Jul 05, 2021 11:54 CET

Wir haben die ersten 14 Verse der  Sure Ahqaf (Sure 46) besprochen und setzen unsere Erklärungen bei dem Vers 15 fort. Dieser Vers lautet:

(46:15 -18)

                                      

وَوَصَّيْنَا الْإِنسَانَ بِوَالِدَيْهِ إِحْسَانًا ۖ حَمَلَتْهُ أُمُّهُ كُرْهًا وَوَضَعَتْهُ كُرْهًا ۖ وَحَمْلُهُ وَفِصَالُهُ ثَلَاثُونَ شَهْرًا ۚ حَتَّىٰ إِذَا بَلَغَ أَشُدَّهُ وَبَلَغَ أَرْبَعِينَ سَنَةً قَالَ رَبِّ أَوْزِعْنِي أَنْ أَشْكُرَ نِعْمَتَكَ الَّتِي أَنْعَمْتَ عَلَيَّ وَعَلَىٰ وَالِدَيَّ وَأَنْ أَعْمَلَ صَالِحًا تَرْضَاهُ وَأَصْلِحْ لِي فِي ذُرِّيَّتِي ۖ إِنِّي تُبْتُ إِلَيْكَ وَإِنِّي مِنَ الْمُسْلِمِينَ

„Und Wir haben dem Menschen anempfohlen, zu seinen Eltern gütig zu sein. Seine Mutter hat ihn unter Schmerzen und Beschwerden getragen und unter Schmerzen zur Welt gebracht. Die (Zeit der) Schwangerschaft mit ihm bis zu seiner Entwöhnung (beträgt) dreißig Monate. Wenn er dann seine Vollreife erlangt hat und das Alter von vierzig Jahren erreicht hat, sagt er: `Mein Herr, veranlasse mich, für Deine Gunst zu danken, die Du mir und meinen Eltern erwiesen hast, und rechtschaffen zu handeln, womit Du zufrieden bist. Und lass mir meine Nachkommenschaft rechtschaffen sein.  Ich wende mich Dir ja in Reue zu, und ich gehöre ja zu den (Dir) Ergebenen`.“ (46: 15)

                                          

Es ist charakteristisch für den Islam, dass er Wert auf Angelegenheiten der Familie legt und daher ist ein beachtlicher Teil der Verse im Koran und der islamischen Lehre diesem Thema gewidmet. Zusammengefasst geht es in den betreffenden Versen um die Empfehlung zur Eheschließung und Gründung einer Familie, um die liebevollen und gütigen Beziehungen zwischen Eheleuten, um Nachwuchs und die richtige Erziehung von Kindern, ebenso wie um praktische Wege zur friedlichen Beilegung von Ehestreit oder auch um die Trennung, wenn dies notwendig ist.

 

Der obige Vers beginnt mit der Empfehlung Gottes an alle Menschen, ob sie nun gläubig sind oder nicht, ihre Eltern gut zu behandeln. Er erinnert den Menschen an  die Mühen, die Eltern für ihre Kinder auf sich nehmen, insbesondere die Mütter, damit er  gegenüber seinen Eltern bescheiden bleibt und ihnen Dankbarkeit erweist.

 Leider werden heutzutage der Individualismus und die persönlichen Wünschen in den Vordergrund gestellt. Infolgedessen hat die Zahl der Eheschließungen abgenommen und werden weniger Familien gegründet.  Und wenn jemand heiratet, möchte er keine oder nur wenig Kinder. Diese Entwicklung hat in den Industriestaaten zu einem Rückgang der Bevölkerung und zur Alterung der Gesellschaft geführt.                 

Gemäß Islam steht jemand, der das 40. Lebensjahr erreicht hat, auf dem Gipfel seiner körperlichen und geistigen Reife und in der Regel ist er in diesem Alter verheiratet und hat Kinder. Aber das soll ihn nicht seine eigenen Eltern vergessen lassen, sondern er muss noch mehr als zuvor daran denken, ihnen Gutes zu tun.

Gütig zu den Eltern zu sein, muss nicht unbedingt darin bestehen, ihnen finanziell zu helfen, denn in vielen Fällen sind Vater und Mutter ja  finanziell versorgt und nicht auf finanzielle Unterstützung angewiesen.  Sie haben aber ein Bedürfnis nach Liebe und Beachtung seitens ihrer Kinder, und im fortgeschrittenen Alter sind sie womöglich auf liebevolle Pflege und auf ärztliche Versorgung angewiesen. Wenn Gott empfiehlt, dass der Mensch seine Eltern gütig behandeln soll, so sind alle diese Aufmerksamkeiten  damit gemeint.

Natürlich darf die Beachtung der Eltern wiederum auch nicht dazu führen, dass der Mensch seine eigene Familie vernachlässigt. Deshalb wird im Anschluss an die Aufforderung, den Eltern Liebe zu erweisen, im obigen Vers auf  die Erziehung von guten Kindern hingewiesen. Eltern müssen unermüdlich um die bestmögliche Erziehung ihrer Kinder bemüht sein und Gott um Seinen Beistand dafür bitten. 

 

Folgendes möchten wir hervorheben:

Erstens: Ein Recht jedes Vaters und jeder Mutter gegenüber dem Kind besteht darin, dass ihr Kind ihnen bis an ihr Lebensende Güte erweist, und zwar nicht nur sporadisch und nur wenn nötig, sondern unentwegt.

Zweitens: Die gütige Behandlung der Eltern setzt nicht voraus dass sie Muslime ist.

Drittens:  Sowohl dem Vater als auch der Mutter ist Güte zu erweisen,  aber die Mutter genießt ein Sonderrecht gegenüber ihrem Kind und muss noch mehr Gegenliebe erfahren, denn sie hat die Beschwerden und Mühen  während der Schwangerschaft, Geburt und der Stillzeit auf sich genommen.

Viertens:  Die Erinnerung an die Schmerzen und Härten, welche die Mutter ertragen hat, entfacht in den Kindern menschliche Gefühle.

Fünftens: Gott empfiehlt dem Menschen, für seine Kinder zu beten und sie gut zu erziehen, sich mit seine Bitten an Ihn zu wenden und den Eltern Dienste zu erweisen.

                                                                    

Es folgt der Vers 16 der Sure Ahqaf:

 

أُولَٰئِكَ الَّذِينَ نَتَقَبَّلُ عَنْهُمْ أَحْسَنَ مَا عَمِلُوا وَنَتَجَاوَزُ عَن سَيِّئَاتِهِمْ فِي أَصْحَابِ الْجَنَّةِ ۖ وَعْدَ الصِّدْقِ الَّذِي كَانُوا يُوعَدُونَ

„Das sind diejenigen, von denen Wir das Beste von dem, was sie getan haben, annehmen und über deren böse Taten Wir hinwegsehen, unter den Bewohnern des (Paradies)gartens – (dies ist) das wahrhaftige Versprechen, das ihnen stets gegeben wurde.“ (46: 16)

 

In dem vorherigen Vers hat Gott dem Menschen guten Ratschlag bezüglich seiner Eltern und Kinder gegeben. Und in diesem Vers stellt er die hohe Belohnung für diejenigen, die diese wichtige Empfehlung Gottes ernst genommen haben, in Aussicht. Der Vers enthält die Verheißung Gottes, dass die gütigen Menschen ins Paradies einkehren. Und welche Verheißung ist noch wahrer als die Verheißung Gottes?  Gott hält seine Versprechen.  Natürlich setzt die Einkehr ins Paradies die Läuterung von Sünden voraus. Daher sieht Gott über die Sünden der Gutes Tuenden hinweg und akzeptiert  ihre Taten auf beste Weise. Gott belohnt die Rechtschaffenen für ihre guten Werke um ein Vielfaches, und das ist eine große Gnade, die Er ihnen erweist.

 

Wir können drei Punkte anführen:

Erstens: Der Wert einer guten Tat ist darin zu messen, inwieweit Gott sie akzeptiert. Gott wird ein gutes Werk,  wenn es  die notwendigen Bedingungen erfüllt und auf beste Weise vollbracht wird, natürlich akzeptieren.

Zweitens: Die gütige Behandlung der Eltern ist eine Grundlage dafür, dass Gott gute Werke akzeptiert und Sünden verzeiht und gnädig ist.

Drittens:  Wer seinen Eltern einen Dienst erweist, insbesondere seiner Mutter, der ebnet sich den Weg für die Einkehr ins Paradies.

                        

Die Verse 17 und 18 der Sure Ahqaf lauten:

 

وَالَّذِي قَالَ لِوَالِدَيْهِ أُفٍّ لَّكُمَا أَتَعِدَانِنِي أَنْ أُخْرَجَ وَقَدْ خَلَتِ الْقُرُونُ مِن قَبْلِي وَهُمَا يَسْتَغِيثَانِ اللَّهَ وَيْلَكَ آمِنْ إِنَّ وَعْدَ اللَّهِ حَقٌّ فَيَقُولُ مَا هَٰذَا إِلَّا أَسَاطِيرُ الْأَوَّلِينَ

„Und derjenige, der zu seinen Eltern sagt: `Pfui über euch! Versprecht ihr mir etwa, ich sollte (nach dem Tod lebendig aus dem Grab) hervorgebracht werden, wo vor mir bereits (unzählige) Geschlechter dahingegangen (und niemals ins Leben zurückgekehrt) sind?`, und sie flehen beide Allah um Hilfe an (und sagen zu ihm): `Wehe dir! Glaube doch! Gewiss, Allahs Versprechen ist wahr`. Und er sagt: `Das (- diese Verheißungen -) sind nur Legenden der Vorfahren`.“ (46: 17)

 

أُولَٰئِكَ الَّذِينَ حَقَّ عَلَيْهِمُ الْقَوْلُ فِي أُمَمٍ قَدْ خَلَتْ مِن قَبْلِهِم مِّنَ الْجِنِّ وَالْإِنسِ ۖ إِنَّهُمْ كَانُوا خَاسِرِينَ

„Das sind diejenigen, gegen die das Wort (der Strafe Gottes) unvermeidlich fällig geworden ist, unter (anderen) Gemeinschaften von den Dschinn und den Menschen, die bereits vor ihnen dahingegangen sind. Gewiss, sie sind ja Verlierer gewesen.“ (46: 18)

                           

Im Gegensatz zu rechtschaffenen Kindern, die auf beste Weise ihren Eltern Gutes tun, wachsen aber auch in einigen Familien Kinder auf, die mit ihren Eltern grob umgehen und sie verletzen. Sie beachten nicht die Rechte ihrer Eltern und akzeptieren nicht die Bemühung der Eltern um ihre religiöse Erziehung. Sie machen sich sogar über die religiösen Überzeugungen ihrer Eltern lustig und bezeichnen die Verheißungen der Propheten Gottes als Lüge.

Es liegt auf der Hand, dass solche undankbaren Menschen, die sich gegen Recht und Wahrheit sträuben,  zu den Übeltätern und Sündern der früheren Völker gereiht werden. Es trifft sie der Zorn Gottes und es erwartet sie ein schlimmes Ende, dem sie nicht entkommen können.

 

Wir lernen:

Erstens: Einige Kinder handeln zuwider der guten Moral ihrer Eltern und verlassen den rechten Weg. Aber die Eltern sollen sie deshalb nicht verstoßen oder verwünschen, sondern sie sollen für sie beten und sie auf den Weg Gottes rufen.

Zweitens: Eltern tragen hinsichtlich der Rechtleitung ihrer Kinder  eine Verantwortung und sie müssen um deren religiöse Erziehung und spirituellen Wachstum bemüht sein, selbst wenn sie kein positives Ergebnis ihrer Bemühungen zu Gesicht bekommen.

Drittens: Wer Gott, die Rückkehr zu Gott und das Jenseits außer Acht lässt, der vernachlässigt seine Pflichten gegenüber seinen Eltern, verletzt ihre Rechte, und es kann sogar sein, dass er gegen sie opponiert.