Sep 16, 2021 07:55 CET

Wir beginnen heute die Besprechung der Sure 48. Sie heißt Fath (der Sieg). 

(48: 1- 4 )

                             

Diese Sure wurde dem Prophet nach dem Friedensschluss von Hudaibiya im 6. Jahr nach der Hidschra und dem Mondkalender offenbart. In diesem Jahr hatte der Prophet mit einer großen Zahl von Muslimen Medina verlassen und war in Richtung Mekka gezogen, um dort den kleinen Hadsch (Umra) durchzuführen. Aber nahe bei Mekka, in dem Gebiet Hudaibiya, versperrten die Götzendiener ihnen den Weg und erlaubten ihnen nicht, Mekka zu betreten.

Die Muslime und die Götzendiener verhandelten jedoch miteinander und ihre Gespräche führten schließlich zu einer Vereinbarung zwischen dem Propheten und den Anführern der Götzendiener. Dieser Friedensschluss wurde nach dem Ort, wo er geschlossen wurde, Friedensvertrag von Hudaibiya benannt.  Gemäß diesem Vertrag wurde den Muslimen gestattet, dass sie in den darauffolgenden Jahren nach Mekka kommen, um den Hadsch durchzuführen. Auf dem Rückweg nach Medina wurde dem Propheten diese Sure mit der frohen Kunde vom Sieg geoffenbart.

Hier nun die ersten drei Verse dieser Sure, die wieder eingeleitet wird, mit:

bismillahir rahman-ir rahim

 Im Namen Gottes des Allerbarmers, des Gütigen

                

 إِنَّا فَتَحْنَا لَكَ فَتْحًا مُّبِينًا                 

„Gewiss, Wir haben dir einen deutlichen Sieg verliehen,“ (48: 1)

 

 لِّيَغْفِرَ لَكَ اللَّهُ مَا تَقَدَّمَ مِن ذَنبِكَ وَمَا تَأَخَّرَ وَيُتِمَّ نِعْمَتَهُ عَلَيْكَ وَيَهْدِيَكَ صِرَاطًا مُّسْتَقِيمًا 

„damit dir Allah das von deinen Sünden vergebe, was vorher war und was später sein wird (und die Gotteswidersacher dir vorwerfen), und damit Er Seine Gunst an dir vollende und dich einen geraden Weg leite“ (48: 2)

 

وَيَنصُرَكَ اللَّهُ نَصْرًا عَزِيزًا

„und (damit) Allah dir helfe mit mächtiger Hilfe.“ (48: 3)

                      

Zu Beginn dieser Sure wird dem Propheten nach dem Friedensvertrag von Hudaibiya ein wichtiger zukünftiger Sieg verkündet. Vor dem Friedensvertrag hatten die Götzendiener nur eines im Kopf, nämlich die Vernichtung der Muslime. Sie hatten bis dahin die Muslime überhaupt nicht respektiert, aber durch den Friedensschluss von Hudaibiya hatten sie sie  praktisch anerkannt,  und  es war ein Ergebnis dieses Vertrages, dass die Muslime zwei Jahre später Mekka einnehmen und die Götzendiener entscheidend besiegen konnten.

Als der Prophet des Islams erschien, gerieten die falschen Bräuche und der Aberglauben aus der Zeit der Unwissenheit ins fragliche Licht. Aufgrund der Lehren des Islams   wurde das alte Klassensystem  nicht mehr beachtet. Vielmehr galten alle  als Diener Gottes und als Brüder, unabhängig davon, welcher Abstammung sie waren.  Natürlich missfiel es den Anführern der Götzendiener sehr, dass der Prophet die falschen Bräuche aus der Zeit der Unwissenheit, darunter die Götzenanbetung, bekämpfte. Das empfanden sie als Vergehen und deshalb war in ihren Augen der Prophet des Islams ein Sünder und schuldig.

                    

Doch die falschen Bräuche aus der vorislamischen Zeit wurden durch den Erfolg des Propheten beseitigt und es lässt sich sagen, dass eine wichtige Errungenschaft des Friedensvertrages von Hudaibiya und danach der Eroberung von Mekka  gerade darin bestand. Der Prophet des Islams errichtete in Mekka und Medina eine islamische Ordnung, der Streit zwischen den Volksstämme wurde beigelegt, und der Geist der Brüderlichkeit zwischen allen Mitgliedern der Gesellschaft verbreitet.

                           

Wir können uns im Zusammenhang mit diesen Versen und dem Anlass ihrer Offenbarung merken:

Erstens: durch eine Planung und Entschlussfassung, die sich auf die vorhandenen Tatsachen stützen, wird der Weg zum Erfolg geebnet.  Der Sieg über einen Feind ist nicht immer durch bewaffneten Kampf erzielbar. Manchmal sind es auch Friedensvereinbarungen, welche die Voraussetzungen für einen Sieg über den Feind schaffen.

Zweitens: Wenn wir danach streben, unsere Pflicht zu erfüllen und uns nicht vor den möglichen Folgen fürchten, wird Gott die Dinge so verlaufen lassen, dass diese Folgen wegfallen und sich das gewünschte Resultat ergibt.

Drittens: Die Entscheidung des Propheten für einen Friedensschluss mit dem Feind oder für den bewaffneten Kampf gegen ihn beruhte auf der Rechtleitung Gottes und nicht auf persönlichem Wunsch und Gutdünken.

                        

Im Vers 4 der Sure Fath heißt es weiter:

 

 هُوَ الَّذِي أَنزَلَ السَّكِينَةَ فِي قُلُوبِ الْمُؤْمِنِينَ لِيَزْدَادُوا إِيمَانًا مَّعَ إِيمَانِهِمْ ۗ وَلِلَّهِ جُنُودُ السَّمَاوَاتِ وَالْأَرْضِ ۚ وَكَانَ اللَّهُ عَلِيمًا حَكِيمًا                        

„Er ist es, der die innere Ruhe in die Herzen der Gläubigen herabgesandt hat, damit sie in ihrem Glauben noch an Glauben zunehmen. Und Allah gehören die Heerscharen der Himmel und der Erde. Und Allah ist Allwissend und Allweise.“ (48: 4)

 

Mit dem Friedensvertrag von Hudaibiya waren die meisten Muslime nicht zufrieden. Denn sie hatten Mekka nicht betreten und den Hadsch nicht durchführen können. Darüber waren sie traurig und hatten das Gefühl, gescheitert zu sein. Als dann aber die Sure Fath auf den Propheten herabkam und den Muslimen verheißen wurde , dass sie in Zukunft siegen werden, waren sie beruhigt, und dies stärkte ihren Glauben an das, was der Prophet Gottes ihnen verkündet, und in die Verheißungen Gottes.

Es ist klar, dass jemand der davon überzeugt ist, dass die ganze Welt der göttlichen Bestimmung unterworfen ist, und der in allen natürlichen Erscheinungen im Himmel und auf der Erde Heerscharen Gottes sieht, niemals denkt, er sei gescheitert, und dass er sich nicht von den Machtgebärden der Feinde einschüchtern lässt. 

 

Folgendes wollen wir noch anmerken:

Erstens: Zu den Gnaden, mit denen Gott die Gläubigen versieht, gehört die Ruhe, die er in ihr Herz schickt. Unterdessen gehört es zu der göttlichen Bestrafung von Seinen Widersachern, dass er ihren Herzen Angst und Schrecken einflößt.

Zweitens: Es gibt unterschiedliche Grade der Gläubigkeit und außerdem kann sie sowohl zurückgehen als auch wachsen. In Wahrheit wird mit den  verschiedenen Ereignissen und Schwierigkeiten die Gläubigkeit auf die Probe gestellt.

Drittens: Den Gläubigen wird innere Ruhe geschenkt, wenn sie an die Allmacht, die Allwissenheit und Allweisheit Gottes denken und erwägen, dass alle Phänomene in der Natur dem Befehl Gottes unterworfen sind.