Teil 912: Sure Dschathiyah (Die Kniende) Vers (15- 20)
Wir erklären nun sechs weitere Verse der Sure Dschathiya und beginnen bei Vers 15 dieser Sure 45:
(45: 15 – 20)
مَنْ عَمِلَ صَالِحًا فَلِنَفْسِهِ ۖ وَمَنْ أَسَاءَ فَعَلَيْهَا ۖ ثُمَّ إِلَىٰ رَبِّكُمْ تُرْجَعُونَ
„Wer rechtschaffen handelt, der (tut es) zu seinem eigenen Vorteil, und wer Böses tut, der (tut es) zu seinem eigenen Nachteil. Hierauf werdet ihr zu eurem Herrn zurückgebracht.“ (45: 15)
In dem Vers 14 ging es darum, mit welcher Behandlung Jenseitsleugner rechnen müssen. Der obige Vers will nun indirekt eine wichtige Tatsache klarstellen, nämlich: Weder fügt der Unglaube Gott einen Schaden zu, noch beschert unser Glaube Gott einen Vorteil, denn er braucht nichts und niemanden.
Der Glaube und Gott-Gehorsam nützt vielmehr dem Menschen selber etwas und die Nachteile aus Unglauben und Gott-Ungehorsam kommen vielmehr auf den Menschen selber zu. Wer eine Tat begeht, der wird selber das Ergebnis erhalten und im Jenseits vorfinden.
Es ist so ähnlich wie wenn ein Lehrer zu seinen Schülern sagt: Wenn ihr lernt, dann ist es zu eurem eigenen Vorteil, ich ziehe keinen Nutzen daraus. Und wenn ihr nicht lernt, dann ist es zu eurem eigenen und nicht zu meinem Schaden.
Wir können uns an dieser Stelle vergegenwärtigen:
Erstens: Das göttliche Strafe-Lohn-System zur Vergeltung von Taten baut darauf auf, ob diese Taten gut oder schlecht waren. Alle Menschen sind außerdem vor dem Gesetz Gottes gleichgestellt.
Zweitens: Gott braucht den Menschen nicht. Seine göttliche Lehre dient in Wahrheit dazu, dass der Mensch sich weiter entfaltet und vervollkommnet.
Es folgen die Verse 16 und 17 der Sure Dschathiyah
وَلَقَدْ آتَيْنَا بَنِي إِسْرَائِيلَ الْكِتَابَ وَالْحُكْمَ وَالنُّبُوَّةَ وَرَزَقْنَاهُم مِّنَ الطَّيِّبَاتِ وَفَضَّلْنَاهُمْ عَلَى الْعَالَمِينَ
„Wir gaben ja den Kindern Israils die Schrift, die Herrschaft und das Prophetentum und versorgten sie von den guten Dingen und bevorzugten sie vor den (anderen) Weltenbewohnern (jener Zeit).“ (45: 16)
وَآتَيْنَاهُم بَيِّنَاتٍ مِّنَ الْأَمْرِ ۖ فَمَا اخْتَلَفُوا إِلَّا مِن بَعْدِ مَا جَاءَهُمُ الْعِلْمُ بَغْيًا بَيْنَهُمْ ۚ إِنَّ رَبَّكَ يَقْضِي بَيْنَهُمْ يَوْمَ الْقِيَامَةِ فِيمَا كَانُوا فِيهِ يَخْتَلِفُونَ
„Und Wir gaben ihnen klare Beweise in der Angelegenheit (der Religion). Sie wurden aber erst uneinig, nachdem das Wissen zu ihnen gekommen war – aus Missgunst untereinander. Gewiss, dein Herr wird am Tag der Auferstehung zwischen ihnen über das entscheiden, worüber sie uneinig zu sein pflegten.“ (45: 17)
Diese Stelle in der Sure 45 erinnert an die großen Gnaden, die Gott einmal den Israeliten erwiesen hat. Die muslimische Gemeinde kann daraus lernen.
Die Gnaden, die den Israeliten gewährt wurden, waren verschiedener Art. In dem Vers 16 wird als erstes der Segen des Himmelsbuches, die Etablierung einer Regierung und die Berufung von Propheten angeführt. Daraufhin verweist Gott auf die Versorgung der Israeliten mit guten Dingen und dass sie durch diese Gnaden gegenüber den anderen Weltbewohnern ihrer Zeit Vorzüge genossen.
Aber im Vers 17 wird daran erinnert, dass sie trotz aller erhaltenen Segensgaben, aus Neid und wegen ungesundem Wettbewerb untereinander uneinig wurden. Obwohl sie um Wahrheit und Recht wussten und obwohl sie anhand des Gottesbuches genügend Beweise für die Erkenntnis von der Wahrheit besaßen, haben sie nicht von ihrer Uneinigkeit abgelassen, so dass sie schließlich ihre einstige Macht und Größe aus der Hand verloren und ihre Regierung stürzte.
Folgendes lässt sich feststellen:
Erstens: Wir sollten uns bewusst sein, dass aller immaterieller und materieller Segen von Gott kommt , und dass wir ihn richtig nutzen, um in dieser Welt eine vorzügliche Stellung zu erreichen.
Zweitens: Prophetentum und Regierung stehen nicht im Widerspruch zueinander und Politik muss den religiösen Grundlagen und Werten gehorchen.
Drittens: Gott hat den Menschen den letzten Beweis geliefert, der keine Ausreden mehr zulässt. Er hat ihnen klare Beweise zur Verfügung gestellt, anhand derer sie die Wahrheit erkennen können. Daher kann er sie also auch am Jüngsten Tag zur Rechenschaft ziehen.
Viertens: Wissen alleine genügt nicht und bedeutet noch nicht die Rettung. Oftmals gibt es Leute, die die Wahrheit kennen, sie jedoch aus Willkür oder aus Neid nicht akzeptieren und unter den Menschen spalten.
Wir wenden uns abschließend den Versen 18 bis 20 zu. Dort heißt es:
ثُمَّ جَعَلْنَاكَ عَلَىٰ شَرِيعَةٍ مِّنَ الْأَمْرِ فَاتَّبِعْهَا وَلَا تَتَّبِعْ أَهْوَاءَ الَّذِينَ لَا يَعْلَمُونَ
„Hierauf haben Wir dich auf eine Richtung in der Angelegenheit (der Religion) festgelegt. So folge ihr und folge nicht den Neigungen derjenigen, die nicht Bescheid wissen.“ (45: 18)
إِنَّهُمْ لَن يُغْنُوا عَنكَ مِنَ اللَّـهِ شَيْئًا ۚ وَإِنَّ الظَّالِمِينَ بَعْضُهُمْ أَوْلِيَاءُ بَعْضٍ ۖ وَاللَّـهُ وَلِيُّ الْمُتَّقِينَ
„Gewiss, sie werden dir vor Allah nichts nützen. Aber gewiss, die Ungerechten sind einer des anderen Beschützer. Allah aber ist der Beschützer der Gottesfürchtigen.“ (45: 19)
هَـٰذَا بَصَائِرُ لِلنَّاسِ وَهُدًى وَرَحْمَةٌ لِّقَوْمٍ يُوقِنُونَ
„Dies sind Einsicht bringende Zeichen für die Menschen und Rechtleitung und Barmherzigkeit für Leute, die überzeugt sind.“ (45: 20)
Nach dem Hinweis auf den Ausgang der Israeliten, spricht Gott in der Sure Dschathiya zum Propheten des Islams wie folgt: Auch für dich haben wir ein Religionsgesetz und einen klaren Weg zur Religion Gottes festgelegt, damit du die Menschen damit zum Glauben an den Einen Gott aufrufst. Natürlich werden Götzendiener und Gegner sich gegen dich stellen und dir einige Vorschläge machen, damit du von der Verbreitung deiner Lehre absiehst. Aber gehe keine Kompromisse ein, was die Religion betrifft.
O Prophet, bleib fest auf dem Weg Gottes und ihm treu. Folge nur den Geboten Gottes und lasse die Wünsche der Gegner außer Acht. Gott schützt nur die, die ihn fürchten, und leitet sie auf den rechten Weg. Die Unrechttuenden können sich zwar gegenseitig helfen, aber sie können niemanden vor Gottes Strafe retten und sie vermögen auch nicht denjenigen etwas anzutun, denen Gott hilft.
Dieser Koran, der auf dich herabgesandt wurde, genügt für alle. Er ist ein Mittel der Einsicht für alle Menschen – er verhilft zur richtigen Einstellung in allen Bereichen des Lebens. Jeder der an Gewissheit und Zuversicht gelangen will, den wird dieses Buch rechtleiten und es ihm ermöglichen, die besondere Gnade Gottes zu erhalten.
Wir entnehmen dieser Stelle:
Erstens: Jede der göttlichen Religionen ist ein Weg, um an Recht und Wahrheit zu gelangen, und sie alle sind vom gleichen Geist geprägt. Der Islam ist die Fortsetzung der Lehren der vorherigen Propheten.
Zweitens: Wer dem Weg Gottes nicht folgt, der folgt seinen eigenen Neigungen oder den Neigungen anderer. Seinem Weg liegen keine volle Kenntnis und kein richtiges Verständnis von der Wahrheit zugrunde.
Drittens: Den unangemessenen Neigungen der Unwissenden zu folgen, bedeutet deren Schutzherrschaft anzunehmen und sich von der Schutzherschaft Gottes zu entfernen.
Viertens: Religiosität muss auf Erkenntnis und Wissen basieren, um zur Rechtleitung und zur Gewissheit zu führen.
Fünftens: Der Koran klärt die Fragen der verschiedensten Bereiche: intellektuelle und ethische Fragen; Angelegenheiten der Familie, der Gesellschaft und der Politik.