Sinnvolle Wegzeichen der Ahl-ul-Bait, (22-Gerechtigkeit im Staat Mohammads (S))
In diesem Teil unserer Sendereihe geht es unter anderem um zwei der Schritte mit denen der Prophet des Islams das Prinzip der Gerechtigkeit in der ersten muslimischen Gesellschaft verwirklicht hat.
Ein wichtiges Ziel, dass Gott mit der Aussendung von Propheten verfolgt hat, war - wie gesagt - die Herstellung von Gerechtigkeit in den menschlichen Gemeinschaften. Da das Verlangen nach Gerechtigkeit ein natürliches Bedürfnis ist, haben die Menschen von Beginn an den Wunsch gehegt, dass es in ihrer Gesellschaft kein Unrecht, keine Benachteiligung und keine Ungerechtigkeit gibt. Vor über 1400 Jahren – im siebten Jahrhundert nach Christus - erhob sich eine Stimme auf der Arabischen Halbinsel, die alle Welt auf sich aufmerksam machen würde. Es war die Stimme Mohammads, des Propheten des Islams, der die Menschen aufrief, nur dem Einen Gott zu dienen, und der zum Frieden und zur Brüderlichkeit einlud und vor dem Unrecht und dem Hässlichen warnte. Dies geschah in einer Zeit, in der düstere Zustände auf der Welt herrschten. Die Klassenunterschiede und falscher Stammesstolz hatten die Menschen untereinander gespalten und die Gesellschaft zerrissen. Aber dem Propheten des Islams gelang es trotz dieser schlimmen Situation mit seiner Botschaft von der Gerechtigkeit und mit seinem Kampf gegen Unrecht und Unterdrückung eine große Anhängerschaft zu gewinnen. Denn der Inhalt seiner Botschaft sprach den Menschen aus dem Herzen. Er stimmte mit ihrer Fitra – ihrer Gott gegebenen Natur - überein. Der Prophet des Islams rief alle auf, von blindem Eifer, Stammesvorherrschaft und Benachteiligung abzulassen.
Der Letzte Prophet Gottes war von Gott, dem Allmächtigen, beauftragt, Gerechtigkeit in der Gesellschaft herzustellen. Gott wies den Propheten im Vers 15 der Sure 42 (Schura) an, dies mit folgenden Worten zu verkünden:
... und mir ist befohlen worden, unter euch gerecht zu handeln...
Gott hat aber überhaupt alle Gläubigen angewiesen, gerecht zu sein. In der Sure 4 (Nisa) steht nämlich im Vers 135:
O die ihr glaubt, seid Wahrer der Gerechtigkeit, Zeugen für Allah, auch wenn es gegen euch selbst oder die Eltern und nächsten Verwandten sein sollte!..
In diesem Vers werden die Gläubigen gemahnt, sich nicht von der Liebe zu sich selber oder zu anderen zu einem Verstoß gegen die Gerechtigkeit verleiten zu lassen. Für Gott kommt die Gerechtigkeit der Gottesfürchtigkeit, welche Zeichen für die Vervollkommnung des Menschen ist, am nächsten. Gott mahnt die Menschen, dass sie niemals von der Gerechtigkeit ablassen, weder im Zorn noch aus Selbstzufriedenheit und Egoismus. Laut Koran liebt Gott diejenigen, die nach Gerechtigkeit streben, denn es heißt im Vers 9 der Sure 49 (Hudschurat)... handelt dabei gerecht. Allah liebt ja die Gerechten.
Der Prophet des Islams (S) hat zur Erreichung der höchstmöglichen Moral die Benachteiligungen, welche Eifersucht, Hass und Rachegefühle hervorrufen, beseitigt. Mit seinem Ruf nach Gerechtigkeit hat er die falschen Kriterien für soziale Positionen beiseite gerückt und verkündet, dass gemäß dem Koran die Gottesfürchtigkeit das einzige Kriterium dafür ist, ob jemand höher zu stehen kommt. Der Prophet hat mit einer grundlegenden Kulturreform die Privilegien, die einige aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihres Reichtums genossen, ungültig gemacht und alle vor dem Gesetz gleichgestellt.
Die Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit erfordert die Existenz einer Regierung, die genug Macht besitzt, um sie in der Gesellschaft zum Zuge zu bringen. Die Regierung ist das Instrument zu Durchführung der Gerechtigkeit. Sie ist gemäß dem islamischen Denken und der Vorgehensweise des Propheten in sich nichts wert, es sei denn, dass durch sie ein Recht hergestellt und ein Unrecht beseitigt werden kann. Das Streben nach Gründung einer Regierung dient also nicht dazu, mächtig zu werden und das Volk zu beherrschen und zu gängeln , sondern in den Augen der Noblen des Islams ist eine Regierung Mittel zum Dienst an der Allgemeinheit und zur Wahrung ihrer Rechte. Es ist die Gerechtigkeit, welche eine Regierung wertvoll macht. Das Streben nach Gerechtigkeit in der Gesellschaft, über die der Prophet regierte, erforderte also, dass Armut und Benachteiligung und Klassenunterschiede bekämpft werden und das Einkommen gerecht aufgeteilt wird.
Als der Prophet von Gott ausgesandt wurde, litt die Gesellschaft unter vielen sozialen Ungleichheiten und war in verschiedene Schichten gespalten. Die Schicht der Vornehmen beutete die breite Masse aus. Der Prophet (S) lehnte eine solche Klassengesellschaft, die vor allen Dingen aufgrund von Reichtum und Machteinfluss entstanden war, ab. Die Adeligen herrschten über die wichtigsten Quellen für Reichtum und dies hatte starke Klassenunterschiede hervorgerufen. Durch ihre finanzielle und politische Macht übte diese Oberschicht auch auf die Richter und Gerichtsurteile Einfluss aus. Aber der Prophet (S) hat, als er in Medina eingetroffen war, zur Herstellung von einer gerechten Gesellschaft zwei wichtige Schritte unternommen. Zum einen hat er eine gerechte politische, wirtschaftliche und soziale Ordnung aufgestellt. Sein gerechtes System hielt für alle Angelegenheiten Regeln bereit, von den wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen bis zu den Beziehungen in der Familie. Und der Prophet hielt selber als Vorbild alle diese Regeln ein. Außerdem war er darum bemüht, die Liebe zur Gerechtigkeit unter den Menschen zu stärken. Zum anderen trug der Prophet den Muslimen die Verse aus dem Koran vor, um sie zur Beachtung der Gerechtigkeit anzuweisen und ihren Glauben zu festigen.
Für den Propheten war die Gerechtigkeit unter den Menschen dermaßen von Bedeutung, dass er ihnen kurz vor seinem Verscheiden anlässlich seiner letzten Hadsch-Reise nach Mekka wie folgte sagte: „Ihr Menschen! Der Gott aller ist Einer und der Vater aller ist einer. Ihr seid alle Nachkommen des Adam und Adam war aus Erde erschaffen worden. Also gibt es keinen Anlass mehr dafür, dass jemand sich etwas auf seine Rasse und seine Stammeszugehörigkeit einbildet. Ehre entsteht aufgrund von geistlichen und immateriellen Tugenden. Vorrang entsteht durch Gottesfürchtigkeit und durch nichts anderes.“ (Tuhaf-ul-Uqul, S. 57).
Nicht ohne Grund hat Imam Ali (F) laut Nahdsch-ul-Balagha in einer Ansprache (Predigt 94) über den Propheten wie folgt gesagt:
Sein Lebenslauf ist die Redlichkeit, seine Verfahrensweise [sunna] ist Gradlinigkeit des Handelns, sein Wort ist endgültige Entscheidung und seine Weisheit die Gerechtigkeit.
Beim nächsten Mal wollen wir über weitere Schritte des Propheten zur Herstellung der Gerechtigkeit sprechen.