Apr 06, 2021 09:15 CET
  • Sinnvolle Wegzeichen der Ahl-ul-Bait (28 – korrekt vorgehen!)   

Die kollektive Praktizierung der Regel, das Gute zu gebieten und das Schlechte zu verwehren, gereicht dem Einzelnen und der gesamten Glaubensgemeinde zum Wohle. Daher haben der Prophet und seine Ahl-ul-Bait dieses Gebot hervorgehoben.

 

 

Laut dem Koran kann nur diejenige Gemeinschaft, die dieses wichtige Gebot durchführt, die beste aller Gemeinschaften sein. 

Gott hat in der Sure 9 (Tauba) zwischen den Heuchlern und den Gläubigen unterschieden. Über die Heuchler und Heuchlerinnen (Munafiq) heißt es im Vers 67 dieser Sure, dass sie das Verwerfliche  gebieten und vom Guten abhalten. Es heißt dort, dass sie Gott vergessen haben und Er sie daher außer Acht lässt und ihnen keine Gnade mehr erweist.. Aber im Vers 71 der gleichen Sure lesen wir:

Die gläubigen Männer und Frauen sind einer des anderen Beschützer. Sie gebieten das Rechte und verbieten das Verwerfliche, verrichten das Gebet und entrichten die (Zakat)Abgabe und gehorchen Allah und Seinem Gesandten. Sie sind es, derer Allah Sich erbarmen wird. Gewiss, Allah ist Allmächtig und Allweise.

 

Dem Koran ist zu entnehmen, dass es zum Verlust der göttlichen Barmherzigkeit und zum Niedergang der Gesellschaft führt, wenn das Gebot Gutes zu gebieten und Schlechtes zu verwehren, nicht mehr beachtet wird.

Dies finden wir auch mit den Versen 78 und 79 der Sure 5 (Maida) bestätigt. Dort heißt es nämlich:

Verflucht wurden diejenigen von den Kindern Israils, die ungläubig waren, durch den Mund Dawuds (Davids)  und Isas, des Sohnes Maryams (Jesus, Sohn der Maria). Dies dafür, dass sie sich widersetzten und stets übertraten.

Sie pflegten einander nichts Verwerfliches, das sie taten, zu verbieten. Fürwahr, wie schlimm ist, was sie zu tun pflegten!

                    

Eine wichtige Angelegenheit in Sachen Durchführung des genannten Gebotes ist die Beachtung der moralischen Grundsätze. Wieder können wir uns am Propheten und den Nachfolgern aus seinem Hause ein gutes Beispiel nehmen. Weil sie selber den Islam vorlebten, haben auch ihre Empfehlungen ein große Wirkung auf die anderen gehabt. Ihre Treue zu den eigenen Empfehlungen war eine starke Stütze für die Stabilisierung der islamischen Werte. Davon zeugen zahlreiche Berichte aus dem Leben dieser Edlen. Hier ein Beispiel:

Der Abbasidenkalif Mamun hatte einst angeordnet, dass eine Diskussionsrunde zwischen dem achten Imam der Schiiten (Imam Ridha – gegrüßet sei er)  und Imran Sabi, einem materalistisch eingestelltem Intellektuellen, der nicht an Gott glaubte, stattfinden sollte. Imran Sabi stellte nacheinander Fragen über Tauhid - die Einheit Gottes - an den Imam und diskutierte mit ihm. Auf jede seiner Fragen antwortete Imam Ridha (F) mit logischen Argumenten.

Die Diskussion hatte  ihren Höhepunkt erreicht, als es gerade Zeit für das Mittagsgebet wurde. Imam Ridha (F) brach die Diskussion ab, damit er sich auf die Verrichtung des Mittagsgebetes vorbereitet. Aber Imran Sabi bat ihn, die Diskussion nicht einzustellen. Er sagte:  „Brecht nicht  meine Frage ab, denn ich spüre, dass mein Herz weich und bereit geworden ist, die Wahrheit zu akzeptieren.“ Doch Imam Ridha ließ sich nicht von den Gefühlen Imran Sabis beeinflussen und sagte: „Ich verrichte das Gebet und werde zurückkehren.“ Imam Ridha (F) verrichtete zusammen mit seinen Gefährten das Gebetsritual und danach kehrte er zur Sitzung zurück und setzte die Diskussion fort (aus Uyun ul Achbar Al Ridha, Bd. 1 S. 172).

 Auf diese Weise hat der Imam durch sein Verhalten das Gute geboten. Durch die Verrichtung des Gebetes zum erstmöglichen Zeitpunkt direkt nach dem Gebetsaufruf hat er die Gott-Dienstbarkeit über alles andere gestellt. Dieses Verhalten Imam Ridhas (F) war in sich ein wichtiger praktischer Schritt zur Hervorhebung und Festigung des Tauhid-Gedankens. Es lässt sich als praktische Veranschaulichung dessen betrachten, für was  Imam Ridha (F) im Gespräch mit dem materialistisch orientierten Imran Sabi verbal eingetreten war.

                    

Wie zuvor erwähnt, hat Imam Sadiq (F) gesagt, dass das Gebieten des Guten und Verwehren des Schlechten für jemanden eine Pflicht ist, der dazu imstande ist und sich auskennt und gut und schlecht voneinander unterscheiden kann.  Und nicht nur das, er soll nur dann das Gute gebieten und das Schlechte verwehren, wenn es eine positive Wirkung hat.  Für eine erfolgreiche Ermahnung anderer spielt es eine wichtige Rolle, die zeitlichen und örtlichen Bedingungen sowie denjenigen, an den sich die Ermahnung richtet, genau zu kennen und zu wissen, was diesem zum Wohle gereicht.

 Imam Musa Kadhim (F)  hat zu seinem Schüler Hischam Ibn Hakam gesagt: Zu den Rechten deines muslimischen Bruders gehört, dass du ihm nicht verbirgst und vorenthältst, was in Sachen des Diesseits und seines Jenseits zu seinen Gunsten ist. Das Gebieten und Verbieten, welches einem anderen  im Diesseits und Jenseits etwas nützt, muss geschehen. Denn dies zählt zu den Rechten eines Gläubigen gegenüber einem Gläubigen. (Bihar-ul-Anwar, Bd. 78, S. 30) 

Das Gebieten des Guten und Verbieten des Schlechten setzt wichtige Faktoren bei dem voraus, der dieses Gebot ausübt - zum Beispiel ein tiefes Religionsverständnis und die Kenntnis der religiösen Regeln sowie  eine aufrichtige Absicht und Bescheidenheit.   Es dürfen keine Heuchelei, Neid, Überheblichkeit und  Zorn mitspielen und es darf nicht geschmäht werden.  Der Prophet und die Ahl-ul-Bait haben uns  mit den guten Sitten für die Praktizierung dieses Gebotes vertraut gemacht.  Je nach der Situation sind sie unterschiedlich vorgegangen. Manchmal haben sie  sanft und nachsichtig und manchmal sehr bestimmt und unumwunden eine Tat gelobt oder verworfen. Dies mit dem Ziel die religiösen Werte unter den Menschen zu verbreiten. 

                         

Die Imame aus dem Hause des Propheten (F) äußerten sich klar und deutlich gegenüber dem Unrecht der Umayyaden und Abbasiden, und diese Stellungnahmen waren eine Form des Gebieten des Guten und Verwerfen des Schlechten. Hier ein Beispiel aus dem Leben Imam Hadis (F):

 Der Abbasidenkalif Mutawakil hatte einigen seiner Leute befohlen, nachts in das Haus von Imam Hadi (F) einzudringen und es zu durchsuchen. Jemand hatte ihm nämlich gesagt, dass der Imam in seinem Hause Waffen verberge, um einen Aufstand gegen sein Regime zu verüben.  Doch die Leute des Kalifen konnten keine Waffen im Haus des Imam finden. Sie trafen den Imam in einer Kammer beim Verlesen des Korans an. 

Ihnen war befohlen worden, dass sie Imam Hadi (F) an den Hof von Mutawakil holen. 

Als  Mutawakil den Imam erblickte, bot er ihm den Platz neben sich an. Mutawakil hielt einen Weinbecher in der Hand und er bot Imam Hadi an, daraus zu trinken.   Aber Imam Hadi (F) sagte: „Bei Gott, niemals wurde mein Fleisch und Blut mit Wein vermischt und wird niemals mit diesen vermischt werden.“

Damit hat der Imam praktisch das Schlechte, was Mutawwakil und seine Leute gerade taten, für verwerflich erklärt.

Nach diesem entschiedenen Stellungnahme des Imams rief Mutawwakil ihn auf,  ein Gedicht vorzutragen. Da trug Imam Hadi (F) ein Gedicht vor, das genau auf die Lage von Mutawwakil und der Teilnehmer an dem Festgelage zutraf. Auf diese Weise erfüllte er ebenso das Gebot, Gutes zu gebieten und Schlechtes zu verbieten; diesmal auf poetischem Wege. Hier  das Gedicht des Imams:

„Sie waren auf den Gipfeln der Berge von starken Männern bewacht
und dennoch hatten die Gipfel nichts genützt ihnen.
Sie wurden von ihren Festungen nach soviel Stärke hinab gestoßen
und in Gruben wohnhaft gemacht; sehr elend ist die Unterkunft von ihnen.
Ein Rufender hat sie nach ihrem Begräbnis gerufen:
„Wo sind nun die Armbänder, die Kronen und die Juwelen?
Wo sind die Gesichter, die im Wohlstand waren,
für die Vorhänge aufgezogen worden sind und Hüllen.“
Da sprach dann das Grab über sie als es befragte sie:
Diese Gesichter werden (jetzt) umkämpft von Würmern...
Lange Zeit gegessen und getrunken haben sie, und heute werden sie
nachdem sie gegessen haben, (selber) aufgefressen (von Würmern).
Häuser gebaut, um darin zu wohnen, haben sie lange,
dann haben sie sich getrennt von den Häusern und der Familie
und sind (ins Grab) umgezogen.
Eigentum angehäuft und aufgespart haben sie lange,
dann haben sie es auf die Feinde verteilt und sie sind fortgezogen.

Das Gedicht des Imams (F) welches in dem Werk (Bihar ul Anwar, Bd. 50,  S.218) wiedergegeben wird,  erinnerte auf seine Weise Mutawwakil und die anderen, die wie er Gott vergessen hatten und sich über die Gebote Gottes hinwegsetzend ihren zweifelhaften Vergnügen nachgingen, an ihren Tod.

Als das Gedicht zu Ende war, weinte der Kalif heftig und ordnete an, dass der Imam respektvoll nach Hause zurückzubegleiten sei.

                         

Das Leben des Propheten und der Ahl-ul-Bait – der Edlen aus seinem Hause -enthält zahllose Lehren für uns. Wir konnten hier nur einige Beispiele dafür im Zusammenhang mit dem Gebot amr bil maruf wan nai an il munkar anführen.  In Zukunft werden wir  noch weitere Standpunkte und Verhaltensweise dieser vorbildlichen Persönlichkeiten des Islams zu sozialen und politischen Angelegenheiten vorstellen.