Teil 908: Sure Duchan (Der Rauch) Vers (37- 50)
Wir setzen die Kurzexegese zum Koran fort und beginnen mit dem Vers 37 der Sure 44, Sure Duchan. Sein Inhalt lautet:
(44: 37- 50)
أَهُمْ خَيْرٌ أَمْ قَوْمُ تُبَّعٍ وَالَّذِينَ مِن قَبْلِهِمْ ۚ أَهْلَكْنَاهُمْ ۖ إِنَّهُمْ كَانُوا مُجْرِمِينَ
„Sind sie etwa besser oder das Volk des Tubba und diejenigen vor ihnen? Wir vernichteten sie; sie waren ja Übeltäter“ (44: 37)
Dieser Vers richtet sich indirekt an die Götzendiener von Mekka zur Zeit des Propheten, die ihm mit Eigensinn begegneten und ihn nicht anerkannten. Der Vers erinnert sie an das Volk des Tubba, eines Herrschers im Süden der Arabischen Halbinsel. Dieses Volk war mächtig gewesen und verfügte über erntereiche Gebiete, aber es wurde vernichtet, weil es Unrecht beging und verdorben und Gott gegenüber aufrührerisch wurde. Die Götzendiener von Mekka sollten sich also fragen, ob sie denn mächtiger als dieses Volk in ihrer Nachbarschaft, welches letztendlich vernichtet wurde, sind. Wenn sie nicht achtgeben, könnten sie das gleiche Schicksal erfahren wie dieses Volk.
Wir sehen:
Erstens: Um die Menschen zu mahnen und ihnen den rechten Weg zu weisen, bedient sich der Koran des Hinweises auf frühere Völker und ihres Schicksals. Die ihnen nachfolgenden Generationen sollen aus ihrer Geschichte eine Lehre ziehen.
Zweitens: Einige Taten und Verhaltensweisen haben bereits im Diesseits die Bestrafung durch Gott zur Folge. Zum Beispiel die Verbreitung von Unrecht, üblen Taten und Verdorbenheit in der Gesellschaft.
In den Versen 38 und 39 heißt es weiter:
وَمَا خَلَقْنَا السَّمَاوَاتِ وَالْأَرْضَ وَمَا بَيْنَهُمَا لَاعِبِينَ
„Und Wir erschufen die Himmel und die Erde, und das, was zwischen beiden ist, nicht zum Zeitvertreib.“ (44: 38)
مَا خَلَقْنَاهُمَا إِلَّا بِالْحَقِّ وَلَـٰكِنَّ أَكْثَرَهُمْ لَا يَعْلَمُونَ
„Wir erschufen sie nur der Wahrheit gemäß, jedoch die meisten von ihnen wissen nicht Bescheid.“ (44: 39)
Da zuvor in den Versen 34 bis 36 davon die Rede war, dass die Götzendiener die Auferstehung von den Toten leugneten, beinhalten diese Verse indirekt einen Beweis für das Jenseits und es heißt: Haben denn Himmel und Erde und diese große Welt kein Ziel und sind sie nur zum Zeitvertreib von Gott erschaffen worden? Geschah die Erschaffung des Menschen denn ohne weise Absicht und ziellos, dass er beim Verlassen der Welt für immer vernichtet werden sollte? Wäre dem so, wäre es wie das Spiel von Kindern, die mit Klötzchen ein Häuschen zusammensetzen und es dann wieder zerstören, weil es ihnen ja nur ums Spielen gegangen ist.
Die Jenseitsleugner sehen im Tod den Schlusspunkt am Ende des menschlichen Lebens. Mit anderen Worten ist also in ihren Augen die Erschaffung des Menschen mit all seinen Begabungen nur für die kurze Zeit im Diesseits gedacht und mit dem Tod nimmt alles ein Ende. Aufgrund einer solchen Denkweise erscheint natürlich die ganze Schöpfung wie ein sinnloses Spiel. Aber gemäß dem Koran ist der Tod, im Gegensatz zu dieser Meinung, nicht die Vernichtung sondern eine Brücke, über die der Mensch in eine ewige Welt geführt wird, und gegenüber dieser ewigen und viel größeren Welt wirkt die diesseitige Welt sehr klein.
Es leuchtet nicht ein, dass Gott der Allmächtige dieses gewaltige System des Daseins ohne Ziel und nur für das kurze diesseitige Leben der Menschen erschaffen hat. Dies wäre überhaupt nicht mit der göttlichen Weisheit vereinbar.
In diesen Versen wird darauf hingewiesen, dass die Schöpfung der Himmel und der Erde zu Recht und der Wahrheit gemäß erfolgte. Wenn diese gewaltige Schöpfungsordnung zu Recht und in Wahrheit ist, dann hat diese vergängliche Welt logischerweise auch ein vernünftiges Ziel. Ohne die Existenz der jenseitigen Welt wäre aber eine solche Zielausrichtung nicht möglich.
Vergegenwärtigen wir uns doch folgende drei Wahrheiten:
Erstens: Wäre der Tod das Ende der Menschen, dann wäre doch die gewaltige Daseinswelt, die für den Menschen erschaffen wurde, sinnlos.
Zweitens: Wenn das Dasein einem Zweck und Ziel dient, dann sollten wir Menschen das Ziel dieser Schöpfung genau kennen und uns danach ausrichten.
Drittens: Die Leugnung des Jenseits liegt unter anderem an der Unkenntnis über das Schöpfungsziel. Viele haben keine richtige Vorstellung davon.
Wir setzen unsere Erläuterungen bei den Versen 40 bis 42 der Sure Duchan fort:
إِنَّ يَوْمَ الْفَصْلِ مِيقَاتُهُمْ أَجْمَعِينَ
„Gewiss, der Tag der Trennung (zwischen Wahrheit und Lüge) ist ihrer aller festgesetzte Zeit“ (44: 40)
يَوْمَ لَا يُغْنِي مَوْلًى عَن مَّوْلًى شَيْئًا وَلَا هُمْ يُنصَرُونَ
„der Tag, an dem kein Freund seinem Freund etwas nützen kann und ihnen keine Hilfe zuteil wird,“ (44: 41)
إِلَّا مَن رَّحِمَ اللَّـهُ ۚ إِنَّهُ هُوَ الْعَزِيزُ الرَّحِيمُ
„außer demjenigen, dessen Allah sich erbarmt. Er ist ja der Allmächtige und Barmherzige.“ (44: 42)
In den eben genannten Versen wird auf einige Merkmale des Jüngsten Tages hingewiesen. Dieser Tag ist der Tag der Scheidung, denn der Mensch wird von allem und allen getrennt werden, außer von seinen Taten. Weil an diesem gewaltigen Tag sämtliche Beziehungen zwischen den Menschen aufgelöst worden sind, können weder Freunde noch Verwandte einander helfen. Es ist klar, dass in dieser Situation nur Gottes Gnade und Barmherzigkeit retten kann. Gott wird jedem würdigen Menschen Seine Barmherzigkeit zuteil werden lassen und ihn großzügig beschenken.
Wir können uns an dieser Stelle unter anderem drei Dinge vor Augen halten:
Erstens: Der Jüngste Tag ist der Tag der Trennung des Menschen von allen seinen Lieben und Freunden und Verwandten. Wir sollten also jegliche Hoffnung auf ihre Hilfe am Jüngsten Tag aufgeben.
Zweitens: Es steht fest, dass die Menschen den Jüngsten Tag erleben. Alle werden an diesem Tag an einem Ort versammelt und dennoch steht jeder in dieser riesigen Versammlung alleine und schutzlos da.
Drittens: Die Menschen haben am Jüngsten Tag ausschließlich mit Gott zu tun. Er wird mit den Ungläubigen aufgrund Seiner Macht verfahren und bei den Gläubigen lässt er Seine Gnade und Barmherzigkeit walten.
Wir behandeln abschließend die Verse 43 bis 50 der Sure Duchan. Ihr Inhalt ist folgender:
إِنَّ شَجَرَتَ الزَّقُّومِ
„Gewiss, der Zaqqum-Baum“ (44: 43)
طَعَامُ الْأَثِيمِ
„ist die Speise der Sünder;“ (44: 44)
كَالْمُهْلِ يَغْلِي فِي الْبُطُونِ
„wie geschmolzenes Kupfer brodelt er in den Bäuchen“ (44: 45)
كَغَلْيِ الْحَمِيمِ
„wie das heiße Wasser brodelt“ (44: 46)
خُذُوهُ فَاعْتِلُوهُ إِلَىٰ سَوَاءِ الْجَحِيمِ
„Nehmt ihn und schleppt ihn mitten in den Höllenbrand hinein!“ (44: 47)
ثُمَّ صُبُّوا فَوْقَ رَأْسِهِ مِنْ عَذَابِ الْحَمِيمِ
„Hierauf gießt über seinen Kopf von der Strafe des heißen Wassers.“ (44: 48)
ذُقْ إِنَّكَ أَنتَ الْعَزِيزُ الْكَرِيمُ
„`Koste (doch); du bist ja (so meintest du) der Mächtige und Edle`.“ (44: 49)
إِنَّ هَـٰذَا مَا كُنتُم بِهِ تَمْتَرُونَ
"Das ist (es) ja, worüber ihr zu zweifeln pflegtet." (44: 50)
An der obigen Stelle in der Sure Duchan werden weitere Phänomene des Jenseits genannt und zwar wird die entsetzliche Bestrafung der Übeltäter in der Hölle beschrieben. Die Meinung ist weitverbreitet, dass der Höllenbrand wie ein Feuer im Diesseits sei und alles in Asche verwandelt. Aber das Höllenfeuer ist anders: Seine Insassen sterben nicht. Sie bekommen sogar zu trinken und zu essen. Jedoch ist das Wasser, dass sie trinken müssen, glühend heiß und die Speise ist schrecklich bitter und brodelt im Bauch. Es gibt auch kein Entrinnen für die Hölleninsassen aus dem Inferno. Sie erfahren nicht nur am Körper eine schmerzliche Strafe sondern auch an der Seele. Dem Hölleninsassen wird gesagt: Koste diese Strafe. Du hast doch gedacht, du seist mächtiger und edler als die anderen. Du hast die Wehrlosen unterdrückt und dir eingebildet, niemand könnte dich besiegen und dir gebühre Hochachtung.
Die Intensität der Strafe im Jenseits hängt natürlich von der Art der Vergehen und Sünden ab. Leute, die im Leben einfach jedes Vergehen begangen haben und meinten, eine solche Position zu besitzen, dass ihnen niemand etwas anhaben könne, werden massiver als andere bestraft. Sie ernten das Ergebnis ihrer eigenen schlechten Taten und ihnen wird gesagt:
Das ist doch das, was ihr ständig angezweifelt habt!
Wir lernen aus diesen Versen:
Erstens: Die Sünde tritt im Jenseits in Form von Feuer in Erscheinung, das den Menschen von außen und innen erfasst. Solange wir im Diesseits sind, sollten wir danach streben, durch Enthaltung von der Sünde und durch Bitte um Vergebung bei Gott, uns vor diesem Feuer zu retten.
Zweitens: Die Bestrafung im Jenseits ist sowohl körperlicher als auch seelischer Art. Die Insassen der Hölle bekommen das Feuer und zugleich Erniedrigung und Spott zu spüren.