Dez 08, 2021 08:21 CET
  • Moral – islamisch gesehen (8 – drei wichtige Grundzüge)

Wir werden diesmal 3 Grundzüge der islamischen Kultur betrachten, bei deren Umsetzung die Erreichung der idealen islamischen Moral möglich wird, nämlich Ausgewogenheit, Vielseitigkeit und  die höchstmögliche Vervollkommnung als Zielsetzung.

 

  Liebe Freunde! Sie haben in den vorhergehenden Teilen schon einige Vorzüge der Morallehre des Islams kennengelernt und wir haben kurz andere Morallehren betrachtet und deren Mängel gesehen. Dennoch mag für den einen oder anderen die Frage auftauchen, wie wir verhindern können, über die Stränge zu schlagen oder umgekehrt eine Vernachlässigung zu begehen. Um das Problem zu klären, möchten wir Sie auf drei wichtige Grundzüge und Prinzipien der islamischen Kultur aufmerksam machen. Die Beachtung dieser drei Prinzipien ermöglicht uns die Erreichung der idealen islamischen Moral.

Das erste Prinzip lautet:  Das Wachstum der   moralischen Werte soll in ausgewogener Form verlaufen. Zum Beispiel sollten  wir uns nicht wie diejenigen verhalten, die das Leben vergöttern, sich bei ihren Zielsetzungen ganz auf die materiellen Werte konzentrieren  und alles an ihren eigenen üblichen Interessen messen. Wir sollten aber auch nicht wie diejenigen werden,  die in übertriebener Weise nur nach Immaterialität streben, sich  von allem Weltlichen abwenden und auf die erlaubten Freuden des Lebens verzichten, wodurch sie der Gott gegebenen Natur (Fitra) zuwiderhandeln.  Vielmehr sollen wir das diesseitige Leben mit allen seinen Möglichkeiten nutzen, um unsere Spiritualität und Religiosität zu entfalten.

Imam Ali (Friede sei mit ihm) hörte einmal jemanden über das Diesseits schimpfen. Da wandte er sich sofort an ihn und sagte (wie wir der Weisheit 131 im Nahdsch-ul Balagha entnehmen):

„Oh du, der du das Diesseits missbilligst, oh du, der du durch seine Täuschung getäuscht und durch seine Falschheit betrogen wurdest! Lässt du dich (erst) von ihm verblenden und missbilligst es daraufhin? Klagst du es an (dass es dich zu Sünden verführt), oder klagt es dich an? Wann hat es dich in Verwirrung gestürzt, oder wann hat es dich betrogen?...“

Dann führt der Imam  ein Beispiel  für gute Werke an, nämlich die Pflege  von Kranken in der Familie. Er fragt den  anderen:

„Wie oft hast du dich in ihrer Krankheit um sie bemüht, und wie oft hast du sie mit deinen Händen gepflegt, da du für sie Heilung begehrtest? Und du hast für sie am Morgen Ärzte konsultiert, wenn deine Medizin ihnen nichts nützte ...“

Dann verweist Ali (F) auf die wichtigen Gelegenheiten, die sich  im Leben  für das innere, spirituelle Wachstum bieten: 

„Wahrlich, das Diesseits ist eine Stätte der Aufrichtigkeit für den, der aufrichtig zu ihm ist, es ist eine Stätte des Wohlbefindens für den, der es versteht; eine Stätte des Reichtums, der davon Wegzehrung nimmt (für das Jenseits) und eine Stätte der Mahnung für den, der sich davon mahnen lässt.“

 

Und schließlich beschreibt der Imam die himmlische Seite des Lebens wie folgt:

 

„Es ist die Stätte der Niederwerfung für die, die Allah lieben. Es ist der Gebetsplatz der Engel Allahs, der Ort, an dem die Offenbarung Allahs niederkam und der Marktplatz für die Allah Nahestehenden. Sie erwarben darin die Barmherzigkeit und gewannen darin das Paradies.“

                          

Ein weiterer Vorzug der islamischen Moral besteht darin, dass sie aus dem Menschen eine vielseitige Persönlichkeit macht. Jemand, der in der islamischen Ethikschule großgezogen wurde, ist einerseits  Sympathie und Güte in Person und andererseits gegenüber denjenigen unnachgiebig, die sich an keinerlei moralische und menschliche Werte halten.  Er ist ein eifriger und Optimismus verbreitender Mensch und stellt sich gegen die Hoffnungslosigkeit. Er ist jemand, der einen Teil der Nacht im andächtigen Gebet und mit der Koranverlesung verbringt und am Tag zugleich mutig auf dem Schauplatz des Kampfes gegen die Anführer von Götzendienst, Unglauben und Heuchelei in Erscheinung tritt.  Er bemüht sich um die persönliche Moral, indem er Gott als den Mittelpunkt betrachtet, gemäß der Religion lebt und  nach Läuterung der Seele strebt. Zugleich legt er großen Wert auf die Moral in der Gesellschaft,  wie die Praktizierung der Menschenliebe, Einmütigkeit und Friedensliebe. Kurzum der zweite Grundzug der islamischen Morallehre liegt darin, dass sie  aus ihrem Befolger keinen einseitigen sondern einen vielseitigen Menschen macht, der auf allen Schauplätzen aktiv hervortritt. 

In diesem Zusammenhang sind der geehrte Prophet des Islams (Gottes Segen sei auf ihm und seinem Hause)  und die Makellosen Imame aus seiner Familie die besten Vorbilder. Ihr Gott-Dienen war einmalig und statt sich zurückzuziehen, wenn die Sache Gottes in Gefahr geriet, erschienen sie auf dem Schauplatz des Kampfes und waren  in allen Angelegenheiten der Gesellschaft  den anderen voraus. Ihnen war jegliche Form von Machtstreben fremd  und sie gingen  in politischen Angelegenheiten weise vor und waren fähige Vorsteher für die Gesellschaft.

                 

Es lässt sich ohne Weiteres sagen, dass eine der einmaligen Vorzüge der islamischen Ethiklehre darin besteht, dass sie nicht nur eine ausgewogene charakterliche Weiterentfaltung bewirkt und vielseitige Menschen erzieht, sondern diese auch zu wertvollen Personen formt, welche das höchste Niveau der moralischen Werte anstreben.

Zu Beginn des Gebetes Dua Mukaram ul Achlaq von Imam Sadschad (F) kommt dieser dritte Grundzug der islamischen Ethiklehre deutlich zum Ausdruck. Denn dieser Edle bittet Gott, nach dem er das Segnungs-Bittgebet für  den Propheten Gottes (S) und seine edle Familie gesprochen hat, wie folgt:

Lasse meinen Glauben zum Glauben größter Vollkommenheit gelangen,
mache meine Gewissheit zur ausgezeichnetsten Gewissheit,
und zähle meine Absichten als beste Absichten und meine Taten als beste Taten.“

In der Tat finden wir in den Quellen für die islamische Moral ausgezeichnete Umschreibungen für die Gipfel charakterlicher Vollkommenheit.  Wir freuen uns, Sie auch beim nächsten Mal in dieser Sendereihe begrüßen zu können.