Teil 895: Sure Zuchruf (Die Zierde) Vers (29- 35)
Dieses Mal geht uns um die Verse 29 bis 35 der Sure 43. In den Versen 29 und 30 offenbart Gott wie folgt:
(43: 29- 35)
بَلْ مَتَّعْتُ هَـٰؤُلَاءِ وَآبَاءَهُمْ حَتَّىٰ جَاءَهُمُ الْحَقُّ وَرَسُولٌ مُّبِينٌ
„Aber nein! Ich habe diese da und ihre Väter (viele verschiedene Segnungen) genießen lassen, bis die Wahrheit und ein deutlicher Gesandter zu ihnen gekommen ist.“ (43: 29)
وَلَمَّا جَاءَهُمُ الْحَقُّ قَالُوا هَـٰذَا سِحْرٌ وَإِنَّا بِهِ كَافِرُونَ
„Als nun die Wahrheit zu ihnen gekommen ist, sagen sie: `Das ist Zauberei, und wir verleugnen ihn`.“ (43: 30)
Es gehört zu Gottes Vorgehensweise, den Menschen den letzten Beweis und eine Frist zu geben. Solange einem Volke nicht das Wort der Wahrheit zu Ohren gekommen ist, zieht Gott es nicht zur Rechenschaft. Auch die Götzendiener von Mekka waren nicht von dieser Regel ausgeschlossen. Gott hatte unter den Arabern einen Propheten aus ihren eigenen Reihen auserwählt, damit sie klar verstehen, was er sagt, und die Wahrheit begreifen können. Aber, wie die meisten Völker, haben viele Mekkaner sich gegen die Wahrheit gestellt, als sie zu ihnen kam. Statt sie zu akzeptieren und sich zu ihr zu bekennen, behaupteten sie, der Prophet sei ein Zauberer. Dennoch hat Gott ihnen nicht Seine guten Gaben vorenthalten und ihnen eine Frist eingeräumt, damit sie vielleicht Umkehr machen.
Mindestens drei Dinge können wir hierzu anmerken:
Erstens: Alles was von Gott herabgesandt wurde, ist Wahrheit und Recht. Sollten die Menschen Gesetze aufstellen, die genau das Gegenteil zu den göttlichen Geboten bilden, sind diese Gesetze falsch, selbst wenn die Mehrheit der Menschen sie befolgt.
Zweitens: Wenn Leute ein gutes Leben haben und reich sind, bedeutet dies nicht, dass sie im Recht sind. Oftmals hat Gott ihnen eine Frist einräumt, um sie auf die Probe zu stellen.
Drittens: Wenn der Mensch die Wahrheit erfährt, hat er den letzten Beweis erhalten. Wenn er danach jedoch nach leeren Argumenten sucht, um Recht und Wahrheit auszuweichen, ist es ein Zeichen für Unglauben und Auflehnung.
Es folgen Vers 31 und 32 der Sure Zuchruf:
وَقَالُوا لَوْلَا نُزِّلَ هَـٰذَا الْقُرْآنُ عَلَىٰ رَجُلٍ مِّنَ الْقَرْيَتَيْنِ عَظِيمٍ
„Und sie sagen: `Warum ist dieser Koran keinem bedeutenden Mann aus den beiden Städten (Mekka und Taif) offenbart worden`?“ (43: 31)
أَهُمْ يَقْسِمُونَ رَحْمَتَ رَبِّكَ ۚ نَحْنُ قَسَمْنَا بَيْنَهُم مَّعِيشَتَهُمْ فِي الْحَيَاةِ الدُّنْيَا ۚ وَرَفَعْنَا بَعْضَهُمْ فَوْقَ بَعْضٍ دَرَجَاتٍ لِّيَتَّخِذَ بَعْضُهُم بَعْضًا سُخْرِيًّا ۗ وَرَحْمَتُ رَبِّكَ خَيْرٌ مِّمَّا يَجْمَعُونَ
„Verteilen etwa sie die Barmherzigkeit deines Herrn? Wir verteilen doch unter ihnen ihren Lebensunterhalt im diesseitigen Leben und erhöhen die einen von ihnen über die anderen um Rangstufen, damit die einen von ihnen die anderen in Dienst nehmen. Und die Barmherzigkeit deines Herrn ist besser als das, was sie zusammentragen.“ (43: 32)
Diese Verse verweisen auf einen der Vorwände der Götzenverehrer von Mekka. Diese meinten nämlich: Wenn schon ein Prophet unter uns ausgewählt werden sollte, dann muss es einer der Vornehmen aus Mekka oder aus Taif sein und nicht jemand, der als frühes Waisenkind von seinem Großvater aufgezogen wurde und weder reich ist noch eine gesellschaftliche Position besitzt.
Diese Leute glaubten, dass das Prophet-Sein dasselbe sei wie die Herrschaft über einen Volksstamm. Die Stammesherrschaft musste nämlich jemand übernehmen, der Macht und Reichtum und eine hohe soziale Stellung besaß und auf den alle Stammesmitglieder hörten. Aber für das Amt eines Propheten ist in Wahrheit nur jemand geeignet und würdig, der die Stufe eines idealen Menschen erreicht hat. Er muss auf höchster Stufe geläutert, rechtschaffen und ehrlich sein und Wissen, Würde und Mut aufweisen. Außerdem muss er die Nöte der Entbehrenden und Unterdrückten kennen. Alle Propheten erfüllten diese Bedingungen.
Der Vers 32 wirft die Frage auf, ob es denn die Menschen sind, die einen Propheten wählen und ob sie von Gott erwarten können, dass Er denjenigen, den sie sich wünschen, mit Seiner Sendung beauftragt, und dass Er jemanden, der ihnen nicht genehm ist, nicht zum Propheten bestimmt. Gott weiß am besten von allen, wer es würdig ist, die Verantwortung eines Propheten zu übernehmen und wer nicht.
Zudem lässt uns der Vers wissen, dass die Unterschiede unter den Menschen auf göttlicher Weisheit beruhen.
Es ist eine Tatsache, dass der Mechanismus zur Regelung der Angelegenheiten einer Gesellschaft versagen würde, falls alle mit der gleichen Intelligenz und Begabung sowie denselben seelischen und körperlichen Fähigkeiten ausgestattet wären. Gott hat die Menschen hinsichtlich ihrer Körper- und Geisteskraft unterschiedlich erschaffen, so dass jeder einer bestimmten Tätigkeit zugeneigt und dafür geeignet ist, den anderen einen bestimmten Dienst anzubieten, während umgekehrt die anderen ihm durch ihre Tätigkeit die von ihm benötigten Leistungen erbringen. Das Leben lässt sich ja nur durch die Kooperation zwischen den Menschen und durch den Austausch von Leistungen regeln.
Folgende Dinge verdienen unsere Aufmerksamkeit:
Erstens: Für viele ist jemand erst von Bedeutung, wenn er reich, mächtig und berühmt ist. Aber diese Kriterien sind vor Gott kein Wertmaßstab.
Zweitens: Materieller und immaterieller Segen sind ein Zeichen für die Barmherzigkeit und Großzügigkeit Gottes gegenüber den Menschen. Beide Segnungen sind Geschenke seitens Gott. Wenn Gott schon den Lebensunterhalt der Menschen aufgrund Seiner Weisheit unter ihnen unterschiedlich verteilt und sie nicht selber über die Verteilung dieser materiellen Segnungen bestimmen können, wie können sie dann erwarten, selber darüber zu entscheiden wer die immaterielle Gnade empfängt, Gottes Gesandter zu werden?
Drittens: Fortbestand und Wohl der Gesellschaft hängen von der Zusammenarbeit ihrer Mitglieder und der gegenseitigen Nutzung deren unterschiedlichen geistigen und körperlichen Kapazitäten ab. Die körperlichen und geistigen Unterschiede der Mitglieder einer Gesellschaft sollen also dem Geist der Zusammenarbeit und der gegenseitigen Bedarfsdeckung dienen und sind nicht dazu da, dass sich jemand aufspielt und die anderen verächtlich behandelt.
Abschließend betrachten wir die Verse 33 bis 35 der Sure Zuchruf, nämlich:
وَلَوْلَا أَن يَكُونَ النَّاسُ أُمَّةً وَاحِدَةً لَّجَعَلْنَا لِمَن يَكْفُرُ بِالرَّحْمَـٰنِ لِبُيُوتِهِمْ سُقُفًا مِّن فِضَّةٍ وَمَعَارِجَ عَلَيْهَا يَظْهَرُونَ
„Und wenn es nicht so gewesen wäre, dass die Menschen eine einzige Gemeinschaft (von Ungläubigen) würden, hätten wir wahrlich denjenigen, die den Allererbarmer verleugnen, für ihre Häuser Decken aus Silber und (auch) Treppen, auf denen sie hätten hochsteigen können, gemacht“ (43: 33)
وَلِبُيُوتِهِمْ أَبْوَابًا وَسُرُرًا عَلَيْهَا يَتَّكِئُونَ
„und Türen für ihre Häuser, und Liegen, auf denen sie sich lehnen können,“ (43: 34)
وَزُخْرُفًا ۚ وَإِن كُلُّ ذَٰلِكَ لَمَّا مَتَاعُ الْحَيَاةِ الدُّنْيَا ۚ وَالْآخِرَةُ عِندَ رَبِّكَ لِلْمُتَّقِينَ
„und (weitere) Zierde. All das ist aber nur Nießbrauch des diesseitigen Lebens. Das Jenseits bei deinem Herrn ist jedoch für die Gottesfürchtigen (bestimmt).“ (43: 35)
In den vorherigen Versen wurde auf die Argumentation der Götzendiener hingewiesen, die sagten: Warum ist der Koran nicht auf einen der Reichen und Mächtigen unter uns herabgesandt worden? Der obige Vers stellt klar, dass Dinge wie Macht und Reichtum bei Gott nicht zählen und Er nicht anhand ihrer urteilt. Bei Gott zählen innere Reinheit und Gottesfürchtigkeit. Aufgrund dieser bewertet er die Werke der Menschen.
Die Menschen aber lassen sich von Gold und Silber und Schmuck und äußerer Pracht blenden und streben selber danach, während diese vor Gott nichts wert sind. Würde Gott die Häuser der Ungläubigen zu Palästen aus Gold und Silber werden lassen, mehrstöckig und mit vielen Treppen, und ausgestattet mit allem möglichen weiteren Prunk bis zur Perfektion ihres materiellen Wohles, würde es die anderen Menschen, die schwach im Glauben sind, zum Unglauben verleiten. Dabei hätte Gott es jedoch nur deshalb so gewollt und den Ungläubigen solche Pracht beschert, damit diese in den niedrigen materiellen Dingen bis an ihr Lebensende schwelgen und damit letztendlich alle am Beispiel des üblen Ausgangs dieser Leute einsehen, dass das Kriterium zur Bewertung eines Menschen nicht in dem diesseitigen Prunk besteht.
Am Ende des Verses 35 mahnt Gott, dass solcher Prunk und Luxus lediglich vergängliche Freuden des irdischen Lebens sind, während das Glück im Jenseits den Gottesfürchtigen vorbehalten bleibt.
Folgendes lässt sich von dieser Stelle in der Sure Zuchruf ableiten:
Erstens: Die Menschen urteilen allgemein nach dem, was sie sehen. Wenn sie sehen dass die Ungläubigen es gut haben und verschwenderisch leben, denken sie, dass diese den richtigen Weg gewählt haben und folgen ihnen.
Zweitens: Der Wert des Menschen hängt von seiner Person ab und nicht von seinem Haus, seinem Privatwagen und seinem luxuriösen Leben. Mit anderen Worten der Wert des Menschen hat nichts mit den äußerlichen Dingen zu tun, die ihm zur Verfügung stehen, sondern der Wert eines jeden hängt vielmehr von seiner inneren Zierde ab, nämlich davon inwieweit er sich innerlich mit moralischer und menschlicher Vollkommenheit schmückt.
Drittens: Wenn wir rechtschaffen, gottesfürchtig und enthaltsam leben, wird Gott es im Jenseits begleichen und uns dort viel Besseres bescheren als das, was die Reichen im Diesseits besitzen. Die Segnungen im Paradies werden unvergleichbar größer sein.