Sinnvolle Wegzeichen der Ahl-ul-Bait (27 – ... und Schlechtes verwehren)
Auch in diesem Teil unserer Sendung über die Wegzeichen, welche die Ahl-ul-Bait uns hinterlassen haben, geht es um das Gebot, das Gute zu gebieten und Schlechtes zu verwehren.
Das Gute gebieten bedeutet zu guten Werke und zum Gott-Gehorsam aufrufen und das Schlechte verwehren bedeutet von hässlichem Tun und der Sünde abhalten.
Der Islam fasst die verschiedenen Aspekte des Lebens ins Auge und legt ein vollendetes Konzept für die Entfaltung des Menschen und für sein Wohl vor. Das eben genannte Gebot - amr bil maruf wan nai an il munkar ist eine Art gemeinsame Aufsicht über die Beachtung der Gebote Gottes. Dieser göttliche Befehl lenkt die islamische Gesellschaft auf den breiten Weg zu wahrem Glück. Der Koran fordert die aufrichtig Gläubigen an mehreren Stellen dazu auf, den Sünden entgegenzuwirken und nicht zu vergessen, wie notwendig das ist. Amr bil maruf wan nai an il munkar soll in dem Rahmen der Regeln, die der Islam dafür aufgestellt hat auf die beste Weise ausgeführt werden. Es ist die ideale Form einer gemeinsamen Aufsicht.
Gott hat im Vers 104 der Sure 3 (Al-i Imran) gesagt, dass eine Gruppe der Muslime die anderen zu guten Werken aufrufen und sie von schlechten Werken abhalten soll.
Es heißt dort:
Und es soll aus euch eine Gemeinschaft werden, die zum Guten aufruft, das Rechte gebietet und das Verwerfliche verbietet. Jene sind es, denen es wohl ergeht.
Und außerdem heißt es in derselben Sure im Vers 110, dass diejenige Gemeinschaft, die dieses wichtige Gebot durchführt, die beste aller Gemeinschaften sein wird.
Laut Koran ist es eine Voraussetzung für eine Regierung und für Macht, das Gute zu gebieten und Schlechte zu verwehren und ein Zeichen für geläuterte Menschen. Es ist die Art der Propheten Gottes, und wer ihrer Linie folgt, der muss dieses Gebot praktizieren. Imam Baqir (F) hat hierzu gesagt: Wahrlich das Gute gebieten und das Schlechte verbieten, ist der Weg der Propheten und die Vorgehensweise der Rechtschaffenen. (Wasa`il ul Schia, Bd. 11, S.259) .
Der Prophet des Islams und die Edlen aus seinem Hause haben ihr ganzes Leben lang das Gebot amr bil maruf wan nai an il munkar beachtet, angefangen von ihrer Kindheit. Diese großartigen Menschen hatten ein mitfühlendes Herz und so konnten sie nicht teilnahmslos zusehen, wenn sich die muslimische Gemeinde mit Sünden besudelt und vom Weg der Rechtleitung fern bleibt. Sie haben die anderen angespornt ihre Pflichten gegenüber Gott zu erfüllen. Der Prophet (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) hat diejenigen, die das Gute gebieten und das Schlechte verbieten, als Statthalter Gottes auf Erden und Nachfolger Seines Propheten bezeichnet. Die Aussendung von Propheten und die Herabsendung himmlischer Bücher dienten ja alle dazu, die Menschen auf den Weg Gottes zu führen und sie vom falschen Weg fernzuhalten. Der Propheten (S) hat über die Bedeutung dieser religiösen Pflicht gesagt: „Meine Anhänger sind solange sie das Gute gebieten und das Schlechte verwehren auf dem Weg zum Wohle und zum Glück und werden den Segen Gottes erfahren
(Mizan ul Hikmat, Bd. 7, S. 323)
Imam Baqir (F) hat beides als zwei bedeutende religiöse Pflichten bezeichnet: sowohl das Gebieten des Guten als auch das Verbieten des Schlechten. Er sieht darin eine Anweisung, dank derer auch die anderen religiösen Pflichten erfüllt werden.
Dieses Gebot umfasst alle Angelegenheiten der Gesellschaft – von den sozialen und wirtschaftlichen bis zu den politischen. Der iranische Denker Ayatullah Motahhari schreibt: „Amr bil maruf wan nai an il munkar ist ein Grundsatz der gemäß Imam Baqir (F) die Grundlage für die anderen islamischen Pflichten bildet. Dieser Grundsatz versetzt die Muslime in eine anhaltende gedankliche Revolution, ein ewiges Streben nach Besserung und Richtigstellung und einen anhaltenden Kampf gegen Verdorbenheiten.
Eine Gesellschaft, die selber eine Verantwortung hinsichtlich Wandlung und Veränderung verspürt und gegenüber Schwächen und Mängeln reagiert und nach Abhilfe sucht, wird eine lebendige Gesellschaft sein, die entschlossen ihre Werte behütet. Der Prophet des Islams (S) sagt: Gebietet das Gute und verwehrt das Schlechte, denn anderenfalls wird Gott einen Unterdrücker über euch herrschen lassen, der weder die betagten Menschen achtet noch Erbarmen mit den Jüngsten hat.
Den Worten des Propheten ist zu entnehmen, dass die muslimische Gesellschaft an Größe, Achtung und Würde verliert, wenn sie nicht mehr das Gute gebietet und das Schlechte verwehrt.
Ohne eine allgemeine Aufsicht werden den rechtschaffenen und guten Menschen die Angelegenheiten aus der Hand gleiten. Und es werden unlautere ungerechte Menschen die Macht an sich reißen und der islamischen Gesellschaft irreparable Schäden zufügen. Imam Ali (F) hat in einem Brief an seine beiden Söhne gesagt:
„Unterlasst nicht das Gebieten des Guten und das Verwehren des Schlechten, denn sonst werden die Bösewichter unter euch herrschen, und wenn ihr dann Bittgebete sprecht, werden sie euch nicht erfüllt werden.“
Brief 47 (Nadsch-ul-Balagha)
Der erste Schritt des Propheten und seines Hauses zur Verbreitung des obigen Gebotes war die Aufklärung der Allgemeinheit über ihre Rechte und Pflichten, denn das Wissen über diese ist eine der grundlegendsten Voraussetzungen für die Heilung und das Wohl der Gesellschaft. Eine perfekte Gesetzgebung genügt nicht, sondern die Mitglieder der Gesellschaft müssen wissen, was moralisch, gesellschaftlich und gesetzlich gesehen erlaubt bzw. verwerflich ist. Daraufhin muss die Kenntnis von den Geboten und Verboten außerdem zu einem würdigen Verhalten führen.
Der Prophet und seine Ahl-ul Bait haben sich bei der Aufklärung der Allgemeinheit auf das Wort Gottes gestützt und den Menschen mit Hilfe der Verse des Korans die Belohnung für gute Werke und die unliebsamen Folgen von Sünden dargelegt. Da diese Edlen selber das beste Vorbild für die Beachtung der Gebote des Islams und der Vollbringung guter Werke waren, übten sie einen positiven Einfluss auf die anderen aus und haben errreicht, dass gute Eigenschaften einen festen Platz im Denken und Handeln der Mitglieder der Gesellschaft einnehmen. Über die Notwendigkeit, Gutes zu gebieten und Schlechtes zu verwehren, hat Imam Ali (F) laut Nahdsch-ul Balagha, Weisheit 252, gesagt:
Allah hat ... Gebieten des Guten zum Wohle der Allgemeinheit und das Verwehren des Schlechten als Hemmung für die Törichten eingerichtet.
Bei Durchführung dieses Gebotes, nämlich das Gute gebieten und das Schlechte verwehren, entsteht ein weites Netz von Personen in der Gesellschaft, die nicht gleichgültig dem Geschehen in ihrer Umgebung gegenüberstehen, sondern einer Ausbreitung von Abweichungen in der Gesellschaft vorbeugen. Abweichungen breiten sich nämlich wie eine Krebsgeschwulst aus und erfassen allerorts, wenn sie einmal Wurzeln geschlagen haben. Daher gebietet schon die Vernunft, dass wir gegenüber dem hässlichen Verhalten von anderen nicht gleichgültig bleiben dürfen, wenn wir die Gesellschaft vor schiefen Entwicklungen bewahren wollen. Der Prophet hat (gemäß Al-Durr al-Manthur, S. 244) gesagt:
اَلا کُلُّکُم راعٍ، وَ کُلُّکُمْ مسئولٌ عَنْ رَعیَّتهِ
Das bedeutet: „Ihr alle tragt Verantwortung füreinander.“
Der Prophet meint damit, dass zusätzlich zu der Aufsichtskraft im Inneren des Menschen, die ihn von der Sünde abhält, es auch außerhalb von ihm ein System zur Aufsicht über das Verhalten der Einzelnen in der Gesellschaft geben soll. Mit anderen Worten: Gemäß Islam muss jeder nicht nur selber auf sich achten und sein eigenes Verhalten beurteilen, sondern er muss auch Verantwortung gegenüber seinen Mitmenschen und deren Verhalten verspüren.
In der Frühzeit des Islams hat das Gebot amr bil maruf wan nai an il munkar Gutes zu verbieten und Schlechtes zu verwehren – eine erfolgreiche Rolle bei der Festigung und Verwurzelung der Werte der Religion Gottes gespielt.
Der Prophet des Islams hat beim Aufbau der islamischen Kultur und Festigung der moralischen und gesellschaftlichen Normen als erstes die Menschen mit den elementaren Grundsätzen des Islams vertraut gemacht und danach die allgemeine Pflicht zum Gebieten des Guten und Verwehren des Schlechten zur Hilfe genommen, um die islamischen Werte zu verankern und kulturell Veränderungen zu bewirken. Diese Kollektivaufsicht in der Gesellschaft veranlasste die Muslime dazu, die Gesetze zu achten und einzuhalten. Zudem war der Prophet in eigener Person ein anschauliches effektives Beispiel bei der Verbreitung des Guten. Die Edlen aus seinem Hause sind seinem Vorbild gefolgt und haben sich intensiv in Wort und Tat dafür eingesetzt, dieses nützliche Regel zu stärken. Im nächsten Teil werden wir noch mehr zu diesem Thema bringen.