Teil 898: Sure Zuchruf (Die Zierde) Vers (49- 56)
Die Sure Zuchruf (Sure 43) hat 89 Verse und wir haben mehr als die Hälfte davon besprochen. Hier nun in Fortsetzung unserer Kurzexegese ihre Verse 49 und 50:
(43: 49 – 56)
وَقَالُوا يَا أَيُّهَ السَّاحِرُ ادْعُ لَنَا رَبَّكَ بِمَا عَهِدَ عِندَكَ إِنَّنَا لَمُهْتَدُونَ
„Und sie sagten: `O du Zauberer, rufe für uns deinen Herrn an auf Grund dessen, was Er dir anvertraut hat, dann werden wir uns wahrlich rechtleiten lassen`.“ (43: 49)
فَلَمَّا كَشَفْنَا عَنْهُمُ الْعَذَابَ إِذَا هُمْ يَنكُثُونَ
„Als Wir dann die Strafe von ihnen hinwegnahmen, da brachen sie sogleich ihr Wort.“ (43: 50)
Die vorherigen Verse handelten davon, dass Prophet Moses versuchte, Pharao und seine Leute auf den rechten Weg zu bringen und dass er ihnen mit Gottes Erlaubnis mehrere Wunder vor Augen führte. Aber wie die obigen Verse 49 und 50 zeigen, interessierte den Pharao und seine Herrschaften der Aufruf des Moses, welches ein Aufruf zum Glauben an den Einen wahren Gott und zur Befolgung des Herrn der Welten war, inhaltlich gar nicht. Dennoch baten sie, sobald sie von einem Übel heimgesucht worden waren, den Propheten, er möge seinen Herrn um Befreiung von diesem Übel bitten, und versprachen, danach seinem Ruf zu folgen. Dabei fällt auf, dass sie Moses, den Gesandten Gottes, mit „Zauberer“ ansprachen. Sie glaubten nämlich, dass Propheten wie Zauberer sind, die mit ungewöhnlichen Vorführungen ein Publikum um sich versammeln. Schon an der Einstellung dieser eingebildeten Leute ließ sich ablesen, dass ihr Versprechen zu glauben gelogen war. Sie wollten nur von einer Plage befreit werden und suchten in Wirklichkeit keine Rechtleitung. Dies bestätigt der Vers 50, in dem es heißt, dass sie ihr Wort nicht hielten, als Gott die Strafe wieder von ihnen wegnahm.
Folgende Verhaltensweisen sind eine Tatsache:
Erstens: In der Not wenden sich die Menschen generell an die Freunde Gottes, damit diese Gott um ihre Rettung bitten.
Zweitens: Wenn Menschen in Gefahr geraten, erwacht ihre wahre, Gott gegebene Natur und sie erinnern sich an ihren Herrn. Aber wenn die Gefahr vorbei ist, werden sie achtlos und vergessen Gott.
Die nächsten drei Verse sind die Verse 51 bis 53 der Sure 43, nämlich:
وَنَادَىٰ فِرْعَوْنُ فِي قَوْمِهِ قَالَ يَا قَوْمِ أَلَيْسَ لِي مُلْكُ مِصْرَ وَهَـٰذِهِ الْأَنْهَارُ تَجْرِي مِن تَحْتِي ۖ أَفَلَا تُبْصِرُونَ
”Und Pharao ließ unter seinem Volk ausrufen; er sagte: `O mein Volk, gehören mir nicht die Herrschaft über Ägypten und (auch) diese Flüsse, die mir zu Füßen strömen? Wollt ihr denn nicht einsichtig sein (und diese Pracht sehen)?`“ (43: 51)
أَمْ أَنَا خَيْرٌ مِّنْ هَـٰذَا الَّذِي هُوَ مَهِينٌ وَلَا يَكَادُ يُبِينُ
„`Oder bin ich nicht besser als dieser, der verächtlich ist und sich kaum deutlich äußern kann?`“ (43: 52)
فَلَوْلَا أُلْقِيَ عَلَيْهِ أَسْوِرَةٌ مِّن ذَهَبٍ أَوْ جَاءَ مَعَهُ الْمَلَائِكَةُ مُقْتَرِنِينَ
„`Warum sind ihm dann nicht Armbänder aus Gold angelegt worden oder (warum sind dann nicht) Engel mit ihm im Geleit gekommen?`“ (43: 53)
Pharao und seine Leute waren einerseits Zeuge der Wunder gewesen, die Moses ihnen mit Gottes Erlaubnis vorgeführt hatte, und auf der anderen Seite waren sie dank der Gebete dieses Propheten von verschiedenen Plagen befreit worden. Unter dem Volke war daher das Ansehen Moses gestiegen und die Einstellung zu Pharao ins Schwanken geraten. Aber Pharao und die Vornehmen in seinem Umfeld wollten nicht dem Aufruf des Gesandten Gottes folgen. Damit sein Volk nicht unter den Einfluss der logischen Argumente Moses und seiner Wunder gerät, versuchte dieser Tyrann, Moses herabzusetzen und sich selber aufzuwerten. Daher sagte er zu seinem Volk: Bin ich nicht der Herrscher über das große ägyptischen Land? Bin nicht ich es, der über die Gewässer befiehlt, die an meinem Palast und an meinen Gärten vorbei fließen? Was besitzt Moses denn? Er kann sich weder richtig ausdrücken, noch begleitet ihn ein Engel und er trägt keine schönen prächtigen Gewänder und hat keine Paläste. Ich besitze doch alles, was ihr nur wollt, und er besitzt überhaupt nichts. Warum sollten wir ihm folgen und auf ihn hören?
Der Nil hatte viele Nebenflüsse und war bedeutend für die Kultivierung aller Gebiete in seiner Umgebung. Die Menschen in Ägypten besorgten sich Trinkwasser und bewässerten ihre Felder aus dem Nil. Der Pharao bestimmte über die Aufteilung der Wassermengen, und damit über die Versorgung des Volkes. Deshalb bildete er sich ein, der Gott seines Volkes zu sein und dass es niemanden geben könne, der höher als er zu stehen kommt.
Wir werden durch diese Verse in der Sure 43 unter anderem an Folgendes erinnert:
Erstens: Die Abgötter und arroganten Mächte gehorchen nicht der Logik, sondern sie bilden sich viel auf ihre Macht, ihren Reichtum und ihrer Schein-Größe und ihren Prunk ein. Sie denken, diese seien ein Grund dafür, dass sie im Recht sind.
Zweitens: Angeberei und Verachtung der anderen wegen ihrer Bekleidung, ihrer äußeren Erscheinung und ihres Dialektes oder Akzentes, ist das Gehabe eines Pharaos.
Drittens: Jeder, der sich aus irgendeinem Grund für besser hält als die anderen, ist, auch wenn er keine Macht und kein Vermögen besitzt, wie ein Pharao eingestellt.
Es folgen die Verse 54 bis 56 der Sure 43 ( Zuchruf):
فَاسْتَخَفَّ قَوْمَهُ فَأَطَاعُوهُ ۚ إِنَّهُمْ كَانُوا قَوْمًا فَاسِقِينَ
„Er (der Pharao) fand sein Volk leicht (zu beeinflussen), und da(her) gehorchten sie ihm. Gewiss, sie waren ein Volk von Frevlern.“ (43: 54)
فَلَمَّا آسَفُونَا انتَقَمْنَا مِنْهُمْ فَأَغْرَقْنَاهُمْ أَجْمَعِينَ
„Nachdem sie Uns erzürnt hatten, übten Wir an ihnen Vergeltung, und so ließen Wir sie allesamt ertrinken.“ (43: 55)
فَجَعَلْنَاهُمْ سَلَفًا وَمَثَلًا لِّلْآخِرِينَ
„Wir machten sie zu (schlechten) Vorgängern und zu einem (mahnenden) Beispiel für die späteren (Geschlechter).“ (43: 56)
Pharao überschätzte seine Macht und unterschätzte Moses. Er hatte sein Volk auf den Irrweg geführt und ließ nicht zu, dass sie sich ihres Verstandes bedienen und die Wahrheit erkennen. Pharao hat sein Volk verdummt und es derartig mit seiner Gewaltmacht und seinem Prunk geblendet, dass sie sich alle ihm gegenüber erniedrigten und ihm willenlos gehorchten. Es ist übrigens die Methode aller verdorbenen, gewaltsamen Regimes, dass sie das Volk verdummen, um weiter ihr Unwesen zu treiben. Sie versenken das Volk in die Ahnungslosigkeit und ersetzen die wahren durch unwahre Werte, denn die größte Gefahr für ihre willkürliche Herrschaft besteht darin, dass die Völker zu sich kommen und geistig reifen.
Auch in unserer Zeit versuchen die arroganten Mächte mit ihren Sendungen über Satelliten und Fernseh- und Radiostationen, im Cyber-Raum und im Rahmen weiterer Kommunikationsmedien den Verstand der Völker zu unterdrücken. Dies ist in Wahrheit nichts anderes als eine Gehirnwäsche, die dazu dient, dass die breite Masse ihnen achtlos und ahnungslos Gehorsam leistet. Sie lassen nicht zu, dass die Menschen die Wahrheit begreifen, damit sie sie bequem beherrschen können.
Das Volk von Pharao war auch nicht unschuldig. Sie begingen viele Sünden und sie beugten sich ohne Weiteres dem Wertesystem des Pharaos und schufen selbst die Voraussetzung für den Irrweg. So kam es, dass sie selber nicht bereit waren, dem Aufruf des Propheten Moses zu folgen.
Es liegt klar auf der Hand, dass jemand, der dem Pharao und pharaonischen Herrschern folgt, dasselbe Schicksal wie diese Herrscher zu erwarten hat und den Zorn Gottes auf sich zieht.
Zweifelsohne ist die Geschichte vom Pharao und seinen Leuten und ihres schmerzlichem Ausgangs eine große Lehre für die nachfolgenden Generationen.
Folgendes sei noch hinzugefügt:
Erstens: Unheilvolle Systeme stufen die Menschen als minderwertig ein und halten sie schwach. Unter solchen ungerechten Regimes führen Selbstabwertung und Identitätsverlust eines Volkes dazu, dass es sich den Herrschern unterwirft und ihnen willenlos gehorcht.
Zweitens: Eine Gesellschaft, die Gott gegenüber ungehorsam ist, wird letztendlich ungerechten und arroganten Herrschern Gehorsam leisten.
Drittens: Manchmal vernichtet Gottes Strafe ein Volk schon im Diesseits und lässt ihr Schicksal für die anderen zu einer bedeutenden Lehre werden.