Teil 886: Sure Schura (die Beratung) Vers (29- 35)
Wir setzen unsere Kurzexegese bei dem Vers 29 der Sure 42, Sure Schura, fort.
(42: 29- 35)
وَمِنْ آيَاتِهِ خَلْقُ السَّمَاوَاتِ وَالْأَرْضِ وَمَا بَثَّ فِيهِمَا مِن دَابَّةٍ ۚ وَهُوَ عَلَىٰ جَمْعِهِمْ إِذَا يَشَاءُ قَدِيرٌ
„Und zu Seinen Zeichen (der Macht) gehört die Erschaffung der Himmel und der Erde und das, was Er an Tieren in ihnen beiden sich ausbreiten lässt. Und Er hat die Macht, sie zu versammeln, wenn Er will.“ (42: 29)
Der vorherige Vers hat daran erinnert, dass Gott den Regen herabschickt, dieser das Erdreich belebt und ein Zeichen für Gottes Barmherzigkeit ist. Der obige Vers 29 verweist nun auf die Erschaffung von Himmel und Erde und die dortige und hiesige Verbreitung von Tieren. Dieses Phänomen gehört zu den besten Zeichen für das Wissen und die Macht Gottes. Wir haben es mit lauter Zeichen Gottes tun: das All mit seinen Galaxien und Milliarden von Sternen, deren Betrachtung den Menschen in Erstaunen versetzt, die Erde mit ihrer Vielfalt an Pflanzen und Tieren und all den schönen und nützlichen Gaben Gottes in der Natur. Ebenso große Zeichen Gottes sind die wilden Tiere und das Vieh, die vielen verschiedenen Vögel sowie die Meerestiere – von winzigen Fischen bis zu riesigen Walen. Betrachtet man die Besonderheiten jedes einzelnen Lebewesens kommt man nicht mehr aus dem Staunen heraus.
Es leuchtet ein, dass Jener, der diese gewaltige Daseinsordnung erschaffen hat, auch imstande ist, am Jüngsten Tag von all den Kreaturen, die Er erschaffen hat, im Jenseits das zu versammeln, was Er will.
Der Vers 29 der Sure Schura macht uns außerdem auf zwei interessante Dinge aufmerksam: Erstens ist nicht nur von Tieren auf der Erde sondern auch von Lebewesen im All die Rede, also auch von Leben auf anderen Planeten als der Erde. Zweitens heißt es, dass Gott außer den Menschen am Jüngsten Tag auch andere Lebewesen versammelt. Wenn Gott diese Tiere am Jüngsten Tag wiederbelebt, mag es zwei Zielen dienen: Entweder der Bestrafung und Belohnung, falls sie eine Art Begriffsvermögen und Verstand besitzen, oder aber, falls sie nur ihrem Instinkt gehorcht haben, ihre Wiederbelebung ohne irgendeine Abrechnung. Vielleicht ist Zweites der Fall, denn in anderen Versen im Koran spricht Gott auch nur von der Versammlung der Tiere und nicht von ihrer Bestrafung.
Folgendes können wir uns an dieser Stelle einprägen:
Erstens: Die Ersterschaffung der Lebewesen ist ein Zeichen dafür, dass genauso gut ihre Wiedererschaffung am Jüngsten Tag möglich ist.
Zweitens: Außer den Lebewesen, die wir auf der Erde kennen, gibt es noch weitere im All.
Drittens: Die Verbreitung der Lebewesen auf dem Erdball und ihre Versammlung am Jüngsten Tage liegen beide in Gottes Hand und nicht in der Macht des Menschen.
Als nächstes sollten wir die Verse 30 und 31 der Sure 42 betrachten. Dort wo es heißt:
وَمَا أَصَابَكُم مِّن مُّصِيبَةٍ فَبِمَا كَسَبَتْ أَيْدِيكُمْ وَيَعْفُو عَن كَثِيرٍ
„Und was immer euch an Unglück trifft, es ist für das, was eure Hände erworben haben. Und Er verzeiht vieles.“ (42: 30)
وَمَا أَنتُم بِمُعْجِزِينَ فِي الْأَرْضِ ۖ وَمَا لَكُم مِّن دُونِ اللَّـهِ مِن وَلِيٍّ وَلَا نَصِيرٍ
„Ihr könnt euch (Gottes Macht) auf der Erde nicht entziehen; und ihr habt außer Allah weder Schutzherrn noch Helfer.“ (42: 31)
Im Vers 29 wurde die Schöpfung und die Versammlung der Lebewesen am Jüngsten Tag als Zeichen der göttlichen Macht angeführt. Aber damit ist die Macht Gottes bei weitem nicht zu Ende. Keiner sollte denken, dass die Menschen auf Erden ungestraft alle möglichen schlechten Taten begehen können. Viele der Taten, welche die Menschen bewusst und aufgrund eigener Entscheidung begehen, haben schon in diesem Leben eine Strafe zur Folge und sie müssen schon hier deren bitteren Folgen kosten. Die schlechten Taten des Menschen haben also nicht nur Folgen im Jenseits sondern wirken sich schon im Diesseits aus. Wir entnehmen dem Vers 41 der Sure Rom wie folgt: „Unheil ist auf dem Festland und auf dem Meer erschienen aufgrund dessen, was die Hände der Menschen erworben haben. Er (Gott) will sie damit einiges kosten lassen von dem, was sie getan haben, auf dass sie vielleicht umkehren (in Richtung von Wahrheit und Recht).“
Aus dem Vers 31 der Sure Schura, den wir jetzt besprechen, geht hervor, dass es ein großer Irrtum ist, wenn einige denken, sie könnten sich den Folgen ihre schlechten Taten entziehen, die Gesetze Gottes mit Füßen treten und nach Lust und Laune handeln, ohne dass ihnen etwas zustößt. Das Gesetz Gottes herrscht überall - sowohl im All als auch auf der Erde - und der wahre Herrscher über diese Welt ist Gott.
Was wir uns merken können:
Erstens: Viele der bitteren Ereignisse, denen der Mensch im Leben begegnet, hat er selber durch sein eigenes falsches Verhalten hervorgerufen.
Zweitens: Die Missgeschicke, mit denen der Mensch konfrontiert wird, sind der Widerhall eines Teils und nicht aller seiner schlechten Taten. Weil Gott vieles großzügig verzeiht, bleibt der Mensch im Leben von den negativen Folgen vieler seiner unwürdigen Werke verschont.
Drittens: Der Mensch ist gegenüber der Allmacht Gottes machtlos und kann ihr nicht entkommen.
Nun wollen wir noch die Verse 32 bis 35 der Sure Schura betrachten:
وَمِنْ آيَاتِهِ الْجَوَارِ فِي الْبَحْرِ كَالْأَعْلَامِ
„Und zu Seinen Zeichen gehören die wie Berge auf dem Meer fahrenden Schiffe.“ (42: 32)
إِن يَشَأْ يُسْكِنِ الرِّيحَ فَيَظْلَلْنَ رَوَاكِدَ عَلَىٰ ظَهْرِهِ ۚ إِنَّ فِي ذَٰلِكَ لَآيَاتٍ لِّكُلِّ صَبَّارٍ شَكُورٍ
„Wenn Er will, lässt Er den Wind sich legen, dann bleiben sie bewegungslos auf seiner Oberfläche stehen. Darin sind wahrlich Zeichen für jeden Standhaften, Dankbaren;“ (42: 33)
أَوْ يُوبِقْهُنَّ بِمَا كَسَبُوا وَيَعْفُ عَن كَثِيرٍ
„oder Er lässt sie untergehen für das, was sie (die Insassen des Schiffes) verdient haben. Und Er verzeiht vieles (von den Sünden).“ (42: 34)
وَيَعْلَمَ الَّذِينَ يُجَادِلُونَ فِي آيَاتِنَا مَا لَهُم مِّن مَّحِيصٍ
„Deshalb sollen diejenigen, die über unsere Zeichen streiten, wissen, dass es für sie kein Entrinnen gibt.“ (42: 35)
Im Anschluss an die vorherigen Hinweise auf die Zeichen für Gottes Wissen, Seine Allmacht und Seine Güte, hebt die obige Stelle in der Sure 42 die Bedeutung des Windes für die Menschen hervor.
Segelschiffe, wie sie früher mehr als heute üblich waren, verdanken ihre Fortbewegung auf dem Wasser der Existenz des Windes. Sie verdanken es ebenso den Gesetzen, die Gott für die Natur aufgestellt haben und die verhindern, dass ein Schiff trotz seiner Last untergeht. Natürlich werden die großen Schiffe heute nicht mehr mit Wind sondern mit Hilfe von starken Motoren betrieben. Sie legen Tausende Kilometer über das Meer zurück, mit einer großen Zahl von Passagieren oder schweren Lasten an Bord. Dies ist aber auch wieder nur Gott zu verdanken, der die physikalischen Gesetze in der Natur aufstellte und den Menschen sie entdecken und nutzen ließ. Es war nicht der Mensch, der diese Gesetze der Natur diktiert hat. Daher kann er nicht behaupten, dass die Schifffahrt seine eigene Errungenschaft sei.
Dann heißt es weiter, dass Gott den Schiffen den Wind aus den Segeln nehmen kann, so dass sie nicht weiterkommen. Dies sei, so heißt es weiter, eines der Zeichen für die Menschen die geduldig und dankbar sind.
Sowohl die Fahrt als auch das Stillliegen der Schiffe auf See ebenso wie das unproblematische Erreichen des Zielhafens liegen alle in Gottes Hand. Wenn Gott will, lässt er ein Schiff mit seinen Insassen wegen deren schlechten Taten untergehen, so heißt es im Vers 34 der Sure 42, und noch im gleichen Vers spricht Gott davon, dass Er über viele Sünden der Menschen wohlwollend hinwegsieht. Würden alle Sünden im Diesseits bestraft werden, würde nämlich kein Mensch mehr auf der Erde verbleiben.
Aber eigensinnige und streitsüchtige Leute gestehen nicht die Herrschaft Gottes über die Natur ein, leugnen unentwegt die Zeichen Gottes auf Erden und bekämpfen die Gläubigen. Sie werden jedoch feststellen müssen, dass es für sie kein Entrinnen vor der Allmacht Gottes gibt.
Folgendes wird einsichtig:
Erstens: Nicht nur die Erschaffung aller Dinge, sondern auch die Gesetze, die über sie herrschen, zum Beispiel die Gesetze für feste oder flüssige Körper, sind Zeichen für Gottes Macht und Seine Güte. Eines dieser Gesetze ermöglicht es, dass so schwere Körper wie Ozeanschiffe über Wasser bleiben und nicht untergehen.
Zweitens: Der Mensch soll, wenn er Engpässen begegnet, geduldig, und wenn es ihm gut geht, dankbar sein.
Drittens: Die schlechten Taten von uns Menschen bringen uns ständig in Gefahr, vernichtet zu werden. Wenn wir heil bleiben, so ist es Gottes Gnade zu verdanken.
Viertens: Wir sollten die Ordnung in der Natur nicht nur materiell deuten, sondern die Rolle Gottes bei der Planung und Regelung der Angelegenheiten der Welt beachten. Anderenfalls haben wir den Einfluss des Wissens, der Macht und der Weisheit Gottes auf das Diesseits ignoriert.