Sep 26, 2020 10:35 CET

Wir haben die Sure Zuchruf, Sure 43, bis zum Vers 22 besprochen und fahren nun bei dem Vers 23 fort, in dem es heißt:

(43: 23- 28) 

 

وَكَذَٰلِكَ مَا أَرْسَلْنَا مِن قَبْلِكَ فِي قَرْيَةٍ مِّن نَّذِيرٍ إِلَّا قَالَ مُتْرَفُوهَا إِنَّا وَجَدْنَا آبَاءَنَا عَلَىٰ أُمَّةٍ وَإِنَّا عَلَىٰ آثَارِهِم مُّقْتَدُونَ

„So haben Wir (auch) vor dir in eine Stadt keinen Warner gesandt, ohne dass diejenigen, die in ihr üppig lebten und hochmütig waren, gesagt hätten: `Wir haben ja (bereits) unsere Väter in einer bestimmten Glaubensrichtung vorgefunden, und auf ihren Spuren folgen wir ihrem Vorbild`.“ (43: 23)

 

Wie wir bereits sagten, ging die Götzenverehrung der Polytheisten in Mekka gemäß der Sure Zuchruf auf Nachahmung ihrer Vorfahren zurück. Im obigen Vers dieser Sure tröstet Gott den Propheten des Islams damit, dass seine Vorgänger, ähnlich wie er, mit Leuten zu tun hatten, die dasselbe redeten und nicht nachdachten, wenn sie von ihrem Propheten gemahnt wurden, von der Götzenanbetung abzulassen. Auch sie verteidigten - wie die Götzendiener zurzeit des Propheten - ihren Aberglauben damit, dass sie sagten: Wir folgen dem Vorbild unserer Väter und werden diesen Weg nicht verlassen.

Der Vers 23 in der Sure 43 hebt hervor, welche Rolle die arroganten Positionsinhaber und Wohlhabenden unter den Völkern bei der Ablehnung der Propheten gespielt haben. Die Gegner der Gesandten Gottes kamen meistens aus der Schicht der Mächtigen und der selbstsüchtigen und eingebildeten Reichen, die sich wegen ihres Einflusses, Vermögens und Images eine Position unter ihrem Volke beschaffen konnten  und denen sich das Volk aus Angst oder in Hoffnung auf ihre Gunst anschloss. Diesen Leuten war klar, dass die Zeit ihrer Willkür und Unterdrückungsmethoden durch das Aufbegehren der Propheten zu Ende gehen wird und die Unterdrückten aus ihren Fäusten befreit werden.

Auch heute sind die Inhaber von Macht und Reichtum mit allen Kommunikations- und Propagandamitteln, die ihnen zur Verfügung stehen, damit beschäftigt, die Menschen zu täuschen und zu verdummen. Unterdessen sind diese aggressiven und widerspenstigen Unterdrücker Urheber der meisten Übel und Vergehen auf der Welt. Wenn jemand einen Schritt unternimmt, der nicht im Einklang mit ihren Interessen und Wünschen steht, wird er von ihnen heftig bekämpft, in der Absicht ihn an der Fortsetzung seines Weges zu hindern.

                           

Es gibt drei Dinge, die wir uns  merken können:

Erstens: Die Bräuche der Vorfahren und die Spuren ihres Denkens und ihrer Kultur dürfen kein Hemmschuh für das Denken der heutigen Generation sein. Vielmehr müssen diese Sitten überdacht werden. Denn oftmals sind die Vorfahren in die falsche Richtung gegangen, und wenn wir sie blind nachahmen, geraten wir auf Abwege.

Zweitens: Die Gesellschaft benötigt informierte, bewusste und wohlwollende Menschen, welche die Gefahren kennen und vor ihnen warnen, trotzdem viele nicht auf diese Warnungen achten und sich sogar gegen sie stellen.

Drittens: Reichtum und Macht führen, falls ihr Inhaber sie nicht selber im Zaum hält,  zur Rebellion gegenüber Recht und Wahrheit, und so kommt es dass diejenigen, die Macht und Reichtum und eine gesellschaftliche Position besitzen, die aufrichtigen Anhänger des rechten Weges bekämpfen.

                                   

Den nächsten beiden Versen der Sure 43, Vers 24 und 25, entnehmen wir Folgendes:

                              

قَالَ أَوَلَوْ جِئْتُكُم بِأَهْدَىٰ مِمَّا وَجَدتُّمْ عَلَيْهِ آبَاءَكُمْ ۖ قَالُوا إِنَّا بِمَا أُرْسِلْتُم بِهِ كَافِرُونَ                                             

 „Er (ihr Prophet) sagte: `Etwa auch, wenn ich euch bringe, was eine bessere Rechtleitung enthält als das, worin ihr eure Väter vorgefunden habt?` Sie sagten: `Wir verleugnen ja das, womit ihr gesandt worden seid`.“ (43: 24)

 

فَانتَقَمْنَا مِنْهُمْ ۖ فَانظُرْ كَيْفَ كَانَ عَاقِبَةُ الْمُكَذِّبِينَ

„Da übten Wir an ihnen Vergeltung. So schau, wie das Ende der Leugner war.“ (43: 25)

 

Denen, die sagten „Wir wollen den Glauben unserer Väter bewahren und uns nur danach richten“, pflegten die Propheten zu erwidern: Werdet ihr das auch dann tun und die Lehre, die wir überbringen, ablehnen, wenn diese besser ist als die eurer Vorväter und euch zu Wohl und Glück verhilft? Wollt ihr denn nicht glückselig werden? Wenn ja, denn folgt doch derjenigen Lehre, die euch schneller und sicherer an dieses Ziel bringt!

Aber die Unwissenheit und der Eigensinn dieser Leute und ihr blinder Eifer hatten zur Folge dass sie - ohne den Vorschlag des Gesandten Gottes nachzuprüfen und über ihn nachzudenken -weiterhin an  dem Glauben ihrer Väter festhielten und erklärten: Du kannst sicher sein, dass wir nicht an dich glauben werden, also gib dir nicht umsonst Mühe und lass uns mit deinem Aufruf in Ruhe!                        

Es fällt auf, dass die Propheten, obwohl sie Gewissheit darüber besaßen, dass ihr Weg der richtige und der Glaube der Götzendiener falsch ist, dennoch nicht zu ihnen sagten: Warum geht ihr den falschen Weg und akzeptiert nicht den Weg Gottes? Vielmehr luden die Propheten die Götzendiener dazu ein,  ganz neutral, wie ein unbeteiligter Außenstehender, die Angelegenheit zu überprüfen. Sie sagten: Kommt doch und vergleicht unsere Lehre mit eurer Lehre und stellt fest, welche Lehre in euren Augen der Rechtleitung näherkommt. Erst danach wählt den Weg, den ihr gehen wollt.

Der Koran lehrt uns hier eine Methode für ein höfliches Gespräch mit Leuten die stur und hochmütig sind, und zeigt, wie gläubige Menschen bei einer Diskussion mit Gegnern die Prinzipien der Gerechtigkeit und der guten Sitten einhalten sollen. Statt die Ansicht der Gegenseite für falsch zu erklären, sollen sie ihre eigene Meinung logisch und ausgewogen darbieten und den anderen auffordern, einmal nachzudenken und sich für das zu entscheiden, was richtig ist.

Im obigen Vers heißt es daraufhin weiter, dass die eigensinnige Haltung gegenüber Recht und Wahrheit bei dem einen oder anderen Volke schließlich so sehr eskalierte, dass es aufsässig wurde und den Zorn Gottes erregte. Der Koran hat an verschiedenen Stellen auf das üble Ende früherer Völker hingewiesen, zum Beispiel durch eine Sturmflut, einen Orkan,  ein verheerendes Erdbeben oder durch Blitze.

 

Jedenfalls können wir uns folgende Punkte vor Augen halten:

Erstens: Zu den Möglichkeiten sich mit dem Islam vertraut zu machen oder ihn vorzustellen, gehört ein auf Vernunft und Logik basierender Vergleich seiner Lehre mit anderen Lehren.

Zweitens:  Wir sollten bei der Gestaltung unseres Lebens den Weg der Vernunft und Offenbarung den Bräuchen und Ansichten der Vorfahren vorziehen.

Drittens: Jede Art von unangemessenem Eifer, der zur Eigensinnigkeit  führt, beraubt den Menschen seiner Fähigkeit, richtig zu erkennen, und hält ihn davon ab, an die Wahrheit zu gelangen.   

 

                              

Die nächsten drei Verse, Vers 26 bis 28 der Sure Zuchruf, Sure 43 lauten:

 

وَإِذْ قَالَ إِبْرَاهِيمُ لِأَبِيهِ وَقَوْمِهِ إِنَّنِي بَرَاءٌ مِّمَّا تَعْبُدُونَ

„Und (erinnere daran) als Ibrahim (Abraham) zu seinem Vater und seinem Volk sagte: „Gewiss, ich sage mich los von dem, dem ihr dient`,“ (43: 26)

 

 إِلَّا الَّذِي فَطَرَنِي فَإِنَّهُ سَيَهْدِينِ

„`außer demjenigen, der mich erschaffen hat; denn Er wird mich gewiss rechtleiten`.“ (43: 27)

 

وَجَعَلَهَا كَلِمَةً بَاقِيَةً فِي عَقِبِهِ لَعَلَّهُمْ يَرْجِعُونَ

„Und er machte es (das Wort von der Einheit Gottes) zu einem bleibenden Wort unter seinen Nachkommen, auf dass sie (zu Gott) umkehren mögen.“ (43: 28)

 

Diese Stelle in der Sure Zuchruf verweist kurz auf das Leben des Propheten Abrahams, um die Götzendiener in Mekka daran zu erinnern, dass sie doch Abraham als einen ihrer großen Vorfahren betrachten.  Wenn sie sich schon nach der Lehre ihrer Vorfahren richten wollen, warum folgen sie dann nicht der Lehre des Abraham, welche die Einheit Gottes zugrunde legt?

Als Abraham sah, dass sein Ziehvater Azar und seine Leute den Götzendienst verfallen sind, distanzierte er sich von deren Glauben und erklärte: Ich bete nur meinen Schöpfer an, den Einzigen Gott, und ich bete zu Ihm, dass Er mich auf den richtigen Weg lenkt. Ich weiß, dass Er mich nicht mir selber überlassen wird.

 Abraham gab sich alle Mühe, um die Lehre von der Einheit Gottes für immer auf der Welt zu erhalten. Der Kampf gegen den Götzendienst und die Götzenverehrung und sein Aufruf zu Anbetung nur des Einen Gottes wurden zu einer von ihm hinterlassenen Tradition. Die Propheten nach ihm haben seinen Weg fortgesetzt und ihn fest verankern lassen.

                       

Abschließend zu diesem Ausschnitt aus der Sure 43 möchten wir noch folgende drei Dinge anmerken:

Erstens: Damit wir  Recht und Wahrheit richtig erkennen und sie befolgen, dürfen wir uns nicht bei der Wahl des Glaubens und Lebensweges  von der Liebe zum eigenen Volk oder einer bestimmten Gruppe beeinflussen lassen.

Zweitens: Die Vernunft macht einsichtig, dass Gott, der den Menschen erschaffen hat, ihn nicht sich selber überlässt sondern in Form des  Verstandes und der Offenbarung die Mittel zu seiner Rechtleitung bereitstellt.

Drittens: Wir sollten durch gute Gepflogenheiten in der Familie und in der Gesellschaft, den Weg der  Wahrheit erhalten und festigen.