Nov 19, 2021 06:16 CET

Wir möchten dieses Mal einige Grundlagen für das ethische Denken im Islam betrachten.

 

Wie Sie wissen, dreht sich das Thema dieser Sendung um die Moral aus islamischer Sicht. Wir sagten, dass der erste Schritt, der für die Treue zu moralischen Werten nötig ist, die Kenntnis von uns selbst ist.  Wenn wir die kostbare Essenz, die Gott uns so gütig war zu verleihen, kennen und uns klar darüber sind, welchen hohen Platz Er uns in der Daseinsordnung eingeräumt hat, werden wir die heilige Sphäre der moralischen Werte mit aller Kraft beschützen.   Außerdem hat der Allmächtige ja den Menschen in bester Weise erschaffen, ihm von Seinem Geist eingehaucht und ihn zu Seinem Statthalter auf Erde auserkoren. Darüber hinaus hat Er uns die nach Gott suchende Fitra (Natur) mitgegeben. Um zu verhüten, dass der Menschen bei der Unterscheidung der guten von den schlechten Eigenschaften einen Irrtum begeht, hat Gott dem Menschen eingegeben, was edel und was hässlich ist. Ganz abgesehen von allen diesen Dingen hat der Schöpfer und Herr des Daseins, alle materiellen und immateriellen Möglichkeiten dem Menschen zur Verfügung gestellt, um seinen Weg in Richtung Vollkommenheit zu ebnen.

Auf der materiellen Ebene hat er das, was im Himmel und auf der Erde ist, dem Menschen unterworfen: In der Sure  45         (Dschathiyah) steht im Vers 13:  

Und Er hat euch alles, was in den Himmeln und was auf der Erde ist, dienstbar gemacht

Das bedeutet, dass der Mensch zur vernünftigen Nutzung aller Gaben, die Gott zur Verfügung gestellt hat, berechtigt ist.

                                    

 

Bereits in den vergangenen Jahrhunderten hat der Mensch dank des wissenschaftlichen und zivilisatorischen  Fortschrittes großen Nutzen aus den erstaunlichen Ressourcen und Quellen der Natur ziehen können. Aber in der jetzigen Ära hat er nicht nur die Erde genutzt, sondern ist sogar ins All und in die tiefsten Regionen der Meere vorgedrungen und hat bedeutende Errungenschaften erzielt, die einen Wandel auslösten. Doch hat Gott zusätzlich zu den zahllosen materiellen Möglichkeiten, die Er dem Menschen zur Verfügung gestellt hat,  ihm noch  auf der immateriellen Ebene einmalige Gnaden erwiesen,  die eine bedeutende Rolle für sein Schicksal spielen.

Einer der höchsten dieser Gnaden ist die Aussendung von Propheten und die Herabsendung von Himmelsschriften gewesen. Der Mensch wurde zwar mit reichen, guten Fähigkeiten und Vorzügen erschaffen, jedoch muss er erst erzieherisch in die richtige Bahn gelenkt werden, damit er die Fähigkeiten, mit denen Gott ihn ausgestattet hat,  entfalten und sie immer weiter vervollkommnen kann. Das Ziel aller Propheten Gottes und der Herabsendung der Himmelsbücher, welche die Routenkarte mit den grundlegenden Richtlinien für alle Lebenssituationen und die Bedürfnisse der wahren Natur des Menschen und für die Gestaltung des Lebens enthalten, besteht darin, dass der Mensch charakterlich veredelt wird. Dank der Methoden der Gesandten Gottes zur charakterlichen Erziehung des Menschen erreicht dieser seine Würde und kann an das Endziel seiner Erschaffung gelangen. Darüber hat der Koran an verschiedenen Stellen gesprochen. Zum  Beispiel in der Sure 57 (Hadid) im Vers 25:     

Wir haben ja Unsere Gesandten mit den klaren Beweisen gesandt und mit ihnen die Schrift und die Waage (zur Unterscheidung der Wahrheit von der Lüge) herabgesandt, damit die Menschen für die Gerechtigkeit eintreten. Und Wir haben das Eisen herabgesandt. In ihm ist starke Gewalt und Nutzen für die Menschen –, damit Allah die bezeichne, die Ihm und Seinen Gesandten im Verborgenen helfen. Gewiss, Allah ist stark und allmächtig.

 

Damit nun die schöne Schöpfung des Menschen keinen Schaden erleidet, hat Gott der Allmächtige, neben Aussendung der Überbringer seiner Botschaften, im Inneren des Menschen noch einen erhellenden Wegweiser bestimmt. Dieser Wegweiser ist die Vernunft. Der Menschen soll aus diesen beiden Quellen – der  Vernunft und der Offenbarung – schöpfen und sie bewusst nutzen, um die moralischen, menschlichen Werte und die hohe Stellung, die Gott der Menschheit verliehen hat, zu behüten. Diese Kräfte sollen den Menschen davon abhalten, seinen eigenwilligen Launen und den Versuchungen Satans, welche beide den Menschen an den Rand zum Absturz drängen, zu folgen.

 

Zusätzlich zu all diesen einmaligen Besonderheiten, die der Schöpfer alles Schönen den Menschen verliehen hat und die wir nannten,  hat Gott ihn mit  einer weiteren Ehrenmedaille ausgezeichnet, damit er nicht seinen Rang und Wert vergisst. Wir lesen im Vers 70 der Sure 17 (Isra´)   

Und Wir haben ja die Kinder Adams geehrt; Wir haben sie auf dem Festland und auf dem Meer getragen (und sie diese beherrschen lassen)  und sie von den guten Dingen versorgt, und Wir haben sie vor vielen von denen, die Wir erschaffen haben, eindeutig bevorzugt.

Ist denn noch ein höherer Rang für den Menschen denkbar? Welche der weltlichen Ehrungen und gesellschaftlichen oder politischen Positionen, die ohnehin nicht so lange dauern,  halten denn einem Vergleich mit dieser Ehrung durch Gott stand?! Der Schöpfer der Welt macht deutlich, dass nur Er wahrhaftig den Menschen ehrt, denn es heißt zum Schluss der eben genannten Stelle in der Sure 17:

Wir haben sie vor vielen von denen, die Wir erschaffen haben, eindeutig bevorzugt.

 

 

An dem glänzenden Schöpfungsbild des menschlichen Seins lässt sich leicht ablesen, welche wichtige Rolle die Moral in der Menschen veredelnden Kultur des Islams spielt. Denn der Wert des Menschen lässt sich nur bewahren, wenn er sich mit hohen moralischen Werten schmückt.  Und dies ist auch der Grund dafür, dass Gott von all den einmaligen Eigenschaften des Überbringers des Islams seine Moral und Wesensart auswählt, um ihn zu loben und in der 

Sure 68  (Qalam), Vers 4 über ihn sagt: 

Und du bist wahrlich von großartiger Wesensart.

Und so kommt es auch, dass der geehrte Prophet des Islams (S) über den Sinn seiner Aussendung wie folgt sagt:

„Ich bin nur zur Überbringung der Botschaft berufen worden, damit die moralischen Tugenden vollendet werden.“