines nach islamischen Bestimmungen zulässigen Vertrages bei dem jemand der Bank wie bei einem Sparkonto einen Mindestbetrag zur Verfügung stellt. Die Bank legt das Geld an und der Kontobesitzer ist an der Kapitalanlage mitbeteiligt, das heißt sowohl am Schaden als auch am Gewinn. Das ist aber mehr oder weniger theoretisch, denn die Bank zahlt dem Kontobesitzer in der Regel einen je nach Art des Kontos festgelegten monatlichen Gewinn aus, der als „sud“ bezeichnet wird. Eine Verlustanrechnung kommt nicht zum Tragen. Der Gewinnprozentsatz hängt von der Summe und dem Zeitraum ab, für den das Geld auf dem Konto ist und unter welchen Bedingungen der Kontobesitzer auf das Geld zurückgreifen kann oder nicht. 

Zurzeit gelten die langfristigen Sparkonten dieser Art in der Regel für ein Jahr und je nach Summe beträgt der Gewinn circa 15 Prozent im Jahr.

Im Vorjahr betrug der Prozentsatz bei Konten dieser Art bis zu 20 Prozent.

Die Privatbanken hatten bis vor kurzem freie Hand noch höhere Gewinnraten anzubieten,  so dass es zu einem ungesunden Wettbewerb zwischen den verschiedenen Banken kam.  Deshalb ist die iranische Zentralbank eingeschritten und hat eine Obergrenze festgelegt, die nicht überschritten werden darf. Die Regierung will nach eigenen Aussagen durch die relativ hohe Gewinnrate einen Ausgleich zur leider auch hohen Inflationsrate schaffen und hat angekündigt, dass auf lange Sicht eine einstellige Gewinnrate für Sparkonten angestrebt wird.  

Dennoch sind langfristige Sparkonten beliebt. Ein solches „Hesab sepordeh sarmayehgozari“ vielleicht mit „Investitionssparkonto“ zu übersetzen, kann auch entsprechend seines Betrages als Sicherheit bei einer Kreditaufnahme genutzt werden.

Die Banken verleihen natürlich nicht nur Kredite wie das anfangs genannte Qarz-ul-Hasaneh – deren Höchstbetrag relativ niedrig ist, sondern auch Kredite für größere Ausgaben  – zum Beispiel für Wohnungsrenovierung oder wie die Bank-e Maskan (Wohnungsbank) speziell für den Kauf einer Wohnung oder auch für die Kaution bei einem Mietvertrag.  Viele Kredite sind jedoch in 10 Jahren abzuzahlen, so dass die Raten relativ hoch ausfallen, denn im Gegensatz zu dem Qarz-al-Hasaneh, muss der Kreditnehmer mehr als die geliehene Summe zurückerstatten, zum Beispiel das Doppelte. Der zusätzlich zurückzuzahlende Betrag nennt sich „Karmozd“ und ist praktisch der Lohn für die Dienstleistung der Bank in Form der Kreditvergabe. Der Prozentsatz für die „Dienstleistungsrate“ wird für bestimmte Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel für Rentner oder Beamte,  reduziert. 

Neben den staatlichen Banken gibt es inzwischen auch zahlreiche Privatbanken in Iran. Die Regierung begann 2001 mit der Privatisierung des Bankensektors, und es wurden zum Beispiel die Pasagard- und die Persianbank, die Tourismusbank, Sina-Bank und weitere private Banken gegründet. Alle Banken müssen ein Gelddepot bei der Zentralbank besitzen, was je nach Bank natürlich größer oder kleiner ist.

Im Jahr 2000 gründete die iranische Organisation für industrielle Entwicklung die „Iranian Ecomerce Company“ (IEC), um ein Kartenzahlungsnetzwerk nach dem aktuellen internationalen Modell aufzubauen. Nach der Gründung der Parsian Bank im Jahr 2002 wurde es an die Parsian Bank und an die Tejarat Company verkauft.

Seit 2002, also seit 18 Jahren, gibt es auch das sogenannte Shetab-System in Iran, ein elektronisches Bankabwicklungs- und automatisiertes Zahlungssystem. Rund 30 iranische Banken sind Mitglied in diesem System und bis 2019 gab es rund 57.000 Bankautomaten.

Seit der Einführung des Shetab-Systems müssen alle Banken dessen  Standards einhalten und sich mit ihm verbinden können. Alle ausgestellten Kredit- oder Debitkarten müssen Shetab-fähig sein. Mit dem online-Banking und den Bankautomaten wurden die sehr langen Wartezeiten in Banken erheblich verringert und der Kundenverkehr in den Banken wurde stark reduziert.

Natürlich ist bei Bankomaten wegen der Sicherheit der Betrag für die Auszahlungen von Bargeld oder eine Geldüberweisung pro Tag begrenzt. Seit einigen Monaten geben die iranischen Banken zur Erhöhung der Sicherheit vor Mißbrauch und Diebstahl auch eine App an ihre Kunden und Kundinnen aus, mit der diese einen für jeweils 120 Sekunden geltenden sogenannten zweiten Sicherheitscode einholen können, bevor sie ihre Geschäfte am Bankautomaten oder per Internet tätigen.

Zu Corona-Zeiten hat sich das Zahlen mit der Bankkarte oder über das Internet noch stärker durchgesetzt, da auch viele größere Geschäfte kein Bargeld mehr akzeptieren.

Wir hoffen hiermit einen kleinen Einblick in das Bankwesen in Iran gegeben zu haben und wünschen eine gute und gesunde Woche.

Khoda hafez – Gott schütze Sie!